Chelsea – Liverpool FC 2:1

Jose Mourinhos Chelsea konnte beim 2:1-Sieg an der Stamford Bridge die fehlende Konsequenz von Liverpool gut nutzen und selbst die eigene offensive Variabilität einsetzen. Die Reds verloren damit die zweite Top-Partie der Premier League in Folge.

Ausrichtungen beider Teams

Die Gastgeber aus London gingen wie gewohnt in einer 4-2-3-1-Formation ins Spiel. Auf etwaige Mourinho-Topspiel-Varianten mit einem tieferen Dreiermittelfeld wurde verzichtet. Dafür setzte der portugiesische Trainer auf David Luiz auf der Doppelsechs und ging damit kein unerhebliches Risiko ein, da der Brasilianer, wie bereits vor kurzem beschrieben, ein taktisches Mysterium ist. Allerdings sollte er positiv überraschen. Neben ihm gab Frank Lampard den etwas vertikaleren Mittelfeldspieler. Davor ergab sich eine Dreierreihe, bestehend aus Eden Hazard, Oscar und Willian, wobei viel rochiert wurde.

Grundformation

Grundformation

Brendan Rodgers vertraute nahezu seiner Mannschaft von der Auswärtspartie gegen Manchester City, wobei sich einige Probleme mehr oder weniger wiederholten. Im 4-1-4-1 bildeten Jordan Henderson und Joe Allen eine Art Doppelacht vor Lucas Leiva, der sich wieder als tieferer Stratege positionierte. Als Linksverteidiger setzte Rodgers dieses Mal mit Daniel Agger auf einen in der Hauptsache defensiv orientierten Spieler. Aly Cissokho, der noch gegen City auflief, musste weichen, wodurch sich aber auch Probleme beim Bespielen der Außenbahn ergaben, da bei den Reds die beiden offensiven Außen, vornehmlich Philippe Coutinho, häufig ins Zentrum zogen.

Löcher bei den Gästen

Liverpool ging früh nach einem Halbfeldfreistoß und Martin Skrtels Nachsetzen im Strafraum in Führung. Allerdings änderte das die Struktur der Partie in der ersten Halbzeit nicht wesentlich. Chelsea war auf einen schnellen und vertikalen Spielaufbau mit rascher Linienüberbrückung bedacht. Branislav Ivanovic und Cesar Azpilicueta standen oftmals sehr früh hoch im Mittelfeld und die nominellen Offensivakteure bewegten sich in die Zwischenlinienräume. Das Verhalten der Reds spielte dem Gastgeber dabei in die Karten. Denn Liverpool zeichnete sich durch zu große Abstände zwischen den einzelnen Reihen aus. Gerade im zentralen Mittelfeld ergaben sich häufig Löcher in den Halbräumen, die Lucas als Solosechser nicht alleine schließen konnte. Beispielsweise zogen Lampard und Luiz die beiden gegnerischen Achter heraus, um dann durch einen schnellen Vertikalpass in Richtung Hazard oder Willian, die einrückten, das Spiel plötzlich zu beschleunigen.

Insgesamt bekamen die Reds in der ersten Halbzeit diese Grundproblematik nur schwerlich gelöst. Es fehlte an Intensität und selbst in der eigenen Hälfte passte zuweilen die Abstimmung zwischen Lucas und Henderson sowie Allen oder der Außenverteidiger nicht. Außerdem presste Chelsea gut gegen den Spielaufbau und setzte auch mit Mittelfeldpressing nach. Gerade wenn der Spielaufbau Liverpools nach links gelenkt wurde, hatten die Reds Schwierigkeiten geordnet und durchdacht nach vorn zu spielen. Zudem gelang es Chelsea ordentlich beispielsweise die ballführenden Achter einzukreisen, wenn ein Sechser mannorientiert herausrückte und von den defensiv konsequent mitarbeitenden Vorderleuten unterstützt wurde.

Chelseas offensive Variabilität und die Überladungsstrategie

Chelsea glich nach 17 Minuten aus. Hazard wurde dabei von Agger von der Seite in die Mitte verfolgt, wodurch sich die Defensivseite bei Pool öffnete. Nach einer kurzen und präzisen Kombinationsstafette wollte Willian rechts rauslegen, da die Zone neben Sakho frei war. Der Ball prallte aber vom Verteidiger zu Hazard, der den Angriff finalisierte.

Oscar, Hazard und Willian brachen häufig aus der Grundformation aus und gerade die beiden Letztgenannten überluden mit Vorliebe eine Seite, um einerseits einen gegnerischen Außenverteidiger aus zu spielen beziehungsweise in den freien Halbraum zu ziehen. Zudem ergaben sich aufgrund eines zuweilen wilden Zurücklaufens der Mittelfeldspieler von Liverpool, die sich dann eher horizontal in den Rücken der Außenverteidiger bewegten, Möglichkeiten für Ablagen auf die vorrückenden Chelsea-Sechser. Die Reds hatten insgesamt Probleme mit der Fluidität der Chelsea-Offensive. Zudem entzog sich Oscar in seinem gewohnten Spiel von Ausweich- und Rückwärtsbewegung dem Zugriff und öffnete neue Räume, wenn er mannorientiert verfolgt wurde.

