Rayo, Barcelona und das Ballbesitzmonopol

An diesem Wochenende kam es in gewisser Weise zu dem Ende einer Ära.

Ich zitiere mich selbst: Wir haben die Statistiken durchforstet und Folgendes herausgefunden: Seit 2005/06 ist es heute das zweite Mal, dass Barcelona in der Liga in einem Spiel weniger Ballbesitz hatte, als der Gegner. Das letzte Mal geschah es im Mai 2008, als sie am 36. Spieltag 1:4 in Madrid gegen Real verloren, wo die Meisterschaft bereits feststand. Heute war es Rayo Vallecano, welches nach fünfeinhalb Jahren die Ballbesitzmonopolisierung in einem Spiel brechen konnte (54%). Sie verloren trotzdem 0:4. Blöd gelaufen (8:8 Torschüsse, verschossener Elfmeter). Saul Niguez ist trotzdem lässig, ebenso wie Johan Mojica. Und Paco Jemez auch.

Diese kompakte Bildanalyse soll kurz darlegen, welche Pressingspielweisen im Spiel genutzt wurden und wie die Verrückten aus Vallecano – die den dritthöchsten Ballbesitz in Europa haben – an den Gegner herangegangen sind. Die Grundspielweise der Vallecas gegen Barcelona haben wir in den letzten beiden Artikeln zu dieser Paarung erklärt, beim 1:3 und beim 0:5 in der vergangenen Saison.

Messi läuft mit Ball - und Rayo attackiert ihn einfach mal zu vierundvierzigst

Ballorientiertes Chaospressing am Beispiel Messi – Rayo attackiert ihn einfach mal zu vierundvierzigst

Solche Szenen kamen öfter vor. Rayo verschiebt oftmals nicht auf einzelne Gegenspieler oder presst im Dreieck oder sonstwas, sondern teilweise versucht einfach mit so vielen Spielern wie möglich so schnell und so nah wie möglich auf den Ballführenden zu gehen. Sie stehen manchmal kurzzeitig passiv und leitend da, versuchen dann aber maximalen Zugriff zu erhalten. Frei nach dem Motto: Wenn möglichst viele Leute auf den Ballführenden gehen, wird er nicht nur in 1-2 Richtungen isoliert, sondern in alle. Und isolieren wir ihn nicht, ist der Druck so groß und unser „Haufen“ so kompakt, dass zumindest kaum Passoptionen hat. Problematisch wird es erst, wenn der Gegner die Bälle durchstecken kann – wies es Messi und Co. tun. Rayos Antwort darauf ist aber eine einfache: Spielt er durch uns durch, dann pressen wir halt den nächsten.

Barcelonas Pressing war ebenfalls hoch und aggressiv, ging allerdings nicht bis ins Letzte und war in ihrer Konsequenz nicht so extrem, wie Rayos.

Aber auch Barcelona presste

Barcelona presst

Barcelona scheint sich im Pressing aber formativ leicht zurück zu entwickeln. In ihren besten Phasen konnte die 4-1-4-1-Grundordnung in der Defensivformation gar nicht eingenommen werden, weil die Außenstürmer so hoch blieben und sofort pressten. Nun weichen sie zurück und bilden eine Viererkette im Mittelfeld, während Messi vorne mit mehr Pressingarbeit das Aufbauspiel des Gegners leiten soll. Hier hatte Rayo – wie auch im Pressing – einige merkwürdige Stärken und Probleme. In der Grafik sieht man die Pressingbeteiligung Messis, die aber nicht ganz konstant war und im Spielverlauf weniger wurde, der den Außenverteidiger abblockte. Im Sechserraum fehlte es Rayo aber an Anspielstationen, doch Rayo band den Torhüter einige Male und den von Barcelona freigelassenen Innenverteidiger gut ein.

und ging dann ins 4-1-3-2

Barcelona geht ins 4-1-3-2

Um diesen freien Innenverteidiger abzublocken, wechselte Barcelona sehr oft ins 4-1-3-2, in welchem einer der Achter nach vorne rückte und versuchte den gegnerischen Sechser mit seinen Laufwegen in den Deckungsschatten zu nehmen. Doch dieser Sechser bei Rayo bewegte sich meistens gut, bot sich oft für indirekte Pässe durch Abpraller des Außenverteidigers an oder bewegte sich direkt aus dem Deckungsschatten heraus. Wegen der breiten und tiefen Aufbauformation hatte er viel Raum in der Mitte und kippte auch deswegen so gut wie nie ab. Barcelona agierte außerdem oft mit sehr eingerückten und engen Außenstürmern, wodurch Rayos Außenverteidiger kurzzeitig anspielbar wurden. Das reichte oft, um einen der Sechser wieder ins Spiel einzubinden.

