Türchen 14: Ever Banega

Zugegeben, besonders bekannt ist Ever Banega in der Fußballwelt vermutlich nicht. Jene, die ihn kennen, schätzen ihn zumeist als ineffizienten Dribbler ein. Das ist sogar keine besonders falsche Einschätzung. Banega nutzt sein Potenzial wirklich nicht gänzlich aus.

Mit „ineffizientem Dribbler“ hat das allerdings wenig zu tun, seine Schwächen liegen ganz woanders. Sie werden allerdings dennoch in diesem Bereich gesehen. Wieso das so ist, liegt an einem fundamentalen Attributionsfehler. Das Problem ist nämlich nicht Banega, sondern die fehlerhafte Einschätzung der Wirkung seiner Fähigkeiten. In diesem Artikel geht es daher nicht primär um Banega, sondern was der Argentinier verkörpert.

Ist das Dribbling (im Aufbau) unterschätzt?

Besonders in Zentraleuropa scheint nämlich das Dribbling verpönt. Die Gegenargumente sind dabei relativ oberflächlich gehalten: Das Risiko für Ballverluste sei zu groß, generell sind Dribblings ohnehin eher Indiz für mangelnde Effektivität und alles in allem singen solche Typen doch nie die Hymne mit.

Je vermeintlich moderner und taktikgeprägter der Fußball wird, umso mehr scheint das Dribbling auf einzelne Situationen und Akteure fokussiert zu werden. Das „dribbling game“ der Engländer aus den Anfangsjahren des Fußballs ist inexistent geworden. Das „passing game“ der Schotten hat sich breitflächlig durchgesetzt.

Einige wenige Länder dienen aber noch als Bastion des Dribblings. Bis heute ist es zum Beispiel in Südamerika oder in Südosteuropa deutlich angesehener. Dazu passend scheint es eine interessante Korrelation mit der Einschätzung zu Fußballtaktik zu geben.

Die Kritik an der Fußballtaktik dieser Fußballfans aus „Schönwetterfußballerländern“ oder auch von selbsterklärten Fußballromantikern beschränkt sich weitestgehend darauf, dass die individuellen Freiheiten in Form von weniger Dribblings limitiert und einem taktischen Korsett unterworfen werden. Dabei ist das nur ein Teilaspekt der Taktik und auch einer, der ebenfalls umstritten gesehen wird. Dennoch steckt ein Funke Wahrheit hinter dieser Aussage.

Insbesondere in Österreich und Deutschland wird das Dribbling kritisch gesehen. Zu gering scheinen die Erfolgswahrscheinlichkeit und auch die planbare Erzeugbarkeit von Dribblings. Einzig Spieler mit dem passenden Standing und einer unbestreitbaren individuellen Überlegenheit dürfen sich überhaupt misslungene Dribblingversuche erlauben; sogar sie werden dafür aber oft kritisiert. Die Angst vor Fehlern überwiegt.

In der Fußballkultur Zentraleuropas geht es eher darum Schwächen auszumerzen anstatt die Stärken zu optimieren. Die Kritik an Banegas Spielstil spiegelt darum ein Grundübel der fußballerischen Beobachtung wider, die selbst die vermeintlich fortschrittlichsten Analysten und Visionäre teilt. Aber wieso kommt es überhaupt dazu?

Die Entstehung von Bewertungsfehlern am Beispiel Banega

Oftmals übernehmen die vermeintlichen Experten und Visionäre eine Meinung erst, wenn sich ihr Nutzen bereits erwiesen hat und dieser erbrachte Beweis auch klar erkennbar ist. Nur innerhalb von kurzer Zeit ging es von „wir müssen alle ganz schnell nach vorne umschalten“ über „Ballbesitz ist ganz toll, die Zukunft“ zurück zu „schnell herumschalten!“, nur weil der Paradevertreter des zweiten Beispiels plötzlich seine Spielweise nicht mehr so effektiv gestalten konnte.

Solche Bewertungsfehler sind aber bei einzelnen Spielern und gruppentaktischen Aspekten noch stärker vorhanden, da die Augenscheinkorrelation mit dem Erfolg schwerer nachzuweisen und wegen vieler anderer Umstände komplexer zu bewerten ist. Banegas Ballverluste im Dribbling sind beispielsweise eigentlich eher ein Problem des Teams als von Banega selbst.

In einer Mannschaft wie dem BVB würden diese Ballverluste gar vorteilhaft nutzbar sein – Banega hätte eine unstrukturierte und in der Raumaufteilung unpassende Stellung erschaffen, die im Gegenpressing schwer aufgelöst werden und nach Ballgewinn besser bespielt werden kann, selbst bei einem erfolglosen Dribbling. Und auch ohne Gegenpressing sind diese hohen Ballverluste wegen struktureller Umschaltprobleme und der dahinterliegenden Abwehrreihe selten so gefährlich, wie sie gemacht werden. Doch nicht nur die Wirkung der Ballverluste im Zentrum wird überbewertet, sondern auch die Ursache.

