Der FC Barcelona in der Saison 2012/13

Das Jahr Eins nach der Ära Pep Guardiola. Letzten Sommer legte der katalanische Erfolgstrainer sein Amt nieder und gönnte sich eine Auszeit – sein Co-Trainer Tito Vilanova übernahm. Große Veränderungen gab es nicht, doch einige kleine Aspekte wandelten sich dennoch. In diesem eher kompakten Bericht geben wir einen kleinen Einblick in die generelle Spielphilosophie des FC Barcelona, ein paar präzisierte taktische Elemente und danach gewisse Veränderungen seit 2012 beziehungsweise seit 2011.

In der vergangenen Saison probierten die Katalanen mehrmals eine 3-4-3/3-3-4-Formation aus. Dieses Experiment wurde von uns unter anderem mit einer in-depth-Analyse beim 8:0 gegen Osasuna gewürdigt. Dennoch gab es gewisse Probleme in der Stabilität, welche an vielen komplexen Faktoren (veränderte Gegenpressingabläufe, mangelnde Breite im Defensivspiel, etc.) lagen. Auch darum wurde das lange Zeit eigentlich erfolgsversprechende System ad acta gelegt. Unter Tito Vilanova gab es in einer einzigen Partie von Beginn an (und auch da nur für eine Halbzeit) diese Spielweise, ansonsten kam man zum klassischen 4-3-3 der letzten Jahre zurück.

Von der Asymmetrie zur Symmetrie und wieder zurück

Dieses sollte allerdings durchaus etwas modifiziert werden. Nach der abermaligen Erkrankung Eric Abidals und der Verpflichtung Jordi Albas als Linksverteidiger wollten sie die Asymmetrie der Außenverteidiger vollends ausgleichen. Diese schieben im Aufbauspiel bei Barcelona weit nach vorne und agieren breit; sie öffnen Räume in der Mitte und müssen insbesondere im Angriffsspiel die Breite fast alleine geben. Dani Alves beherrschte in seiner besten Zeit beispielsweise die gesamte Außenbahn alleine, offensiv und defensiv.

Die ursprüngliche Grundformation und Stammaufstellung in dieser Saison (mit Puyol statt Mascherano, wenn fit).

Die ursprüngliche Grundformation und Stammaufstellung in dieser Saison (mit Puyol statt Mascherano, wenn fit).

Diese Saison gab es passenderweise eigentlich nur offensiv orientierte Akteure auf der Außenbahn: Adriano und Montoya sind die beiden Ersatzspieler für Alves und Alba. Um dieses hohe und breite Auffächern zu ermöglichen sowie bei Kontern stabiler zu stehen, wurde Sergio Busquets nun in allen Spielphasen tiefer positioniert. Er sichert dadurch tiefer ab, positioniert sich direkt vor oder gar zwischen den Innenverteidigern und fungiert als klar tiefster Mittelfeldspieler in der Arbeit gegen den Ball.

Allerdings gab es in den letzten Wochen eine Veränderung. Insbesondere in den CL-Partien hielt sich Jordi Alba aufmerksam zurück und bildete mit den beiden Innenverteidigern eine Dreierreihe. Dadurch konnte Busquets höher spielen, das Spiel war in der Mitte stabiler und das (Gegen-)Pressing funktionierte besser. Anders gesagt: Spielt Busquets höher, erobert Barcelona den Ball höher. Spielt Busquets tiefer, kommt der Gegner weiter, Xavis und Iniestas Probleme im klassischen Rückwärtsgang sowie die jenes der Fluidität werden entblößt.

Diese Asymmetrie erinnerte an die Saison 2010/11, wo Abidal den Linksverteidiger spielte und ebenfalls nur situativ ins letzte Angriffsdrittel vorstieß. Um diese defensiv wie offensiv stabilere Spielweise ideal umzusetzen, benötigt man aber auch die passenden Flügelstürmer und den richtigen Mittelstürmer.

Der Faktor Messi – oder: Von Raumöffnern und Raumnutzern

Die Abhängigkeit von Lionel Messi hat sich in den vergangenen Jahren immer stärker gesteigert. Diese Saison ist sie so groß, dass sie fast zum Problem wird. Gegen Paris St. Germain wirkte Barcelona ohne Messi denkbar harm- und ideenlos, einzig Iniesta schien offensiv noch Kreativität zu versprühen. Messis Rolle als tiefe spielmachende Neun ist aber im Normalfall eine positive für den FC Barcelona: Sie können Messis Genialität und spielerische Komplettheit maximal nutzen. Er kann sich seine Position situativ und frei aussuchen, wodurch er nicht nur auf einen Faktor begrenzt wird.

Darum ist er von gegnerischen Mannschaften kaum greifbar – das Konzept der falschen Neun dient dazu, dass sich der Mittelstürmer vorne zurückfallen lässt und dadurch schwierig zu bespielen ist. Weil Messi sich seine Position frei aussuchen kann (und dies sehr gut macht), kann er sich strategisch richtig in offenen Räumen positionieren. Gleichzeitig kann er nach seinem Zurückfallen mit Dynamik in die Spitze stoßen und dadurch im Strafraum zum Abschluss kommen. Linksfuß Messi weicht auch immer wieder nach rechts aus und sucht dort freie Räume, von wo aus er Fahrt aufnehmen und wie ein inverser Flügelstürmer durch Läufe nach innen zum Abschluss kommen kann.

Vereinzelt wurde er gar als moderner, vertikaler Zehner bei Rückstand eingesetzt, der als Nadelspieler und Spielgestalter agierte und drei Stürmer vor sich hatte. Bei AllasFCB gibt es hierzu eine Auswahl von Spielen, wo dies nach Rückstand praktiziert wurde. Damit wollte Vilanova die Durchschlagskraft erhöhen, eröffnete Messi mehr Raum aus der Tiefe und löste die Stabilität weitgehend auf. Diese Spielweise hat allerdings natürliche Probleme: Messi hat zwar am Ball mehr Raum und Zeit, ist aber in seiner Positionsfindung nicht mehr so frei.

Als klassischer Zehner könnte er nur eine Rolle spielen, nämlich als Taktgeber in einer Mannschaft, die mit Xavi einen der dominantesten Spielgestalter und mit Iniesta und Busquets zwei geniale Unterstützer hat. Als klassische Neun könnte er dieses Trio nicht zusätzlich unterstützen, von ihren Synergien profitieren oder seine herausragenden Pässe aus der Tiefe spielen. Als tiefe spielmachende Neun wechselt er immer wieder zwischen seiner Position als Mittelstürmer und einem Spielgestalter, wodurch seine Fähigkeiten ideal eingesetzt werden. Gleichzeitig kann er der notorischen Abschlussschwäche einer so sehr auf Ballbesitz ausgelegten Mannschaft mit seiner Schusstechnik entgegenwirken.

Aktuell liest sich die Aufstellung aber so, wodurch es auch taktische Veränderungen gibt.

Aktuell liest sich die Aufstellung aber so, wodurch es auch taktische Veränderungen gibt.

Die Flügelstürmer sollen dabei situativ in die Spitze stoßen und Tore erzielen, um den Anschein zu erwecken, dass sie das auch können – überspitzt gesagt. Im Idealfall geben sie dem Spiel die Breite (vorrangig auf links) und fungieren als „Blocker“ für Messi, wie es Villa (als Rechtsaußen) im Rückspiel gegen Milan tat. Letztlich entsteht offensiv eine neue Dreierreihe, die aus dem Linksaußen, dem Rechtsaußen als halbrechtem Stürmer und Alves als neuem Rechtsaußen besteht. Währenddessen bilden Iniesta und Messi die „Doppelzehn“ (mit unterschiedlichen Rollenverteilungen) dahinter.

Barcelonas asymmetrische Raute

Durch diese situative „Doppelzehn“ und die beiden zentralen defensiven Mittelfeldspieler entsteht dann eine interessante Anordnung. Nominell spielt Barcelona wie schon erwähnt in einem 4-1-2-3; drei Stürmer, zwei davon auf dem Flügel und drei Spieler im Zentrum mit unterschiedlichen Aufgaben.

Busquets ist hierbei der tiefste Akteur und der Stabilisator. Bei gegnerischem Ballbesitz sichert er ab, sammelt Bälle ein oder stellt Räume zu, bei eigenem Ballbesitz dient er als sichere Anspielstation, pressingresistenter Ballzirkulator und Notlösung in sämtlichen Situationen.

Xavi ist der Organisator – defensiv teilt er die Spieler vor ihm ein, kommuniziert viel und presst bei Möglichkeit auch hoch mit. Offensiv ist er das Metronom und der Taktgeber der Mannschaft, welcher so viele Bälle wie möglich fordert und sie in strategisch wichtige Räume spielt.

