Zinnbauer unterliegt Schaaf mit offenem Visier

2:1

Joe Zinnbauer will das verrückte Spiel von Thomas Schaaf mitmachen. Allerdings verzettelt sich sein Team dabei. Besonders Drobnys spielerische Schwächen fielen ins Gewicht.

Abstiegskampf oder nicht Abstiegskampf? Die Frage stellt derzeit bei der halben Bundesliga. So trennten den Hamburger SV, 14. in der Liga, und Eintracht Frankfurt, immerhin Achter, gerade einmal vier Punkte vor der Partie am Sonntagabend. Dennoch bewies die Partie, was die Tabellensituation nahelegte: Frankfurt trat wie eine gefestigte Mittelfeld-Mannschaft auf, während der Hamburger SV eher nach unten schielen muss.

„Schaaf’s line of rampage“

Bereits mehrfach haben wir in dieser Saison dargelegt, dass Schaafs taktischer Ansatz verrückte Spielverläufe begünstigt. Die schlechte Balance zwischen Aufrücken und Absichern sowie die unstabilen Mechanismen in der Defensive garantieren zahlreiche Torchancen auf beiden Seiten. Sogar statistisch lässt sich das ganz gut nachverfolgen, wie die XG Ratio beweist (die Statistik misst anhand der Schussgelegenheiten, wie viele Tore in einem Spiel theoretisch hätten fallen sollen):

Auch in dieser Partie setzte Schaaf auf seine offensive Raute, die sich durch eine hohe Breite auszeichnet. Stendera pendelte zwischen Achter- und Zehnerposition, davor boten sich Piazon und Aigner auf den Flügeln an. Zusammen mit den Außenverteidigern trieben die beiden das Spiel über die Flügel nach vorne.

Die Grundformationen

Die Grundformationen

Chaotische Anfangsphase

Joe Zinnbauer ließ sich von Anfang an auf das Spiel der Frankfurter ein. Anstatt auf Abwehrpressing und eine ruhige Ballzirkulation zu setzen, wie Mainz es vergangene Woche erfolgreich tat, agierte Hamburg von Anfang an offensiv. Im Pressing agierten sie wie bereits in der vergangenen Woche in einem 4-1-3-2. Dieses 4-1-3-2 wechselte sich in dieser Partie aber stärker mit einem klassischen 4-4-1-1 ab, wenn Frankfurt die Hamburger nach hinten drückte.

Nach Ballgewinnen machte Hamburg das Spiel schnell. Stieber sollte als Zehner in die Räume neben Hasebe fallen, um im Umschaltmoment freizustehen. Gleichzeitig rückten die Außenstürmer und Außenverteidiger auf, um den Angriff im weiteren Verlauf über die Flügel nach vorne zu tragen.

Zusammen mit dem offensiven Aufrücken der Frankfurter Flügelspieler entstand eine offene Anfangsphase, in der das Spiel von Strafraum zu Strafraum lief. Zinnbauer wollte Schaaf mit dessen eigenen Waffen in einer offenen Schlacht schlagen. Allerdings kam Frankfurt aus dieser schnellen Anfangsphase dank eines Elfmetertores als Sieger hervor (12.).

Drobny ist nicht Neuer

Frankfurt hatte nun das Momentum auf seiner Seite. Sie intensivierten ihr eigenes Pressing und die Flügelangriffe und drängten Hamburg nach hinten. Diese hatten Probleme, Zugriff auf den Flügeln zu erlangen. Ihre Außenstürmer wurden weit nach hinten gedrängt und kamen selten in die Zweikämpfe. Frankfurt konnte das Spiel weit in die gegnerische Hälfte verlagern. Hierdurch wurde ihre gestreckte Formation selten bestraft, Hamburg kam nicht in gute Kontergelegenheiten.

Bei den Hamburgern fehlte ohnehin ein Ruhepol, um das Gegenpressing der Frankfurter zu umspielen. Jiracek agierte im Zentrum wesentlich höher als Kacar und war in Umschaltmomenten zu hoch postiert. Die Innenverteidigung bot wiederum nicht übermäßig viel Passstärke und Pressingresistenz.

Der erste Reflex war daher meist der Pass zum Torwart. Jaroslav Drobny gehört auf der Linie zu den stärksten Vertretern seiner Zunft, spielstark ist er aber nicht wirklich. In diesem Spiel fiel dies besonders auf, da Frankfurt die Rückpässe auf Drobny erzwang. Drobny verbuchte am Ende mit 44 Pässen mehr Zuspiele als jeder andere HSV-Akteur, davon kamen aber gerade einmal 13 an. Das zog den Hamburger Spielaufbau insgesamt stark herunter.

Kurzer Aufstand schnell niedergeschlagen

So hatte der HSV erneut große Probleme im ruhigen Spielaufbau. Es fehlten Verbindungen zwischen Abwehr und Angriff. Auch die Außenverteidiger positionierten sich nicht immer gut, sodass Drobny häufiger als nötig angespielt wurde. Nur selten gelang es den Hamburgern, die Frankfurter über die Flügel nach hinten zu drücken.

