Merseysides mittelfeldloses Mittelfeldgeplänkel

1:1

Merseyside Derby; ein Duell zwischen zwei Traditionsmannschaften in England auf der Suche nach einer klaren Identität trotz zweier Trainer, die eigentlich dafür stehen. Beide Manager  stehen in UK auch für Gegneranpassungen und Taktikfokus. Was würde man dieses Mal sehen?

Drei Eng…, äh, Innenverteidiger für Rodgers

Abermals stellt Rodgers nach schwacher Phase mit Viererkette auf eine Formation mit drei zentralen Verteidigern um. Bereits in der letzten Partie hatte Rodgers diese Änderung vorgenommen. Prinzipiell kann man dieses System in der letzten Reihe rein von den Kettenmechanismen allerdings eher als pendelnde Viererkette oder Fünferkette klassifizieren; eine Dreierkette, wie sie unter Rodgers von englischen Medien und Experten oft bezeichnet wurde, ist es nicht.

Grundformationen

Grundformationen

Vielfach wurde die Formation auch als 3-4-1-2 tituliert, in welchem Coutinho als Zehner vor Milner und Lucas agiert. Allerdings ist dies nicht der Fall; Lucas agiert im Normalfall eine Linie tiefer als Milner und Coutinho, welche sich ohne Ball und auch in vielen Aufbauphasen auf einer Höhe befinden. Sehr oft befand sich Liverpool gegen den Ball in einer 5-1-2-2-Formation.

Sakho und Can als Halbverteidiger liefen neben Skrtel als Innenverteidiger auf. Moreno und Clyne blieben die meiste Zeit auf einer Höhe mit den zentralen Verteidigern, was die Abwehrreihe in dieser Partie zu einer klaren Fünferkette machte. Lucas versuchte die Räume davor abzusichern. Coutinho und Milner besetzten die Räume um Lucas herum, unterstützten die Mittelstürmer und versuchten auch die flügelnahen Räume zu versperren.

Normalerweise wird Liverpool unter Rodgers besser, wenn sie mit drei zentralen Verteidigern agieren. Dies hatten wir bereits im ersten Artikel unserer Serie kurz angeschnitten:

Mit der nominellen Besetzung des Zentrums durch acht der zehn Feldspieler wurden die Mängel im ballorientierten Verschieben durch die Formation aufgefangen. Die Halbstürmer, Lallana und Coutinho meistens, konnten situativ Mittelstürmer Raheem Sterling unterstützen oder sich tiefer zurückfallen lassen. Vielfach positionierten sie sich eng an der Doppelsechs und rückten nur ballnah heraus, während die Flügel von den Flügelverteidigern besetzt wurden. Dadurch gab es immer viel Absicherung und auch wenn die Bewegungen als solche weiterhin schwach waren, fing die positionelle Struktur zahlreiche Probleme auf.

Prinzipiell gab es auch im 5-1-2-2/3-1-4-2 einen ähnlichen Effekt. Gegen Everton hatte Liverpool aber Probleme. Everton stellte die Flügelstürmer sehr hoch und breit auf, wodurch die Flügelverteidiger Liverpools sehr tief gebunden wurden. Insbesondere der rechte Flügelstürmer Deulofeu blieb meistens auf dem Flügel hoch und breit, wodurch sein Gegenspieler kaum herausrücken konnte.

Wenn sie in die Mitte rückten, dann wich Lukaku auf die Seite aus und besetzte die seitlichen Zonen. Lukaku ließ sich auf öfters zurückfallen, wobei hier die drei zentralen Verteidiger Liverpools  sich gut verhielten: Immer wieder rückten sie aggressiv in den Zwischenlinienraum und eroberten dort Bälle.

Dennoch öffnete diese Spielweise Evertons natürlich weite Räume im Mittelfeldstreifen. Auch Naismith schob von der linken Achterposition immer wieder diagonal nach links auf die Seite, was besonders die Räume hinter Milner und eben Lucas attackieren sollte.

Gelegentlich bewegten sich die Außenverteidiger etwas nach innen oder hielten sich einfach zurück, um im Spielaufbau in den ersten zwei Aufbauphasen viel Platz zu haben und als simple Anspielstationen in offenen Räumen gegen Liverpools Formation zu fungieren.

Erst, wenn Evertons Flügelstürmer in der Endphase der Angriffe in die Mitte rückten, hinterliefen sie dynamisch, wodurch sie die geöffneten Flügelzonen bespielten und dann von der Seite Flanken bringen konnten. Auch hier war dies eher auf links der Fall.

Liverpool hatte damit massive Probleme und auch offensiv hatten sie kaum Chancen, um ordentlich das Spiel aufzubauen. Teilweise musste Liverpool die Anfangsphase ihres Spielaufbaus mit langen Bällen überspringen, bevor sie in höheren Zonen zu ihren Chance kamen. Roberto Martinez hatte sich nämlich eine leicht asymmetrische Formation gegen Liverpools Dreierreihe überlegt.

