Kolumbien – Griechenland 3:0

Kolumbien zwingt Griechenland zum Ballbesitzspiel und kommt nie wirklich in Bedrängnis.

Kolumbien begann im 4-4-1-1, in dem Topstar James Rodriguez alle Freiheiten hatte. Der Kreativspieler vom AS Monaco driftete frei herum, unterstützte die Flügelspieler oder half den Sechsern im Aufbau.

Griechenland agierte im 4-1-4-1/4-5-1 sehr konventionell. Innerhalb der Foramtion gab es kaum nennenswerte Bewegungen, was sich später als größter Negativaspekt im Spiel des Ex-Europameisters entpuppte.

Rodriguez in den Halbräumen

Die sehr positionstreue Interpretation des 4-1-4-1 durch die Griechen nutzte Kolumbien zu Spielbeginn clever aus und brachte Rodriguez immer wieder in gute Positionen. Der Linksfuß orientierte sich häufig in die Halbräume zwischen den gegnerischen Achtern und Außenverteidigern. Dort kombinierte er zusammen mit dem jeweiligen Flügelspieler, auch Sturmspitze Gutierrez wich oft aus.

Durch diese Kombinationen zogen die Kolumbianer viele Griechen in den einen Halbraum, um anschließend in den anderen zu verlagern. Dorthin rückte entweder ein Sechser oder der ballferne Außenverteidiger, um Abschlüsse zu suchen bzw. vorzubereiten.

Griechenland gelang es nicht immer, den Raum zwischen den Linien zu verdichten, sodass Rodriguez gut ins Spiel kam. Weil die kolumbianischen Flügelstürmer sehr beweglich agierten und ihre Positionen häufig verließen, wurden die griechischen Außenverteidiger einige Male ins Zentrum gezogen. Teilweise versuchten Holebas und Torosidis auch, mit antizipativem Herausrücken auf den in den Halbraum driftenden Rodriguez den kolumbianischen Rhythmus zu zerstören – mit mäßigem Erfolg.

Das Team von José Pekerman erkannte die entstehenden Räume hinter den gegnerischen Außenverteidigern und spielten einige lange Bälle in diese Zone – das 1:0 durch Armero war die Belohnung.

Kolumbien zwingt Griechenland zum Ballbesitz…

Nach dem Führungstor zogen sich die Kolumbianer weiter zurück und überließen Griechenland den Ball. Hier wurde schnell deutlich, warum die Griechen ein ausgewiesenes Konterteam sind – im geregelten Ballbesitz haben sie große Probleme.

Kolumbien formierte sich in einem kompakten 4-4-2, das je nach Position von Rodriguez auch häufiger zu einem 4-4-1-1 wurde. Das unglaubliche Tempo der Abwehrspieler ermöglichte es den Südamerikanern, die Viererkette recht hoch stehen zu lassen.

Die Startformationen

Die Startformationen

Zwischenzeitlich ließen sich die Südamerikaner jedoch auch tiefer fallen. Dabei ließen sie – auf den ersten Blick überraschend – das Zentrum recht weit offen. Rodriguez und Gutierrez leiteten den Spielaufbau Griechenlands in die Mitte und verhinderten die typischen griechischen Flügelangriffe.

… und zum Spiel durchs Zentrum

Die drei zentralen Mittelfeldspieler der Griechen hatten nun zwar recht viel Raum und Zeit im Zentrum, konstruktives Spiel kam jedoch nicht zustande. Grund dafür waren die großen Abstände zwischen den Sechsern und den Angreifern. Samaras und Salpingidis spielten sehr breit, sodass die Passwege weit waren. Zudem hatte der Europameister von 2004 mi Gekas einen Akteur im Sturmzentrum, der sich nicht gerade um die Einbindung ins Kombinationsspiel reißt.

Die Folge waren viele ungenaue Zuspiele in die Spitze oder auf die Flügel, die die Kolumbianer dank ihren Schnellikeitsvorteilen locker erlaufen konnten. Hin und wieder suchten die Achter Griechenlands auch abenteurliche Dribblings, die auch keine Durchschlagskraft brachten.

Zwischenzeitlich war es erschreckend, wie unbeholfen die Griechen bei ihren Angriffsversuchen durch die Mitte waren. Die Maßnahme Pekermans, die Flügel komplett zu versperren, ging vollkommen auf, Griechenland blieb harmlos und verlor Ball um Ball.

