Italien – Costa Rica 0:1

Dreier- und Fünferketten bleiben bei dieser WM unschlagbar. Viererkette tot. Und ach du Scheiße, ist Costa Rica gut!

Nach dem starken Auftaktsieg gegen ein unkreatives Uruguay konnte der Außenseiter der schweren Gruppe D noch mal ein, zwei Schippen drauflegen und besiegte auch die guten Italiener. Damit zieht der einzige Außenseiter der Gruppe zuerst ins Achtelfinale ein. Erneut überzeugte die außergewöhnlich gute defensive Organisation, doch auch das Ballbesitzspiel wusste zu gefallen und zudem zeigten sich die Costa Ricaner sehr gut angepasst.

Italien will ins Zentrum – und Costa Rica weiß das

Vor allem den italienischen Fokus auf das Mittelfeldzentrum wussten sie für sich zu nutzen. Gegen den Ball zeigte sich das in der mutigen Organisation des Mittelfelds. Sie formierten sich vor der Abwehr nicht in einer klaren Viererkette wie im Auftaktspiel zumeist, sondern interpretierten ihr 5-4-1 enger, höher und flexibler.Italien - Costa Rica 0-1

So stellten sie aus der 4-1-Grundordnung immer wieder kompakte 3-2-Blöcke über dem Zentrum her – diese bestehen aus drei kompakten Dreiecken und erlauben daher mehr Zugriff als das zurückgezogene 4-1. Dabei positionierte sich Campbell meist ein wenig rechtsseitig, womit er das Aufbauspiel schon mal etwas von Pirlo wegleiten konnte. Halblinks schob entweder Bolanos ein wenig ein oder Tejeda rückte aggressiv heraus. Borges und Ruiz schoben dann sehr gut nach und orientierten sich zudem immer ein wenig an Pirlo. So kam der italienische Spielmacher in tieferen Zonen nur sehr schwer ins Spiel. Generell sorgte dieser gut organisierte Fünferblock über dem Zentrum dafür, dass die Italiener nicht ihre gewohnte Ballzirkulation durch die Mitte aufziehen konnten und dadurch einiges an Dominanz einbüßten.

Stattdessen hatten die italienischen Außenverteidiger sehr viel Raum. Italiens gemächlicher Rhythmus verhinderte aber oft, dass sie diese Räume bestrafen konnten. Vor allem Darmian hatte große Lücken vor sich, doch war es ganz offensichtlich nicht der Plan die mäßigen Offensivqualitäten des eher defensiv ausgerichteten Abwehrallrounders einzubinden. Es gab kaum Verlagerungen auf ihn. Wenn solche Bälle doch einmal kamen, reagierte Costa Rica mit sehr starkem, frühzeitigen Herausrücken des Außenverteidigers. Besonders Gamboa tauchte sehr plötzlich und dynamisch neben der Mittelfeldreihe auf. Dabei war erneut beeindruckend, was für saubere Viererketten die restlichen Spieler dann bildeten, wenn ein Abwehrspieler herausrückte – da wackelt nichts, das ist alles geplant und hervorragend einstudiert.

Kein Italiener richtig eingebunden

Italien Aufbau

Bei Ballbesitz Italien.

Das galt auch, wenn einer der drei zentralen Verteidiger herausrückte, was gelegentlich geschah, um einen Spieler im Zwischenlinienraum aufzunehmen. Diesen hielten die Costa Ricaner sogar verhältnismäßig groß, was wiederum eine gute Anpassung war: Dadurch war der Abstand von Pirlo zum Sturm höher und die langen Bälle hinter die Abwehr waren schwieriger zu spielen bzw. leichter zu verteidigen. So wurde dieses Stilmittel auch nur in einer guten italienischen Phase um die 30. Minute herum gefährlich (erster (!) italienischer Schuss in Minute 27), als sich Pirlo mal stärker nach rechts und vorwärts schob. Dort hätte es sogar direkt das Spiel entscheiden können, doch Balotelli verpasste die Chancen.