Der dritte Akteur ist Iniesta. Er schafft Räume, nutzt sie, spielt kreative Pässe nach vorne und ist Nadelspieler in Engen – Barcelona hatte mit ihm auf dem Flügel immer wieder gewisse Probleme, weil Fabregas diese Rolle als Nadelspieler nicht spielen konnte. In unserem bald kommenden E-Book gibt es einen Artikel zu Barcelonas (Mini-)Krise diese Saison, wo es diesbezüglich auch um „strategische Raumeroberung“ geht.

Diese betreibt Iniesta nämlich als Nadelspieler und kreativer Akteur auf allerhöchstem Niveau. Formativ gesehen hat Barcelona also ein zentrales Mittelfeld mit drei sehr passstarken Akteuren, doch ganz so einfach ist es nicht. Messi muss bei eigenem Ballbesitz oft zum Mittelfeld dazu gezählt werden, weil er sich als tiefe spielmachende Neun immer wieder weit zurückfallen lässt und einen vierten pressingresistenten Mittelfeldakteur darstellt.

Dadurch entsteht im Spielaufbau diese asymmetrische Raute im Mittelfeld.

Dadurch entsteht im Spielaufbau diese asymmetrische Raute im Mittelfeld.

Weil er und Iniesta sich die Halbräume (die Bereiche zwischen Mitte und Flügel) leicht versetzt aufteilen und Xavi sich fallen lässt, entsteht eine asymmetrische Raute. Alleine in dieser gibt es schon eine interessante gruppentaktische Dynamik. Durch Xavis Zurückfallen geht Busquets sehr oft leicht nach halblinks.

Gibt es einen Gegenspieler bei Busquets, wird dieser aus der Pressingformation gezogen und Busquets öffnet Raum für Xavi. Wird Xavi mannorientiert verfolgt, dann wird die gegnerische Pressingformation noch stärker zerrissen. Ein Pressing ist wegen des mangelnden Zugriffs also kaum zu erreichen. Doch diese kaum greifbare Stärke ging in dieser Saison beinahe verloren.

Andrés Iniesta – von der Mitte auf den Flügel und wieder zurück

Nach seinem Amtsantritt kündigte Tito Vilanova an, er würde Iniesta weiterhin als offensiven Achter bzw. nicht als Flügelstürmer aufbieten. Diesem Versprechen blieb er nicht treu – stattdessen zeigte Iniesta auf dem linken Flügel gute Leistungen und viele Scorerpunkte, während Fabregas seine Position übernahm. Vilanova versuchte dadurch mehr Durchschlagskraft im Zentrum zu erhalten und Messi stärker zu unterstützen; durch direkte Zuarbeit anstatt durch taktische Raumöffnung.

So gab es zu Beginn der Saison weniger Fluidität zu beobachten und eine deutlich stärker erkennbare Organisation – wenn man will, könnte man sagen, dass Vilanova die von Guardiola aufgebaute Offensivfluidität abschaffte und sie schrittweise selbst aufbauen wollte, um ein größeres und eigenes Verständnis davon zu haben. Soll heißen: Die Fluidität wurde Stück für Stück neu aufgebaut.

Zu Saisonbeginn gab es eine kontrolliertere Spielanlage; Messi ließ sich im Aufbauspiel zumeist dann fallen, wenn Xavi das erste Mal um die Mittellinie herum den Ball erhielt und der Argentinier suchte währenddessen noch den Blickkontakt mit Fabregas, der statt ihm aufrückte. Später wurde diese organisierte und kontrollierbare Fluidität wieder ad acta gelegt und das Wechselspielchen deutlich stärker den Spielern in einem abgesteckten Rahmen anvertraut.

Allerdings gab es hierbei Probleme: Vilanova fehlte wegen seiner Krankheit, gleichzeitig offenbarten sich Mängel in der neuen Mittelfeldbesetzung. Fabregas erwies sich in den größten Spielen bzw. gegen die kompaktesten Gegner als unpassend, weil er in der Umsetzungsgeschwindigkeit nicht so stark ist, wie Iniesta. Als Nadelspieler taugt Fabregas also eher weniger, aktuell scheint er eher der Ersatz für Lionel Messi als Mittelstürmer zu sein.

Die Offensivformation der eigentlichen Grundformation sieht so aus; Busquets sichert durchgehend ab, Xavi ist im Mittelfeld der Alleinorganisator, vorne hat man viel Durchschlagskraft und Effektivität, aber weniger Bewegungsraum.

Die Offensivformation der eigentlichen Grundformation sieht so aus; Busquets sichert durchgehend ab, Xavi ist im Mittelfeld der Alleinorganisator, vorne hat man viel Durchschlagskraft und Effektivität, aber weniger Bewegungsraum.

Mit Iniesta zurück in der Mitte kehrt Barcelona also zurück zu seinem Standardsystem; auf links wird sich im Normalfall ein breiter Flügelstürmer finden, zentral spielen sich wieder Busquets, Iniesta, Xavi und Messi die Bälle zu. Der verkappte Brite (alternativ: falscher Spanier) Fabregas darf sich zurzeit wieder etwas kontinentalisieren.

Der stärkste Kader der Welt mit Kaderproblemen

Eigentlich scheint diese Aussage fast undenkbar, insbesondere wenn man die vorherigen Absätze gelesen hat. Im Sturm können auf den Flügeln unterschiedliche Spielertypen variieren, die allesamt in ihrer jeweiligen Stärke hochklassig sind:

  • David Villa ist der Rekordtorschütze der spanischen Nationalelf, schnell und ungemein abschlussstark.
  • Alexis Sanchez ist ein toller Dribbler, defensivstark und hervorragend im Öffnen von Räumen.
  • Pedro ist beidfüßig, laufstark, spielintelligent und ist (war?) einer der abschlussstärksten Flügelstürmer der Welt, der in seiner Debütsaison Thierry Henry aus der Mannschaft verdrängte.
  • Cristian Tello ist unglaublich schnell und kann auch aus einer breiten Position schnell in die Mitte oder hinter die Abwehr kommen.
  • Andrés Iniesta kann, wie schon erwähnt, als enorm kreativer inverser Spielgestalter von der Außenbahn dienen.

Selbst für Messi hat Barcelona mit Villa und Fabregas zwei hochklassige Mittelfeldspieler. Der für viel Geld gekaufte Alexandre Song dient als Back-Up für die Sechser-Position und auch aus der Jugend kommen zumindest ein paar vielversprechende Talente nach. Eine solche Auswahl und Variabilität würde sich wohl jede Mannschaft der Welt wünschen.

Doch in dieser Saison wurden auch die Probleme deutlich. Wenn man viele unterschiedliche Spieler für eine Position hat, muss man sich vor Spielen auf eine Spielweise festlegen – ist einer verletzt, außer Form oder leidet unter der gesamtmannschaftlichen Ausrichtung, kann es allerdings Probleme geben. Taktisch idealen Ersatz gibt es bei einer solchen Verteilung nicht.

Aktuell sieht es eher so aus; Pedro bleibt breit, Villa dient als Blocker und öffnet Messi Räume, während Iniesta als Nadelspieler fungiert. Busquets wird vorne besser genutzt und Alba rückt nur situativ oder in speziellen taktischen Schemen nach vorne auf.

Aktuell sieht es eher so aus; Pedro bleibt breit, Villa dient als Blocker und öffnet Messi Räume, während Iniesta als Nadelspieler fungiert. Busquets wird vorne besser genutzt und Alba rückt nur situativ oder in speziellen taktischen Schemen nach vorne auf.

Andererseits reicht es oft auch nicht, wenn man Spezialisten besitzt; beim FC Barcelona muss man am besten alles können, alles gleichzeitig können und es soll bitte auch zur Spielphilosophie passen. Spieler wie Iniesta und Messi, die zeitgleich eigentlich drei Positionen bzw. Rollen problemlos spielen können, gibt es aber kaum. Ohne ein hervorragend ausgerichtetes taktisches Korsett ist es aber auch für diese beiden enorm schwierig.

Zusätzlich gibt es andere, ebenfalls komplexere Probleme. Fabregas, Thiago und Iniesta können zwar Pässe spielen wie Xavi, aber sie können sich nicht so konstant und durchgehend an den Spielrhythmus anpassen. Wirklichen Ersatz für Xavi gibt es nicht, Busquets muss dann vermehrt Arbeit im Spielaufbau leisten, wodurch allerdings die Stabilität und Kreativität manchmal etwas leiden. Xavi befindet sich allerdings im Altern; wie lange kann er noch über 50 Spiele pro Saison auf höchstem Niveau machen?

