SV Werder Bremen – VfL Wolfsburg 1:3

Wolfsburg gewinnt in Bremen den Kräfteverhältnissen entsprechend. Dabei zeigten die Gäste sich verbessert und attackierten Werders Lücken mit verschiedenen Diagonalaktionen.

svw-wob-2014Nach der enttäuschenden Niederlage in Freiburg stellte Robin Dutt seine Mannschaft formativ um. Die vormaligen Halbspieler Junuzovic und Obraniak agierten als Außen eines flachen 4-4-2, in dem Hunt als offensiverer Partner von Felix Kroos vor der Abwehr aufgeboten war. Dennoch bekam Werder durch eine Kombination aus chaotischen, wilden Eigenheiten der Einzelspieler und zu geringer Disziplin wie Intensität im Pressing keine Kompaktheit gegen den Ball.

Raumnutzung im Aufbau, Diagonalität, Rechtsüberladungen – Wolfsburgs Mittel

So hatte Wolfsburg im Aufbau kaum Probleme, in etwaige Lücken hineinzustoßen. Dabei bewegten sich Gustavo und Malanda in ihren jeweiligen Halbräumen in die freien Bereichen zwischen den Bremer Stürmern und Außenspielern, von wo sie ungestört eröffnen konnten. Mit diagonalen Aktionen legten sie die schematischen Schwachstellen von Bremens 4-4-2 offen. Auch auf die Außenverteidiger traf dies zu, die einige Male über Halbraumverlagerungen gesucht wurden und dann etwas zur Mitte einrückten. Somit kamen die Wolfsburger auch über Pässe oder Dribblings dieser beiden Akteure in die Zwischenräume, aus denen Gustavo mit einem diagonalen Vorstoß in der zweiten Halbzeit sogar fast unmittelbar einen Treffer erzielt hätte.

Meistens spielten die Mannen von Dieter Hecking ihre Angriffe von halbrechts nach vorne, wohin Malanda viele Bälle verteilte und der diesmal spielerisch überzeugende Träsch gute Abstimmung mit Gustavo fand. Bei den folgenden Diagonal- oder Flügelaktionen fiel insbesondere das enorm weite Ausweichen von Olic auf jenen Flügel auf. Teilweise agierte er als breitester Akteur in jenem Bereich und konnte einige Male Lukimya aus der Abwehr ziehen – durch das entstehende Loch fiel das frühe 0:2 für die Gäste.

Auch sonst zeigten sich diese bei ihren Überladungen verbessert. Zwar war Arnold anfangs vor allem als unauffällig raumschaffender Anpassungsspieler aktiv und band sich erst nach dem Seitenwechsel hier zusätzlich ein, doch wurde das Flügelduo neben Olic auch vom situativ weit herüberschiebenden Malanda unterstützt, der sich in einige der vielversprechendsten Direktkombinationen einband. Alternativ war er zusammen mit Gustavo für lange Verlagerungen auf den ballfernen Caligiuri zuständig, der dann das Dribbling suchen konnte, dabei aber gerade bei den vielen konterhaften Angriffen zum Ende der zweiten Halbzeit erneut verschwenderisch agierte.

Gelegentlich erzeugte Bremen einige Male Szenen, bei denen sie durch asymmetrische Umformungen in 4-3-3-Nähen etwas Druck machen konnten. Mit der leicht verschobenen Doppelspitze konnten sie dann Rückpässe auf Benaglio forcieren, nachschiebend attackieren und durch den hohen Obraniak die direkten ballnahen Wege blockieren. Fast hätte es sogar den überraschenden Ausgleich gegeben, als Klose gegen Junuzovic rettete. Allerdings standen die Bremer bei diesen Strukturen auf die zweiten Bälle nicht kompakt, so dass Wolfsburg doch wieder einige Räume fand, auch wenn ihr Keeper zu langen Schlängen gezwungen wurde. Weil er wegen der Pressingrichtung zudem meistens auf die gut besetzte rechte Seite des VfL spielte, hatten diese hier noch bessere Stellungen. So war es ein wenig tragisch, dass ausgerechnet eine solches Aufrücken der Bremer ins Angriffspressing mit Befreiungsschlag von Benaglio die Grundsituation vor dem 0:2 einleiteten.

