Deutschland dominiert ein verzagt altbackenes Schweden

4:1

Im ersten Achtelfinalspiel der Frauenfußball-WM in Kanada setzte sich Deutschland letztlich souverän gegen ein schwaches schwedisches Team durch. 

Bundestrainerin Silvia Neid schickte dieselbe Startformation aufs Feld, die schon zum Auftaktsieg 10:0 gegen die Elfenbeinküste siegreich gewesen war. Nadine Angerer im Tor, davor das Innenverteidiger-Duo Saskia Bartusiak, Annike Krahn, flankiert durch Tabea Kemme links und Leonie Maier rechts außen. Die Doppelsechs teilten sich Melanie Leupolz und Lena Goeßling auf. Hinter der Sturmspitze Celia Šašić bildeten Alexandra Popp links, Simone Laudehr rechts und Anja Mittag zentral das offensive Mittelfeld. Neid hatte im letzten Gruppenspiel gegen Thailand noch großzügig rotiert. Im Vergleich zur Partie gegen die den Schwedinnen sehr ähnlich veranlagten Norwegerinnen stellte Leupolz statt Dzsenfier Marozsán die einzige Veränderung dar. Die Deutschen formierten sich offensiv hauptsächlich im 4-2-3-1, defensiv rückte Anja Mittag auf in die vorderste Pressinglinie eines 4-4-2.

Schweden mit vier Innenverteidigerinnen im 4-4-2

Pia Sundhage hatte ihre Bestrebungen, ihrem Team in der Vorbereitung auf die WM eine modernere und erfrischend offensive Spielphilosophie einzuhauchen, wieder aufgeben müssen. Der Preis der Versuche, Schweden in einem 4-1-3-2 spielen zu lassen, war ein Hagel aus Gegentoren gewesen, so dass das Team zum vertrauten und defensiv stabileren 4-4-2 zurückgekehrt war. Im Achtelfinale gegen die erwiesenermaßen angriffslustigen Deutschen war Sundhage umso mehr darauf bedacht, hinten nichts anbrennen zu lassen. Mit Nilla Fischer, Emma Berglund, Amanda Ilestedt und Linda Sembrant standen gleich vier nominelle Innenverteidigerinnen in der Anfangsformation, wenngleich Fischer, Ilestedt und Sembrant auch die Sechs im Repertoire haben. Aus deutscher Sicht war zu befürchten, dass Schweden auf ein Konter- oder Standardtor hoffen und den Strafraum zumauern würde, indem Sembrant in die Verteidigungslinie eines 5-3-2 abkippt.

Dies geschah nicht. Zwar dominierte Deutschland von Beginn an das Spiel, Schweden war aber klar in einem 4-4-2 mit Fischer und Ilestedt in der Innen-, Jessica Samuelsson und Berglund in der Außenverteidigung, Kapitänin Caroline Seger gemeinsam mit Sembrant auf der Doppelsechs, Therese Sjögran und Elin Rubensson auf den offensiven Außenbahnen und der Doppelspitze aus Lotta Schelin und Sofia Jakobsson formiert. Lisa Dahlkvist und Lina Nilsson, die bislang alle WM-Begegnungen gespielt hatten, mussten weichen.

Die DFB-Elf im gut organisierten Kollektivpressing

Deutschland übte sofort und über weite Strecken des Spiels im 4-4-2-Angriffspressing großen Druck auf den schwedischen Spielaufbau aus. Mittag und Šašić liefen in der Regel die Innenverteidigerinnen direkt an, Laudehr und Popp schoben auf die Außenverteidigerinnen und wurden durch nachschiebende Bewegungen von Maier und Kemme unterstützt. Ging der Pass auf eine Seite, sank die ballferne Stürmerin (z.B. Mittag) ab und nahm die ballferne schwedische Sechs (z.B. Seger) in den Deckungsschatten. Die ballnahe Sechs (dann Sembrant) wurde von der höher gestaffelten deutschen Sechs (meist Leupolz) direkt angelaufen. Goeßling lauerte dann tiefer vor der eigenen Abwehr auf zweite Bälle und lange Befreiungsschläge der Schwedinnen. Dies gelang gut. Schweden wurde so nach innen geleitet, nach hinten gedrückt und so zu Ballverlusten gezwungen.