Die Kaderprobleme gibt es auch auf anderen Positionen. Weder Villa noch Fabregas oder Thiago können Messi als Nadelspieler ersetzen; Iniesta sowieso nicht. Die Kaderdecke für eine erste Elf auf höchstem Niveau ist denkbar dünn und insbesondere die Innenverteidigung leidet darunter; aufgrund einer Vielzahl von Ausfällen gibt es hier keine Stammbesetzung, worunter in dieser Saison das Defensivspiel und das Linienspiel (also das Abseits-Stellen und Positionsspiel der Abwehrkette) gelitten haben.

Eine Stamminnenverteidigung gibt es nicht – acht Akteure wurden schon in der Innenverteidigung eingesetzt und es wurde ein Haufen verschiedener Kombinationen ausprobiert. Dies sorgte auch für einen Negativrekord der Katalanen in dieser Saison, als sie in 13 Spielen hintereinander ein Gegentor erhielten; eine solche Serie gab es bei den Blaugrana seit der Saison 1961/62 nicht.

Im letzten Ligaspiel waren es zum Beispiel Adriano und Bartra, die zentral in der Abwehrkette agierten. Davor hatten Pique und Mascherano regelmäßige Einsätze (immerhin drei Mal in den letzten sieben Ligapartien zusammen gespielt), nach Mascheranos Verletzung erhielt der junge und unerfahrene Bartra seine Chance. Mascherano selbst war allerdings auch erst in die Mannschaft gerückt, als sich Carles Puyol verletzt hatte. Auch Adriano laboriert immer wieder an Verletzungen, ist aber ohnehin kein gelernter Innenverteidiger.

Spieler wie Song und Busquets erhielten ebenfalls Einsätze, sind aber in der Innenverteidigung nur suboptimal aufgehoben. Song litt auch lange Zeit unter Eingewöhnungsschwierigkeiten, die sich aber in den letzten Wochen gelegt haben; aktuell wirkt er wie ein grundsolider Ersatz für Busquets‘ Position im Mittelfeld der Katalanen. Obwohl sich im Mittelfeld und Angriff das Lazarett zu lichten scheint, leidet die Innenverteidigung weiterhin massiv unter Verletzungsproblemen und daraus resultierenden Formschwächen sowie mangelnder Eingespieltheit.

Außerdem werden die Abwehrspieler von ihren eigenen Offensivspielern auch weniger geschützt. Der dritte große Erfolgsfaktor neben der Ballbesitzphilosophie und der individuellen Klasse hat nämlich ebenfalls gelitten.

Von Pressing und Spielintensität

Der Ballbesitzwert ist nur ein Indiz für Dominanz – legt man ihn zugrunde, dann würde Barcelona diese Saison in 69,3% der Spielzeit in der Primera Division ihren Gegner „dominieren“. Eine solche Betrachtungsweise entspricht zwar wohl dem gängigen Bewertungsschema, ist aber oftmals unzureichend. Ziel muss es sein, den Gegner immer zu dominieren, auch wenn dieser den Ball hat.

Früher geschah dies über ein extrem aggressives und intensives Pressing, viel Gegenpressing und eine möglichst schnelle Ballrückeroberung. Diese Stärke ist etwas zurückgegangen, auch wenn sie nach wie vor auf hohem Niveau praktiziert wird. Die große Frage bei Fans und Vereinsfunktionären lautete in den letzten Wochen, wieso es zurückgegangen ist – tja, wenn wir das wüssten…

Es gibt viele mögliche Erklärungen. Ein Faktor ist sicherlich psychologischer Natur. Die Mannschaft gewann so viele Titel und Spiele in den letzten Monaten, dass es vermutlich auch Akteure gibt, die davon ausgehen, es geht auch ohne Pressing; macht man doch einfach zwei Tore mehr, anstatt herumzupressen!

Aber solche psychologischen Punkte erzählen selten die ganze Wahrheit – und oftmals nicht einmal die halbe. Barcelona formiert sich taktisch anders. In einem anderen, allgemeinen Artikel führten wir schon kurz aus, dass die kollektive Stellung beim Ballverlust, das Bewusstsein der potenziellen Verlustzeitpunkte und die Kenntnis der kollektiven Reaktion darauf eklatant wichtig für das Gegenpressing sind. Ein blindes Gegenpressing kann zwar zum Erfolg führen, ist aber instabiler als eine ordentliche Umsetzung.

Auch im normalen Pressing gibt es taktische Differenzen zur Paradesaison 2010/11. Die Einstellung auf den Gegner ist unpassender, was zu optisch „schwächerem“ und weniger bissigem Pressing führt; oftmals ist es einfach eine größere Distanz, welche dafür sorgt, dass man nicht ins Pressing übergeht oder keinen Zugriff erhält.

Hierzu gibt es auch interessante Zahlen. Seit Einführung einer konstanten tiefen spielmachenden Neun im Jahre 2010/11 hat Barcelona in jeder Saison über 69% Ballbesitz gehabt. Den wenigsten haben sie in dieser Saison – aktuell liegen sie laut whoscored.com auf 69,3% bei einer Passquote von 89,6%. Dazu habe ich zwei kleine Statistiken inkl. zweier neuer Werte entworfen:

Statistik 1 befasst sich mit der Passgenauigkeit und dem Ballbesitz

Statistik 1 befasst sich mit der Passgenauigkeit und dem Ballbesitz

Hier sehen wir, dass die aktuelle Saison der letzten in puncto Ballbesitz und Passgenauigkeit überlegen ist, aber der Saison 2010/11 in beiden Punkten hinterherhinkt. Aus der Differenz zwischen Passgenauigkeit und Ballbesitz kann man einen hypothetischen Dominanzwert errechnen. Die Berechnung ist genauso banal wie der Wert als solcher: Wir multiplizieren den Ballbesitz mit der Passgenauigkeit, wodurch sich folgende Werte ergeben.

Statistik 2 zeigt den hypothetischen Dominanzwert

Statistik 2 zeigt den hypothetischen Dominanzwert

80% wäre wohl das absolute Maximum, 40% würde ungefähr dem Durchschnitt entsprechen. Das heutige Barcelona ist viel weiter weg vom 2010/11er-Team, als sie es von der als erfolglos geltenden letzten Saison ist. Die Ursache dafür liegt im Defensivverhalten begründet, was sich ebenfalls statistisch zeigen lässt.

Statistik 3 zeigt die Interceptions und Tackles pro Spiel

Statistik 3 zeigt die Interceptions und Tackles pro Spiel

Auf den ersten Blick wirkt es, als ob die letzte Saison gar die beste war, diese Saison hinkt aber ziemlich klar nach; allerdings muss man hierbei Statistik den Ballbesitz relativieren, was in dieser Statistik geschieht.

Statistik 4: Defensive Aktionen pro gegnerischem Ballbesitz

Statistik 4: Defensive Aktionen pro gegnerischem Ballbesitz

Hier sieht man, wie viele defensive Aktionen es im Schnitt pro Prozentpunkt gegnerischen Ballbesitzes gab. Die aktuelle Saison ist die schwächste, während 2010/11 das Maß der Dinge darstellt.

Erschwerend kommt hinzu, dass in dieser Saison von allen drei die wenigsten Lochpässe gespielt wurden und es prozentuell die wenigsten Kombinationen im letzten Spielfelddrittel gab. Man ließ außerdem 9,5 Schüsse des Gegners zu, sogar mehr als 2009/10, und schoss im Schnitt nur 6,4mal aufs Tor des Gegners, ebenfalls ein schlechterer Wert als 2009/10.

Diese Aspekte gehen weitgehend auf die Schwäche im Gegenpressing und Pressing zurück, welche bekanntlich auch als gute Spielmacher fungieren. Gegen Milan wurde dieses Mittel lange Zeit wieder erfolgreich mit etwas schwächerer taktischer Anordnung praktiziert, bis es in der Schlussphase wieder zurückging – ob hierbei psychische, taktische oder körperliche Gründe vorlagen, ist schwer zu sagen.

Fazit

Barcelona ist nach wie vor das Maß aller Dinge – aber nicht mehr in allem. 2010/11 war das noch anders, wirkliche Kritikpunkte zu jener Mannschaft sind kaum zu finden. Das Pressing, das Ballbesitzspiel, die taktischen Anpassungen und die Umsetzung der Ideen Guardiolas waren über eine gesamte Saison hinweg beeindruckend. Zurzeit ist es vorrangig das Ballbesitzspiel, welches unantastbar ist, auch wenn sogar dieses wegen phasenweiser zu hoher Horizontalität durchaus kritisiert werden kann.