Veränderungen in der zweiten Halbzeit

Nach dem Führungstreffer der Blues in der 34. Minute durch Samuel Eto’o ging Liverpool mit einem Rückstand in die Pause, um im zweiten Durchgang mit dem Drang nach mehr Spielkontrolle aufzutreten. Chelsea konzentrierte sich in erster Linie auf die eigene defensive Kompaktheit. Mit zunehmender Spielzeit waren die vier Offensivakteure zusehends auf sich alleine gestellt und wurden mit längeren Vertikalbällen angespielt. Insgesamt war das zweite Band im Vorwärtsgang auf Absicherung bedacht und wollte die Zonenkontrolle in der eigenen Hälfte nicht aufgeben. Trotzdem gab es noch Gefahrenherde, wenn die individuell starken Spieler gegnerische Verteidiger in eine Eins-gegen-Eins-Situation verstricken konnten oder die Abstimmungen innerhalb der letzten Reihe der Reds nicht passten.

Ansonsten versuchte Liverpool die eigene Intensität zu erhöhen, hatte aber weiterhin mit Aufteilungsproblemen zu kämpfen. Genau wie gegen Manchester City zogen die Außenspieler oftmals in die Mitte, während dadurch die aufrückenden Außenverteidiger isoliert an der Seitenlinie standen und selten die Chance auf ein Vordringen in höhere Zonen hatten. Andererseits zeigte Sterling, wenn er spät in die Mitte ging und Ashley Cole, der in der ersten Halbzeit für den verletzten Ivanovic in die Partie kam, mitzog, wie er Räume für Glen Johnson in seinem Rücken schaffen konnte.

Nach einer Stunde brachte Rodgers Brad Smith für Allen. Der 19-Jährige ging konsequent auf die linke Seite, wodurch Coutinho aus dem rechten Halbraum heraus den Spielaufbau häufig an sich zog. Der Brasilianer erkannte gut Lücken und spielte einige scharfe Lochpässe. Zudem versuchte Suarez sich selbst besser einzubringen, nachdem er in der ersten Halbzeit schlecht eingebunden wurde. Er ließ sich fallen oder wich auf Halbpositionen aus, um selbst hinterlaufende Mitspieler zu bedienen oder Kombinationen einzuleiten.

Chelsea war insgesamt passiver in der Mannorientierung und konzentrierte sich auf Raumverknappung im eigenen Drittel. Gerade Luiz und der eingewechselte Obi Mikel blieben insgesamt passiver und versuchten etwaige Löcher zu schließen. Zudem gelang es den Blues immer wieder gut den Gegner nach außen abzudrängen und dadurch am Kreidestrich vom Kontakt zu den Mitspielern abzuschnüren.

Fazit

Es gelang dem Team aus Merseyside im Endeffekt nicht mehr den Ausgleich zu erzielen. Chelsea konnte in der ersten Halbzeit die großen Abstände nutzen und die Variabilität der Offensivakteure gegen Liverpools nicht kompakte Defensivformation nutzen. Danach standen die Londoner weitestgehend stabil und brachten die Führung über die Runden.

Für Liverpool war es das zweite ernüchternde Auswärtsspiel bei einem Mitkonkurrenten in Folge, wobei sich einige Muster wiederholten. Trotzdem konnten die Reds in den letzten Monaten mit sehr guten Leistungen aufwarten. Mourinho kann seinerseits mit der Partie zufrieden sein und sein Plan schien aufgegangen zu sein.

AP 31. Dezember 2013 um 15:49

@CE

Wäre es im Grunde nicht sinnvoller gewesen in einem 4-2-3-1 zu verteidigen um die Halbräume besser zu kontrollieren?
Pool stand auch in der Defensive in einem 4-1-4-1. Beim Pressen drehte sich Suarez, vorallem in der zweiten HZ. ständig um und sah wie die 4 dahinter nicht nachrückten. Und so machten Sie es Chelsea besonders leicht ins letzten Drittel zu kommen.
Hätte mir zur Hz. Veränderungen gewünscht, zumindest von Rodgers. Fand Chelsea über die Außen recht anfällig.

Dafür das die Reds da oben mitmischen, ein recht schwächer Auftritt.

Und Chelsea wird immer mehr zum Mourinho Team. Psysisch, vertikal aber auch irgendwie öde. Die 4er Kette, mein lieber Man. Grätschen, ablaufen, das war’s. Wenn ich da Lahm, Boateng, Dante und Alaba dagegen stelle. Welten.

