Rayos leichter Philosophieverrat bringt den Sieg über Moyes

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David Moyes schockte zu Rückrundenbeginn den FC Barcelona und überraschte vergangene Saison den FC Bayern mit seinen kriselnden Red Devils. Würde er auch gegen die individuell schwächeren, aber teilweise noch extremeren Positionsspieler von Rayo Vallecano und Paco Jemez gewinnen können?

Moyes bleibt Moyes auch nach einem Barcelona-Sieg

In der Analyse von Real Sociedads überraschendem Sieg gegen den FC Barcelona zum Auftakt der Rückrunde schrieb ich bereits über diese beiden Punkte:

  • La Real verteidigte mit einem relativ simplen 4-4-1-1/4-4-2, welches einige interessante Mannorientierungen im Zentrum und im Halbraum sowie einige kontraproduktive Manndeckungen auf den Flügeln enthielt, aber nach wie vor unter typisch britischen Kompaktheitsproblemen litt. Letztere gab es allerdings nicht immer zu sehen und die Strafraumverteidigung war z.B. ziemlich stark.
  • Einzelne lange Bälle, Konterversuche und Flanken wirkten strukturiert, das konstruktive Kurzpassspiel fand aber nur selten statt und wirkte improvisiert, ebenso wie (weitestgehend) auch das Aufbauspiel.

Diese beiden Punkte waren auch grundsätzlich gegen Rayo zu erkennen, obgleich die Moyes-Elf dieses Mal keine frühe Führung hatte, mehr konstruktiv und flach aufbauen sowie höher pressen musste, was mäßig gelang.

Unkompaktes höheres Pressing

Unkompaktes höheres Pressing bei Real Sociedad, welches hier zuerst über den Torwart und dann zwei schnelle Kombinationen Rayos durch Sechser, Innen- und Außenverteidiger überspielt wurde. Die offenen Räume luden sie förmlich dazu ein. Interessant ist auch, dass sie schneller aufrücken, als Sociedad zurückfällt. Der linke Mittelstürmer von La Real sieht gar etwas verloren aus.

 

Naturgemäß konnten sie sich einige Angriffe gut erspielen, besonderes wurde jedoch vermisst. Lange Bälle auf den leicht nach links driftenden Mittelstürmer, der dann in die von mehreren Spielern (insbesondere Canales) zu füllende Lücke in der Mitte ablegte oder sich selbst durchsetzen versuchte, waren wohl der eindeutigste geplante Aspekt bei Sociedad.

Dennoch muss man Moyes Lob zollen, dass seine Mannschaft grundsätzlich mit einem Flachpassspiel unangenehm zu bespielen ist. Sie formieren sich im tiefen Mittelfeldpressing, können jedoch situativ höher Druck erzeugen und mischen positionsorientiertes Deckungsspiel mit mannorientiertem. Die simplen Strukturen helfen bei der Stabilität davon und das war schon in seiner überaus respektablen Zeit bei Everton ein wichtiger Faktor einer kontextuell erfolgreichen Ära.

Rayo im Aufbau gegen Real Sociedads 4-4-2.

Rayo im Aufbau gegen Real Sociedads 4-4-2. Hier ist die asymmetrische Positionierung von Doppelsechs und Innenverteidigern auch zu sehen, worauf wir im Artikel noch zu sprechen / lesen kommen, doch die Füllung des defensiven Halbraums geschieht ballfern.

Das taktisch interessantere Team war natürlich in dieser Partie trotzdem Rayo, welche allerdings ihre wunderbare 3-1-4-2/3-3-3-1/3-3-4-Formation der letzten Wochen nicht nutzten.