Trotzdem wäre es vermessen zu sagen, Barcelona wäre keine Topmannschaft mehr. Die individuelle Klasse ihrer Spieler, die Umsetzung gewisser taktischer Aspekte und ihre Spielausrichtung als solche machen sie weiterhin zu einer der besten Mannschaften der Welt; sie erfüllen lediglich nicht mehr konstant die Ansprüche, welche sie in den letzten Jahren durch ihre Leistungen selbst geweckt haben. Ein CL-Titel ist ihnen nach der souveränen Rückeroberung der spanischen Liga also absolut zuzutrauen.

Neben der Mannschaft möchte ich mich abschließend noch kurz dem Porträt als solchem widmen. Dieses Porträt ist wegen der Popularität des FC Barcelona und der schier unendlichen Fülle an ihr gewidmeten Taktikanalysen etwas weniger komplett, aber dafür in einzelnen Bereichen etwas abstrakter aufgebaut. Die Analyse des 2011er-Teams auf unserer Seite kann deswegen als aufbauende Vorlektüre dienen, um dieses Porträt abzurunden und einen besseren Einblick zu geben; allerdings darf man nicht vergessen, dass dieses zwar die gleiche Philosophie beschreibt, aber nur eine ähnliche Mannschaft.

Zur aktuelleren Vervollständigung des Wissens um diese Mannschaft gibt es einige interessante in-depth-Analysen oder auch allgemeine Artikel, die wir in unserem Guide verlinken werden. Darum soll dieses Porträt nicht als das komplette Paket dienen und angesehen werden, sondern als Teil eines Ganzen.

Zusätzlich wird in den nächsten Tagen oder maximal Wochen ein E-Book erscheinen, welches sich detaillierter mit den hier kurz angerissenen, aber auch anderen Problemen Barcelonas in dieser Saison und der Lösungsfindung derselben beschäftigt. Hoffentlich habe ich dem Leser mit den Artikeln auf dieser Seite nicht den Wind aus den Segeln genommen, das E-Book und den dazugehörigen Artikel zu lesen…

 

Weiterführend gibt es bei uns auch zwei Podcasts zu Barcelonas Entwicklung:

Joseph Brant 14. Dezember 2013 um 21:20

Immer wieder überraschende Antworten. Also was jetzt? Einmal behauptest du dass die Saison 10/11 eine Übersaison war was du auch mir Statistiken versuchst zu unterlegen und jetzt wieder gab es keine herausragende Saison; höchstens mal paar Wochen… Und der Rest war was Mittelmaß oder was?
Leider gehst du auch mit keinem Wort auf meine Kernkritik ein. Man kann mit Statistiken nämlich alles oder gar nichts beweisen, je nach Laune. Was ist mit der Verteilung? Wo sind die Maximalwerte? 70% Durchschnitt alleine sagt nämlich Null aus. Es ist vermutlich klar das weder ein 100% noch ein Null Spiel dabei waren. Ich vermute mal das die Grenzwerte bei 55 im unteren und bei 85 im oberen Bereich liegen. Gegen einen sehr schwachen Gegner wird man vermutlich einen sehr hohen Ballbesitz Wert erzielen ohne viel zu pressen und gegen ein Top Team möglicherweise einen niedrigeren Wert trotz hohem und effektivem Pressingaufwand.

Antworten

MR 14. Dezember 2013 um 21:57

Ich hab bisher gar nix behauptet. RM != MR.

Aber du solltest mal unterscheiden zwischen „Statistik als Beweiß nutzen“ und „Statistik als Indiz zur Untermauerung eines Eindrucks heranziehen“. Ist nämlich gar nicht das gleiche. Und ich hab den Eindruck, du argumentierst hier gegen ersteres, während zweiteres getan wurde. Kann mich irren, hab mir das Zeug nicht alles durchgelesen.

Antworten

Joseph Brant 14. Dezember 2013 um 10:11

Und könnte es nicht so sein, dass möglicherweise, zumindest in der Liga bewusst, das Pressing zurückgenommen wurde um variabler zu spielen? Bei Messi machen +- 10% Leistungsdifferenz nicht wirklich was aus, aber die Achse Xavi – Iniesta hatte in dieser Saison überirdische Leistungen gezeigt, Pique hatte Albiol aus der NM verdrängt; was dann ja auch fast zwingend in dem WM Titel für Spanien gipfelte.

Zumindest bei Martino könnte ich mir solche Überlegungen gut vorstellen, was ja auch das Spiel in der laufenden Saison vermuten läßt. Vilanova hatte auf Grund seiner gesundheitlichen Probleme nicht wirklich viel Einfluß auf das Team gehabt. Was in der Analyse völlig untergeht ist die Tatsache dass ja bereits in der Saison 10/12 die Leistungen stark zurückgingen und das war noch unter Guardiola. Martino hat ja dann wieder ähnliche Werte erzielt wie in der Saison 10/11.

Und noch ein Wort zu der Dominanz wenn der Gegner den Ball hat. Ich habe ja nicht geschrieben dass es nicht möglich ist, sondern das als Maxime auszugeben langfristig eher problematisch ist. Der BVB spielt bzw. spielte ähnlich wie Barca, nur im Angriff variabler, beide haben aber eine fast identische Entwicklung. Die jeweilige Höchstleistung in der spielerischen Entwicklung konnte auf dem Level nur in einer Spielzeit gezeigt werden. Ich bin wahrlich kein Fan von Ballbesitz-Orgien aber langfristig scheint die Bayern Variante weniger anfällig gegen Verschleiß zu sein, und da meine ich jetzt weniger Verletzungen sondern mehr die mentale Problematik.
Ich meine dein Auto wirst du auch nicht andauernd bei Vollast im höchsten Gang fahren.

Antworten

MR 14. Dezember 2013 um 13:27

„Die jeweilige Höchstleistung in der spielerischen Entwicklung konnte auf dem Level nur in einer Spielzeit gezeigt werden.“

Das gilt für jede Mannschaft, wenn man die Leistungsbewertung eng genug steckt. Wenn man nicht in zwei Saisons EXAKT gleich gut spielt (hä?) und das zufällig auch noch grade eben die besten Saisons sind, kommt man da nicht drum rum. Man kann auch sagen „die jeweiligen Höchstleistungen in der spielerischen Entwicklung konnte auf dem Level nur in einem Spiel gezeigt werden“, weil irgendwann muss man halt mal sein bestes Spiel machen.

Ich wüsste auch grad gar nicht, welche Saisons du bei Dortmund und Barcelona meinst, die hatten doch gar keine so eindeutig herausstechenden Spielzeiten. Eher mal Phasen von paar Wochen, wo viel zusammenlief.

Antworten

Joseph Brant 14. Dezember 2013 um 02:51

PS Dubios sind die Punktzahlen keineswegs, sondern soliden Quellen entnommen.
Ich wollte ja auch nicht deiner These bzgl. des schlechtern Pressings widesprechen, das sehe ich ähnlich; sondern der Tatsache dass du dass aus dieser Statistik herausliest.

Klar ist die Schlussfolgerung so nicht ganz von der Hand zu weisen, allerdings würden demnach die Zahlen aus der CL bedeuten, dass dort das Pressing wieder besser war, was es punktuell bestimmt auch war, insgesamt ich jedoch nicht den Eindruck hatte (und ich habe mit Ausnahme der beiden Partien gegen Benfica alle Spiele gesehen). Die Wechselwirkung aus erfolgreichen (gutem) Pressing und Ballbesitz alleine aus dem „höheren“ Ballbesitz-Wert zu schliessen halte ich dann jedoch für nicht korrekt. Begründung: Gutes Pressing ist nötig um stärkere Gegner zu dominieren, Teams die selbst früh angreifen und versuchen Ihr Spiel durchzuziehen. Bei schwächeren Teams gibt es irgendwo in der Ballbesitz-Skala eine Punkt wo die Wertigkeit kippt, ich mein eigenes Spiel behindere; eben weil ich den Platz fürs Kombinieren beschränke, weil ich das gegnerische Team zu weit hinten rein „presse“.

Da fehlt Barca einfach auch ein Plan B. Dass ein Team mit einer so hohen Anzahl an spielintelligenten Typen da so stur und teilweise auch hilflos agiert ist für mich völlig unverständlich. Interessant dürfte zur Untermauerung meiner These sein, dass die Ballbesitzzeiten gegen Glasgow, Benfica und AC Milan bei den gewonnenen Partien allesamt deutlich unter denen lagen bei denen verloren wurde. Glasgow 82/84%, Benfica 65/79% und AC Mailand 67/72%.