Banegas Ballverluste resultieren zwar nicht immer, aber relativ oft aus mangelnder Bewegung und Antizipation seiner Bewegungen. Vielfach – wie es bei zahlreichen Dribblern leider der Fall ist – bleiben seine Kollegen stehen und provozieren den Ballverlust Banegas, da der Gegner sich nun einfacher zusammenziehen kann und in der Dynamik der Szene keine neuen Anspielstationen generiert werden.

Oftmals ist es dabei so, dass die Mitspieler ohnehin davon ausgehen, dass der Ball verloren wird oder er im Dribbling keinen Pass mehr anbringen kann. Natürlich hat Banega Probleme damit, dass er im Dribbling den Ball nicht rechtzeitig abspielt, ihn zu lange hält oder generell früher abspielen sollte. So ist die teilweise aufkommende Kritik an ihm nicht unberechtigt, doch sind solche „Fehler“, wie sie oft genannt werden, deutlich seltener der Fall, als es den Anschein hat.

Meist ist das sogar eher ein Problem des Trainers als eines von Banega. Wird der talentierte Argentinier auf der Zehn eingesetzt und mit Rücken zum Tor bei Ballannahmen ausgerichtet, dann muss er sich fast zwangsläufig nach hinten dribbeln. Raumgewinn tendiert oft zumeist gen Null, Ballverluste gibt es dennoch – und teilweise sogar öfter.

Spielt Banega aber als Sechser, der in die Spitze gehen darf, ist er hervorragend aufgehoben. Auf dieser Position hatte er auch seine besten Partien, u.a. gegen den FC Barcelona vor zwei Jahren.

Mit Sichtfeld nach vorne kann er seine Läufe planen, in Engen gehen und sich in diesen mit seinen Dribblings durchsetzen. Gleichzeitig ist er auch besser dafür positioniert gegnerische Pressingattacken zu umspielen, wodurch seine Fähigkeiten besser ins Spiel kommen. Selbst wenn er von mehr als einem Gegenspieler bedrängt wird, kann er sich daraus befreien. Er nutzt seinen Körper geschickt und „blockt“ den Laufweg des Gegners zum Ball, ist sehr reaktionsschnell und dribbelt mit toller Ballkontrolle. Dank seiner Wendigkeit kann er dann minimale Löcher zwischen Gegenspielern anvisieren und sich durchsetzen.

Banegas Fähigkeiten diesbezüglich sind einfach Weltklasse – und wäre das Dribbling nicht so verpönt, wäre Banega es wohl auch. So wird er aber nicht ordentlich eingebunden und kommt medial schlechter weg, als er es verdient hätte. Banegas Leben in Unterschätzung ist sogar ein kleiner Fingerzeig zu einer besseren Zukunft.

Effektivität durch Meinungsänderung?

Die Kritik an diesen Ballverlusten sollte differenzierter gewählt werden. Einen langen Ball prinzipiell in sich potenziell verengende Zonen nach vorne zu kloppen oder blind in die Spitze zu spielen, mag wie die stabilere Variante wirken, grenzt aber an einer fast schon fahrlässigen Vernachlässigung von Wechselwirkungen. Klassischer Fall von falsch eingeschätzt. Beispielsweise sorgt ein langer Ball nach vorne selten für Entlastung. Im Normalfall sind dies natürlich 50:50-Bälle; der Ligaschnitt der langen Bälle von Torhütern liegt zum Beispiel bei 48,1%. Doch diese Bälle dann weiter zu behaupten ist sehr schwer, da sich die Offensivspieler in heutiger Zeit zumeist in Unterzahlsituationen befinden.

Zusätzlich haben sie kaum strukturelle Vorteile: Der Gegner sichert bekanntlich mit geplanter Staffelung ab, steht auch nach langen Bällen durch einen absichernden Sechser oder ballfernen Außenverteidiger sehr stabil. Die meisten Mannschaften fokussieren sich sehr auf das defensive Umschaltspiel. Konter dagegen zu Ende spielen zu können, ist nur bei dafür passenden Mannschaften möglich. Außerdem bleibt die eigene Mannschaft oft aus Angst vor Gegenkotern in ihrer unpassenden tiefen Formation stehen. Sie kann dann nicht ordentlich auffächern und erleidet oftmals einen neuen Angriff. Wieso Dribblings im Mittelfeldraum kritisiert und lange Bälle gelobt werden, liegt in der Veränderung der genauen Konsequenzen im zeitlichen Kontext der Fußballtaktik. Neben der schon erwähnten spielkulturellen Komponente des „passing game vs. dribbling game“ gibt es noch einen taktischen statt strategischen Ursprung.