Flexibles 4-2-3-1

Die Elf von Paco Jemez agierte dieses Mal in einer individuell (Jozabed, Leo Baptistao und Pozuelo z.B. liefen nicht auf) und kollektiv (Manucho als Mittelstürmer ist beispielsweise bei viel Ballbesitz für Rayo teilweise taktisch kontraproduktiv) schwächere  Ausrichtung. Dazu wurden auch im System einige Aspekte verändert. Das Pressing war nicht ganz so wild und frei wie sonst, die Formation war jetzt ein 4-2-3-1 und die Zirkulation im zweiten und letzten Spielfelddrittel war wieder etwas hektischer und tororientierter.

Insgesamt gab es trotzdem einige sehenswerte Punkte in ihrer Spielweise zu beobachten. Das 4-2-3-1 war mit und ohne Ball sehr flexibel. Gegen den Ball wurde immer wieder ein 4-4-2/4-2-4, ein 4-1-1-4, eine situative Fünferkette durch einen zurückfallenden Sechser und natürlich ein 4-2-3-1/4-2-1-3 gegen den Ball. Gar ein 4-3-2-1 durch einen herausrückenden Sechser war zu sehen, weil Rayo in dieser Partie verstärkt mit Mannorientierungen agierte.

4-1-1-4 Pressing von Rayo. Das entstand natürlich nur vereinzelt, zeigt aber, wie flexibel die Vallecas sind.

4-1-1-4 Pressing von Rayo. Das entstand natürlich nur vereinzelt, zeigt aber, wie flexibel die Vallecas sind. Die leichten Mannorientierungen sind auch hier zu sehen.

Hierbei wäre interessant, ob sich Paco Jemez zu dem 4-2-3-1 und einem etwas mannorientierten Spiel bei der eigentlich optionsorientierten Deckung aufgrund des Spielermaterials oder wegen des Gegners entschieden hatte. Betrachtet man die Spielweise Real Sociedads gegen Barcelona – die einen ähnlichen Spielstil wie Rayo Vallecano besitzen –, so wäre es durchaus verständlich, wieso Jemez das System anpasste.

Rayos situative Mannorientierungen.

Rayos situative Mannorientierungen.

Die Mannorientierungen sorgen für Zugriff, die brüchigen und selten raumöffnenden und freie Spieler erzeugenden Aufbaustrukturen Sociedads sollten die Schwächen der (ohnehin situativ genutzten) Mannorientierungen nicht aufzeigen können. Manuchos Aufstellung könnte sowohl bei tieferer Spielweise Sociedads als auch beim situativ höheren Pressing effektiv sein, weil sich Manucho als Zielspieler anbietet, auf die Flügel pendelt und generell viel arbeitet, obgleich er spielerisch nicht perfekt passt. Das 4-2-3-1 ist wiederum auf den Seiten stabiler gegen schnelle Konter und hat insgesamt eine bessere Breitenstaffelung in den ersten zwei Linien.

langsamer Konter RSOs

Wir sehen einen langsamen Konter Real Sociedads, wo zwei Spieler die Breite geben und zwei Akteure die Mitte besetzen. Bei Rayo sind aber vier Spieler in der ersten Abwehrlinie. Paco Jemez‘ Team hat oft nur zwei oder drei hinten, manchmal sogar einen oder keinen. Wobei letzteres selten Absicht ist. Das hier zeigt aber die verstärkt auf Stabilität und Konterabwehr ausgerichtete Spielweise. Kein Wunder, weil La Real unter Moyes Gegenpressing oft mit langen direkten Bällen umspielt.

An sich erklärte dies also die Aufstellung Manuchos und die defensiven Anpassungen. Offensiv gab es außerdem durchaus einige interessante Punkte, welche Jemez nutzte.

Im eigenen Aufbauspiel ebenfalls variabel

Bueno pendelte im offensiven Zwischenlinienraum als Zehner, die beiden Sechser verschoben gemeinsam im Sechserraum und versuchten das 4-4-2 Sociedads durch eine konstante Besetzung der Halbräume zu bespielen. Somit besetzte einer der Sechser die Mitte, einer den Halbraum und die Innenverteidiger dahinter standen parallel dazu versetzt. Sie hatten deswegen nicht nur die Möglichkeit variabel aufzubauen, sondern auch die Außenverteidiger ballnah weit vorrücken zu lassen.

