Hertha BSC – Werder Bremen 3:2

Im Spiel der bolzenden Gegenpresser entschieden die Herthaner eine unstrukturierte Partie zuhause für sich.

Herthas Ausrichtung

Ein auffälliger Aspekt war natürlich Herthas Anpassung an die Werderaner. Jos Luhukay ließ diese Saison bislang sehr oft in einem 4-4-1-1 verteidigen oder in einem 4-1-4-1 wie in den letzten Partien. Bei beiden Varianten wurde mit asymmetrischer Positionierung des Mittelstürmers gespielt. Gegen die Bremer war dies aber nicht mehr der Fall.

Normalerweise soll diese Positionierung des Mittelstürmers einen der gegnerischen Innenverteidiger aus dem Aufbauspiel nehmen und dem anderen im Verbund mit einer kollektiven Mannorientierung an nahe Gegenspieler die Passwege zur Seite und nach vorne zusperren. Gegen Bremen gab es keine solche asymmetrische Formierung oder ein bewusstes Leiten des gegnerischen Aufbauspiels.

Hertha offensiv, Bremen defensiv

Hertha offensiv, Bremen defensiv

Vermutlich erwartete Jos Luhukay kaum konstruktiven Spielaufbau bei den Bremern mit sonderlich viel Bewegung und sah davon ab ihr Aufbauspiel auf eine Seite zu lenken. Lange Bälle nach vorne bolzen kann bekanntlich so gut wie jeder auf diesem Niveau halbwegs ordentlich. Darum agierten die Herthaner stattdessen in einem 4-4-2-0, mit welchem sie mehr Kompaktheit in der Mitte hatten.

Durch diese Kompaktheit und mehr Akteure in Ballnähe sowie bei Kopfbällen sollten sie im Idealfall bei den zu erwartenden zweiten Bällen eine höhere Erfolgswahrscheinlichkeit erreichen. Innerhalb dieser 4-4-2-0-Formation, in der gelegentlich einer der beiden Stürmer (meist Ramos) herausrückte, übernahmen sie wie üblich Mannorientierungen und versuchten nach Ballgewinnen schnell umzuschalten.

In eigenem Ballbesitz spielten sie wieder mit tiefer Zirkulation, guter Bewegung und Schnellangriffen, welche gegen Bremens Spielweise zu ein paar guten Chancen führten. Sie konnten nämlich die Bremer in ihrer Bewegung einige Male dann erwischen, wenn einzelne Akteure ihre Position wechselten. Denn so einfach das System der Hertha zu kategorisieren war, umso war es bei den Gästen, welche sich mit dieser Variabilität teilweise selbst schwer taten.

Werders undefinierbare Formation

Defensiv wie offensiv war bei den Gästen von der Weser keine wirkliche Formation zu erkennen. Das ist übrigens im Grunde nichts Schlechtes, es ist nur sehr schwierig zu beschreiben.

Manchmal wirkte die Formation der Bremer defensiv wie eine Raute, manchmal sah es aus wie ein 4-1-3-2, manchmal wie ein 4-1-4-1 und manchmal wie ein relativ klassisches 4-4-1-1. Um diesen vielen Änderungen auf die Schliche zu kommen, sollte man sich weniger auf die Grundpositionen beschränken, sondern auf die zentralen Punkte in der Spielausrichtung.

Die Bremer konzentrierten sich auf große Dynamik im Zentrum, eine stärkere defensive Einbindung Elias auf links im Vergleich mit Di Santo auf rechts und variablen Bewegungen in der Mitte. Insbesondere Makiadi startete öfters nach vorne und orientierte sich Richtung halblinks, doch auch einige Male in den seltenen Aufbauszenen war es Bargfrede, der nach vorne preschte und Makiadi sich vor den Innenverteidigern anbot.

Offensiv gab es einen kleinen Linksfokus auf Bremen, der sich aber vorwiegend auf die zweiten Bälle im Aufbauspiel beschränkte. Vermutlich wollten sie Elias Einrücken in Verbindung mit Makiadis Dynamik halblinks, dem offensiven Linksverteidiger Garcia und Di Santos als sehr offensivem Akteur verbinden. Auch Petersen bewegte sich oft nach links und Hunt übernahm – eben im Verbund mit Elia – die Mitte und den rechten Halbraum. Offensiv war dies keine besonders spektakuläre Spielweise. Viele Bälle kamen einfach lang nach vorne, Bremen konzentrierte sich sehr stark auf schnelle Kombinationen, versuchte Einzelaktionen und extremes Gegenpressing, wenn dies möglich war.

Dafür schien Bremen dann auch bei der Absicherung schwach gestaffelt zu sein. Die Halbräume waren offen. Makiadi und Bargfrede schoben wie erwähnt im Wechsel nach vorne und auch die Asymmetrie der Außenverteidiger – Gebre Selassie agierte lange Zeit konservativer – half dabei nicht.

Interessant war es, wie Bremen die Konter- und auch Schnellangriffe in den offenen Räumen ihrer Formation verteidigte. Insbesondere Lukimya rückte teilweise extrem weit nach vorne auf und presste dort, wurde aber beim ersten Treffer dadurch einfach umspielt.