Griechenland hält sich über Wasser

Dass die vielen Ballverluste der Griechen so lange ungestraft blieben, lag vor allem an den starken individuellen Leistungen der Innenverteidiger. Sokratis und Manolas lösten etliche Eins-gegen-Eins-Situationen hervorragend. Durch ein gutes Herausrücken konnten die beiden viele Konter im Keim ersticken.

Mit dem geregelten Ballbesitz der Kolumbianer kam Griechenland nun besser klar: Die Ketten rückten enger zusammen. Weil dies jedoch mehr durch das Zurückfallen des Mittelfelds als durch das Aufrücken der Abwehr zustande kam, wurden die Wege nach vorne noch ein Stück weiter.

Auch gegen die nun kompaktere Formation der Griechen konnten Rodriguez und der oft einrückende Cuadrado durch die ein oder andere Enge schlüpfen und so in gute Positionen gelangen. Griechenlands passable Endverteidigung hielt sie letztlich lange im Spiel.

Vorentscheidung und wirre Umstellungen

end

Formationen in der Schlussphase – ja, Torosidis im Sturm.

Nach einer knappen Stunde erzielte Gutierrez nach einer Ecke das überfällige 2:0. Die endgülige Vorentscheidung fiel jedoch erst fünf Minuten später: Griechenland gelang eine der seltenen Flanken, sodass Gekas nah vorm Tor zum Kopfball kam – der ehemalige Bundesligaspieler traf jedoch nur die Latte und wurde direkt im Anschluss ausgewechselt.

Trainer Fernando Costa Santos brachte den deutlich kompletteren Stürmer Mitroglou, zuvor hatte er bereits Rechtsaußen Salpingidis durch Fetzfatzidis ersetzt. Später brachte der griechische Trainer noch Karagounis für Kone. Die eigentlich positionsgetreuen Wechsel hatten jedoch eine kuriose Umstellung zur Folge.

Griechenland agierte in der Schlussphase im 4-2-2-2. Manolas gab den Rechtsverteidiger, Karagounis übernahm den vertikalen Part auf der Doppelsechs. Offensiv spielten Samaras und Fetzfatzidis auf den Halbpositionen und im Sturm spielte Mitroglou neben keinem geringeren als Rechtsverteidiger Torosidis.

Abgesehen von der unverständlichen Beorderung Torosidis´ in die Spitze war es überraschend, dass Santos mit seiner neuen Formation fast völlig auf Breite verzichtete. Nur wenn die Außenverteidiger weit vorrückten, gab es Gelegenheiten zum Flanken. Kolumbien war darauf jedoch bestens vorbereitet und erlaubte diese Hereingaben nur aus dem Halbfeld.

Zwangsläufig ergaben sich große Konterräume für Kolumbien. Hinter den Außenverteidigern und neben den Sechsern konnten sich Rodriguez und Co. austoben. Manolas und Sokratis verhinderten jedoch Schlimmeres – abgesehen von Rodriguez´ Tor kurz vor Abpfiff.

Fazit

Eine enttäuschende Vorstellung Griechenlands gegen einen Gegner, der sein Potenzial nie ausschöpfen musste. Pekerman bot den Griechen das Spielfeldzentrum an und sorgte so dafür, dass die sonst so gefährlichen Flanken zur Ausnahme wurden.

Die Aufstellung Gekas´ muss sich Santos ankreiden lassen, auch die Umstellungen innerhalb der Partie waren keine Glanzleistung. Ob Griechenland das Kreativproblem lösen kann, ist sehr fraglich. Sie können nur hoffen, gegen die kleinen Japaner zu genügend Flanken zu kommen, um im letzten Gruppenspiel gegen die Elfenbeinküste noch Chancen auf das Achtelfinale zu haben.

Kolumbien hat mit dem Sieg beste Karten, in die Runde der letzten 16 einzuziehen. Die Mischung aus extremen physischen Qualitäten und der Kreativität im vorderen Bereich macht die Südamerikaner zu einem Gegner, an dem keine Mannschaft so wirklich Spaß haben wird.

fussballdiaspora 14. Juni 2014 um 23:12

Kurz: In Brasilien 2014 gibt es halt weder die Termophylen noch Leonidas… ^^

Ballbesitz schenken: Timeo Columbianos et dona ferentes.

Und überhaupt: Was sollten bitte die armen Kommentatoren von ARD / ZDF damit anfangen?? Haben sie doch gerade erst gelernt, dass Ballbesitz was Tolles ist (Barca, Spanien, Bayern – boah!!) und jetzt kriegt man den noch aufgezwungen??

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mh 14. Juni 2014 um 23:43

Tja, hätten die Griechen mal auf Urs Siegenthaler gehört 🙂

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