Ansonsten waren kaum italienische Offensivmöglichkeiten zu erahnen. Costa Ricas Organisiation legte alles lahm: Motta konnte in den Deckungsschatten der Fünferblöcke kaum eingebunden werden und trug dadurch kaum etwas bei. Marchisio versuchte in unterschiedlichen Zonen zu überladen, doch fand im Zwischenlinienraum nur selten Anbindung und wurde dann meist von einem herausrückenden Verteidiger geblockt. Welche Rolle Candreva auf rechts hatte, war unklar. Er und Abate betätigten sich gemeinsam als Breitengeber, was völlig unsynergetisch und ineffizient war. Balotelli sah als Tiefengeber gegen drei Innenverteidiger wenig Licht. Er erreichte zwar eine Passquote von 100% – spielte aber nur klägliche zwölf Pässe.

Italien rennt nicht gern hinterher – und Costa Rica weiß das

Auch mit dem Ball konnten die Costa Ricaner den italienischen Zentrumsfokus und ihre 5-4-1-Formation gut ausnutzen. Zum einen hatten die drei Innenverteidiger keine Probleme, den Ball gegen Balotelli zirkulieren zu lassen. Die Außenverteidiger schoben hoch und wurden oft per Verlagerung gesucht. Da die Italiener kaum zum Flügel rausschieben, funktionierte das meist sehr und sorgte für große Spielanteile Costa Ricas in der ersten Hälfte.

Bei Ballbesitz Costa Rica.

Bei Ballbesitz Costa Rica.

Diese überraschend geduldige Ballzirkulation wurde durch die Freirolle des überragenden Bryan Ruiz noch unterstützt. Er pendelte durch die Mittelfeldräume- hauptsächlich eng vor den Sechsern – und lockte die Italiener mit sehr sicheren Kombinationen (Passquote 90%) nach vorne und ins Zentrum. Die drei gelernten Sechser Italiens zeigten sich anpassungsfähig und stabil dagegen und verhinderten ein Eindringen in höhere Zonen, doch fanden sie keinen Zugriff und konnten nicht weit herausrücken, um die Ballzirkulation zu unterstützen. Gelegentlich formierte sich zwar Pirlo zentral, während De Rossi und Motta eine Doppelsechs bildeten, doch auch dann musste Pirlo recht tief bleiben. Zudem zogen die Kombinationen manchmal Marchisio von Gamboa weg.

Richtige durchschlagskräftig waren diese guten Ansätze letztlich zwar nicht, doch erlaubten sie Costa Rica eben viel Präsenz und die geduldige Wahl des weiteren Vorwärtsspiels. Wenn sie dann ins Angriffsdrittel eindringen konnten, beschleunigten sie das Spiel sehr intensiv und spielten direkt in den Strafraum durch. Meist gab es eine Verlagerung auf Bolanos oder Diaz am linken Flügel. Nicht nur die Stürmer, sondern auch beide Sechser rückten dann aggressiv in den Strafraum auf. Oft führte das zu hektischen, vorhersehbaren Hereingaben und in der ersten halben Stunde wurden diese Versuche nicht oft gefährlich. Letztlich fiel das dann aber nach einer solchen Szene. Borges band Barzagli mit einem Lauf zum kurzen Pfosten und Ruiz köpfte am langen Pfosten die Flanke von Diaz ein.

Herausrücken und Kompaktheit gegen Cassano und Insigne

Italiens Offensivspiel in Hälfte zwei.

Italiens Offensivspiel in Hälfte zwei.

Zur zweiten Halbzeit stellte Prandelli dann auf ein klares 4-2-3-1 um, indem er Cassano für Motta brachte. Costa Rica formierte sich indes tiefer und schraubten ihr Mittelfeldpressing in die eigene Hälfte zurück. Die Doppelsechs aus De Rossi und Pirlo baute das Spiel nun vor dem gegnerischen Mittelfeld auf, während sich offensive Dreierreihe durch den Zwischenlinienraum bewegte.

Nach einer recht druckvollen italienischen Viertelstunde eroberte Costa Rica in dieser Situation wieder die Oberhand. Dabei agierte das Mittelfeld weiterhin überraschend weit vor der Abwehr und sehr eng. Der gestreckte Zwischenlinienraum wurde aber immer wieder zur Pressingfalle, indem einer der Verteidiger sehr früh rausschob, während sich das Mittelfeld zurückzog und Rückwärtspässe verhinderte. Extrem viele italienische Angriffe scheiterten in derartigen Situationen. Die Rückzugsdynamik des Mittelfelds und der Rest-Viererkette bei gleichzeitigem Druck durch den herausrückenden Abwehrspieler, zerstörte den italienischen Rhythmus und erzwang immer wieder hektische Pässe und Ballverluste. Cassano erreichte nur eine Passquote von 58%.