Vor zig Jahren gab es noch keine ordentliche Taktiken zur Absicherung, kein intensives Pressing an vorderster Linie, keine Raumdeckung und nur ein relativ langsames defensives Umschaltspiel. Aus jener Zeit, wo lange Bälle unbedrängt auf kantige Zielspieler gespielt werden konnten, während Ballannahmen und Dribblings im Mittelfeld wegen aggressivem Einsteigen bei Manndeckung schwerer zu erhalten waren, stammt diese Bevorzugung des langen Balles in Drucksituationen.

Und hier wären wir wieder am obersten Kritikpunkt, wofür Banega als Symbol nur den Schirmherrn für den Artikel spielt: Diese unfassbare Ignoranz und Dämlichkeit, mit denen Faustregeln und Heuristiken aufgestellt werden, welche das Fußballspiel in seiner Nützlichkeit kategorisieren sollen. Sie entstehen nämlich wie erwähnt nicht aus dem Kontext, der Situation und den zeitlichen Umständen, sondern aus einer reinen Augenscheinkorrelation.

Widerspricht man dem mit Verweis auf die Veränderungen in moderner Zeit, so gilt man natürlich als Möchtegernrebelle, den die Vergangenheit bereits widerlegt hat. Obwohl diese nichts damit zu tun hat. Aber natürlich ist klar, die Experten haben immer Recht. Und natürlich ist ein dominanter Fußball nur und ausschließlich dann am besten, wenn man zwar durchgehend spektakulär und offensiv agiert, aber dabei niemals Risiko geht, weil ja jedes Risiko automatisch problematisch ist.

Was für ein paradoxer Schwachsinn.

SuperMario33 28. Mai 2015 um 15:27

Das war von Banega gestern Masterclass. Der Artikel hier ersetzt schon fast eine Spielanalyse…

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RM 28. Mai 2015 um 19:55

Juhu 🙂

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K-G. E. 31. Mai 2015 um 11:19

Seid dieser Spieleranalyse mein absoluter Lieblingsspieler. War positiv überrascht, dass er zum Man of the Match gewählt wurde, obwohl ja mit Bacca ein Spieler mit 2 Toren vermutlich auf den ersten Blick auffälliger war.

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Valentin 31. Mai 2015 um 19:32

Hat mir in dieser Saison auch saugut gefallen. Schön, dass er das mit dieser Leistung und dem Titel krönen konnte.

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SuperMario33 31. Mai 2015 um 20:45

Man versteht mittlerweile gut, warum Messi stinkesauer war, dass Banega nicht mit zur WM genommen wurde.

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SR 4. Februar 2014 um 11:57

Zuerst einmal Vielen Dank für den sehr vielschichtigen und interessanten Artikel.
Wie immer waren argumentativ sehr starke Hypothesen dabei. Doch insgesamt muss ich sagen, dass es der schwächste Artikel von RM war den ich je gelesen habe.
Lange Bälle auf grosse Spieler sind nicht zeitgemäss?!
Dortmund und Lewandowski beweisen wohl eindeutig das Gegenteil. Falls man hoch gepresst wird vom Gegner ist es (bei entsprechenden Spielern) ein probates Mittel.
Ein dribbelaffiner 6er mit häufigen Ballverlusten ist in heutigen Systemen nicht mehr riskant?!
Aussenverteidiger stehen höher bei Ballbesitz, nur die IV hinter einem und eine gesamthaft aufrückende Mannschaft – Ballverluste des 6ers führen sofort zu guten Kontergelegenheiten nahe des eigenen Tores für den Gegner.
Und die Passtechnik von Banega ist noch leicht verbesserungswürdig, die Bälle holpern etwas und sind schwerer anzunehmen. Auch sind sie ungenau falls er nicht hochkonzentriert ist, im Video oben musste der Verteidiger auf den er zurückspielte 20 Meter zur Seite sprinten.. Trotzdem natürlich ein Topspieler mit riesigem Potenzial!

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RM 4. Februar 2014 um 12:36

Weder das erste noch das zweite behaupte ich so.

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CF 4. Februar 2014 um 17:45

„Lange Bälle auf grosse Spieler sind nicht zeitgemäss?!“

Mourinho sagte nach dem Spiel gegen West Ham, die nur über lange Bälle kamen (ca. jeder 3,5 Pass ein langer)

„Das ist nicht die Premier League, das ist nicht die beste Liga der Welt. Das ist Fußball aus dem 19. Jahrhundert“

Passt ja auch zu dem Thema und zu West Ham soll noch gesagt werden, dass es nur wenige Teams gibt, die das taktische Mittel lange Bälle so gut nutzen. Die machen das zwar überragend und gewinnen so auch ein paar Spiele wei z.B gegen Swansea dieses Wochenende, trotzdem ist es ziemlich unmodern und nicht zeitgemäß.