Antworten

Joseph Brant 14. Dezember 2013 um 09:22

PS PS Gegen Benfica wurde natürlich nur unentschieden gespielt, nicht verloren.

Antworten

Joseph Brant 14. Dezember 2013 um 01:44

Ich widerspreche deiner Grundmeinung nicht, das ist richtig. Ich beziehe mich dabei aber auf subjektive Eindrücke aus der CL Saison, und du ziehst dafür eine Statistik heran, welche sich auf die Liga bezieht. Wahrscheinlich ist das Umrechnen der 3% auf die Spielzeit nicht ganz korrekt, es gibt jedoch einen ganz guten Eindruck um die doch recht theoretische Größe 3% Ballbesitzdifferenz besser einschätzen zu können.
Ich denke dass alleine ist jedoch kein Beweis für deine These, weil gerade in der CL Spiele dabei waren die nicht gewonnen wurden oder gar verloren, wo die Quote noch weit höher war.
Celtic auswaerts 84%, Benfica auswaerts 79 %, Milan auswaerts 72 %. Die Quote für die Vorrunde beträgt 75,5%, alle CL Spiele 70,58%, also höher als in der Liga, ohne die Bayern Spiele 72,3% also genauso hoch wie in der „Super Saison 10/11.
Auch dein letzter Satz spricht ebenfalls nur bedingt für das 10/11 er Team, da das „schwächere“ Team trotz schlechterer Schussquote 20 Treffer mehr erzielte???
Nur bei den erhaltenen Toren passt es dann wieder, da hat das 12/13 er Team fast doppelt so viele Treffer kassiert.

Die vermeintliche Stärke , der Ballbesitz verbunden mit starkem Pressing ist eigentlich meiner Meinung nach eine Schwäche. Alles was tendenziell über 70% geht wird problematisch, weil vorne nicht wirklich Platz für Kombinationen ist.
Man spielt den Gegner in die Karten, weil man gegen eh schon stark defensiv orientierte Teams, den Raum nur unnötig verengt. Der Gegner kann mit relativ wenig Laufarbeit ein Team in Schach halten dass einen enorm hohen Aufwand betreibt um Chancen heraus zu arbeiten. Das Problem hat aber nicht nur Barca sondern auch andere Teams z.B. der BVB in Gladbach oder bei 1860 im Pokal.
Auch Chelsea und Arsenal hatten schon ähnliche Probleme.
Einzig Bayern ist da nicht so betroffen weil die Ihren Ball mehr in der eigenen Hälfte
zirkulieren lassen und dann bei umschalten auf vertikales Spiel viel mehr Raum haben. Bei Barca kommt dann noch dazu dass sich viel auf Messi focussiert, und so das Spiel noch berechenbarer wird. Unter diesem Aspekt ist die Verpflichtung von Neymar fast ein Quantensprung. Ein Barca ohne Messi gewinnt dadurch deutlich an offensiver Kontur, ein Barca mit Messi wird dadurch noch stärker, weil Neymar dafür sorgt dass sich eben nicht mehr die ganze Aufmerksamkeit auf einen einzelnen Spieler konzentriert.

Antworten

Joseph Brant 13. Dezember 2013 um 01:40

Der Artikel ist zwar an und für sich sehr gut recherchiert, jedoch sind einige Schlussfolgerung doch schon sehr abstrakt und erscheinen fast etwas zu konstruiert um die Kernaussage zu untermauern.

Ich gebe mal folgendes zu bedenken. In der Analyse wird aus statistisch abfallenden Mittelwerten über Ballbesitzzeiten die Schlussfolgerung gezogen, dass Barca eben nicht mehr so gut ist wie unter Guardiola. Ok das deckt sich zunächst mal mit meiner eigenen subjektiven Wahrnehmung, zumindest wenn man das auf die Beobachtungen in der CL reduziert. Ich hab das im Messi Thread schon angedeutet.

Andererseits wurde in der beschriebenen Saison die Liga mit neuem Punkte und Torrekord gewonnen. Das ist ja dann doch schon etwas verwunderlich und passt irgendwie nicht ganz zur Kernaussage des Threads.

Etwas schmunzeln musste ich dann aber über die Ausführungen und Interpretation der reinen Ballbesitzwerte. Die Differenz zwischen 69,3 und 72,6 % ergibt auf die Bruttospielzeit der Saison umgerechnet einen Wert von genau 112,5 Minuten. Das ist etwas mehr als ein Liga Spiel. Einer Mannschaft die im Vergleich zweier Spielzeiten ein Spiel weniger Ballbesitz hat, das dann noch nicht mal verliert; ansonsten aber den Titel mit höherer Punkt und Torausbeute gewinnt; zu attestieren sie sei deutlich schlechter fällt schon fast in den Bereich Satire.

Ich bin übrigens nicht der Meinung dass überdurchschnittlich hoher Ballbesitz zwingend immer zum Gewinn von Spielen führt. Und der Anspruch einen Gegner zu dominieren auch wenn dieser selbst in Ballbesitz ist erscheint doch etwas utopisch, wenn nicht sogar wirklichkeitsfremd.
Es ist doch eher so, dass Barca in der Liga vermutlich ein verbessertes Vertikalspiel gezeigt hat, dadurch häufiger in Schusspositionen gekommen ist und deshalb auch mehr Tore erzielt hat. Außerdem glaube ich dass immer mehr Gegner versuchen Barca mit spielerisch-taktischen Mitteln beizukommen. Das erfordert natürlich mittelfristig auch eine Reaktion und gegebenenfalls ein verändertes taktisches Verhalten. Sowohl Vilanova als auch Martino versuchten; letzterer notgedrungen, Barca etwas von der Messi- Lastigkeit zu befreien, und dadurch der Mannschaft etwas mehr Unberechenbarkeit zu geben. Ich bin übrigens nicht der Meinung dass sich das Barca unter Guardiola durch überdurchschnittliches Gegenpressing auszeichnete. Sicherlich ist das ein Stilmittel welches das Team im Repertoir und partiell auch angewendet hat, aber bei Ballbesitzquoten von annähernd 70% wird man dazu vermutlich kaum vermehrt kommen. Vergleich dazu auch Dortmund in der aktuellen Saison. Gefühlt ist bei der Borussia der Ballbesitz aktuell deutlich höher als je zuvor, das Vertikalspiel und die Torausbeute sind aber tendenziell schlechter.

Antworten

RM 13. Dezember 2013 um 09:20

Du widersprichst meinem Artikel ohne ihm wirklich zu widersprechen. Ich sage doch, dass Barcelona vertikal durchschlagskräftiger wurde. Und die spanische Liga mit 100 Punkten zu gewinnen, dafür in der CL Probleme zu haben, passt doch auch nicht zusammen.

„Ich bin übrigens nicht der Meinung dass überdurchschnittlich hoher Ballbesitz zwingend immer zum Gewinn von Spielen führt.“
Wem legst du das eigentlich in dem Mund? Mir? Dir selbst?

„Und der Anspruch einen Gegner zu dominieren auch wenn dieser selbst in Ballbesitz ist erscheint doch etwas utopisch, wenn nicht sogar wirklichkeitsfremd.“
Ich empfehle BVB-Spiele in Bestform, Bayern unter Heynckes in Topform, Barcelona-Spiele in Bestform oder auch einzelne Chelsea- und Inter-Spiele unter Mourinho. Natürlich kann man das.

„Ich bin übrigens nicht der Meinung dass sich das Barca unter Guardiola durch überdurchschnittliches Gegenpressing auszeichnete. Sicherlich ist das ein Stilmittel welches das Team im Repertoir und partiell auch angewendet hat, aber bei Ballbesitzquoten von annähernd 70% wird man dazu vermutlich kaum vermehrt kommen.“
Vielleicht musste man es einfach nicht oft machen, weil man es, wenn man es machte, sofort und konstant tat und dadurch auch ein bisschen höheren Ballbesitz hatte. Zumindest sehr viele Trainerkollegen und auch Guardiola selbst haben das Pressing und auch Gegenpressing sehr gelobt immer.