Das schwedische Pressing wurde dagegen nur wenig engagiert ausgeführt und zeigte folgerichtig überhaupt keine Wirkung. Schelin und Jakobsson standen viel zu tief, wurden kaum durch die Außenverteidigerinnen unterstützt, wodurch sie keinerlei Handlungsdruck bei den Deutschen erzeugen konnten. Stellvertretend erwähnt sei die Szene in der ersten Halbzeit, in der Kemme und Maier schon in der gegnerischen Hälfte sind, Krahn und Bartusiak hoch und weit auseinander stehen, Krahn wird am Ball nicht behelligt, legt sich den Ball auf den linken Fuß, womit der Querpass auf Bartusiak vorprogrammiert ist und dennoch rückt die ballferne Schelin nicht auf Bartusiak raus, um in den Pass zu spritzen — vermutlich aus Angst, damit ein Zuspiel ins deutsche Mittelfeld samt Raumgewinn zu öffnen.

Deutschlands Positionsspiel sorgt für Dominanz und Kreativität

Deutschlands Startformation im Achtelfinale gegen Schweden bei der WM in KanadaBeide Teams verschoben enorm, so dass die ballferne Seite häufig verwaiste, während die ballfernen Flügelspielerinnen auf der zentralen Bahn zu finden waren. Maier und vor allem Kemme zeigten aber auch mit Ball immer wieder inverse bzw. diagonale Läufe oder hinterliefen ihre ballführende Flügelspielerin, um für die notwendige Breite zu sorgen. Laudehr, die auf dem rechten Flügel vor allem mit dem Ball ein wahnsinniges Pensum ablieferte, selbst ins Dribbling ging oder Flanken schlug, harmonierte so gut mit Maier, die hinter Laudehr zur Grundlinie und Gegenspielerinnen aus der Verteidigung herauszog und selbst für Gefahr durch Flanken sorgen konnte.

Deutschland zeigte allgemein ein hervorragendes Positions- und somit auch Passspiel. Schwedens Linien konnten mit einfachen Pässen durch die Schnittstellen überwunden werden. Wagte sich Schweden doch mal etwas aus der Deckung, gewannen die Deutschen auch nach langen Bällen der eigenen Innenverteidigung die Kämpfe um die zweiten Bälle. Zudem tauschten Laudehr und Popp zum Ende der ersten Halbzeit die Seiten. Schweden konnte selbst fast ausschließlich durch Standards, meist Ecken, oder ganz vereinzelte Durchbrüche von Schelin gefährlich werden. Doch im Fußball kann das ja reichen, wie sich zuletzt gegen Norwegen gezeigt hatte. Die Deutschen ließen zwar auch in diesem Spiel einige gute Tormöglichkeiten aus, hatten ein eklatantes Übergewicht an Chancen, sorgten aber mit dem schönen Solo von Mittag nach schnellem Umschaltspiel und dem Elfmetertor durch Šašić schon zur Halbzeitpause mit 2:0 für klare Verhältnisse.