Damit hatte Barcelona etwas mehr Probleme.

Rayo stört früh

Rayo stört früh

Schon bei den Abstößen und Ausschüssen stellte Rayo, wenn möglich, Barcelona zu. Song und Co. wurden in Manndeckung genommen. Der wirkliche Unterschied zwischen den beiden Teams – neben Rayos extremer und chaotischer Ballorientierung im Bewegungsspiel – lag aber in der Intensität und Konsequenz des Pressings. Rayo stellte durchgehend eigentlich jeden Abstoß mannorientiert zu, egal, wie Barcelonas Innenverteidiger und Sechser auffächerten. Sogar große offene Räume im Mittelfeld wurden in Kauf genommen, Barcelona schaffte sogar mehr gewonnene Luftzweikämpfe in dieser Partie; Valdes musste fast immer lang ausschießen. Eine solche Extremreaktion und Intoleranz gegenüber der Stabilität der offenen Räume in der eigenen Formation gab es nur bei Rayo und nicht bei Barcelona. Ein Schlüsselaspekt im Kampf um den Ballbesitz.

Ahasdf

Rayo presst und presst und presst

Hier sehen wir die Konsequenz Rayos im Pressing und das Zustellen des Sechsers noch genauer. Barcelona möchte über Song und die Innenverteidiger aufbauen; Rayo presst sie einfach alle mannorientiert und steht in einer 4-3-3-Formation dar. Sie sind hoch, im Mittelfeld gibt es weite Räume, die Rayo offen lässt, um den Druck aufrechtzuerhalten. Barcelona kommt dadurch nicht zu ihrem Ballbesitzspiel, sie spielen 17,7% ihrer Pässe lang. Bei Rayo sind es weniger als 12%. Dies lag auch daran, dass Barcelona nach Balleroberungen nicht wie üblich viel Raum wegen gegnerischer Unterzahlkonter und Defensivfokus hatte, sondern in einen wahren Gegenpressingstrudel hineinkam.

Rayo gegenpresst und gegenpresst und gegenpresst

Rayo gegenpresst und gegenpresst und gegenpresst

Rayo griff mit mehr Leuten als üblich an und spielte nicht nur Gegenpressing, sondern spielte dieses Gegenpressing kompromisslos, rücksichtslos und ballorientiert, statt passweg- oder mannorientiert. Oftmals waren deswegen nicht 1-2 Spieler bei der Ballrückeroberung zu sehen, sondern 3-4, die einfach mit voller Aggressivität auf den Ball gingen und sich kaum um die Anspielstationen des Gegners kümmerten. Auch hier war das Motto klar: Wenn alle pressen, haben wir eine höhere Wahrscheinlichkeit und eine größere lokale Kompaktheit. Klappt manchmal super, manchmal ist man dann einfach extrem offen. Barcelona griff dennoch überraschend oft und wohl zu oft zu langen Befreiungsschlägen zurück; teilweise wären zwei Kurzpässe viel effektiver gewesen, aber die defensive Effektivität Rayos war in vielen Phasen sehr gut. Offensiv waren sie aber deutlich schwächer, obwohl sie im Aufbauspiel einige schöne Aspekte hatten.

Rayo ohne Präsenz in der Tiefe

Rayo in Ballbesitz – was tut man, wenn man nicht pressen darf?

Lange Bälle gab es bei Rayo nur an der Grenze zum Angriffsdrittel in die Tiefe über die Flügel; ansonsten versuchten sie es mit low-budget-Tiqui-Taca. Dafür ließen sich alle Offensivspieler zurückfallen, ob ins zweite Spielfelddrittel beim Aufbauspiel oder in den Zwischenlinienraum beim Angriffsspiel. Dadurch fehlte ihnen aber die Tiefe  im Offensivspiel, Sichtfelddrehungen waren selten möglich und Pässe in die Spitze ebenso wenig. Viele Abschlüsse kamen dann auch aus dem Zwischenlinienraum, wo dem dort Ballführenden keine Option in der Tiefe angeboten wurde – maximal auf den Seiten – und es somit zu Distanzschüssen kam. Bis auf 2-3 Chancen, die dann Valdes glänzend parierte, waren die meisten Abschlüsse der Vallecas weniger gefährlich, als sie aussahen. Auch in obiger Situation sieht man das. Alleine sechs Spieler befinden sich im letzten Spielfelddrittel und vier in unmittelbarer Ballnähe. Der zentrale Akteur erhält den Ball, schließt dann aber aus 20 Metern ab – kein Problem für Barcelona. Probleme hatten die Katalanen eher in der Ballzirkulation im zweiten Spielfelddrittel, welches sonst ihre Paradedisziplin darstellt.