„Etwas schmunzeln musste ich dann aber über die Ausführungen und Interpretation der reinen Ballbesitzwerte. Die Differenz zwischen 69,3 und 72,6 % ergibt auf die Bruttospielzeit der Saison umgerechnet einen Wert von genau 112,5 Minuten. Das ist etwas mehr als ein Liga Spiel. Einer Mannschaft die im Vergleich zweier Spielzeiten ein Spiel weniger Ballbesitz hat, das dann noch nicht mal verliert; ansonsten aber den Titel mit höherer Punkt und Torausbeute gewinnt; zu attestieren sie sei deutlich schlechter fällt schon fast in den Bereich Satire.“
a) Seit wann dauert ein Spiel 112,5 Minuten?
b) Hatte Barcelona etwa in einem Spiel 0% Ballbesitz?
c) Ist es nicht eher so, dass sie im Schnitt 3% weniger Ballbesitz pro Spiel hatten? Und das womöglich auf etwas hindeutet? Zum Beispiel, ich weiß nicht, schlechteres Pressing?
d) Das angesprochene historische Barcelona war zu Beginn der Saison nicht so stabil (Villa spielte zu Beginn noch als Neuzugang MS) und schonte zu Ende die Spieler. Barcelona 12/13 gewann die letzten 5 Spiele, Barcelona 10/11 ließ dort 7 Punkte liegen, eben unter Berücksichtigung der CL. Mit den 7 Punkten wären es theoretisch 103 Punkte gewesen. Ein Unentschieden geschah auch am 32. Spieltag (bei bereits acht Punkten Vorsprung auf Real). Beim 0:0 gegen Depor spielten z.B. meiner Erinnerung nach Jeffren, Bojan und Affelay (falsche Neun) vorne, Jonathan, Fontas, Bartra hinten und Keita mit Mascherano und dem jungen Thiago zentral. Teilweise haben sich aber sogar diese Spieler und auch die Stammspieler in den Einsätzen davor sehr geschont. Ich finde es sehr polemisch aus irgendwelchen dubiosen Punktzahl ohne Kontextberücksichtigung Kritik ausüben zu wollen.

Das 10/11er-Team hatte übrigens im Schnitt 3 Schüsse mehr pro Spiel und ließen fast 2 gegnerische weniger pro Spiel zu.

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sb 19. April 2013 um 12:40

@RM:

Dann mach doch ein kollektives Datensammeln daraus. Es gibt bestimmt genügend Leute hier, die Dich/Euch da unterstützen würden. Geht ja heute alles mit google-docs oder mit einer Datei bei dropbox.
Du müsstest halt nur genau sagen, was Du willst…

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BSG 19. April 2013 um 13:31

Das klingt super! ein Template erstellen und eine Anleitung und los geht das Befüllen der Türchen.
Denn an anderer Stelle haben doch auch schon Menschen ihre ausführlichen Excel-Tabellen gepostet.
Gerne.

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RM 19. April 2013 um 13:40

Das wäre eine Möglichkeit um es umzusetzen, wobei schwierig zu sagen ist, welche Daten man so braucht und zu welchen Teams/Spielern.

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TW 18. April 2013 um 22:14

Den Kommentar gab es schon mal, aber gern wieder ;-): Wenn Du zwei relative Kennzahlen wie Ballbesitz und angekommene Pässe multiplizierst, dann solltest Du die Quadratwurzel (bzw. bei n Faktoren die n-te Wurzel) angeben. So bist Du in der selben Skala. In Deinem Beispiel wäre die Quadratwurzel für 2012/2013 0.788, was dann auch zwischen einem Ballbesitz von 0.693 und einer Passquote von 0.896 liegt. Trotzdem ein Lob für die Verwendung des Produkts anstatt des Mittelwertes!

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BSG 18. April 2013 um 23:34

Vielen Dank für diese knackig-prägnante Charakterisierung! Das ist soo gut.
Meinem Vorschreiber möchte ich mich anschließen und anmerken, dass wenn ihr Mittelwerte vergleicht immer bedenken solltet, dass die allein erstmal nicht soviel aussagen, sondern die Varianz bzw. Standardabweichung erst die Geschichte erzählt.
Weiterhin ist mir aufgefallen und es wurde glaube ich auch so schon einmal angemerkt, dass die Statistiken bisweilen etwas „beliebig“ bzw. post-hoc erscheinen, sodass es wirken kann, als wären die Zahlen zur Beobachtung dazugesucht worden. Mit a priori-Hypothesen bzw. allgemeinen Leitlinien zur Aussagekraft bestimmter Kennwerte über eine Eigenschaft wäre das noch stichfester.

Ich möchte dies bitte nicht als Rumnörgeln oder „akademischen“ Klugschiss verstanden wissen, aber es würde diese überragende Seite auch in diesem Bereich vollenden.
Nochmals: Danke!

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RM 18. April 2013 um 23:54

Varianz / Standardabweichung bei drei (sehr ähnlichen) Werten?

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BSG 19. April 2013 um 00:10

ja, gerade dann! Um zu zeigen, dass der Unterschied entweder bedeutsam oder eben gerade nicht ist. Wenn du 99,1; 99,4 und 99,8 hast ist es doch interessant zu wissen, ob diese Werte zufällig auseinander liegen (das wäre wahrscheinlich der Fall, wenn die Werte innerhalb einer SE liegen würden, z.b. SE = 1,8) oder ob „etwas dahintersteckt“ (das wäre wahrscheinlich der Fall, wenn die Werte mehr als SE auseinander liegen würden, z.b. SE= 0,01).
Überspitzte Beispiele, aber die SE gibt ja an, wie die Messwerte um den Mittelwert streuen. Sodass es bei einer Normalverteilung so ist, dass 99,7% der Werte innerhalb von drei SEs liegen. Die Wahrscheinlichkeit zufällig einen Wert außerhalb davon zu beobachten ist also sehr gering und kann ein Hinweis auf signifikante Unterschiede der Verteilungen sein.
Denn in meinem Beispiel weiß mensch ohne die SE überhaupt nicht ob die Verteilungen ähnlich oder sehr unterschiedlich sind.
Ich bin nicht der Statistik-Crack und hoffe wir können das mit den anderen (Statistikcrack-)Kommentatoren vielleicht noch klarer rausarbeiten, was ich meine.

PS: Crack rauchen bringt nur kurzes Vergnügen! Finger weg!

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RM 19. April 2013 um 00:14

Verstehe ich das jetzt falsch oder bräuchte ich dafür nicht sämtliche Passerfolgsraten und Ballbesitzzahlen der jeweiligen Saisons, damit das Sinn ergibt?

Antworten

Peda 19. April 2013 um 09:26

Standardabweichung wovon, aller einzelnen Spiele vom Mittelwert der jeweiligen Saison?

Puh, klingt nach viel Aufwand!

Das, der Dominanzwert mit Standardabweichung als Fehlerindikator, würde aber trotzdem eine schöne Kennzahl für einen Verein ergeben. Neben der generellen Spielausrichtung ließe sich über die Breite des Fehlerindikators auch noch erahnen, ob die Spielweise auch wirklich konstant angewandt wird (ob gewollt oder ungewollt ist dann wieder eine andere Frage).

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BSG 19. April 2013 um 11:10

ja um die SEs für die Mittelwerte zu bekommen bräuchte mensch die einzelnen Datenpunkte, das wäre wahrscheinlich eine Hiwi-Arbeit (und ich weiß nicht mal ob es die gibt).
Versteh mich nicht falsch, das soll kein Wunschkonzert werden ala „mach mir mal das und das noch schöner“ und „dies passt meiner Nase nicht“.
Nur präziser und doch auch aussagekräftiger ist es, wenn die Statistik sauber ist. So dass im Zweifel gesagt werden kann, ob sich die Passerfolgsquoten zufällig oder bedeutungsvoll unterscheiden.
Sonst sagen einem drei Mittelwerte nämlich nichts.
Ich hoffe, dass vielleicht der Goal-Impact-Mensch oder all die anderen Berufs-Statistiker, die sich hier an anderer Stelle schon zu Wort meldeten sich da evtl einbringen können.

Auf die Gefahr einer Wiederholung: Seit sv.de verkrampfe ich jedesmal bei Fernsehübertragungen -> keine Ahnung wo der Pass hingeht, keine Ahnung, wo dieser Spieler jetzt herkam, keine Ahnung, ob Boateng einfach ideenlos war oder abgeschnitten wurde…
Top Zeug! Danke.

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RM 19. April 2013 um 11:22

Ja, eben. In diesem Fall sind das fertige Werte von Whoscored. Für eine Grafik und die Statistiken brauche ich circa 10-15 Minuten. Würde ich mir die „besseren“ Ballbesitzwerte (mit Varianz, etc.) holen und die auf SPSS übertragen, müsste ich jedes einzelne Barcelona-Spiel bei Whoscored öffnen, die Statistik raussuchen, übertragen und dann zum nächsten Barcelona-Spiel. Das wären also über 30 Spiele – und das müsste ich bei drei Saisons machen. Bis ich das mache, habe ich eine gesamte Analyse fertig. Allerdings wäre es eine Idee für einen reinen Statistikartikel.

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GoalImpact 19. April 2013 um 17:48

Es würde vielleicht erstmal ausreichen dies einmal exemplarisch zu tun, um ein Gefühl für die Signifikanz zu bekommen.