In Halbzeit zwei ersetzte Marozsán Leupolz auf deutscher und Nilsson Samuelsson auf schwedischer Seite. Fortan war Lena Goeßling deutlich auffälliger ins Spiel eingebunden als noch im Duett mit Leupolz. Eine halbe Stunde vor Schluss — Schweden hatte in diesem K.O.-Spiel schließlich nichts mehr zu verlieren — wagte Sundhage dann doch noch den Schritt zur Raute mit Sembrant als Pivot und brachte Stürmerin Kosovare Asllani für Rubensson. Den Deutschen schwanden zusehends die Kräfte und dennoch gelang es Schweden nicht, systematisch häufiger vor das Tor von Nadine Angerer zu kommen. Nach einer schönen Kombination durch den rechten Halbraum, bei der Popp an der Strafraumgrenze den Ball raus auf Laudehr gibt, die abzieht und Šašić per Kopf abstaubt (78.), schraubten die Deutschen den Deckel aufs Viertelfinale. Der 3:1-Anschlusstreffer von Sembrant per Kopf nach Freistoß von Sjögran (82.) kam zu spät. Deutschland schlitterte kurz, Sofia Jakobsson hätte Schweden noch einmal heranbringen können, als sie allein auf Angerer zulief, doch die Deutsche Nummer 1 blieb lange stehen und klärte souverän. Kurz drauf zog Marozsán mit einem Slidekick aus absurder Rücklage ins Kreuzeck endgültig den Schlussstrich zum 4:1-Endstand. Deutschland ist somit hochverdient eine Runde weiter.

Axel 24. Juni 2015 um 00:37

Apropos WM: Grosse Diskussion nach dem USA/Kolumbien Spiel in den USA über die zwei gelben Karten gegen die US (beide Spielerinnen gesperrt gegen China). Gerechtfertigt oder nicht?

Antworten

UncleJack 22. Juni 2015 um 07:08

Vielen Dank für diese sehr verständliche/lesbare und interessant Analyse. Ich hatte befürchtet, daß die Spielverlagerung nach all den (nun, sagen wir einmal:) allgemeinen und nicht besonders sachlichen Kommentaren zum Thema Frauenfußball unter anderen Spielanalysen zu dieser WM von weiteren Beiträgen zu diesem Thema Abstand nehmen könnte. Glücklicherweise ist dem offenbar nicht so.

Zum Spiel: In Anbetracht der auf die deutsche Mannschaft zukommenden schweren Aufgaben (schon zur Zeit des Spiels wahrscheinlich: Frankreich, USA falls man denn ins Halbfinale kommen sollte) hat es mich gewundert, daß die Mannschaft eigentlich nie den Fuß vom Gaspedal genommen, tiefer gestanden und auf Kontermöglichkeiten gelauert hat. Und daß die zweite (77.) und dritte Auswechselung (89. Minute) so spät vorgenommen wurden. Obendrein kann ja die Auswechslung von Leupholz zur Halbzeit wohl auch kaum als schonenden Maßnahme gedeutet werden, nachdem Leupholz zu jenem Zeitpunkt lediglich 152 Minuten in dieser WM gespielt hatte. (Ja, ich hab’s bei der FIFA nachgeguckt.)

Silvia Neid sagte – möglicherweise in diesem Zusammenhang – laut der FIFA Webseite, “… we could not let up because they, of course, provoke set pieces that can lead to goals – we learned that in the Algarve Cup. We just denied them opportunities, and that helped us to the final score.“ Aber ist ein solches “not letting up” wirklich die einzige erfolgversprechende taktische Variante, wenn man sich sehr vor schwedischen Standardsituationen in der eigenen Hälfte fürchtet?

Nochmals vielen Dank für die Analyse und bitte mehr davon.

Antworten

HW 22. Juni 2015 um 07:40

Ich muss sagen, dass mir die N11 vor ein paar Jahren nicht gefallen hat und ich damals an der Kompetenz der Bundestrainerin gezweifelt hatte.
Aber die Entwicklung verlief sehr gut und was heute gespielt wird ist mit das beste im Frauenfußball. Meine Meinung zu Silvia Neid hat sich komplett geändert.

Frankreich und die USA sind wahrscheinlich die größten Konkurrenten. Von Japan habe ich zuletzt nicht genug gesehen. Den Fuß auf dem Gaspedal zu lassen ist meiner Meinung nach die richtige Einstellung. Ich glaube nicht, dass das Turnier für Deutschland aufgrund der Kondition entschieden wird. Vielleicht ist die USA physisch noch stärker, aber das kann man jetzt eh nicht mehr beeinflussen. Ein paar frühe Auswechslungen bringen da auch nicht viel. Die Spielerinnen fühlen sich gut und das Momentum sollte man erhalten.

