Eintracht Frankfurt – Borussia Dortmund 0:1

Frankfurts Flügelspiel wird von disziplinierten Dortmundern aufgefressen. Eine zerfahrene Partie bringt den BVB ins Pokal-Halbfinale.

Nachdem Borussia Dortmund zuletzt meist mit passiven Gegnern konfrontiert wurde, trafen sie in Frankfurt auf einen Gegner, die die Initiative selber übernahm. Armin Veh ließ seine Elf aus dem 4-3-1-2 heraus risikoreich aufrücken, ließ Dortmunder Konter zu und hohes Pressing spielen. Dennoch fiel aus gruppentaktischen Gründen nur ein Treffer.

Frankfurt attackiert die Flügel, aber opfert die Raute

Im Spiel nach vorne war der Frankfurter Plan, die Dortmunder Kompaktheit im Zentrum über die Breite zu knacken. Djakpa und vor allem Jung sollten nach Verlagerungen ins Spiel gebracht werden, um die drei Angriffsspieler mit Flanken zu bedienen. Ein wenig forcierte Frankfurt dabei das Spiel über Jung, indem Flum sich tiefer bewegte als Rode. So konnten sie über links aufbauen und dann auf rechts verlagern, wo Jung vom höher spielenden Rode und dem sehr ausweichenden Aigner unterstützt wurde.

Eintracht 0-1 BVBFrankfurt gelang es aber nur vereinzelt, die Außenverteidiger auch effektiv freigespielt zu bekommen, da es dem Vorwärtsspiel an Tempo mangelte und sich der BVB im Verschieben sehr intensiv und konzentriert zeigte. So kippte Russ oftmals in eine Dreierkette zwischen die Innenverteidiger zurück, um den Pressingdruck von Lewandowski und Mkhitaryan zu reduzieren. Gleichzeitig agierte Meier als potentieller Flankenabnehmer sehr hoch. Dadurch büste Frankfurts Raute effektiv die Überzahl im Zentrum ein (stattdessen quasi ein 3-4-0-1-2 im Aufbauspiel) und Dortmund konnte das Mittelfeld als Verbindungsraum gut isolieren.

Dortmunds Disziplin im Verschieben

Das führte dazu, dass Frankfurt die Verlagerungen meist undynamisch von Flügel zu Flügel oder direkt vom ballfernen Innenverteidiger spielen musste, anstatt die Borussen vorher noch stärker ins Zentrum ziehen zu können. Diese Bälle waren meist einfach so lang unterwegs, dass die Borussen schon wieder rübergeschoben waren, wenn Frankfurts Außenverteidiger den Ball unter Kontrolle hatte; Aubameyangs Geschwindigkeit und Großkreutz Laufstärke zahlten sich hier aus. Zumal es der Eintracht in den Aufbaupositionen an Fokus fehlte: Einige der langen Pässe kamen ungefährlich direkt in die Spitze und die Verlagerungen auf den Flügel wurden meist undynamisch auf Mann gespielt anstatt in die Tiefe.

Die Borussen reagierten auf die Verlagerungen anpassungsfähig. Je nach Situation wurde der gegnerische Außenverteidiger vom eigenen Außenverteidiger oder vom Flügelspieler gepresst. Im zweiteren Fall wurde öfters vom Sechser gedoppelt, während der Außenverteidiger zentral blieb. Zudem überzeugte die Tiefenstaffelung: Vor allem wenn Jung doch mal Raum bekam, zog sich die Abwehr an den Strafraum zurück. So hatten die Dortmunder nicht nur die Außenverteidiger an sich, sondern auch deren Hereingaben gut unter Kontrolle. Frankfurts Flanken wurden somit meist als Halbfeldflanken in eine statische Unterzahlsituation an der Strafraumgrenze gespielt – nicht sehr erfolgsversprechend.

Geschickte Entschleunigung der Dortmunder Konter

Im Umkehrschluss zu den Frankfurter Flügelangriffen hatten die Borussen große Konterräume auf Außen. Wegen der dadurch entstehenden Dynamik wurde das Spiel allgemein als recht gut wahrgenommen, doch Dortmund erzeugte daraus weit weniger Gefahr, als es ihr Anspruch als Umschaltmannschaft sein dürfte. Die Räume wurden zu linear ausgespielt und Frankfurt reagierte gut, sodass es meist nur zu unsauberen Halbchancen kam.