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Nuri Sah Hin 15. Dezember 2013 um 12:33

Sehr schöner Artikel. Bei Pablo Aimar hat die Integration geklappt. Mit Ariel Ortega kurz vorher wiederum nicht so gut. Valencia hat fast immer einen Dribbler gehabt. Die Erfahrung müsste also da sein…

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Joseph Brant 15. Dezember 2013 um 11:58

Wow Bis heute kannte ich den Spieler gar nicht. Aber genau solche Typen liebe ich auf dem Platz zu sehen. Als 6 er grandios. Die gelegentlichen Ballverluste durch zu intuitives Spiel sind augenscheinlich, aber das gleicht er durch Einsatzfreude wieder aus. Seine Pässe aus Bedrängnis sind Sahne.

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CF 15. Dezember 2013 um 11:32

Du schreibst, dass die Dribblings meistens schlecht ausgehen,weil die Kollegen sich schlecht postieren und es in der Dynamik der Szene keine Anspielstationen gibt. Dabei erzeugen Dribblings doch gerade eine andere Dynamik und es entstehen Räume und Anspielstationen. Beim Barcelona Video sieht man das sehr gut.

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RM 15. Dezember 2013 um 11:56

Das sind doch zwei andere Dynamiken, die du da ansprichst. Das Barcelona-Spiel ist eben ein Beispiel, wie man es oft gut macht. Aber oft wird es nicht gemacht und eben diese entstehenden Räume werden nicht besetzt, wodurch es in der Szene dann keine Anspielstationen gibt. Klingt aber im Text wohl etwas missverständlich.

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HDD 14. Dezember 2013 um 22:28

Sehr geiler Artikel! Ich finde Banega auch echt stark besonders auf der 6 anstatt auf der 10. Habe mich sehr auf Banega gefreut als ich das Valencia Wappen gesehen habe.
Welcher Partner oder welchen Typ von 6er würde am besten zu Banega passen auf der Doppelsechs??

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Erkinho 15. Dezember 2013 um 00:04

Sven Bender, unbedingt.

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Sub 14. Dezember 2013 um 19:43

Ich habe zum Thema „Dribbling im Aufbauspiel“ eine interessante Idee ( so mancher könnte sie auch als absurd bezeichnen):
Von einem normalen 4-2-3-1 als Defensivformation ausgehend, lässt sich der Zehner fürs Aufbauspiel hinter/neben die Innenverteidigung zurückfallen. Die Außenverteidiger rücken dagegen ins Mittelfeld auf und hinterlassen eine Dreierlinie mit dem 10er und den IV (insgesamt ein 3-4-3). Also der gleiche Mechanismus wie bei handelsüblichem Abkippen/Herauskippen.
Aus dieser Position kann der (vermeintliche) Zehner jederzeit – auch mit dem Ball am Fuß – vorstoßen. Nur die Absicherung muss natürlich passen.
Alternativ könnte man das 4-2-3-1 übrigens auch in eine Art 1-3-1-2-3 verwandeln: Beim Zurückfallen des Zehners schieben nicht die AV vor, sondern einer der IV. dadurch hätten die Achter etwas mehr, die AV weniger offensive Freiheiten. Letztere müssten insbesondere auch bei Vorstößen des Zehners absichern. Der Zehner wäre entweder ein Libero à la Krol in Ajax‘ 1-3-3-3 oder einfach ein 2. IV.
Mir würde die Variante 1-3-1-2-3 (4-3-3) übrigens sogar etwas besser gefallen als das 3-4-3, weil die gegnerische Formation weiter in die vertikale Länge gezogen wird. Allerdings müsste der Zehner sicherer im Passspiel sein, denn er hat nur einen IV neben sich anstatt 2
Besonders an der ganzen Idee ist, dass sich der Zehner beim Umschalten seine Postion am Platz nur wenig ändern muss: Defensiv agiert er als Mann hinter (neben) der Spitze um die Mittellinie herum, und offensiv hält er sich je nach gegnerischer Pressinghöhe im Abwehr oder im mittleren Drittel auf. Nur bei Kontersitautionen sollte er tatsächlich in die „richtige'“ Richtung laufen. Vor allem bei gegnerischen Kontern sollte man Vorsicht walten lassen und den Zehner mit zurückziehen.
Mir ist bewusst, dass sich der Zehner nicht immer nur nach vorne dircbbeln können wird. Daher sollte der Spieler nebn Pressingrestistenz auch ein sauberes Passspiel und eine gehörige Portion an Dynamik mitbringen: Bei Ballzirkulationen in der hintersten Reihe (plus Torhüter) könnten technisch schlechte und ungenaue Pässe fatale Folgen haben. Die Schnelligkeit hat den Zweck, dass er bei den möglichst überraschenden Vorstößen ohne Ball Gegenspieler überholen kann (bspw. bei Doppelpässen).
Gegen diese Spielweise spricht, dass ihr Schlüsselakteur durch die so „defensive“ Positionierung einen großen teil seiner Torgefährlichkeit einbüßen würde. Abgesehen davon, dass nicht jeder Spieler diese Tatsache wirklich gerne in Kauf nehmen würde, müsste man auch erst einmal jemanden mit passenden Eigenschaften finden.