Antworten

LM1895 22. Juni 2015 um 15:36

Apropos Japan, kann die vll mal kurz wer bei diesem Turnier einschätzen? Die spielen immer so spät nachts, ich hab sie leider noch gar nicht gesehen…

Antworten

SMR 22. Juni 2015 um 18:32

Ich habe die Japanerinnen leider auch noch nicht spielen sehen, die sind mir bei der letzten WM bei ihrem Turniersieg vor allen Dingen durch ihr Kurzpassspiel aufgefallen, auch wenn sie damals im Finale gegen die USA auch viel Glück hatten.
Ich weiß nach dem, was ich gelesen habe auch nicht, wie man die einschätzen soll. Es ist sogar tatsächlich so, dass der japanische Coach im bisherigen Turnierverlauf alle (!) Spielerinnen – also Feldspielerinnen und Torhüterinnen – in der Gruppenphase eingesetzt hat. Das habe ich erst nicht für möglich gehalten, es stimmt aber tatsächlich.
Jedes Spiel in der Gruppenphase wurde mit einem Tor Differenz gewonnen. Gegen die Schweiz, Kamerun und Ecuador.

Antworten

HW 22. Juni 2015 um 18:58

Japan ist auch nicht so spektakulär. Das hört sich jetzt wahrscheinlich nach einem Pauschalurteil an aber es scheint gut zu passen. Japan kommt über die eingespielte Mannschaft (bzw. Team) mit einer geschlossenen Leistung (im Gegensatz zu z. B. Brasilien). Bei der WM2011 wurde beispielsweise Homare Sawa total bejubelt. Sie hat viele Tore geschossen und ist sicher eine großartige Spielerin. Aber daneben stand eine Spielerin (den Namen müsste ich jetzt nachschlagen), die mit Vorlagen am Fließband genauso wichtig für den Titelgewinn war. Davon hat natürlich kaum jemand gesprochen.
Mittlerweile spielen auch ein paar Japanerinnen in der Bundesliga. Wie es aber um die Nationalelf steht kann man ohne die Spiele zu sehen natürlich schlecht sagen.

Antworten

LM1895 22. Juni 2015 um 19:04

Hmm, danke, okay. Das war mir damals auch aufgefallen und das erwartet man ja mittlerweile fast bei Japan. Dass jetzt sogar schon alle Torhüterinnen gespielt haben ist ja wirklich ungewöhnlich 😉 Aber das spricht für einen augeglichenen Kader. Allerdings schon seltsam, dass sie gegen Ecuador, die ja gegen die Schweiz so untergegangen sind, nur 1:0 gewonnen haben, die Schweiz aber auch geschlagen haben…war aber anscheinend das letzte Gruppenspiel, wahrscheinlich mit der C-Elf dann 😉

Antworten

HW 24. Juni 2015 um 10:05

Kurz zu Japan (aus dem Spiel gegen Holland)

Insgesamt spielen die Japanerinnen weiterhin den schnellen Kurzpassfußball, nutzen aber auch Flanken bei Angriffen über außen.

In der Abwehr agierte die rechte Verteidigerin (Ariyoshi) offensiv und machte auch früh das 1:0.
Auch die linke Verteidigerin sprintet nach vorne. Aber beide AV achten glaube ich sehr darauf nicht gleichzeitig zu offensiv zu werden. Gerade im Aufbau bleibt die linke AV auch auf einer Linie mit den IVs.