Die vier bis sieben Frankfurter Defensivspieler fokussierten sich in der Rückwärtsbewegung stark auf das Zentrum und ließen selbst bei Überzahl die Flügelzonen konsequent offen. Das blockierte den üblichen Dortmunder Konterverlauf: tief ins Zentrum, von dort Schnittstellenpass auf die Flügelspieler hinter die Abwehr, dann flache Hereingabe. Gruppentaktische Alternativen hatten die Borussen nicht im Gepäck; abgesehen von Unterzahlkombinationen von Mkhitaryan und Lewandowski, die im engen Frankfurter Block wenig effizient waren.

Symptomatische Konterszene des BVB.

Symptomatische Konterszene des BVB. Frankfurt kontrolliert das Zentrum und öffnet die Flügel. Mkhitaryan legt dann auf Piszczek herüber, der hektisch eine erfolglose Hereingabe in den Frankfurter Block spielt.

So lief sich Mkhitaryan bei seinen Vorstößen ein ums andere Mal fest und musste undynamische Pässe in die Breite spielen. Von dort spielten die Dortmunder zu linear weiter. Oft kam direkt eine frühe Hereingabe ins Zentrum, wo aber Frankfurt noch immer in massiver Überzahl stand. Die Schwarzgelben verpassten es, die Freiräume auf den Flügeln zu nutzen, um zur Grundlinie durchzubrechen und/oder zur Verzögerung, um sich für Kombinationen zu positionieren.

„Enger“ Kampf um zweite Bälle

Aus dem eigenen Spielaufbau entwickelten die Dortmunder beinahe gar keine Gefahr, was zumindest teilweise strategische Gründe hatte. Die nominelle Freiheit ihrer Außenverteidiger nutzten sie nicht ansatzweise, sondern beschränkten sich meist auf das risikoloseste Spiel, was möglich war, sprich: lange Bälle.

Oft wurden diese direkt beim Abstoß gespielt, ansonsten meist nach kurzer Ballzirkulation in der Abwehr, sobald die drei Frankfurter Offensiven im Pressing nachgerückt waren. Interessant war, dass Weidenfeller diese Bälle ins Zentrum schlug, wo die Eintracht ihre personelle Überzahl einbringen konnte. Großkreutz und Aubameyang rückten zwar weit ein, zogen dadurch aber Jung und Djakpa mit ins Zentrum, sodass viele zweite Bälle letztlich im defensiven Mittelfeld der Gastgeber ankamen.

Allerdings besetzten auch Schmelzer und Piszczek meist enge, absichernde Positionen auf diese Situationen, sodass beide Mannschaften mit eroberten zweiten Bällen kaum Raum fanden. So ging es dann zwar ereignisreich, aber recht improvisiert und wenig konstruktiv hin und her, ohne dass sich aus den umkämpften Mittelfeldszenen echte Gefahr entwickelte.

Wenig Änderungen im Spielverlauf – außer Rosenthal

Das Grundmuster des Spiels blieb über die 90 Minuten hinweg das gleiche, da beide Teams mit der Kräftebalance einverstanden schienen – Dortmund durfte Konterangriffe fahren, die Eintracht hatte sie ordentlich unter Kontrolle und kam zumindest in potentiell gefährliche Angriffe hinein.

Die wesentlichste Änderung nahm Veh dann zur Pause vor, um eben diese Angriffe zu verschärfen. Kadlec, der gegen Dortmunds disziplinierte Abwehr überhaupt nicht eingebunden werden konnte, verließ den Platz für Rosenthal. Meier ging in die Spitze und Rosenthal interpretierte seine Zehnerposition wesentlich weiträumiger und kreativer. So konnte er das festgefahrene Frankfurter spiel etwas aufbrechen, indem er in die offensiven oder gar defensiven Halbräume fiel und von dort Verlagerungen spielte oder nach Flankenwechseln unterstützte. In der Phase nach der Halbzeitpause hatte die Eintracht dadurch ihre gefährlichsten Szenen.

Rosenthals Effekt flaute in der letzten halben Stunde jedoch ab, da das Spiel zunehmend hektisch wurde und immer mehr wirre Umschaltsituationen entstanden. Da Jung und Djakpa selten spekulativ aufrückten sondern sich auf klare Aufbauszenen beschränken, entwickelten die Gastgeber dann weniger Gefahr, während Dortmunds Offensivpräsenz noch zunahm. Das Siegtor fiel dann fast schon folgerichtig nach einer Standardsituation. Diese resultierte ebenso folgerichtig aus einem Umschaltmoment, bei dem Madlung ein Anspiel auf Aubameyang wegschlug.