Beispielhafte Szene für das Herausrücken der Verteidiger.

Beispielhafte Szene für das Herausrücken der Verteidiger. Italien überlädt den Zwischenlinienraum, doch nur ein Pass ist möglich wegen Tejedas Herausrücken. Dadurch kann Umana sehr früh auf Candreva herausrücken. Dabei nimmt er alle drei weiteren Italiener im Zentrum in seinen Deckungsschatten. Borges schiebt absichernd in den Raum. Ruiz und Tejeda schieben die Rückpassmöglichkeiten zu. Beim Versuch einer Rücklage auf Pirlo verliert Candreva den Ball an Ruiz.

Italien fehlte in dieser Phase die horizontale Zirkulation im Sechserraum. De Rossi und Pirlo standen meist sehr eng nebeneinander und spielten die Vertikalpässe aus sehr statischer Grundstellung. In Verbindung mit den Deckungsschatten der herausrückenden gegnerischen Sechser sorgte das für große Vorhersehbarkeit, da es meist nur eine Anspieloption gab. Das war ein wichtiger Grund dafür, dass das Herausrücken der Abwehrspieler derartig effektiv war – sie konnten die Pässe einfach sehr früh antizipieren. Alles in allem war Italiens Offensivstruktur viel zu klar und eindimensional. Zudem wurden die Außenverteidiger weiterhin kaum druckvoll eingebunden. Ihre hohe Position führte eigentlich nur dazu, dass Costa Rica noch durch gelegentliche Konter für Entlastung sorgen konnte.

Fazit

Dynamik, Kompaktheit, herausragende Abstimmung und große Flexibilität zeichnen Costa Ricas 5-4-1-Pressing aus und sorgten für einen absolut verdienten Sieg. Die Fünferkette sorgt dafür, dass sie stets einen zusätzlichen Spieler in Ballnähe ins Mittelfeld schieben können, was sie optimal umsetzen. In den ersten 25 Minuten des Spiel ließen sie so keinen einzigen Schuss zu. In den letzten 25 Minuten nur zwei. Auch das Aufbauspiel und die Konter des Außenseiters überzeugten. Das Angriffsspiel war zwar sehr simpel, doch genügte für ein Tor.

Italien machte für sich genommen kein schlechtes Spiel – war durchaus vergleichbar mit dem Auftaktspiel -, doch fand wieder zu wenig Verbindung in der Offensive und kam mit dem außergewöhnlichen Gegner nicht wirklich zurecht. Pirlos Genie hätte beinahe die Führung und damit vielleicht den Sieg bringen können, doch das wäre letztlich wohl nicht wirklich verdient gewesen. Die ausgeglichene Schussstatistik schmeichelt Italien eher noch. Das war kein unglückliches Favoritenscheitern aufgrund unglücklicher Chancenverwertung; in dieser sehr speziellen Partie war der Außenseiter mindestens ein bisschen überlegen.

Italien darf nun gegen Uruguay nicht verlieren. Costa Rica darf sich auf das Achtelfinale freuen und für die Gruppe C dürfte dieser außergewöhnliche Gegner wohl kein Glücksfall werden.

Bisschen Hintergrundgedanken noch: Wir haben solch ein „5-0-4-1“ mit starkem Herausrücken schon einmal hypothetisch hier diskutiert. Interessanterweise ging es dabei um ein Gegenmittel für ein System, das dem italienischen der zweiten Halbzeit nicht ganz unähnlich war, zumindest hinsichtlich der Grundformation, der reduzierten Ballzirkulation, der Außenverteidiger-Nutzung und der geringen Verbindung zwischen defensivem und offensivem Mittelfeld.

Daniele 23. Juni 2014 um 09:22

Ich als Italiener war geschockt ob der läuferischen Leistung der Italiener. Das war Standfußball.