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GoalImpact 19. April 2013 um 16:55

Das finde ich auch leichter zu interpretieren. Das geometrische Mittel liegt näher am kleineren der Werte. Man muss daher in beidem gut sein um zu dominieren.

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TW 21. April 2013 um 13:07

Eine effiziente Methode, an die Daten zu kommen, wäre es wahrscheinlich, ein Skript zu programmieren, welches sich alle Spiele eines Vereins raussucht und die Daten automatisch in einer Datei ablegt. Ich weiß leider nicht wie systematisch die Daten bei whoscored abgelegt werden. Wenn da eine klare Pfad/Ordner-Struktur eingesetzt wird, dann ist es wohl möglich. Ich selbst kann so etwas leider nicht, aber ich habe ein paar Kollegen, die Skripte nutzen, um bestimmte Anfragen oder Downloads zu automatisieren. Vielleicht gibt es hier in der Community ja auch Welche ?!?

Eine viel schwierigere Frage ist es, wie die Daten statistisch sauber zu analysieren sind. Natürlich ist die Betrachtung von Standardabweichungen und Konfidenzintervallen schon einmal ein Fortschritt. Sie setzt jedoch Annahmen über die Verteilung der modellierten Größe vorraus.

Ballbesitz z.B. ist diskret zweiwertig, entweder die Mannschaft hat den Ball oder nicht. Einfach gedacht ist also eine Binomialverteilung angebracht (die einzelnen Verteilungen und Begriffe bitte bei Wikipedia oder Google nachsehen). Nehmen wir jeden Zeitpunkt als mögliches Zufallsexperiment, dann ist N sehr groß und somit der Ballbesitzanteil nach dem zentralen Grenzwertsatz normalverteilt. Es könnte also theoretisch alles ganz einfach sein. Mittelwerte und Standardabweichungen sind perfekte Kennzahlen und klassische Konfidenzintervalle gelten.

So einfach so falsch. Die einzelnen Experimente sind natürlich nicht unabhängig. Hat Mannschaft A zu Zeitpunkt t den Ball, so ist es deutlich wahrscheinlicher, dass sie ihn auch zu Zeitpunkt t+1 hat. Umgekehrt bei Ballbesitz des Gegners. Es ist also eher die Wahrscheinlichkeit des Ballverlustes bzw. Ballgewinnes zu bewerten. Hierfür ist die Wahrscheinlichkeit über alle mögliche Zeitpunkte sehr gering. Es wäre also eine Poisson-Verteilung angebracht. Diese passt jedoch nur gut für ein Spiel und eine feste Ausrichtung beider Mannschaften [1].

Ich könnte ewig weitermachen, aber damit sprenge ich wohl Kapizität eines Kommentars. Wahrscheinlich sind die einfachen Kennwerte schon okay. Sie werden ja fachkundig mit Hintergrundwissen diskutiert. Wenn jemand ein Skript zum Auslesen zur Verfügung stellen kann, wären Boxplots der einzelnen Kennwerte über eine Saison gegenüber Balkendiagrammen der Mittelwerte vorzuziehen. Diese sind nämlich nichtparametrisch, d.h., sie setzen keine Verteilung voraus. Eine saubere Statistik ist – wie oben beschrieben – eine Jahrhundertaufgabe.

Wer an Statistik zum Fußball interessiert ist, hier sind ein paar Quellen:
[1] http://www.physik.uni-leipzig.de/~janke/CompPhys06/Folien/Nussbaumer.pdf
[2] http://www.salford.ac.uk/business-school/research/?a=226931
[3] http://www.salford.ac.uk/business-school/research/?a=226929

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datschge 18. April 2013 um 21:38

Folgendes ist für mich der Kernpunkt:

„Die Einstellung auf den Gegner ist unpassender, was zu optisch „schwächerem“ und weniger bissigem Pressing führt; oftmals ist es einfach eine größere Distanz, welche dafür sorgt, dass man nicht ins Pressing übergeht oder keinen Zugriff erhält.“

Eine perfekte mannschaftsdienliche Einstellung auf den Gegner ist unabdingbar, um die Leistungsfähigkeit der eigenen Mannschaft auf hohem Niveau zu nivellieren. Geht das Pressing ins Leere und fehlt der Zugriff, werden die individuellen Fähigkeiten umso wichtiger, um das auszugleichen. Barca ist momentan im fortgeschrittenen Stadium dieses Heroenfußball, die hohe Abhängigkeit von bestimmten Spielern ist ein Symptom davon, der Anschein eines dünnen Kaders die daraus folgende notwendige Konsequenz. Die Entwicklung dahin hat schon in der letzten Saison unter Guardiola abgezeichnet, die Anpassungen an den Gegner waren Weltklasse, aber der notwendige gegenseitige Zusammenhalt, um die Systeme zum funktionieren zu bringen, fehlte mehr und mehr. Guardiola hat es trotzdem immer wieder versucht, anstatt sich wie Vilanova konsequent auf Heroenfußball als Ausgangsbasis zu setzen. Der Mangel der Erfolge dieser Versuche sehe ich (neben beständiger Probleme mit der Vereinsleitung) als Hauptgrund, warum Guardiola mehr und mehr ausgebrannt wirkte und den Abgang machte.

Barca ist ohne Frage weiterhin ein Topteam. Die taktische Vorbildrolle habe sie in meinen Augen aber komplett verloren. Generell ist für mich diese Saison von taktischen Stagnation, wenn nicht großen Rückschritten gezeichnet, in vielen Vereinen hat die primäre Betonung der individuellen Stärken wieder bedenklich zugenommen. Ich finde es extrem schade zu sehen, was für eine Ausnahme Guardiolas Ansätze gerade auf höchstem Niveau weiterhin darstellte. Auf eine bessere nächste Saison, wenn er wieder zurück ist.

Antworten

air force 1 19. April 2013 um 01:15

Pep erhielt am 21.4.2012 und 24.4.2012 den Doppelschlag, der ihn zum Rücktritt „getrieben“ hat. Hierbei ist der verlorene Clasico von entscheidender Bedeutung. Es ist dieses mit 1:2 verlorene Spiel gegen Real im Camp Nou welches Barca und Pep den Knacks gegeben hat- bis heute haben sie sich davon nicht vollständig erholt.

Spielverlagerung hat zum Spiel am 21.4.2012 gegen Real ein tolles Spezial produziert:
https://spielverlagerung.de/2012/04/22/fc-barcelona-real-madrid-12-tiefenanalyse/

Real und Barca sind in der CL 2012 unter anderem daran gescheitert dass die Speicher nach dem hoch intensiven Clasico noch nicht wieder aufgeladen waren.
Gerade mal 3 Tage lagen zwischen dem Clasico und dem Spiel Barca- Chelsea. Bei Barca kam zudem noch die psychische Komponente der Niederlage gegen Real hinzu. Damit waren innerhalb von drei Tagen Meisterschaft und CL Titel „verspielt“. Und dann ging auch noch Pep…

Real hatte immerhin einen Tag mehr Pause aber dass sie gegen die Bayern in Hz2 nichts mehr zuzusetzen hatten, haben wohl alle gesehen- damit soll die hervorragende Leistung der Bayern nicht geschmälert werden.

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datschge 19. April 2013 um 10:32

Das ist ja praktisch am Ende der Saison. Die zwei Spiele habe auch jedem die letzte Illusion geraubt, dass Barca zumindest noch Trosttitel holen könnte. Das die Saison insgesamt suboptimal läuft, bzw. das Guardiola ausgebrannt wirkte, kam schon viel viel früher.

Antworten

air force 1 19. April 2013 um 11:32

@Datschge

Nein, es war am HÖHEPUNKT der Saison. Mou hatte Real perfekt eingestellt. Guard war am Höhepunkt seiner Leistungsfähigkeit. Sein Team hat auch sehr intensiv gepresst und war dabei exakt eingestellt.

Es ist vielmehr der Punkt, dass es wohl kaum ein Team weltweit gibt welches spieltaktisch so klar analysiert wurde ( und wird ) wie Barca. Ergo hat der Gegner sehr gutes Anschauungsmaterial und kann eben gut eingestellt werden.

Um diesem Faktum entgegenzuwirken MUSS sich Barca permanent weiterentwickeln und neue Lösungen finden. Und dies konnte Pep irgendwann nicht mehr alleine bewältigen.

Tito hat die Mannschaft in dieser Saison nicht weiterentwickeln können- wodurch sie noch berechenbarer ist.
Deshalb haben die Bayern in ihrer momentanen Verfassung auch sehr gute Chancen gegen Barca.
Hier trifft ein sich permanent weiterentwickelndes Team ( Bayern ) auf einen Gegner der seit über einem Jahr Stillstand hat- auf allerhöchstem Niveau allerdings.