Alles in allem wirkte Wolfsburg trotz kleinerer Detailprobleme im Vergleich zu den letzten Wochen offensiv verbessert, zeigte sich gut auf Bremens Lücken eingestellt und hatte viele Optionen, um torgefährlich zu werden – die frühe 0:2-Führung nach zehn Minuten war die logische Folge.

Wolfsburg will Bremen nach rechts lenken

Daher sahen sich die Bremer schnell zur Initiative gezwungen, wenngleich Wolfsburg mit über 60 % Ballbesitz die dominante Kraft blieb. Da die Hausherren aufgrund des fehlenden Zugriffs im Pressing aber wenig vielversprechende Ballgewinne erzeugten, mussten sie sich dennoch auf die eignenen Aufbauszenen verlassen. Wenn es dazu kam, wurden sie vom soliden, recht hohen 4-4-1-1-Pressing der Wolfsburger früh attackiert und zugestellt. Diese versuchten über eine leichte Asymmetrie zwischen Olic und Arnold, Bremen insbesondere auf deren rechte Seite zu lenken.

Weil mögliche Zurückfallbewegungen aus den grün-weißen Mittelfeld zu unstrukturiert abliefen, gelang dies auch einige Male. Auf der Seite war Fritz dann meistens isoliert und musste zurückspielen, woraufhin Prödl einige Male den Weg ins Mittelfeld zu finden suchte. Auch diese Option versperrten die Gäste aber meistens gut, indem Malanda ballnah weit und mannorientiert auf Felix Kroos herausrückte und der leicht tiefer als Olic agierende Arnold beim Rückweg im Verschieben in den Passweg auf den zunächst freigelassenen Hunt abkippte. So kamen die Werderaner über diese Route fast nie ins Mittelfeldzentrum hinein und konnten auf jener Seite auch nicht weiter  nach vorne spielen. Teilweise verpassten die Gäste es allerdings, konsequent klare Ballgewinne aus diesen Situationen zu agieren. Dennoch provozierten sie über diesem Halbraum mehrere lange Bälle von Keeper Wolf, die auf jener wenig kompakten Seite für Bremen kaum zu gewinnen waren, sondern von Rodriguez und Malanda aufgesammelt wurden.

Strategisches Kräftemessen

Bei Bremer Ballbesitz lief es also letztlich auf ein entscheidendes Duell heraus. Es ging darum, ob die Hausherren vernünftig ihre bevorzugte linke Seite ansteuern konnten, auf denen sie stattdessen ihr Offensivpersonal stationiert hatten, oder ob es dem insgesamt durchaus aggressiv ausgerichteten Wolfsburger Pressing zuvor gelang, die Aufbauversuche auf die andere Seite zu drücken. Gerade im Verlauf des ersten Durchgangs gestalteten die Bremer dies durchaus offen und kamen einige Male nach links, doch konnten sie dort nicht die erhoffte Kontrolle aufbauen.

Die insgesamt seitlich wieder deutlich kompakter auftretenden Wolfsburger verschoben vor allem mit ihrer Doppel-Sechs in solchen Fällen sehr frühzeitig dorthin und positionierten sich für die Bremer unangenehm. Dass es ihnen gegen die starke Gäste-Leistung immer mal wieder gelang, dynamisch über die Seite aufzurücken, war dabei durchaus lohnenswert. Dann wussten sie allerdings aus diesen Teilerfolgen kaum einmal Kapital zu schlagen, da dieses Aufrücken oft etwas zu übereilt geschah, wenn es einmal funktioniert hatte. Daher fand Bremen auch bei erfolgreichem Erreichen des letzten Drittels und dortigen, sehr konsequent versuchten Überladeansätzen nur selten den richtigen Rhythmus und konnte die in Teilen ballsicheren Mittelfeldstrukturen, die die Mannschaft in den Übergangszonen bisher in einigen Partien auszeichnete, entsprechend nicht nutzen.