4-1-4-1mf

Barcelona im 4-1-4-1, Rayo passt sich mannorientiert an

Ohne Iniesta und ohne Busquets fehlten Barcelona zwei der wichtigsten Nadelspieler in der Mitte. Desweiteren blieb Messi zumeist etwas höher, da es nur wenig Raum zum Zurückfallen gab und auch wegen geringeren Ballbesitz das Zurückfallen kaum praktiziert werden konnte; ein Problem, welches wir schon einmal theoretisch angeschnitten hatten und auch bei der Partie Hamburg gegen Bayern erklärt hatten:

„Teilweise ließ er sich im Aufbauspiel nach hinten fallen, aber auch hier hatten er und die Hamburger als Kollektiv gravierende Probleme. Wegen den kurzen Ballbesitzzeiten konnte er oftmals nicht rechtzeitig zurückfallen bzw. sich anspielbereit machen, weil der Ball dort schon im Pressing der Bayern untergegangen war. Einige Male war es sogar kontraproduktiv, da sie lange Bälle in die Spitze spielten, wo aber niemand stand. Aufgrund des wenigen Ballbesitzes gab es für die Flügel und die anderen Mittelfeldspieler auch keine Zeit auf die formative Veränderung des Vaart’schen Zurückfallens zu reagieren und neue, passendere Positionen einzunehmen. Dort entstanden die zweiten Probleme und das gesamte Angriffs- wie Bewegungsspiel wurde abgewürgt.“ 

Die Mannorientierungen Rayos sind hier gut zu sehen, sie erhalten dadurch viel Zugriff und weder Fabregas noch Song sind im direkten Spiel Mann gegen Mann nicht so gut wie Busquets und Iniesta. Problematisch war außerdem, dass Barcelona durch Pressing Rayos etwas zusammengestauchter als sonst agierte, es weniger Platz gab und die Nadelspieler noch wichtiger gewesen wären.

Die Kompaktheit, die man sonst erst in der Nähe des gegnerischen Strafraums bespielen muss, fand man nun schon in der eigenen Hälfte vor. Die Flügelstürmer und Achter spielten auch darum teilweise auf einer Höhe und es entstand ein klareres 4-1-4-1, Messi kam nur selten nach hinten und konnte es auch nur selten. Rayo zog sich situativ aggressiv zusammen und sorgte dann für die nötigen Balleroberungen.

kompakt

kompakt

Dieses rücksichtslose Zusammenziehen findet man hier; es war besonders sichtbar, wenn es taktikpsychologische Paniksituationen gab, bspw. schnelles Umschalten Barcelonas oder das Durchspielen einer vorherigen Kompaktheit. Dann wurde das aggressive Attackieren eines Gegners durch mehrere Spieler noch dynamischer praktiziert. Auch hier war die Begründung eine ganz andere, als man sonst im Fußball vorfindet, á la Wen kümmert’s, dass rechts außen jemand frei steht, wenn er durch zig Deckungsschatten überlagert wird? Und wer kann den anspielen?

(Okay, gut, Messi kann das und tat sowas beim ersten Tor, aber sonst? Rayo hätte wohl vor 40 Jahren riesige Erfolge gefeiert.)

aber sonst?

Individuelle Aspekte entscheiden das Spiel

Abgesehen von all diesen taktischen Sachen entschied der Unterschied in der individuellen Klasse klar das Spiel. Rayo hatte Probleme bei individuellen Aktionen. Schlechte Dribblings, mittelmäßige Entscheidungsfindung im Offensivspiel und unnötige Fehlpässe im Aufbauspiel – so wie hier. Und dann verliert man halt auch 0:4 gegen den FC Barcelona, obwohl man mehr Ballbesitz hat.

Danke an Laola1.tv für das Bildmaterial! 


Pusteblume 24. September 2013 um 21:01

Dieser Text wird dem sehr nützlich sein, der die Literatur der Speichellecker kennen lernen und vielleicht auch erfahren will, welche geheimen und maßlosen Gelüste der Mensch hat, auch wenn er sich nur einem mittelmäßigen kleinen nervösen Spiel hinzugeben scheint.