PS: Kann es sein, dass RM pressingresistente Dribbler (momentan) besonders schätzt? Er hat nicht nur über Banega, sondern auf abseits.at ja auch über Kevin Kampl einen zweiteiligen Artikel verfasst.

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Maturin 14. Dezember 2013 um 20:23

Meine erste Frage wäre, wieso du das den 10er machen lassen willst? Würde sich nicht ein 6er besser eignen?

Und mein Kritikpunkt ist das bei Dribblings aus der IV halt einfach die Absicherung fehlt, die ein Dribbling von der 6 hat. Deswegen halte ich es nicht für sehr praktikabel.

Interessant finde ich allerdings die Idee, einen Spieler aus der letzten, oder vorletzten Reihe vertikal antreten zu lassen, und dann entweder mit schnellen Doppelpässen oder Dribblings die gegnerische Formation auf einem sehr engen Kanal zu überladen. Wenn da viel Dynamik bei ist könnte man damit situativ das übergeben unmöglich machen.

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Sub 14. Dezember 2013 um 21:29

1. Das liegt daran, dass das Stärkenprofil normalerweise EHER offensiven Mittelfeldspielern entspricht. Dribblanskis sind (Achtung Vorurteil!) normalerweise nicht besonders defensiv stark oder inkonstant und daher eher auf den vorderen Positionen zu Hause.
Zudem hätte ein Zehner auf Höhe der IV zumindest zu Beginn des Experiments einen wesentliche höheren Überraschungseffekt.
Aber du hast schon Recht. Mit einem Sechser wäre die Systemumstellung viel weniger komplex. Und Banega, der – wie im Artikel angesprochen – ein besserer Sechser als Zehner ist, könnte vielleicht sogar in die Rolle passen.

2. Natürlich. Der Spieler müsste seine Dribblings aus der hintersten Reihe sehr sehr gut dosieren und unbedingt vorher das Risiko eines Ballverlusts prüfen. Auch die Absicherung müsste perfekt einstudiert werden. Und ich bin mir sicher: Wenn eine prominente Mannschaft das System praktizieren würde und vor dem endgültigen Durchbruch der Idee ein entscheidendes Gegentor durch einen BV des Dribblers fallen würde, würde es einen großen medialen Aufschrei geben.

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horst 16. Dezember 2013 um 10:06

beim WM-Spiel 2010 Deutschland -Argentinien hat Messi genau das gemacht. Da bei Argentinien nach vorn nicht viel ging, hat sich Messi (wie er das oft tut) fallen lassen. Irgendwann hat er sich als nomineller Stürmer/ Zehner den Ball persönlich bei den IV abgeholt und genau das gemacht, was du beschreibst, nämlich zum Dribbing angesetzt, Doppelpässe gespielt und versucht, Dynamik ins recht statische Spiel der Argentinier zu bringen. Ich hatte beim Zuschauen aber immer das Gefühl, dass seine Mitspieler nicht passend darauf reagieren konnten. Aber die Mannschaft war seinerzeit von Maradona auch wirklich nicht sonderlich fein eingestimmt. Messi konnte einem leid tun (mir zumindest ;-)).

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DeLa 16. Dezember 2013 um 17:27

Yep, gerade dieser Maradona hat das ja noch viel öfters gemacht hat als Messi. Er dachte wahrscheinlich damals Messi müsse einfach spielen wie er (deshalb sah er sich wohl auch als passenden Trainer) dann wird das auch was mit dem WM-Titel. Messi wurde glaub auch unter Maradona viel stärker beansprucht als unter anderen Trainern, der war da irgendwie für alles verantwortlich.