Weil auch die beiden Angreifer bei ihrer Unterstützung auf der Seite oftmals zu frühzeitig und zu extrem beide sehr weit hinaus rochierten, fehlte es ohnehin an konstanten Übergangsmechanismen in die Strafraumbereiche und der Besetzung vorderer Zonen, wo auch niemand beispielsweise etwaige Ablagen hätte spielen können. So hing Bremer in eigentlich guten Stellungen gegen aber ebenfalls kompakte und individuell starke Gegner auf dem Flügel fest. Von dort schafften sie es unter diesen Umständen fast gar nicht, die Ausgangslagen diagonal Richtung Tor zu tragen. Weil phasenweise niemand das zentral-offensive Zentrum besetzte, konnte aus diesen Situationen auch nichts, beispielsweise über Präsenz, erzwungen werden, was nach der Pause zumindest in Ansätzen besser wurde.

Zweite Halbzeit

Zwar hatte der weniger präsente Hunt auch durch die Auswechslung von Felix Kroos – zuvor waren beide immer wieder weit nach links geschoben – weniger direkten Effekt, doch sorgte er einige Male auf links für Unordnung, wo Elia die Strukturen einfach auch mal auflockerte. Der eine oder andere gezielte lange Ball in diese Kompaktheit beschwor außerdem noch etwas mehr Gefahr herauf, zumal Petersen und di Santo nun zusätzlich – unter anderem für solche Zuspiele – auch auf rechts auswichen und diesen Bereich ein wenig belebten. Doch diese kleinen Verbesserungen und ein Zwischenhoch um die 65. Minute konnten die Probleme nicht kaschieren. So brachte es das Team insgesamt nur auf zwei Abschlüsse aus dem Spiel heraus, von denen einer in die Nachspielzeit fiel. Die einzige Bremer Hoffnung bestand über lange Phasen praktisch darin, aus den engen Szenen auf links Standardsituationen herauszuholen. Auf diesem Wege erzielten sie entsprechend – unter Mithilfe von Benaglio – auch den zwischenzeitlichen Anschlusstreffer und kamen durch Petersens Lattenkopfball zu ihrer besten Chance des zweiten Durchgangs.

Dies wäre der zwischenzeitliche Ausgleichstreffer gewesen, doch machten die Wolfsburger später mit dem verdienten 3:1 den Sieg und den angemessenen Entstand klar. Im Offensivspiel der Wölfe hatte sich nach dem Seitenwechsel weitgehend der grundlegende Tenor des ersten Durchgangs fortgesetzt, wenngleich sie in ihrer Klarheit einiger Aktionen inkonsequenter wurden und die Freiräume nicht mehr so gut ausspielten. Als Bremen mit der Zeit aber immer mehr grundsätzliche denn schematische Lücken offen ließ und Wolfsburg diese nicht mehr nur allein über Verlagerungen bespielte, sondern sich auch besser auf das Nutzen der zentralen Unkompaktheiten besser einstellte, war der dritte Treffer nur noch eine Frage der Zeit.

Fazit

Wie erwähnt zeigten sich die Wolfsburger im Vergleich zu den Vorwochen verbessert. Sie überzeugten vor allem durch ihre Aufbaumechanismen und die Diagonalität, mit der sie die Bremer Lücken bespielten. Allerdings profitierten sie hierbei auch von den Problemen der Hausherren, deren Beschaffenheit ihnen lag. Gerade im letzten Drittel schimmerten die grundlegenden Verbindungsprobleme trotz des guten Auftritts teilweise noch durch.

Bei Bremen wird ein vernünftiges Defensivspiel immer mehr zur Baustelle und bildet damit ein besorgniserregendes Hauptproblem. Offensiv bemühten sie sich gegen eine starke Pressingleistung des Gegners und konnten sich deren Leiten auch einige Male entziehen. Den sehr konsequent, fast schon radikal angelegten Linksüberladungen fehlte es dann aber an Richtung und Rhythmus, um aus den Engen zu gefährlichen Szenen zu kommen. Zwar muss man anmerken, dass es das frühe 0:2 den Hausherren generell enorm schwer machte, doch war dieser Stand eben wesentlich durch ihre Defensivprobleme verschuldet.

Hinterlasse eine Antwort

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

*