Die „wir lassen den Ball und Gegner laufen und hoffen auf ein Tor von Balotelli-Taktik“ ging diesmal nicht auf, weil sich die Costa Ricaner genau darauf einstellen konnten. Aber konnte Prandelli nicht erahnen, dass sich Costa Rica gut vorbereitet?

Laut Prandellis Aussagen nach dem Spiel, wollten die Italiener genau am Flügel durch 1 vs. 1. Situationen Überzahl schaffen, doch das Problem war, dass die italienischen AV’s nicht mal im Ansatz versucht haben, mal ein 1 vs. 1 anzusetzen.

Das man sich auf den Flügel fokussiert hat, sah man an Prandellis Wechsel, der dann auch Insigne und Cerci brachte (klassische Außenstürmer), anstatt Immobile zu bringen und Balotelli gegen eine zentrale 3er Kette zu unterstützen.

Warum man gegen Costa Rica (!!!) so defensiv agierte verstehe wer will, absolute Frechheit. Es lässt darauf schließen, dass die Italiener platt sind, obwohl Prandelli vor der WM desöfteren angab, die Mannschaft wäre nach etlichen Fitnessttests topfit.

Bzgl. 3er/5er Kette ist zu erwähnen, dass genau Prandelli wohl gegen Uruguay wohl auf dieser mit dem defensiven Juve-Block vertraut. Doppelspitze mit Immobile und Balotelli, getreu dem Motto, wenn wir rausfliegen dann mit wehenden Fahnen.

Für mich ist einfach traurig, bei allem Respekt, dass Italien (die Taktikhochburg würde ich jetzt mal behaupten) diesbezüglich von Costa Rica und Pinto in die Schranken gewiesen wurde.

Ich habe in der 70. Minute aufgehört zu schauen und es war vielleicht das erste mal, dass ich mich nicht gefreut hätte, wenn Italien das 1-1 gemacht hätte.

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Vanye 21. Juni 2014 um 16:28

Die Spiele von Costa Rica bei der WM lassen, meines Erachtens, auch Klinsmanns Leistung in der WM-Quali in einem anderen Licht erscheinen. Das er da mit dem arg limitierten US-Team vor Costa Rica und Mexiko als Erster die Qualifikation gesichert hat, scheint doch eine größere Leistung gewesen zu sein, als ich gedacht hätte.

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air force 1 21. Juni 2014 um 15:37

Kompliment an den kolumbianischen Coach der sein Team perfekt eingestellt hat. Das 5-4-1 mit etwa 15-20 Meter Abstand zwischen den beiden Blöcken hat gegriffen.
Costa Rica hat taktisch ungemein diszipliniert agiert.

Nur bei den Geniestreichen von Pirlo in Halbzeit 1 wurde es gefährlich. Balo macht seine Chancen nicht rein. Als ITA dann gegen Ende der 1. Halbzeit müde wird schlägt Costa Rica im Stile einer klasse Mannschaft zu.

Costa Rica hat heute klassisch italienisch gespielt. Jorge Luis Pinto ist ein ausgezeichneter Taktikfuchs und großer Coach. Er würde auch in der BL, PL oder PD oder der italienischen Liga als Coach eine gute Figur machen.

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BrainDrain 21. Juni 2014 um 14:32

Wirklich ein sehr interessantes Spiel. Man hört und liest ja immer, bei der WM würde taktisch nichts interessantes passieren, weil die Trainer gar nicht die Zeit hätten, komplexe Taktiken einzuüben.

Das Spiel Costa Ricas (Costa Ricas!) zeigt m. E. das Gegenteil. Das extrem fluide 5-(0)-4-1, das es in der Bundesliga nicht gibt und das die Spielverlagerer mal vor anderthalb Jahren hypothetisch angedacht haben (nicht weil Klopp es gespielt hätte, sondern nur als theoretische Option) war schon sehr interessant auch ziemlich effektiv. Dass Italien eigentlich mit Pirlo, de Rossi, Ballotelli und Co individuell insgesamt stärker ist, davon darf man ausgehen. Dass sie aber – sogar als sie kommen mussten – eigentlich die gesamte 2. Hälfte aus dem Spiel keine Chance kreieren konnten, ist schon sehr überraschend. Dass das Klima Costa Rica in die Hände spielte, mag sein; dass Italien gar nicht mehr durchkam, lag aber sicherlich nicht am Klima allein. Ich hatte wirklich den Eindruck, Italien wurde hier ausgecoacht, denn deren individuelle Qualität ist eigentlich höher.