Achja, am besten passt für mich derzeit Thiago in dieses Bild, des (teilweise) dribbelnden 6ers. In letzter Zeit sehe ich ihn immer öfters von der 6er-Position ins Dribbling gehen – und dabei ist er so ballsicher, dass er die Kugel praktisch nie verliert und sehr gut neue Spielsituationen heraufbeschwören kann, die er dann direkt bespielt (Pässe kann er ja auch). Für mich ist Thiago zZ der interessanteste (liegt vllt auch daran, dass ich vor allem Bayern /und Napoli/ verfolge) zentrale Mittelfeldspieler überhaupt.. ich sah auch die meisten seiner „Fehler“ in den ersten Spielen (als er ja stark kritisiert wurde) vor allem eher bei seinen Mitspielern und deren mangelndem Verständnis für seine Spielweise. Denn Thiagos Aktionen haben eigentlich immer Hand und Fuß… natürlich hat er auch nicht immer das Risiko richtig eingeordnet, das ist klar, aber da ist er denke ich auf einem guten Weg.

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CF 16. Dezember 2013 um 20:12

Hauptkritikpunkt ist das die gegnerischen Spieler nicht so große Probleme haben den gegnersichen Spieler zu übergeben oder zu übernehmen. Am besten wäre diese Idee wohl mit einem Spieler der meistens sehr mannorientiert verfolgt wird. In Europa speieln die meisten Vereine auf den Flügeln noch sehr klar mannorientiert und nur wenn es sich wirklich anbietet mit Übergeben. Man müsste also einen Flügelspieler nehmen, da diese sich eher Diagonal bewegen und dadurch schwerer zu übergeben sind. Meistens wird ihenen also gefolgt was große Lücken reißt. Zu dem Anforderungsprofil. Ein central-winger verfügt über ähnlcihe Attribute wie ein 10 also auch von den Fähigkeiten ganz gut möglich.

Emery der Trainer von Sevilla lässt in manchen Spielen den Flügelspieler zwischen die IV fallen lassen. Wirkt vorallem gegen Teams die im typischen 4-4-2 Verteidigen, da dort oft Probleme enstehen. Gerade Perotti verfügt in dem Zusammenhang über ganz coole Bewegungsmuster die dann noch andere Effekte erzeugen. Aufjedenfall mal ein bisschen Sevilla gucken die sind an manchen Tag echt ganz interessant.

Ich hoffe ich habs irgendwie rüber gebracht. ist aber auch ein interessantes und schwierig zu umschreibendes Thema. Aber ein Podcast dazu wäre echt Klasse.

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Maturin 16. Dezember 2013 um 20:25

Beschreibt man mit „central winger“ nicht im englischen einen Spieler, der von der 10 auf die Flügel pendelt?

Ansonsten ganz interessant, dass einen Aussenspieler machen zu lassen. Damit überläd man dann ja direkt das Zentrum, wenn der mit Ball am Fuss loszieht, sind nur ziemlich weite Wege, und relativ kraftraubend, wenn er dann noch ins Dribbling geht.

Mal schauen, ob ich demnächst mal ein Sevilla Spiel zu sehen bekomme, danke für den Tip!

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CF 16. Dezember 2013 um 21:38

Ja mit dem central-winger hast du natürlcih Recht. Ich meine einen Flügelspieler der in die Mitte driftet und auch über die Attribute eines 10 verfügt ein bisschen wie Draxler bei Schalke.

Ja es ist sehr kraftraubend aber wird auch nicht so konsequent über das ganze Spiel gespielt, sondern nur Phasenweise eingesetzt.

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fluxkompensator 14. Dezember 2013 um 13:30

das spiel gegen barcelona im video ist grandios!

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Maturin 14. Dezember 2013 um 13:13

Als ich gestern das Valencia Türchen gesehen habe, habe ich mich schon gefreut das das ja nur Banega sein kann. Ein grossartiger Spieler und ich hoffe, dass er bei der WM eine faire Chance bekommt.

Ich teile die These sehr gut, und gerade am Anfang des ersten Videos sieht man einige Szenen, wo genau das passiert, was du erwähnst. Banega befreit sich mit einem geschickten Dribbling und bringt so zwei Gegenspieler hinter den Ball, aber seine Mitspieler haben scheinbar keine Idee, wie sie sich bewegen sollen so das ein relativ uneffektiver Rückpass folgen muss, anstatt das Spiel zu beschleunigen.

Um so etwas besser einzubinden, müsste man dazu die Situationen konkret trainieren? Das Problem beim Dribbling ist ja, dass auch die Mitspieler nur schwer antizipieren können wann und mit welchem Blickfeld sich der Raum für den Pass wieder öffnet.

Als effektives taktisches Mittel würde ich es auch gerne häufiger sehen, insbesondere um gegen tiefstehende Gegner mit gutem Sichtfeld in den Zwischenlinienraum zu kommen. Wenn man sich mit einem Dribbling durch das erste Pressing kommt kann man enorm gute Schnittstellenpässe spielen.

Und noch ein persönlicher Wunsch, ob Gündogan geht oder nicht, Banega zum BVB!!!