Gegen den Aufbau von Holland wurden früh die Anspielstationen zugestellt und die Verteidiger von den zwei Stürmern angelaufen. Die Stürmer innen kümmerten sich um die IVs und die einzige 6, die holländischen AVs wurden aggressiv aus dem Mittelfeld angelaufen. Japan kann also hoch pressen und agiert teilweise mannorientiert (bzw. Gegenspieler orientiert / auch im Mittelfeld vor der Abwehr).
Holland war aber auch etwas zu ungenau um Ballverluste zu vermeiden. Schafften es die Holländerinnen näher ans japanische Tor, wurde durch Überzahl in der Verteidigung die ballführende Spielerin weitestgehend isoliert. Gegen ein stärkeres Team ist Japans Abwehr aber vielleicht anfällig, wenn es schnell geht.

Japan spielt eigentlich ein recht klassisches 4-4-2 mit zwei 6ern (ohne Abkippen) und einem weiträumigen Stürmer (z. B. Ogimi). Es gibt also auch mal 4-4-1-1 (Strafraumverteidigung) oder 4-1-3-2 (Spielaufbau) Staffelungen, aber alles recht dynamisch und keine statischen Formationswechsel.
Japan war auch über Kopfbälle gefährlich. Die Körpergröße war also gegen die holländische Abwehr kein Nachteil. Das ist nicht gerade ein Kompliment für die Innenverteidigerinnen.

Japans Aufbau läuft über die Innenverteidiger durchs Mittelfeld meist auf die Flügel. Der Aufbau läuft selten durch das Zentrum sondern eigentlich vorwiegend über die seitlichen Korridore. Das liegt auch an den äußeren Mittelfeldspielerinnen (no. 8+9) die zwar außen oft frei sind aber keine eindimensionalen Flügelspielerinnen darstellen. Da ist Japan flexibel. Zwar bevorzugen sie das Kurzpasspiel, weil aber alle Angriffe von außen aufgebaut werden kann auch immer ein Flanke das Mittel der Wahl sein.
Japan ist schon ein ekeliger Gegner aufgrund des Pressings und weil die ständig versuchen den Ball zu erobern. Aber ein bessere Offensive als die holländische kann die Abwehr knacken (oder einfach über rennen). Offensiv war Japan sehr auf die Flügel konzentriert, das kann den Holländern geschuldet gewesen sein. Vorne gibt es eine Zielspielerin für Konter. Japan ist im Turnier auch schon oft früh in Führung gegangen.

HW 24. Juni 2015 um 10:26

Beim 2:0 hat Japan den Holländerinnen Knoten in die Beine gespielt.
Das 2:1 war ein Kopfballtor mit massivem Torwartfehler in der Nachspielzeit. Japan hat am Ende auch ein wenig die Spielkontrolle verloren.

UncleJack 23. Juni 2015 um 01:28

Naja, wenn Kondition nicht wirklich ein Problem ist (u.a. ‘trotz‘ des Kunstrasens, der ja angeblich mehr Kraft kostet und über dem die Temperaturen ja angeblich sehr hoch sind selbst wenn dies für die offizielle Temperatur nicht zutrifft), warum hat Frau Neid dann im Spiel gegen Thailand so mächtig rotiert?

Aber hey: Ich will hier Frau Neid nicht kritisieren. Ich persönlich weiß ganz sicherlich nicht, was hier optimal gewesen wäre oder vielleicht ja war. Ich finde aber, daß dies interessante Fragen sind, wo Turnierstrategie und Spieltaktik in einem Wechselspiel miteinander stehen.