Ich beobachte die italienische Liga nicht live, weiß also nicht, wie 3er bzw. 5er-Kette da gespielt werden. Imponiert hat mir aber hier die Fluidität, die ich so noch nicht gesehen habe. Das Herausrücken auf Spieler in Zwischenräumen schafft halt bei einer Viererkette leicht nutzbare Lücken, entweder im Zentrum, weil die Abstände zu groß werden oder halt über die Seiten, wenn sich die 3 verbliebenen Abwehrspieler eng zusammenziehen. Dass in der 5er-Kette eigentlich permanent einer herausrückte und die sich dann sofort zur Viererkette zusammenschob bzw. verschob, ohne dass Lücken für Schnittstellenpässe entstanden, war schon sehr beeindruckend.

Ich hatte auch während des Spiels besonders auf Pirlo und seine Laufwege geachtet, nachdem er nicht ins Spiel kam – den haben sie sofort in raumorientierte Manndeckung genommen, sobald er über die Mittellinie ging. Immer der ballnahe Spieler der 4er-Kette rückte auf ihn zu, sobald er sich anbot. Und selbst wenn er doch mal einen guten Ball bekam, hatte er in der zweiten Hälfte praktisch nie Zeit, einen seiner tödlichen Pässe zu spielen. Er ist dann zwischenzeitlich dazu übergegangen, den Ball im Zwischenraum gar nicht mehr anzunehmen, sondern die Pässe direkt zu spielen – die kamen aber nicht an. Das bemerkenswerte an Pirlo ist ja nicht nur, wohin er spielt, sondern auch wann er spielt oft, nämlich genau im richtigen Moment für die optimalen Laufwege in der jeweiligen Situation. Wenn man ihn zwingt, direkt weiterzuspielen, kommen die Pässe immer noch an die potentiell richtige Stelle, aber halt nicht mehr zur richtigen Zeit.

Pirlo aus dem Spiel zu nehmen, hat Costa Rica mit seinen fluiden Ketten schon sehr viel besser gemacht als Deutschland bei der letzten EM, als Pirlo sich in Räume zurückgezogen hat, die Kroos bzw. Özil nicht mitgegangen sind und dann immer wieder seine tödlichen Pässe spielen konnte – ich hatte auch das Gefühl, Italien fiel kein Gegenmittel ein. Es ist schon so – gelingt es Pirlo aus dem Spiel zu nehmen, wirkt Italien gewöhnlich und etwas einfallslos.

Nachdem sich die Viererkette in der Bundesliga in den letzten Jahren als absoluter Standard etabliert hat und sich die Systeme eigentlich nur im MF /Sturm unterschieden, bin ich mal gespannt, ob wir wieder mehr 3er/5er-Ketten sehen, nachdem diese streckenweise bei der WM so gut funktionieren. Guardiola hatte ja schon mal einen Anfang gemacht.

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air force 1 21. Juni 2014 um 15:47

@BrainDain

Sehr schöne Analyse. Danke.

Pirlo hat in Halbzeit 1 die tödlichen Pässe gespielt- Balo hat sie aber nicht verwerten können. Nachdem die 5-4-1 Formation in Halbzeit 2 tiefer gestaffelt war blieb eben nicht mehr genügend Raum in den Pirlo seine Pässe über die Abwehr hinweg hätte spielen können.

Pinto hat sein Team in der Pause exakt angewiesen 10-15 Meter tiefer zu stehen und den Vorsprung zu verteidigen. Perfekt. Außer Pirlos 30 m Freistoß habe ich in Halbzeit zwei keine Chancen für Italien gesehen.
Im Gegensatz- Chiellini musste mehrfach im 1 gegen 1 in letzter Not klären.

Unter dem Strich: taktische Masterclass von Pinto und seinem Team.