Willian fand ich geil. Schöner Zug zum Tor.

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CE 31. Dezember 2013 um 17:14

Es gab auf alle Fälle Parallelen zum Spiel bei ManCity. Die Abstände haben nicht gepasst beziehungsweise ein 4-2-3-1 in der Defensive hätte vielleicht besser gewirkt. Allerdings fehlte, wie du schon schreibst, die Intensität und Chelsea kam schnell durch.
Ansonsten ergaben sich im Flügelspiel wieder die Probleme, dass teilweise Außenverteidiger auf sich alleine gestellt waren und keine effektiven Kombinationen zum Zentrum fanden. Vielleicht ist in dieser Hinsicht die Leihe von Tello ganz interessant. Coutinho ist in der Mitte doch meist wirksamer. Natürlich fehlen aktuell auch Sturridge und Gerrard.

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AP 1. Januar 2014 um 00:33

Rogers wird zurecht gelobt für seine Arbeit. Und dann kommt aber ingame technisch nichts. Fand CFC jetzt nicht besonders. Schade. Kann doch net sein das Mou mit seiner Art immer noch Erfolg hat 🙂

Wir fandest du das umschalten der Reds auf Abwehr? Sind wir durch Bayern und BVB verwöhnt?

Danke für deine Antwort

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CE 1. Januar 2014 um 09:46

Das defensive Umschalten war manchmal planlos und wild, hat nicht immer gepasst. Eine Szene in der 24. Minute: Chelsea kommt schnell nach vorn und Willian setzt sich auf der linken Seite durch. Währenddessen rückt Pool zurück, allerdings laufen einige sehr ballfokussiert in den Strafraum. Willian legt in den Rückraum ab. Luiz schießt den Ball auf die Tribüne. Trotzdem sehr anschaulich. Die Reds hatten jetzt in den Topspielen diese Probleme der mangelnden Kompaktheit und Staffelung.
(Vielleicht sind wir ein wenig verwöhnt, will ich aber auch nicht als Generalbehauptung aufstellen 😉 )

Zu Mourinho: Prognosen sind schwer. Aber gerade im Ligabetrieb, wo es um Langfristigkeit geht, wird er auch weiterhin oben mitmischen. Bis auf drei Spiele hat Chelsea in dieser Hinrunde allerhöchstens ein Tor kassiert, im Old Trafford und im Emirates kompakt gegen eine andere Topmannschaft ein 0:0 erreicht. Man muss den Fußball nicht mögen, aber die Mannschaft wirkt mittlerweile stabil und nutzt Schwächen des Gegners sehr gut aus. Natürlich sind auch Ausreißer wie Anfang Dezember (Stoke, Sunderland) dabei.

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IV 30. Dezember 2013 um 15:48

Ich hab das Spiel auch (durch die rote Brille) verfolgt und muss sagen, dass Liverpool ziemlich chancenlos war.
Chelsea war (leider) in allen Belangen überlegen.
Ich stimme der Analyse zu, dass Liverpool im Zentrum keinen Zugriff auf die Blues bekam und vor allem die Überladungen gefährlich waren.
Ein wichtiges Kriterium war gestern die Qualität der Bankangestellten, während bei Liverpool ein 16- und ein 19- Jähriger mit nach London fahren durften, saßen bei Chelsea ein Torres und ein Schürrle mit draußen. Mit offensiven Impulsen von der Bank oder einem zentralen Strategen hätten die einzelnen Liverpool-Akteure ihre Stärken besser ausspielen können.
Mit Rodgers Arbeit kann man insegsamt allerdings sehr zufrieden sein, er verfolgt seinen Plan und dieser geht glücklicherweise auf. Ob es in die Swansea Richtung geht vermag ich nicht zu sagen, da diese Saison ja schon ein wenig anders als die Letzte aussieht. Beispielsweise in puncto Ballbesitz.
Doch generell scheint es aufwärts zu gehen mit den Reds.

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JH 30. Dezember 2013 um 14:53

Ich habe das Spiel aus dem Augenwinkel verfolgt und kam auch zu dem Schluss, dass Liverpool in der 2. Halbzeit große Probleme hatte, Chelsea ernsthaft zu gefährden. Danke für die Analyse und die präziseren Erklärungen warum das so war.
Eine generelle Frage:
Wenn ich das richtig sehe, hat Liverpool im Kalenderjahr 2013 72 Punkte geholt, was durchaus ChampionsLeague-Niveau hat und meiner Meinung nach das Maximum ist, was in der bärenstarken englischen Liga für Liverpool drin ist.

Wie zufrieden seid ihr mit der Arbeit von Rodgers in Liverpool?
Aber wie sieht’s taktisch aus? Ist er dabei, etwas „Swansea-likes“ zu schaffen?

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