Evertons verschobenes 4-3-3

Nominell waren die Flügelstürmer Naismith und Deulofeu, doch auf dem Feld zeigte sich dies ganz anders. Gegen den Ball stand Naismith oftmals tief und fast auf Höhe der beiden Sechser,  während der gelernte Zehner Ross Barkley auf der linken Seite spielte und mit Lukaku sowie Deulofeu oftmals eine Dreierreihe erzeugte. Damit wollten sie sich auf den Seiten zwischen Flügel- und Halbverteidigern positionieren, die Passwege zwischen ihnen versperren und Druck machen. Lukaku positionierte sich vor dem gegnerischen Sechserraum und zwang Skrtel zum Spielaufbau, Naismith und McCarthy als Doppelacht vor Barry besetzten das Mittelfeldzentrum.

Deulefeu auf rechts ließ sich etwas weiter zurückfallen als sein Gegenüber, desweiteren spielte klarer als Flügelstürmer. Barkley ging oft in die Mitte, während Naismith besonders nach Balleroberungen aggressiv und weiträumig nach vorne stieß; oftmals auch die Seite anstatt Barkley übernahm.

Prinzipiell war die Idee offensiv wie defensiv gut, doch die mangelnde Kohärenz und Struktur führte zu einer schlechten Umsetzung. Immer wieder hatten sie Probleme im Nachschieben, wenn Liverpool die erste Linie überwinden konnte, das Herausrücken der Mittelfeldspieler wirkte improvisiert und auf den Seiten dauerte es lange, bis sie diese Räume öffnen konnten. Doch dies war ohnehin ein generelles Problem in diesem Spiel.

Rhythmusprobleme und Zufallsfußball

Beide Mannschaften konnten dem Spiel nicht konstant ihren Stempel aufdrücken und den gewünschten Rhythmus erzeugen. Teilweise hatte Everton gute Phasen, wo sie Liverpool und die Achter auf eine Seite lockten und dann mit einem oder zwei Kurzpässen und einem längeren Flachpass auf den ballfernen Außenverteidiger verlagern konnten. Liverpool hatte danach Probleme mit dem Verschieben und dem Zugriff auf den Ball.

Everton schaffte es jedoch nicht, a) diese Passmuster erfolgsstabil zu wiederholen und b) aus den Flügeln wieder schnell in die Mitte zu kommen und dynamisch hinter die Abwehr Liverpools zu kommen, welche mit fünf Spielern in einer Reihe eine gute Breitenbesetzung hatte.

Liverpool wiederum hatte zwar einige Chancen nach schnellen Durchbrüchen über die Besetzung von zwei Stürmern sowie Einzelaktionen, prinzipiell gab es aber große Probleme beim Bespielen der letzten zwei Linien. Everton spielte ein paar Mal auch situativ mit tiefen Flügelstürmern in einem 4-1-4-1/4-5-1, doch Liverpool konnte auch hier wenige Durchbrüche verzeichnen. Nach gut einer Stunde fokussierten sich die Toffees auf ihr 4-5-1 in Strafraumnähe, wo sie erstmals im Spiel wirklich sehr kompakt waren, doch offensiv verloren sie dadurch auch an Präsenz. Erst gegen Ende gab es mit der Einwechslung Konés und einer Art 4-4-2 ein leichtes Aufbäumen.

Fazit

(Abermals) Ein mäßiges Spiel aus der EPL zweier eigentlich talentierter Teams mit durchaus jungen, ideenreichen Trainern. Roberto Martinez stellte Liverpools Aufbaustruktur mit drei zentralen Verteidigern gut zu, insgesamt war die Ballorientierung, Kompaktheit und Intensität nicht hoch genug, damit sie aus diesem Vorteil (noch) mehr Kapital schlagen könnten. Rodgers‘ Fünferabwehrlinie gab Liverpools oft schwacher Struktur in den vorderen Reihen die benötigte Absicherung, um dennoch einigermaßen stabil zu sein. Letztlich ging das Unentschieden auch darum in Ordnung; an zündenden Umstellungen fehlte es in der Schlussphase.

August Bebel 4. Oktober 2015 um 20:20

Rodgers wurde anscheinend soeben entlassen. Mal sehen, wen Liverpool jetzt holt…

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Schorsch 4. Oktober 2015 um 20:46

Klopp for The Kop!

Obwohl ich persönlich ihn lieber bei den Toffees sehen würde…

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Izi 6. Oktober 2015 um 23:44

Thumbs up! Kloppo bei den Toffees wäre echt Hammer! 😀 Schließlich heißt es für sie ja auch: „Nil satis nisi optimum.”

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Schorsch 7. Oktober 2015 um 11:28

Ja, so steht es geschrieben… ! Man könnte es musikalisch mit Tina Turner unterlegen: Simply the Best!

Nun gut, zumindest wird Kloppo jetzt einmal im Jahr im Goodison Park an der Seitenlinie stehen… Und er wird es merken, wenn er in Liverpool leben wird: Evertonians are born, not manufactured…

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Ron 9. Oktober 2015 um 01:15

And the winner is… Kloppo!

Bin jetzt echt noch mehr auf die Serie gespannt!

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