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mh 21. Juni 2014 um 14:26

Aus meiner Sicht standen die beiden Ketten von Costa Rica vor der Pause sehr eng beieinander, was zu hoher Kompaktheit führte, aber auch das Risiko von langen Bällen hinter die Abwehrkette bot (was Pirlo mehrmals ausnützte auf Balotelli).

Nach der Pause dann sah ich eine etwas tiefere Abwehrkette und dann in der Tat die Abstände zwischen den Ketten, die Costa Rica aber durch flexibles Herausrücken einzelner Spieler ganz gut eingedämmt hat.

Somit optisch nach der Pause Italien stärker dominant, aber bei genauer Betrachtung mit weniger echten Chancen und somit eine gute Anpassung von Costa Rica und verdienter Sieg…

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Gatling 21. Juni 2014 um 13:25

hmm, zwei Punkte mit gleichen Thema:

Warum wird aus nicht mal abgeschlossenen 2. Gruppenspielen gefolgert, dass

1) eine Viererkette beim kompletten Turnier schon tot ist?

2) Italien quasi schon abzuschreiben ist?

Zu 1) Wenn jetzt wieder ein Sieg mit ner Viererkette kommt, ist das mal wieder viel zu früh spekulierter Blödsinn. Was wird denn dann geschrieben – Viererkette wieder auferstanden!

zu 2) vielleicht ist es niemand aufgefallen, aber Italien muss gegen Uruguay nicht mal gewinnen – unentschieden und sie kommen wegen Tordiff. weiter. Deshalb muss man sie immer auf dem Schirm haben.

Was soll immer das hochjubeln und tot sagen auf Basis von drei, vier Spielen wenn das ganze Turnier nahezu 50 Spiele hat und die KO-Runde nicht im Ansatz begonnen hat!?!
Die ganzen Holland-Hochjubler sind auch schon wieder auf dem Boden der Tatsachen gelandet nach dem Aussi-Spiel – kein Top-Favorit mehr, sondern immer noch WM-Teilnehmer.

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HW 21. Juni 2014 um 13:33

Man darf nicht den Fehler machen und die Ursache für Erfolg und Misserfolg nur in der Formation zu suchen. 3er-Kette schön und gut. Der wichtigere Punkt ist, das diese Teams es schaffen mit dem Klima zurecht zu kommen und ihr Spiel durchziehen können.
Italien wird ja nicht Weser nur weil sie auf ne andere Abwehrkette umstellen. Das Problem lag eher im Spielaufbau, dem Positionsspiel und der (fehlenden) Variation des Spieltempos. Es wurde immer wieder der gleiche Trick im Angriff probiert. Wenns klappt, und es war kurz davor, ist die Kritik auch nicht so groß. Trotzdem war das zu wenig von Italien.

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Studinho 21. Juni 2014 um 13:34

Da gebe ich dir Recht. Zu der Viererkette kommen auch viele andere Faktoren dazu, Klima, Teamchemie etc.. Italien abschreiben wäre mit Sicherheit ein Fehler. Die Tendenz geht denke ich doch zu einer effektiveren Formation mit 3er/5er Kette.

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LM 21. Juni 2014 um 14:44

Ich bezweifle stark, dass das ernst gemeint war. Ich nehme mal eher an, dass das ein Seitenhieb auf all die Tiki-Taka ist tot Kommentare war 😉
Ach und verdammt, warum versteh ich kein Spanisch, die Seite von Pinto sieht extrem ineressant aus :/

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HW 21. Juni 2014 um 18:00

Hatte Gatlings Kommentar auch als Ironie empfunden.

BrainDrain schreibt ja auch, dass die Einschätzung eine WM wäre taktisch uninteressant falsch sein.

Ich denke man sieht vor allem, wer sich etwa 2 Jahre vorbereitet und eingespielt hat und dabei eine taktische Variabilität entwickelt hat und wer bis kurz vor Schluss sein [Team|Konzept] noch nicht zusammen hatte oder die Vorbereitung erst vor 6 Wochen gestartet hat.

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Studinho 21. Juni 2014 um 12:56

Der Trend zur 3er/5er Kette kommt meines Wissens nach eigentlich auch aus Italien oder nicht? In der Liga spielen die größtenteils diese Formation. Kann mir jemand sagen, warum die Nationalmannschaft dem dann nicht folgt? Hatte damit eigentlich vor dem Turnier stark mit gerechnet.