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Burrinho 24. September 2013 um 19:45

„Ohne Iniesta und ohne Busquets fehlten Barcelona zwei der wichtigsten Nadelspieler in der Mitte. [..]“ „[..] weder Fabregas noch Song sind im direkten Spiel Mann gegen Mann nicht so gut wie Busquets und Iniesta.“

Als ich gelesen habe, dass Busquets nicht mal im Kader fürs Spiel gegen Rayo steht, war ich erst mal geschockt und verwirrt. Klar Martino plant mehr Rotation ein undso aber der unpressbarste Sechser bleibt grade gegen das brutal bressendeste Team draußen?
Aber andersrum passt Busquets gar nicht so gegen diese Pressingmechansimen. Schon letzte Saison wurde Busquets zu diesem Spiel von Song in die Innenverteidigung geschoben, also aus der absoluten Enge, wo er doch stark sein sollte, heraus. [https://spielverlagerung.de/2012/10/31/wie-rayo-dem-fc-barcelona-den-ballbesitz-streitig-machte/]
Ich selbst habe mir in meinen Gedanken Busquets so beschrieben: er löst genau eine Druckart perfekt. Steht er unter extremen Zeitdruck, wird er also brutal abgelaufen, spielt er saubere sichere Pässe. Diese aber nur in einem Überzahlraum – also nach hinten Richtung Innenverteidiger zB. Steht er dagegen unter keinerlei Zeitdruck, hat Platz zwichen den Linien bspw, spielt er brutale Lochpässe auf Raumdruck also. Auf beide Druckarten auf einmal – in die er nur selten gerät, manchmal aber bei Ballgewinnen im eigenen Zwichenlinienraum, wo er dann gegengepresst wird – reagiert er häufig durch ein Foul-Ziehen, womit er die Situation auflösen kann.
Genauso wird Busuets doch optimalerweise durch einen Manndecker im Pressing ausgeschalten, dann ist selbst er ziemlich kalt gestellt, warum sollte er dann gegen die brutal mannorient pressenden aus Vallecano stark sein?

Für Martino, der das direkte Spiel wohl sogar fokussieren wollte, war also vielleicht Song sogar die bessere Wahl (oder außnahmsweise die nicht viel schlechtere), weil er bei den vielen vertikalen, teils hohen, Bällen einfach besser in die Zweikämpfe kommt, Gras fressen kann, usw.

Dagegen ist nun Busquets frisch für das gleich beginnende Spiel gegen Sociedad, die zwar auch pressingstark sind, aber eben nicht so unfassbar krankes Chaospressing spielen, denn das ist wirklich der beste Ausdruck dafür – schöner Artikel!

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fluxkompensator 24. September 2013 um 19:24

@rm: wie spielt denn rayo denn gegen weniger stark besetzte teams? ebenso „chaotisch“ oder doch mit anderer pressingvariante?

@lino: zumindest aus dem artikel geht hervor, dass barca sehr große probleme hatte, teilweise zu viele unkontrollierte bälle geschlagen hat. das fake-pressing will ja vor allem diesem psychologischen aspekt des fußballs/des pressings gerecht werden. insofern passte das schon, sofern sich so etwas überhaupt einstudieren lässt.

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GH 25. September 2013 um 18:10

Also letztes Jahr haben sie beispielsweise gegen Atletico Madrid auch sehr krass verschoben.
Gibt auch schon einige Berichte dazu, einfach bei „suchen“ eingeben, sind sehr interessante Artikel dabei!

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Sven 24. September 2013 um 14:58

Ich schließe mich „getuerkt“ an und würde mich freuen, wenn ihr mal wieder einen neuen Podcast online bringt.

Und die Analyse war auch sehr aufschlussreich 😀 Na ja, Barca… die Armen!

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Bernahrd 24. September 2013 um 11:40

Servus, habt ihr Daten bzgl. der Laufwerte beider Mannschaften-vor allem der von Rayo- und auch Statistiken wie oft die Gastgeber foulten?

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RM 24. September 2013 um 16:38

Laufwerte nicht, Foulstatistik aber schon: 21:16.

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getuerkt 24. September 2013 um 10:39

Einer der besten und zugleich lustigsten Artikel, die ich hier gelesen habe.
Zu meinem Bedauern habe ich dieses Spiel verpasst, jedoch im Anschluss Artikel gelesen, die besagten, dass Rayo mehr Ballbesitz als Barcelona hatte. Zunächst konnte ich das nicht wirklich fassen, aber finds schön die Gründe dafür fachmännisch bei euch erklärt zu bekommen. Danke dafür!