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AlexF 16. Dezember 2013 um 15:56

Das ist der Punkt, an dem ich RM widersprechen würde. Ein Dribbling ist in gewisser Weise ja „chaotisch“, da es individuell ist und auch abhängig vom Gegner. Dadurch wird es für die Mitspieler schwer, nicht unmöglich, sich so zu bewegen, dass sie als Anspielstation zur Verfügung stehen. Ich würde die Verantwortlichkeit lieber umdrehen, der Dribbler muss sich durch sein Dribbling Anspielstationen eröffnen. ich glaube, das Zusammenspiel von Dribbler und Mitspielern ist sehr wichtig. Aber die Hauptschuld bei den Mitspielern zu sehen, kann ich nicht nachvollziehen.

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Maturin 16. Dezember 2013 um 19:49

Ich gebe dir da nicht umbedingt unrecht, allerdings weis ich nicht, ob es für den Dribbler nicht deutlich schwieriger ist. Er muss ja gleichzeitig den Gegner abwehren, Raum gewinnen und dann noch antizipieren, wo der Mitspieler stehen soll, wenn er die Möglichkeit zum Pass bekommt.

Spieler, die sich anbieten können dagegen deutlich einfacher die Bewegungen des Dribblers beobachten und ihre Position und Bewegungsrichtung leicht anpassen. Das Sichtfeld ist da für sie deutlich besser.

Die Abstimmung ist da natürlich wichtig, daher die Frage wie und ob man so etwas trainiern kann.

Im Video hat man manchmal das Gefühl, dass sich die Mitspieler nicht zwischen absichern und vorstossen entscheiden können, und dadurch zu statisch werden. Fehlendes Vertrauen vielleicht?

Antworten

Joseph Brant 16. Dezember 2013 um 18:19

Vielleicht liegt die uninspirierte Spielweise der Mitspieler Banegas ja an ihrer eigenen mangelhaften Spielauffassung. In dem Video war gut zu sehen, dass Banega obwohl in Bedrängnis immer auch versucht den tiefen Pass zu spielen. Er ist dabei sehr variabel und beherrscht den Diagonalpaß hinter die AV genauso wie den Nadelpaß in die Schnittstelle. Seine Tacklings sind brilliant (3:30 gegen Thiago) Ballerobeung und Gegenstoß in einer Aktion und auch wie er Messi bei 2:02 mit der Körpertäuschung nach rechts zum Paß verleitet aber mit dem Standbein eben diesen abfängt zeigt daß er sehr viel Gefühl für den Moment besitzt.

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Goalimpact 14. Dezember 2013 um 11:51

„Oftmals übernehmen die vermeintlichen Experten und Visionäre eine Meinung erst, wenn sich ihr Nutzen bereits erwiesen hat und dieser erbrachte Beweis auch klar erkennbar ist.“

Oft ist noch schlimmer. Wie Max Planck selbst in der Physik feststellte: „A new scientific truth does not triumph by convincing its opponents and making them see the light, but rather because its opponents eventually die, and a new generation grows up that is familiar with it.“

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RM 14. Dezember 2013 um 12:09

Lässiges Zitat.

Darum sehe ich auch Ex-Fußballer als Trainer etwas kritisch. Die werden mit 40, 45, 50 Jahren zu Trainern, ihnen wurde somit im Alter von 10-20 Jahren die damalige Taktik beigebracht und noch weitere 10-20 Jahre eingedrillt. Interessant wäre zu sehen, ob weniger lässige Trainer aus den späten 70ern und frühen 80ern rauskommen werden, als die 60er- und 70er-Generation (Streich ist 65, Klopp 67er, Tuchel 73er).

Quasi ein Spiegelbild der jeweiligen Entwicklung in der damaligen Fußballkultur. Dürfte aber wohl wegen so schöner Sache wie Globalisierung, Informationszugang, den anderen Trainern als Vorreiter und einer Veränderung der Betrachtung von Ex-Trainern eh nicht der Fall sein.

Antworten

Voll 14. Dezember 2013 um 15:23

Das ist genau der Punkt!! Ideen, Systeme, Visionen, oder welchen Begriff man auch immer benutzen möchte, machen sich die Menschen erst zu eigen, wenn ihr Nutzen bereits bewiesen ist. Im Fussball sehe ich das besonders kritisch, weil es dazu führt, dass wie von RM unten angeführt, Trainer die früher Spieler waren, oftmals nicht mehr in der Lage sind sich von solchen Ideen zu lösen. Andererseits bekommen Trainer die neue Dinge versuchen oftmals keine Chancen weil sofortiger Erfolg erwartet wird, der sich bei neuen Ideen nicht unbedingt sofort einstellt.