Fazit

Ein recht schwierig zu bewertendes Spiel, da beide Mannschaften die Partie strategisch durchaus passend angingen, jedoch in der taktischen Umsetzung Fehler machten. Diese egalisierten sich dann auch noch insofern, als dass die Kräfteverhältnisse wohl für beide Parteien in Ordnung waren. Der BVB war mit doppelt so vielen Schüssen und Schüssen aufs Tor (bei recht niedriger Chancenqualität) nicht drückend überlegen, aber stand defensiv gut und gewann verdient. Mit Glück hätte es für Frankfurt reichen können.

Besonders spannend ist daher, was die beiden Trainer für das erneute Duell im morgigen Ligaspiel aus der Partie herausziehen. Eine Änderung der Herangehensweise scheint auf beiden Seiten nicht zwingend notwendig, aber durchaus möglich. Mal sehen, welche Pfeile noch so in den Köchern sind. Im Bezug auf taktische Anpassungen sind derartige Doppel-Duelle immer besonders interessant.

FreeShinji#23 19. Februar 2014 um 15:53

Im Text steht, dass solche Duelle, die kurz nacheinander stattfinden sehr spannend seien aufgrund der taktischen Anpassungen… Frage: Wo bleibt die Analyse vom 4:0? 🙂

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MR 19. Februar 2014 um 18:29

Kommt morgen oder übermorgen.

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AlexF036 15. Februar 2014 um 13:54

Ich fand das Spiel bei weitem nicht so gut, wie hinterher von Vielen bewertet. Hatte das Gefühl, dass es sehr zerfahren war.

Vor allem die Aussage von Klopp, dass das Umschaltspiel sehr gut war, kann ich nicht nachvollziehen. Klar wurde von Miki und Lewandowski gut umgeschaltet, aber die restliche Mannschaft beteiligte sich nicht so überfallartig, wie man es schonmal gesehen hat. Aus meiner Sicht, ist die restliche Mannschaft eher langsam nachgerückt, so dass die beiden meist vorne den Alleinunterhalter gaben. Alleine durch Lewandowski`s Klasse im Ballhakten, wurden daraus noch einigermaßen gute Chancen. Vielleicht sehe ich das auch komplett falsch :).

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Schimanski 15. Februar 2014 um 09:19

Sehr anschauliche und detailierte Analyse.

Ich fand den Frankfurter Ansatz die Borussen zu ärgern, eigentlich nicht schlecht. Im Endeffekt hat vielleicht nur ein wenig individuelle Qualität (Speed, Ballverarbeitung) gefehlt, um offensiv den entscheidenen Punch zu erzeugen.

In der Summe fand ich den Sieg der Borussen trotzdem verdient, auch wenn die Probleme im flachen Spielaufbau für ein Spitzenteam wirklich erschreckend eklatant sind.

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schmellkreutz 14. Februar 2014 um 23:19

Danke für die gute Analyse. Angenehm mal nicht über fehlende Anbindung von Auba oder Miki zu lesen. Denn, auch wenn das wichtige Aspekte sein mögen, sind sie zuletzt etwas überbetont. Bin gespannt auf den Ruhr-Nachrichten Artikel.

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Monogol 14. Februar 2014 um 17:17

Ob Dortmund zuhause den Ball auch so bereitwillig der Eintracht überlässt/überlassen kann? Ich vermute, allein dadurch – und die erklärte Absicht, sich als Heimmacht zu rehabilitieren – wird es Änderungen in der Heransgehensweise geben.

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MR 14. Februar 2014 um 18:10

Meine Spekulationen darüber kann man morgen in den Ruhr Nachrichten lesen.

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Daniel_D 15. Februar 2014 um 14:57

In der Printausgabe? Bekommt man auch an die Informationen ran, wenn man sie mangels lokalpolitischem Interesse nicht kauft?

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MR 15. Februar 2014 um 20:34

Das ist aber nicht der gemeinte Artikel.

Unsere Vorschauen für RN kommen im Print und nur manchmal auch online.

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CF 15. Februar 2014 um 01:30

Denke mal schon die Staffelung fand ich sehr gut im Aufbauspiel von Frankfurt, nur relativ wenig Potenzial schlecht gestaffelte Räume im Aufbauspiel, theoretisch Amfang zweite Drittels im Zentrum könnten sie Probleme bekommen, ( zu stark in den Halbräumen gestaffelt mögliches lenken in den Raum könnte zu Anbindungsproblemen führen), dafür aber sehr gute Ballzirkualtion über die Halbräume. Man müsste schon genau diesen Raum im Pressing anvisieren und von dort dann in die strategisch günstigeren Räume lenken, um wirkliche viele Synergien zu zerstören, den Ball zu gewinnen und somit mehr Ballbesirz zu haben. Frankfurt möchte, den Ball und Dortmund kann auch anders, also eher mehr Ballbesitz Frankfurt.

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