Ihr hattet hier schon lange keinen Podcast mehr, daher würd ich mal sagen, dass sich Barcelonas neue Ausrichtung im Gegensatz zur Pep-Ära doch perfekt dafür anbietet oder? Es wurde ja schon einiges angedeutet und vieles lässt sich beobachten, beispielsweise so was wie die direktere Spielweise, lange Bälle um das Pressing zu umgehen wie gegen Rayo, das Nutzen von Flanken obwohl kein zentraler Abnehmer da ist, das Absichern der AV in der Zentrale, vermehrte Starteinsätze von Cesc auf der 8 (wegen der direkteren Spielweise im Gegensatz zu Xavi)?, usw…Interesant fände ich dennoch eure Meinung dazu, vor allem um zu sehen, inwiefern sich meine eigenen Beobachtungen decken 😉

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DonQuichotte 24. September 2013 um 14:52

Naja, Barca hat diese Saison laut Martinez (Quelle Barcawelt.de) im Durchschnitt nur 0.2% weniger Ballbesitz als letzte Saison. Ebenfalls meint Martinez, dass er die Philosophie von Barcelona die auf Kurzpassspiel und Ballbesitz beruhe nicht verändern wolle. Vielmehr wolle er zurück zum Barca vor 2-3 Jahren mit aggressivem Pressing. Dass Fabregas mehr zum Zuge kommt hat nicht meiner einer Änderung der Philosophie zu tun, sondern mit eben diesem aggressivem Pressing welches mehr Rotation benötigt (ausserdem kommt Xavi in die Jahre)… Also nicht gleich verrückt werden, gegen Rayo hatte Barca bereits in der vergangenen Saison wenig Ballbesitz im Vegleich zu anderen Matches…

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getuerkt 24. September 2013 um 15:57

Also das die generelle Philosophie die gleiche ist, habe ich auch nicht bestritten, aber es gibt eben kleine Unterschiede bzw. die Spielweisen unterscheiden sich eben in kleinen Nuancen, wie schon oben als Beispiel dafür angeführt die vermehrten Flanken im Spiel. Bei Barca vor 2-3 Jahren unter Pep hat man so was eigentlich nie gesehen, ich erinnere in dem Zusammenhang an das Champions League Rückspiel gegen Chelsea im Camp Nou.
Das Pressing bzw. das nicht mehr so intensiv vorhandene Pressing wurde auch von vielen letzte Saison bemängelt, daher verwundert es auch nicht, dass daran gearbeitet wurde, doch das deswegen Fabregas eher spielt als Xavi glaube ich nicht, denn in dem Zusammenhang sehe ich Xavi noch vor Fabregas, vor allem im intelligenten Verschieben im Raum bzw. im arbeiten mit dem eigenen Deckungsschatten. Fabregas wirkt für mich teilweise etwas überhastet, korrigiert mich, falls mich mein Eindruck täuschen sollte.
Des Weiteren, wie schon weiter oben ausgeführt, glaube ich, dass Fabregas für eine direktere Spielweise eher geeignet ist als Xavi, da er beispielsweise mehr Zug zum Tor mitbringt und nicht den klassischen deep-lying playmaker oder Strategen darstellt. Ich hab jetzt zwar keine Statistiken zur Hand, aber ich würde mal spontan aus dem Bauch heraus behaupten, dass bisher auch in dem Zusammenhang eher versucht wird Kontersituation auszuspielen, statt wie letztes bzw. vorletztes Jahr Kontersituation abgebrochen werden für einen geordneten Neuaufbau.
Nur mal so als Denkanstoss, wobei selbst wenn es anders wäre, es kein Anlass darstellen würde, um verrückt zu werden 😉

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Erkinho 24. September 2013 um 02:53

Tolle Analyse, Dankeschön dafür.

Wie die Offensivspieler bzw. Außenspieler Vallecanos mit einem Affenzahn in Richtung eigenen Strafraum rückwärtsgepresst haben war wahrlich traumhaft.

Ich habe mir mit meinem Vetter zusammen die 1. Halbzeit angeschaut und er kommentierte Vallecanos Pressing- bzw. Gegenpressing folgendermaßen:

„Die schauen ja nur wo der Ball ist…genau wie in der F-Jugend.“ 😉

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Schimanski 24. September 2013 um 21:54

Der Kommentar zu F-Jugend ist wirklich passend. Ich betreue eine relativ spielstarke F-Jugend und die meisten Probleme haben wir gegen Mannschaften, die sich Bambini-like stark ballorientiert bewegen. Die Mannschaften, die schon relativ positionsstarr spielen (der Außenstehende würde ggf. die Ordnung loben) sind leichter zu spielen.