Aber zurück zum Thema, Banega ist für mich der typische Fall eines Spielers der vom Trainer aufgestellt wird weil er „zu gut ist um auf der Bank zu sitzen“ aber andererseits nicht in das System des Trainers passt. Anstatt dass der Trainer sein System den Spielern anpasst, presst er die Spieler in ein System. In der öffentlichen Wahrnehmung kommt dann natürlich der Spieler schlecht weg…

Gut jetzt habe ich mich ein wenig verrannt, Aber eine Frage möchte ich trotzdem noch stellen: Bin ich der einzige der das Gefühl hat dass sich die Taktik im Fussball in gewissen Zyklen wiederholt. Klar sind das technische und taktische Niveau heutzutage ein anderes, aber gewisse Dinge wie das Verlagern der Spieleröffnung immer weiter nach hinten, die Rückkehr der Dreierkette etc. erinnern mich dann im Resultat (!!!) an Situationen die es vor vielen vielen Jahren schon gab.

Bei deinem (absolut genialen) Max Planck-Zitat musste ich sofort an ein Beispiel denken: Noch vor 90 Jahren wurde Alfred Wegener, der Mensch der die Bewegung der Kontinente (Plattentektonik) als erster erkannt hat und damit die Grundlage für die Erklärung von Erdbeben, Vulkanausbrüchen geliefert hat, von allen anerkannten Wisssenschaftlern ausgelacht. Seine Theorie wurde erst nach seinem Tod offiziell anerkannt. Visionäre haben es oft nicht einfach!

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karl-ton 14. Dezember 2013 um 16:21

Andererseits bekommen Trainer die neue Dinge versuchen oftmals keine Chancen weil sofortiger Erfolg erwartet wird, der sich bei neuen Ideen nicht unbedingt sofort einstellt.

Das scheint mir aber der wirklich wesentliche Punkt. Trainer werden meist nur gewechselt, wenn es wirklich keine andere Möglichkeit mehr gibt und man sofort Erfolge braucht. Da wird jeder noch so aufgeschlossene Trainer auf Elemente zurückgreifen, die er kennt und bei denen er nicht viel experimentieren muss.

Zumal in meinen Augen die Fußballwelt in allen Belangen ja ausgesprochen konservativ ist. Das wird wohl auch Auswirkungen darauf haben wer überhaupt verpflichtet wird und was der dann darf. Und Veränderungen in Organisationen zu steuern ist wirklich schwierig – in allen Belangen bei den kriselnden Traditionsvereinen zu bewundern.

Bin ich der einzige der das Gefühl hat dass sich die Taktik im Fussball in gewissen Zyklen wiederholt.

Nö. Allerdings ist der Modenzyklus auch ein eher allgemeines Phänomen. Und die meisten Systeme bieten eben auch nicht unendlich viele Freiheitsgrade in der Gestaltung. Und man neigt ja dazu erfolgreiche Mannschaften so lange zu kopieren, bis jemand ein Mittel gegen den Erfolg gefunden hat. Daraufhin wird der dann kopiert. Und komplette Phantasie ist der Spruch mit der Geschichte, die sich nicht wiederholt, aber dafür reimt ja auch nicht.

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MR 16. Dezember 2013 um 16:31

„Und die meisten Systeme bieten eben auch nicht unendlich viele Freiheitsgrade in der Gestaltung.“

Doch.

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Goalimpact 14. Dezember 2013 um 23:27

Ich glaube es ist kein Zufall, dass viele „Konzepttrainer“ ehemalige Jugendtrainer sind. Dort konnten sie ihre Konzepte ausprobieren und verfeinern und hatten lernwillige, formbare Spieler dazu. Und noch wesentlicher: sie hatte die Zeit die neue Ideen zur Umsetzung brauchen und wurden nicht gleich beim ersten Rückschlag wieder abgesetzt.

Antworten

AlexF 16. Dezember 2013 um 16:04

Das es die Visionäre oder Ähnliche nicht mehr gibt, liegt vielleicht auch daran, dass schon so viele Menschen über Fußball nachgedacht haben, dass keine visionären Sprünge mehr möglich sind. Trainer heute können nur noch Nuancen weiterentwickeln.
Das ist übrigens in vielen Bereichen so, zum Beispiel beim Auto oder jeder Erfindung. Am Anfang sind die Entwicklungssprünge enorm. Aber je etablierter eine Sache ist, destso kleiner sind die Entwicklungen.
Bei der Taktik wäre eine visionäre Entwicklung nur möglich, wenn sie eindeutig besser ist, als Alles, was wir als Taktik kennen. Nur, leider, sind wir schon sehr weit in der Entwicklung, somit sind weitere Verbesserungen kaum möglich.
Gerne lasse ich mich aber auch vom Gegenteil überzeugen.

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Holger 14. Dezember 2013 um 11:19

Wunderbarer Artikel.

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