Ansonsten natürlich im Moment ein junges System, das fruchtet. Hochstehende AV und 3 IV, die die Defensivmängel der heutigen AV kompensieren können. Gerade wenn die gegnerische Mannschaft nur mit einem Stürmer spielen, können durch die Entlassung die hochstehenden AV sich auf ihre Offensivbemühungen konzentrieren

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HW 21. Juni 2014 um 13:36

Ich weiß nicht ob’s da ne Verletzung gab aber Italien hat glaube ich nicht aus personellen Gründen nicht zur 3er-Kette gegriffen. Die können eigentlich beides.

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mh 21. Juni 2014 um 14:21

Na ja, bisher standen sie je zwei Mal einem Ein-Mann-Sturm gegenüber – da war das m.E. nicht nötig…

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Studinho 22. Juni 2014 um 23:37

Gerade dann hätte ich mir das vorstellen können. Ich glaube nicht, dass sich die 5er-Kette bewährt, sondern viel mehr in ein 3-5-2 sich wandeln wird. Dadurch haben die Teams eine größere und bessere Besetzung im Mittelfeld, Möglichkeit zur Kontrolle und Räume werden noch enger. Pass und Spielsicherheit stehen im Fokus. Es werden ganz neue Erwartungsprofile für die Verteidigungspositionen erstellt werden müssen. Die hochstehenden AV müssen dann ein Spiel aufbauen können, aber haben nicht unbedingt mehr die hohe Flankenrate, weil sie nicht mehr die Linie lang marschieren. Die IV müssen beweglicher werden, brauchen eine gewisse Schnelligkeit und die Sprungkraft ist enorm wichtig, auch in Drucksituationen durch den Gegenspieler muss man einen kühlen Kopf bewahren und den Pass kontrolliert spielen können. Je nachdem wie der Gegner offensiv aufstellt, kann man sich sogar für eine Art 2er-Kette entscheiden bei einem Stürmer mit zwei 3er-Ketten davor, die dann beliebig variiert werden kann und auf eine zweite Spitze reagieren kann. Aber das ist ein anderes Thema und stößt hier mit Sicherheit auf zu viel Gegenwind.

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mh 23. Juni 2014 um 00:42

Wie du schon sagst, dann reichen zwei IV. Ob man es 3er oder 5er Kette nennt, ist Geschmackssache. Aber dass der Trend wieder zu je einem „wing back“ auf jeder Seite geht, ist offensichtlich. Jedoch glaube ich nicht, dass es das eine dominante System wie vor kurzem noch 4-4-2 und dann 4-2-3-1 geben wird, sondern (hoffentlich) mehr Vielfalt

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Studinho 23. Juni 2014 um 17:08

Glaube schon, dass es nach der Umstellung wieder ein einheitliches System geben wird. Wenn nicht fände ich es aber auf jeden Fall interessant auch die 2er-Kette zu sehen. Damit meine ich aber dann nicht die klassische 4er Kette im Defensivverbund, sondern in der Defformation 2 IV 2 3er Ketten davor und 2 Stürmer, wobei einer um den anderen herum spielt (Beispiel Deutschland: Spitze Klose, hängend Götze/Müller). Der Zugriff im Mittelfeld ist sehr groß und würde das hohe Pressen unterstützen. In der Bundesliga kann ich mir vorstellen, dass nur die Top-Teams einheitlich spielen und die schwachen hinten weiter kompakt bleiben werden. Aber ich lehne mich zurück und bleibe gespannt.

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Michael Maier 21. Juni 2014 um 10:43

Ich war einigermassen geschockt vom Auftreten der Italiener und habe sie deutlich schlechter gesehen als im Auftaktspiel. Das italienische Spiel war extrem statisch angelegt, ein Spiel ohne Ball fand in der zweiten Halbzeit kaum noch statt. Mit diesen offensichtlichen Mängeln in Sachen Fitness werden sie nicht weit kommen.