Das ermöglichte einen zweiten sehr interessanten und im Weltfußball unüblichen Schachzug; der Flügelstürmer wich aus, stand breit und ließ sich dann zurückfallen, was mit einem diagonal vorstoßenden Außenverteidiger gepaart wurde. Allerdings hatte in diesen Aktionen häufig keiner der beiden den Ball; es waren schlichtweg dynamische Positionswechsel, um Räume zu schaffen, die erst in den folgenden zwei bis drei Pässen bespielt werden sollten. Sociedad war dadurch ein paar Mal anfällig, verteidigte es aber mit fortschreitender Spieldauer gut und Rayo konnte diese Positionswechsel nur vereinzelt einbringen und kaum effektiv einbinden.

Hier sieht man einen solchen Positionswechsel zwischen Außenverteidiger und Flügelstürmer bei Rayo.

Hier sieht man einen solchen Positionswechsel zwischen Außenverteidiger und Flügelstürmer bei Rayo. Der Außenverteiidger ist jener Spieler, der sich in der neben Manucho geöffneten Schnittstelle befindet/-n wird.

Auch die Halbfeldflanken, Schnittstellenpässe und langen Bälle Rayos bei währenddessen komplett besetzter gegnerischer Abwehrlinie (oftmals ein 3 gegen 4, 4 gegen 4 oder 5 gegen 6 dank der Außenverteidiger) funktionierten nur selten. La Reals Rhythmus und Rayos leichte Anpassung im Aufbauspiel sorgten dafür, dass beide Mannschaften nur wenige Chancen hatten und die Vallecas das Spiel nicht so dominieren konnten, wie es vor der Partie den Anschein hatte.

Rayos massive Besetzung von La Reals letzter Linie.

Rayos massive Besetzung von La Reals letzter Linie.

Fast schon passend war es ein Kopfball von Manucho, der den knappen Sieg besorgte. Ein erfolgreicher von (zu) vielen Versuchen.

Fazit

Taktisch und strategisch war Rayo Vallecano seinem Gegner einmal mehr massiv überlegen, doch Real Sociedads Stabilitätsfokus, Simplizität und insgesamt gute Ausrichtung sorgten für ein lange Zeit (fast) ebenbürtiges Duell bei den Torchancen. Das 4-2-3-1 und die Aufstellung Manuchos sollten sich bei Rayo letztlich auszahlen, obgleich die Mannschaft von David Moyes wie erwähnt kaum Chancen zuließ.

Danke an Laola1.tv für das Bildmaterial und Entschuldigung für die schwache Screenshotqualität wegen meines schlechten Internets.

Lenn 17. Januar 2015 um 18:32

Schöne Analyse eines für Rayo-Verhältnisse weniger schönen Spieles.
Hast du btw. so ein Zeitzurückdrehteil wie Hermine bei Harry Potter und kannst so zwei parallel laufende Spiele analysieren?
Du weißt nicht zufällig, warum Leo nicht gespielt hat? Er war ja wie schon gegen Cordoba nicht mal im Kader, und auch wenn die von dir beschriebenen Aspekte ja durchaus ein Grund für die Aufstellung Manuchos sein mögen, so hätte ich persönlich Leo trotzdem den Vorzug gegeben.

PS: Ich weiß ehrlich nicht, ob Alex Moreno die Abseitsregel so richtig verstanden hat, da waren schon 1,2 sehr absurde Szenen dabei.

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CAT 18. Januar 2015 um 13:56

Leo ist verletzt. Paco Jeméz würde sich selbst ins Bein schiessen, jemanden wie Leo freiwillig zu hause zu lassen, während ein Manucho, der zwar immer bemüht ist, aber nicht ansatzweise die Qualität bringt wie Leo, stürmt.

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