Ich habe meinen Kindern übrigens auch schon als Vierrährige nie verboten mit alle Mann Richtung Ball zu rennen. Die Spielweise ist doch durchaus modern 😉

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Erkinho 24. September 2013 um 23:52

Sehr modern sogar…
Ich für meinen Teil spiele bei Fifa genau mit dieser als „unfassbar krankes Chaospressing“ titulierten Taktik (v.a. in der 1. Halbzeit) Wenn ich dann merke, dass der Gegner von sich aus zu hektisch und überstürzt agiert, presse ich wiederum passiver (i.S.v. false pressing)…dank Rayo und SV

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Jonny 25. September 2013 um 14:50

Wie kannst du denn so eine Taktik einstellen? 😀
Selbst wenn ich bei individuellen Taktiken den Druck usw. auf Maximum stelle, Team Pressing im Spiel anmache und bei den Formationen sehr hoch gestellte Positionen nehme, pressen die kaum. Ich kann nur mit der R1-Taste einen Spieler auf den Ballführenden schicken und dann selber versuchen Passwege zuzustellen, aber so ein Pressing wie Rayo es praktiziert (oder allgemein Pressing) funktioniert bei mir nicht, weswegen ich Fifa allgemein nicht sonderlich mag :/

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Erkinho 25. September 2013 um 22:16

Zugegeben, eine Arbeit gegen den Ball à la Rayo Vallecano ist bei Fifa eher nicht spielbar, aber mit „Hoher Druck“, „Team Pressing“ und den von dir genannten Möglichkeiten kann man ein überaus druckvolles ball- bzw. ein eher leitendes mannorientiertes Pressing aufziehen.

Natürlich kommt da auch viel Geschick bei den Spielerwechseln und beim Bewegungsspiel hinzu.
Ein wirkliches Gegenpressing wiederum gibt es wohl leider nicht, zumindest bei Fifa.

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FM10 25. September 2013 um 23:38

Deshalb spiele ich PES, da sind die taktischen Einstellungsmöglichkeiten viel größer und man sieht sehr klar das sich je nach Einstellung auch was ändert. 🙂

Schalker 26. September 2013 um 19:48

alternativ kann man auch mit der Funktion „Abseitsfalle“ ein ganz gutes Rausrücken erreichen – ist allerdings je nach Konsole unterschiedlich gut benutzbar..bei der playstation kommt mir das 2x nach oben klicken auf jeden fall schwerer vor als auf der x-box.

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Heiner 23. September 2013 um 19:24

Hat wirklich Spaß gemacht mal einen Gegner zu sehen, der gegen Barcelona Vollgas gibt und sich nicht in die Hose macht.

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Edo Z. 24. September 2013 um 07:51

Und was hatten sie davon? Hat ja super funktioniert, bei einer 0:4-Klatsche. Schon erstaunlich wie eine offensichtlich untaugliche Taktik hier abgefeiert wird nur weil sie irgendwie „anders“ ist. Man schaue auf die Tabelle.

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MR 24. September 2013 um 09:34

Ausgeglichene Schussbilanz gegen Barcelona von einer individuell unfassbar unterlegenen Mannschaft -> Taktik hat nicht funktioniert?

Verschossene Elfmeter sind glaube nicht sooo sehr abhängig vom System.

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RM 24. September 2013 um 09:58

Ganz so einfach ist es nicht. Rayo hatte vor zwei Jahren mit Michu einen ihrer wichtigsten Spieler noch unter Vertrag, er machte 15 Tore und zwar als Mittelfeldspieler. Rayo kam in dieser Saison auf ein Torverhältnis von 53:73 und 43 Punkte.

Im Sommer verkauften sie dann zahlreiche Spieler, mit Michu (35 Einsätze), Movilla (36 Einsätze), Arribas (34 Einsätze), Tamudo (17 Einsätze), Diego Costa (15 Einsätze), Robles (13 Einsätze, Torwart), Pulido (13 Einsätze) und Armenteros (12 Einsätze) u.a. auch Stammspieler oder Spieler des erweiterten Stamms. In der folgenden Saison kamen sie auf ein Torverhältnis von 50:66, trotz dieser extremen Ausrichtung hatten sie also weniger Gegentore im Gesamt erhalten, und kamen auf 53 Punkte. Von Platz 15 auf Platz 8.

Ausgaben 11/12: 0€
Ausgaben letzten Sommer: 0€
Ausgaben diesen Sommer: 0€

Abgänge diesen Sommer:
Javi Fuego (36 Einsätze)
Alejandro Dominguez (32 Einsätze)
José Manuel Casado (28 Einsätze)
Leo Baptistao (22 Einsätze, die meisten aller Stürmer)
Piti (33 Einsätze)
Andrija Delibasic (11 Einsätze)
Mikel Labaka (7 Einsätze)
Franco Vazquez (8 Einsätze)
Jordi Amat (26 Einsätze)
Ruben (30 Einsätze, Torwart)

1,27 Punkte pro Spiel erreichte Paco Jemez bislang, bei einer 38er-Saison also über 48 Punkte. Reicht locker zum Nichtabstieg (schwankt zwischen 36 minimal und 44 maximal in den letzten zehn Jahren). Und das, obwohl ihnen einmal 5 Spieler und einmal 7 Spieler aus dem Stammgerüst herausgerissen wurden und nur Leihen oder ablösefreie Zugänge getätigt wurden.