In diesen Situationen offenbarten sich die Frankfurter Probleme im Verschieben. Die Frankfurter Mittelfeldkette lässt sich früh fallen, sodass die Staffelung in der Tiefe fehlt. Der Gegner kann die nach hinten gedrückten Frankfurter über den leeren Rückraum knacken. Genau dies gelang Hamburg vor dem Ausgleichstor.

Es war jedoch nur ein kurzes Aufbäumen. Frankfurt drängte nach der Pause wieder über die Flügel nach vorne, Hamburg stand durch die recht großen Abstände zwischen den Sechsern nicht immer kompakt. Nach der roten Karte gegen Ostrzolek war der Kampfgeist der Hamburger ungebrochen, doch spielerisch lief bei ihnen noch weniger zusammen. Frankfurt zog sich jetzt etwas zurück und agierte stärker im 4-4-1-1. Zinnbauer wechselte van der Vaart und Beister ein und stellte damit auf ein 4-3-1-1 um. Beister konnte als Angreifer jedoch die zahlreicher werdenden langen Bälle nicht halten. Die Niederlage war die logische Konsequenz.

Fazit

Joe Zinnbauer kämpfte mit offenem Visier gegen Thomas Schaaf. Am Ende bleiben aber nur die nicht immer kompakte Defensive und der spielschwache Jaroslav Drobny in Erinnerung. Auch in dieser Partie mangelte es den Frankfurtern beizeiten an der Balance, Hamburg prüfte sie aber nur in der Anfangsphase. Somit bestätigte sich, was die Tabelle bereits andeutete: Hamburg ist momentan ein Abstiegskandidat, während Frankfurt eher nach oben schielen kann.

knabber 2. März 2015 um 10:36

Ich frage mich, wie viele Tore der Mann schießen muss, damit er nicht Meyer geschrieben wird. Das passiert wirklich noch viel zu oft im Internet

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FAB 2. März 2015 um 11:39

Ja tatsächlich schade … Gerade inflationiert ja der Fussballgottstatus. Aber in Wahrheit gibt es in der Bundesliga nur einen der den Namen verdient: Alex Meier.
Aus meiner Sicht der Bester der unterschätzten Fussballer der Bundesliga noch lange vor Baier, Kirch usw. mit Raumdeutungsqualitäten, mit denen er sich auch vor Thomas Müller nicht verstecken muß.

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DAF 1. März 2015 um 15:24

Ich hab mal ne Frage zu dieser Expected-Goal-Grafik: Interpretiere ich das falsch oder ist nach dieser Grafik Barcelona konkurrenzlos die beste Mannschaft Europas mit einer XG von etwa 2,3:0,6? Damit wäre Barca ja über ein Tor besser als bspw Real Madrid oder Bayern (1,9:1,0 und 1,8:0,6)… ist das eine realistische Einschätzung?

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TE 1. März 2015 um 15:32

Du interpretierst es richtig, wobei die Grafik nun auch schon wieder ein paar Wochen alt ist und die vergangenen Barca-Spiele den Schnitt leicht drücken dürften. Zudem bezieht sich die Grafik nur auf die Liga; ich wage zu prognostizieren, dass in der Champions League Bayern und Real in einer ähnlichen Grafik besser dastehen würden. Aber grundsätzlich ist Barca in dieser Saison schon sehr stabil und auf jeden Fall ganz vorne dabei. Siehe auch meine Analyse im aktuellen Ballnah-Magazin.

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DAF 1. März 2015 um 19:03

Ja, mit Barcelona ist diese Saison auf jeden Fall zu rechnen, meine Überraschung bezog sich vor allem auf den großen Unterschied zu den anderen Top-Teams. Generell erinnert mich der Spielbericht Barcas im CL-Ballnah-Magazin ein bisschen an den FC Bayern in der Triplesaison: im Kern eine Ballbesitzmannschaft, aber auch starkes Pressing und bei Gelegenheit wird der Gegner halt auch ganz pragmatisch ausgekontert. Unterschied ist wohl vor allem dass mit Messi und Neymar die individuelle Klasse, aber auch die Abhängigkeit von Einzelspielern noch ein Stück höher ist. Wie siehst du das?

Jetzt mal zum Thema des Artikels 😉 : Was ist denn hier im Forum die Meinung zu Joe Zinnbauer? Einerseits hab ich den Eindruck, dass der HSV etwas stagniert, andererseits wars in den letzten Jahren unter verschiedenen anderen Trainern eher schlechter. Ich finde da eine Einordnung sehr schwierig

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kolle 2. März 2015 um 08:06

Ich habe jetzt nicht viele HSV Spiele gesehen, mein Eindruck war aber dass man zumindestens gute Ansätze erkennt. Der HSV hat glaube ich einfach einen inhomogenen Kader und das bedingt eben so manche Probleme. Fällt ein Spieler aus, muss glaube ich häufig die Ausrichtung leicht angepasst werden, bzw. der ersetzende Spieler hat nicht den gleichen Spielstil. Dennoch hat es Zinnbauer geschafft, dem ganzen einen stabilen Rahmen zu geben, so dass man zumindest defensiv relativ stabil ist. Die nächste Saison wird da glaube ich dann mehr Aufschluss geben. Dieses Jahr wird man wohl nicht absteigen, aber gleichzeitig ist auch nix besonderes mehr zu erwarten.

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