Antworten

HW 23. Juni 2015 um 07:40

Rotation in Gruppenspielen ist nichts ungewöhnliches. Natürlich ist das Turnier anstrengend. Ich meinte auch eher, dass ich glaube Strategie oder Taktik werden entscheidend sein wenn es eng wird. Am Ende kann man oft sagen: Ihnen ging die Luft aus. Aber das bedeutet im Umkehrschluss nicht zwingend, dass eine bessere Kondition den Sieg gebracht hätte (hypothetisch). ‚Luft ausgehrn‘ bedeutet meistens vor allem ‚keine Ideen mehr haben‘.
Bei Turnieren geht es oft darum Lösungsmöglichkeiten für die Aufgaben zu haben. Jeder Gegner und jedes Spiel stellt neue Aufgaben und die kann man nur taktisch lösen. Technik, Kondition oder Athletik sind jetzt auf einem gewissen Level. Man muss die Belastung natürlich steuern, aber das kann man durch Training und Regeneration genauso wie durch Rotation. Daher sind Auswechslungen wohl nicht ausschlaggebend wenn man die anderen Dinge richtig macht. Den Körper kann man zu sehr viel Quälen wenn es drauf ankommt. Ideen oder taktische Lösungen die über ‚hoch und weit‘ in der 90. Minute hinausgehen sind dagegen nichts was man durch pure Willenskraft erzwingt.

Antworten

UncleJack 24. Juni 2015 um 02:29

Ganz genau: B-Teams im letzten Gruppenphasenspiel spielen zu lassen hat eine gewisse Tradition … und kann gefährlich sein. Denke da z.B. an EURO 2008, wo die Niederlande und, soweit ich mich erinnere, zwei andere Teams (Kroatien und Portugal), die ihr jeweiliges drittes Gruppenphasenspiel mit einer B-Mannschaft gespielt hatten, im ersten Spiel der KO-Phase rausgeflogen sind. Und dennoch hat Frau Neid im Thailandspiel so tüchtig rotiert und damit das Risiko in Kauf genommen, den ‘Rhythmus zu verlieren‘ oder so was. Ich vermute schon, daß sie das getan hat, um viele ihrer (derzeitigen) A-Spielerinnen zu schonen.

Im Übrigen stimme ich mit vielen Deiner Punkte überein. Schätze aber eben den Konditionsgesichtspunkt wohl etwas höher ein, als Du es tust. Mal sehn, wie es nun weitergeht.

All das läßt dann natürlich immer noch die Frage offen, inwieweit Frau Neids Besorngis bzgl. schwedischer Standardsituationen gerechtfertigt ist und, falls ja, ob das “not letting up“ wirklich das beste taktische Mittel dagegen ist. Aber vielleicht hat sie das ja auch nur so gesagt, weil man eben auf einer Pressekonferenz irgendetwas sagen muß.

Antworten

dave 22. Juni 2015 um 00:57

Danke für die Analyse. Ich weiß gar nicht, warum nach dem Spiel über Sasic diskutiert wurde („Ist noch nicht ihr Turnier“). Die ist meiner Meinung nach bockstark, geht auf jeden Ball, hat gute Laufwege, kombiniert und ist trotzdem extrem gefährlich im Abschluss.

Hoffentlich wirkt sich das Fehlen von Bartusiak nicht zu negativ auf. Gößling müsste das auch können – bei einem gleichzeitigem Geschwindigkeitsupgrade, aber da könnte dann ggf. die Körperlichkeit fehlen, oder? Zumal ich Gößling in der Schlussphase auch von ihren Seitenverlagerungen her als sehr stark empfand. Extralob auch an Mittag, die beiden Außenverteidigerinnen und an Laudehr. Die fand ich extrem stark 🙂

Schade, dass Kulig nicht dabei sein kann.

Antworten

LM1895 22. Juni 2015 um 15:41

Ich fänd es ehrlich gesagt sehr schade, Gößling aus dem DM abzuziehen, sie war bisher und vor allem gegen Schweden wirklich saustark und sehr wichtig für die Balance. Tolle Positionsfindung und ne klasse Raumkontrolle…Babette Peter hat ja im dritten Gruppenspiel IV gespielt, aber mal sehen was sich Frau Neid einfallen lässt. So wie Frankreich gestern drauf war, wäre ein wenig Tempo in der Kette nicht schlecht. Frankreich kann ein harter Brocken werden…

Antworten

Schreibe einen Kommentar zu HW Antworten abbrechen

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

*