Ob diese Spielweise ohne diese Abgänge wirklich so katastrophal wäre oder ob es mit dieser Mannschaft, welche vereinzelte Lichtblicke und sonst Zweitligaspieler und das kleinste Budget der Liga besitzt, auch mit einer anderen Taktik zu mehr reichen würde? Paco Jemez‘ Arbeit muss man eigentlich fast nach der letzten Saison und nach den geholten Punkten beurteilen. Vielleicht braucht es auch einfach nur Zeit, bis die neuen Spieler so agieren können: taktisch und konditionell.

Sie spielten bislang übrigens gegen Atlético, gegen Malaga und gegen Barcelona in den ersten drei Spielen. Aus den anderen beiden holten sie einen Sieg und verloren gegen Levante. Klingt sogar so, als ob sie trotz der bislang katastrophalen Ausbeute weiterhin auf dem Weg zum Nichtabstieg sind. Sehr schweres Auftaktprogramm, jetzt kommen noch Sevilla, Valencia und Sociedad.

Danach: Almeria, Valladolid, Osasuna, Real Madrid, Celta, Espanyol, Betis, Granada, Athletic, Villarael, Getafe. Ich traue ihnen 18-20 Punkte zu, womit wir bei 23 wären (Niederlagen gegen Sevilla, Valencia und Sociedad erwarte ich leider). Damit wäre man gut im Kurs. Mal sehen. Wäre mit dem Kader fast ein Wunder, wieder drin zu bleiben.

Ach ja: Mit Einsätze sind Startelfeinsätze gemeint. Es gingen also auch teilweise jene Spieler, welche die Stammspieler vielleicht ersetzt hätten.

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Edo Z. 25. September 2013 um 19:40

Danke für die Ausführungen, Diego Costa war mir entfallen, der ist ja jetzt bei Atletico nicht der schlechteste.

Gleich im Duell gegen FC Sevilla wird es interessant, wenn ihr System so gut ist und sie nur wg. starker Gegner/Abgänge/etc viermal verloren habem so sollten sie aber gegen eine Gegner auf der berühmten „Augenhöhe“ was holen.

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RM 25. September 2013 um 20:09

Ist Sevilla denn auf Augenhöhe? Für mich sind Almeria und Co. auf Augenhöhe, also ungefähr 5-6 Teams, Sevilla ist auf dem Level darüber, individuell mit Spielern wie Marin, Rakitic, M’Bia, Perotti, Cheryshev, Iborra, Bacca, Gameiro, Reyes, Fazio, Trochowski und Carrico ohnehin. Dazu haben sie mit Unai Emery einen ebenfalls sehr guten Trainer und eine taktisch starke Ausrichtung. Ach ja, Alberto Moreno hätte ich fast vergessen. Ganz ganz ganz toller Linksverteidiger. Die wären wohl allesamt (mindestens 8 davon) unumstrittene Stammspieler bei Rayo.

Ich würde nur Lass, Trashorras, Niguez, Mojica, Viera, Bueno und Galvez (die „Starspieler“ Rayos) überhaupt zutrauen, kadertauglich bei Sevilla zu sein, 2-3 (Niguez, Trashorras, Lass) davon könnten sich vielleicht gelegentlich in die Stammelf spielen.

Rayos MW: gesamt 40,9 Millionen €, pro Spieler 1,6. Sevilla mit 121 und 4,2 ist da klar besser.

Aktuell dennoch Rayo stärker, gleiche Zahl von Torschüssen und 60% Ballbesitz für Rayo. Steht trotzdem schon 1:0 für Sevilla. 😀

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Lenn 26. April 2014 um 21:11

Ziemlich fetzige Rückrunde bisher, gefällt mir sehr sehr gut.
Anscheinend ist ja Barca an Paco interessiert, was ich mit einem lachenden und einem weinenden Auge sehen würde: schade, dass er geht, aber sehr sehr cool, dass er kommt – wenn es denn so käme.

Wie findest du Rochina ? Der gefällt mir teilweise richtig gut!

Das einzige, was ich bei Rayo nicht so cool finde, ist die Art und Weise, wie sie oft zu Abschlüssen kommen; da sind mir zu viele (Halbfeld-)flanken dabei. Ist aber wohl auch der Qualität der Einzelspieler geschuldet.