Hertha defensiv, Bremen offensiv

Hertha defensiv, Bremen offensiv

Selbst die Veränderung der Synergien mit einem längeren Positionswechsel Di Santos auf die rechte Seite, um ihn von Selassie besser abgesichert zu sehen, brachte keine wirkliche Veränderung, außer mehr Stabilität auf beiden Seiten und klarere Rautenbildung bei Werder im Defensivspiel, da Di Santo nun noch weniger nach hinten arbeitete.

Grundlegend sollte die gegnerische Formation wohl durch Mannorientierungen und viele Zugriffsoptionen in Kernzonen bespielt werden. Das gegnerische Aufbauspiel sollte durch eine Manndeckung Hunts auf einen Sechser gestört werden. Die 4-4-1-1-Formationen entstanden dann meist, weil Hunt sich auf den Sechser orientierte, Petersen vorne einen Innenverteidiger zustellte und den anderen attackierte.

Sehr oft war es aber auch Di Santo, der auf seiner Seite höher stand, während Elia gar etwas einrückte und tiefer stand. Hunt spielte dann mit viel Rückwärtspressing und meist war es Makiadi, der dann die Räume hinter Di Santo in seinen Verantwortungsbereich übernahm.

Die Grundformation dürfte somit eher ein 4-1-3-1-1 gewesen sein, in welchem Makiadi eben meist höher spielte, um in mehr Räumen pressen zu können, Elia relativ tief und eingerückt spielte und Hunt sich nach hinten in den offenen Raum fallen ließ. Damit konnte Di Santo vereinzelt höher bleiben und zocken, während Elia von der rechten Seite in den linken Raum gehen und überladen konnte. Auch Positionswechsel zwischen Di Santo und Elia gab es. Wirklichen Effekt gab es allerdings kaum davon.

Ein wirres Spiel

Eine Taktikanalyse über ein Spiel wie ein solches ist schwer zu machen. In der ersten Halbzeit definierte sich die Spieldynamik weitestgehend über Wechsel zwischen aggressivem Pressing und Spiel um zweite Bälle, langen Bällen im Gegenpressing, vielen Mannorientierungen und einzelnen passiven Phasen, wo der jeweilige Gegner oft sofortige Schnellangriffe versuchte.

Dadurch entstand ein von der Dynamik schwer zu greifendes Spiel. Es gab viele intensive Zweikämpfe und lokale Kompaktheiten, beide Mannschaften begleiteten viele gegnerische Läufe mit Mannorientierungen und ließen dabei die gegnerischen Innenverteidiger zumeist in Ruhe aufbauen, um keine Raumdecker innerhalb der Formation aufzugeben.

Hertha war hierbei aber die stabilere Mannschaft. Sie wirkten aus taktischer Sicht gefestigter, offenbarten weniger Räume und gingen zwar ein paar Mal in den Bewegungen der Bremer und deren Gegenpressing unter, konnten sich aber insbesondere mit fortschreitender Spieldauer gut behaupten.

Die Trainer selbst griffen nur vereinzelt in das Spielgeschehen ein. Es gab viele kleine Änderungen und keine großen Anpassungen; Hosogai kam nach Brooks leistungsbedingter Auswechslung in die Innenverteidigung, der eingewechselte Niemeyer sicherte das Zentrum.

Beidseitig gab es einzelne Anpassungen in der Offensivstaffelung, Luhukay reagierte auf den Positionswechsel der Flügelstürmer bei Werder ebenfalls mit einem Wechsel der Flügelstürmer und brachte mit Wagner und Kobiashvili in der Schlussphase frische Spieler. Dutts Wechsel Ekici für Makiadi verdeutlichte nur die offensive und defensive Aufteilung bei den Sechsern Werders.

Mit diesen Änderungen endete letztlich der knappe, aber durchaus verdiente Sieg der Herthaner, in einer Partie mit Passquoten von 72% und 65%. Eigentlich hätte diese Statistik die Analyse bereits großteils obsolet gemacht.

VB 15. Dezember 2013 um 11:49

Im nächsten Spiel wird Ronny aber trotzdem wieder auf der Bank platz nehmen, weil mit ihm ein 4-1-4-1-Pressing nicht zu machen ist. Durch dieses war Hertha in der bisherigen Saison defensiv wie offensiv erfogreich. Mit ihm kommen wie CF schon bemerkt hat andere Strukturen ins Spiel, die auf die gesamte Mannschaft nicht förderlich wirken.

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pb 14. Dezember 2013 um 16:39

Vier Scorer und sechs Punkte aus den beiden Spielen fuer Ronny, kann also bei aller berechtigten Kritik nicht ganz so schlecht gewesen sein.

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CF 14. Dezember 2013 um 10:22

Könnte die Auswechslung von Brooks gar nicht verstehen. War recht zuverlässig im Aufbauspiel. Bespielte oft den linken Halbraum und zwang so Lukiyma zu ziemlich wilden und für Hertha Raum schaffenden Bewegungen.

Sehe Ronny nicht wirklich in diesem Team. Die Strukturen im letzten Drittel weichen nun schon stark von den Strukturen zu Saison Beginn ab. Hat zwar zum Teil ganz coole und für die Mannschaften hilfreiche Bewegungsmuster trotzdem finde ich es schade das er nun dort zum Einsatz kommt.

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