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SF96 21. Juni 2014 um 11:16

Sehe es genauso. Die Spielweise Italiens, war mMn. (übertrieben formuliert) so: Pirlo wird im Aufbau gesucht, Pirlo schlägt langen Ball hinter die Abwehr und gut 90% davon Abseits. Ich fand die Italiener generell zu vertikal in ihrer Spielweise.

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FL aka LeFlo777 21. Juni 2014 um 11:33

heute in der SZ: „Andrea Pirlo, 35, Daniele De Rossi, 30, und Thiago Motta, 31, bildeten ein Dreieck im Zentrum, das den Ball zirkulieren ließ.“
Ich glaube, dem Italienischen Mittelfeld macht die Hitze extrem zu schaffen. Mich wundert es etwas, dass sie hierauf nicht besser vorbereitet sind. Wäre es nicht besser, Pirlo noch 2 jüngere Spieler zur Seite zu stellen?

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L 21. Juni 2014 um 11:51

Ich wäre ja ein Freund davon gewesen, Verratti aufzustellen statt Motta – habe mich eh gewundert, warum dieser auf dem Platz stand bzw. nicht ganz Prandellis Intention verstanden. Mit Verratti hätte man einen pressingresistenten, beweglichen Spieler gehabt, der das Spiel auch gut mit aufbauen kann. In Wechselwirkung mit den rechten Flügelspielern hätte er diese besser einbinden können und in Kombinationen gehen zum Überspielen der hohen Viererkette. Oder was meint ihr dazu?

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mh 21. Juni 2014 um 14:23

Im übrigen fand ich nicht, dass Pirlo zu tief stand. Im Gegenteil, vor allem in der ersten Halbzeit sehr hoch und/oder auf den linken Flügel ausweichend. Damit konnte er sich der Manndeckung durch die #5 von Costa Rica aber auch nicht entziehen, sondern hat sich eher selbst ein wenig aus dem Spiel genommen. Nach der Pause als Teil der Doppelsechs fand ich ihn präsenter.

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HW 21. Juni 2014 um 12:05

Ich fands auch überraschend, dass Italien gegen Ende des Spiel nicht überhastet agierte, keine Halbfeldflanken schlug usw. sondern zu ruhig war. Ich schätze die waren platt. Da klappte kaum eine Ballannahme, das Spiel abseits des Balls war statisch und die Spieler standen auch weit auseinander. Taktisch eine uninspirierte Leistung. Ich hoffe, das Italien einfach nach dem Minimalprinzip die Gruppe im dritten Satz klar machen will.

Ansonsten fällt auf, dass mit dem feuchten Klima nur die Süd- und Mittelamerikaner durchgängig klar kommen.

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PaoloPasano 21. Juni 2014 um 10:34

Guter Artikel mal wieder. Auch wenn es eigentlich nichts hinzuzufügen gibt, war mir die (wohl gegebene) Anweisung von Pinto bei seinen letzten Einwechslungen sehr sympathisch, die italienischen Innenverteidiger mit dem neuen, lauffreudigen Mann nochmal so richtig unter Druck zu setzten.
Ansosnten noch der Verweis auf dessen Hompage, in der er über seine Taktikvorstellung berichtet. http://www.jorgeluispinto.com/
Ich weiss nicht, ob das bei der ARD schon erwähnt wurde.

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MR 21. Juni 2014 um 10:37

Danke für den Link! Interessante Gifs da.

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JG 21. Juni 2014 um 13:36

Pinto hat übrigens schon am Donnerstag auf seiner Seite geschrieben, dass sie gegen Italien das Zentrum kontrollieren müssen.

http://www.jorgeluispinto.com/Noticias/detalle/378/Pinto:_tenemos_que_saberlos_controlar_en_el_medio_campo

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Pommesdieb 21. Juni 2014 um 16:57

diese seite wurde tatsächlich in der vorberichterstattung erwähnt und gezeigt 😉

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JackLondon 21. Juni 2014 um 18:11

Die haben seine Seite kurz vorgestellt und ihn als überheblichen Trottel dargestellt.

Ich hab mir heute mal die ersten 10 min des Spiels angeschaut und dann direkt auf min. 85+ vorgespult (sagt man noch „vorspulen“?). Da fällt einem erst auf, wie krass das Tempo von Italien nachgelassen hat. Das war schon … beeindruckend.

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