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GH 23. September 2013 um 17:33

Bei diesem Pressing stellt sich mir die Frage, wieso das nicht mehrere Mannschaften spielen lassen?
Natürlich gibt es Nachteile, aber die sind meistens auf individuelle Unterlegenheit zurückzuführen oder das teilweise große Räume offen sind, die nur schwer bespielbar sind.
Für mich stechen doch da die Vorteile heraus.
Liegt es daran, dass eine extrem laufintensive Spielweise ist oder dass viele Mannschaften die Lücken zu sehr scheuen?

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Koom 23. September 2013 um 19:05

Vermutung: Es lohnt sich nur gegen ballbesitzgeile Team, die zudem den flachen Ball bevorzugen. Bei dieser Rudelspielweise wäre man gegen ein konterlastiges Team (bspw. Dortmund) mit langen Bällen wohl sehr im Hintertreffen.

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Edo Z. 24. September 2013 um 07:49

Weil es offensichtlich die falsche Taktik ist, wenn man wie Rayo mit 4 Niederlagen aus 5 Spielen auf dem vorletzten Tabellenplatz steht.

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RM 24. September 2013 um 09:59

Siehe meinen Kommentar 4.1.2.

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CH 23. September 2013 um 16:20

Kennt Ihr Eichlers Eurogoals auf faz.net ? Da stand das mit der Passbesitzära schon. Ist auch sonst immer sehr lesenswert …

http://www.faz.net/aktuell/sport/fussball/eichlers-eurogoals/eichlers-eurogoals-schlechte-fuehrung-12586735.html

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Lino 23. September 2013 um 14:42

Vallecano ist der Wahnsinn 😉 Und das sage ich als Barca-Fan. So eine kollektive psychopathische Spielweise habe ich selten gesehen, aber mir war eigentlich – wie auch schon letze Saison – nach 5 Minuten klar, dass das konditionell nicht durchgehalten werden kann. Und so war`s dann auch 😉
Wenn sie es jetzt noch schaffen, diese Spielweise mit längeren „Erholungsphasen“ zu kombinieren, wer weiß…

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fluxkompensator 23. September 2013 um 16:42

beim stichwort „erholungsphase“ fällt mir sofort das „fake-pressing“ ein. wäre doch interessant, sowas einmal konkret als stilmittel veranschaulicht zu bekommen.

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scf 24. September 2013 um 11:30

Fake-Pressing? wie soll den so etwas ablaufen? gibt es dazu einen artikel oder eine Mannschaft die es schon angewendet hat oder ist es ein Einfall deinerseits?

Antworten

TW 24. September 2013 um 11:42

Der Begriff wurde hier auf jeden Fall schon verwendet. Ich weiß nicht, ob er mittlerweile auch in der Trainingsliteratur auftaucht.

Das Konzept des Fake-Pressing setzt eine Wellenbewegung bei der Intensität des Pressings voraus. So wird beispielsweise die ersten 5-10 min extrem intensiv, kollektiv und offensiv gepresst. Die Spieler des Gegners stehen unter enormen Druck und werden unruhig. Wenn sich diese Unruhe gefestigt hat, wird die Intensität des Pressings deutlich reduziert. Einzelne Spieler laufen nur noch situativ aggressiv an, um den Eindruck eines weiterhin präsenten Drucks aufrechtzuerhalten. Auf diese Weise wird die Unruhe des Gegners beibehalten, der Kraftaufwand jedoch reduziert – das so genannte Fake-Pressing. Nach der Erholungsphase wird dann wieder intensiver gepresst, damit der Gegner nicht doch irgendwann merkt, dass er ja eigentlich Zeit am Ball hat. Das Spielchen geht dann immer so weiter.

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RM 24. September 2013 um 12:01

Sehr gut erklärt, Kollege!

Weitere Erklärungen gibt’s von uns hier, und von Jonathan Wilson hier:

In The Methodological Basis of the Development of Training Models, the book he co-wrote with Anatoliy Zelentsov, Lobanovskyi lays out three different kinds of pressing. There is full-pressing, when opponents are hounded deep in their own half; half-pressing, when opponents are closed down only as they cross halfway; and there is false pressing, when a team pretends to press, but doesn’t – that is, one player would close down the man in possession, while the others would sit off.

Particularly against technically gifted opponents, Lobanovskyi would have his sides perform the full-press early to rattle them, after which false pressing would often be enough to induce a mistake – and often, of course, his side would be comfortably ahead after the period of full-pressing.

Antworten

Lino 24. September 2013 um 17:17

Unabhängig davon glaube ich, dass Fake-Pressing gegen Barca aber i.d.R. weniger funktioniert, da sie zu ballsicher sind, um sich durch so etwas allzu sehr aus der Ruhe bringen zu lassen. Aber prinzipiell ist das eine sehr gute …

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