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datschge 19. April 2013 um 11:40

Das mag ein singulärer Höhepunkt gewesen sein, die Entwicklung war da aber schon im Endstadium. Im letzten Monat einer Saison gibt es keine welt(bild)bewegende Änderungen mehr, da wird geerntet, was in den Monaten zuvor gesät wurde.

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Tank 19. April 2013 um 13:27

@ air force 1:

Kann es sein, dass du Peps persönlicher Berater und Freund Manuel Estiarte bist?

Wärest du es nicht, wüsste ich nicht woher du weißt, wann und vor allem warum Pep genau ausgebrannt war.

Antworten

air force 1 19. April 2013 um 18:12

@Datschge

Sorry, muss widersprechen.

Die perfekte Saisonplanung sorgt dafür dass das Team möglichst die gesamte Saison über ein hohes Leistungsniveau abrufen kann.

Speziell in den Monaten April und Mai sollte dann jedoch „Peak Season“ sein, da zu diesem Zeitpunkt der CL Titel entschieden wird.

Das gezielte Hinarbeiten auf einen Saisonhöhepunkt lässt sich in dieser Saison speziell bei Real Madrid und Bayern München erkennen- weshalb diese beiden Teams im HF der CL auch nur sehr schwer zu knacken sind.

Viele Spieler des BVB scheinen ausgebrannt, da sie kaum Alternativen für die Bank haben und in aller Regel mit ihrer Top 11 antreten müssen um kompetitive zu sein.

Bei Barca ist die Verletzungsanfälligkeit sehr offensichtlich- selbst Messi hat es erwischt. Puyol, Xavi, Mascherano, Messi, Villa, Abidal, Tito, sie alle hatten im Verlaufe der Saison mit teils schweren Verletzungen zu kämpfen.

Sorry, das Timing stimmt beim BVB und Barca in dieser Saison nicht. Sie befinden sich im entscheidenden Moment der CL Saison nicht auf maximaler Leistungsfähigkeit.

Antworten

AP 19. April 2013 um 18:35

Man Airforce, du spekulierst. Ich hoffe die Teams können dich widerlegen. Sprich Barca gg BVB im Finale.

Ich muss ja auch die Saison über in Topform sein, sonst komme ich garnicht in das CL HF, um zu „peaken“.

Antworten

GoalImpact 19. April 2013 um 19:15

Ob Real wirklich gerade ‚peaked‘ scheint mir nicht so sicher. Die Formkurve zeigt eher nach unten. Anders beim BVB, wo fast alle Spieler am persönlichen Maximum scheinen. Das werden sie gegen Real auch brauchen, um zu bestehen. Siehe

http://www.goalimpact.com/2013/04/borussia-dortmund-vs-real-madrid.html

Antworten

GoalImpact 19. April 2013 um 19:26

Auf der anderen Seite sind das natürlich Jahrestrends in meinem Artikel. Der Mikrotrend kann anders sein.

Antworten

air force 1 20. April 2013 um 23:01

Einige scheinen an Realitätsverlust zu leiden. Spekulation? Real auf dem absteigenden Ast? Hier die Fakten damit das Träumen aufhört.

Warum „peaked“ Real gerade?
In 2013 haben sie 13 Siege 2 Unentschieden und eine Niederlage in der Liga stehen.

Zudem haben sie Barca in der Copa del Rey rausgeworfen sowie Man United in der Cl ausgeschaltet.
Zwei absolute Topteams im Knock-out besiegt, die viele hier zu den Top 5 der Welt zählen.

Zudem ist Fakt dass praktisch der gesamte Kader bei Real topfit zur Verfügung steht ( Ausnahme eventuell Marcelo ). Dies war in dieser Saison nicht immer so.
Wenn man sich die Einsatzzeiten der Topspieler ansieht so ist klar ersichtlich dass immer wieder rotiert wurde. Somit geht Real in absoluter Topverfassung in die Spiele gegen den BVB.

Das aktuell einzige Problem bei Real ist wohl die ständige Auseinandersetzung zwischen Mourinho und der Gruppe um Casillas / Ramos. Dies könnte die Leistung des Teams in den anstehenden CL Begegnungen beeinflussen.

Warum „peaked“ Barca gerade nicht.
In 2013 hat Barca 11 Siege 2 Niederlagen und 2 Unentschieden in der Liga stehen.
Sie sind in der Copa del Rey wie gesagt an Real gescheitert. Im Rückspiel im Camp Nou stand es nach 88 Minuten 3:0 für Real- welch eine Demütigung für das angeblich beste Team der Welt.

Zudem stand Barca gegen den AC Milan bereits vor dem Ausscheiden in der CL. Macht Niang die Riesenchance zum 1:1 rein und eben nicht an den Außenpfosten dann wäre möglicherweise bereits dort „Ende Gelände“ für Barca gewesen.

Auch im VF der CL stand Barca abermals vor dem Aus gegen PSG.
Von den letzten 4 Spielen in der CL hat Barca ein einziges gewonnen.
Wird der angeschlagene Messi nicht gegen PSG eingewechselt, ist fraglich ob sich Barca überhaupt für das HF der CL qualifiziert hätte.

Auf das extrem mühsame 1:0 heute gegen Levante heute sei hier nicht weiter eingegangen. Aber Dominanz sieht wirklich anders aus.

Barca hat zuletzt in der Saison 2010 / 2011 „gepeaked“ und diesen Level bis heute nicht mehr erreichen können.
Das Barca von 2013 ist verwundbar.

Können die Bayern ihre Dominanz auch gegen Barca fortsetzen?

Denke Real wird vom Spieltaktischen gesehen eine weitaus größere Herausforderung für die Münchener- wenn es denn zu dieser Begegnung in Wembley kommen sollte.

Schuster und Stielike sehen auch Bayern und Real im Finale.

Antworten

datschge 20. April 2013 um 23:16

Da sind ziemlich viele Piekser in der Theorie.

Antworten

GoalImpact 21. April 2013 um 08:52

@airforce1
Bei Barca sehe ich das auch so, bei Real bin ich nicht so überzeugt. Nur auf die Anzahl der Siege zu schauen kann leicht in die Irre führen.

Antworten

AP 19. April 2013 um 12:26

@Datschge

Einfach stark, wie du das schreibst. Hat Xavi nicht mal in einem Interview genau diese Thematik betont.
Er hat von Pep`s Gegneranalyse geschwärmt und sowas gesagt wie „wir wussten vor dem Spiel immer, wo sich welche Räume auftun, wo und wann wir, wie pressen müssen…“ usw.

Oder auch der Satz „bewusst den Ball in gewissen Zonen verlieren, um über Gegenpressing gefährlich zu werden“, verdeutlicht die Spielidee Pep`s mMn auch ein wenig.

Antworten

datschge 19. April 2013 um 16:35

Ja, dahingehend hat sich Xavi auch in der SZ geäußert (google hat’s). Aber ich denke, man tut Guardiola etwas Unrecht, wenn man ihn auf die Gegneranalyse, Taktik o. Ä. reduziert (er wurde ja auch für Ernährungstipps gelobt). Seine besondere Stärke ist es mMn, ganzheitlich alle möglichen Bereiche gewinnbringend zusammenzuführen. D.h. für mich, dass die Aufgaben wie Spieleranalyse, Gegneranalyse, Fitness, Ernährung, taktische Ausbildung, mentales Training, Aufbau von intuitiven Abläufen usw. usf. nicht nur alle ernst genommen werden (was ja leider schon selten genug ist), sondern der Trainer als Mittler auch in der Lage ist, alles in einem Zusammenhang zu stellen und je nach Situation an den richtigen Stellschrauben zu drehen, wodurch die Abhängigkeit von Einzelaspekten entscheidend verringert werden kann. Und genau diese auf hohem Niveau umfassend praktizierten Ganzheitlichkeit sehe ich bisher als Guardiolas Alleinstellungsmerkmal. Mehr davon würde dem Fußball definitiv unheimlich gut tun.

Antworten

air force 1 19. April 2013 um 18:21

@Datschge

Dein Beitrag ist hervorragend. Genau dieser ganzheitliche Aspekt den Guardiola mit seiner Form des Coachings umgesetzt hat ist so besonders wertvoll.

Hatte diesen Link schon mal angegeben. Im Marca Bericht wird der Verweis zu Pep hergestellt der wohl Messi mit Lifestyle Anweisungen und Kräftigungsübungen vor Verletzungen ( soweit wie möglich ) in Schutz nehmen wollte.

http://www.marca.com/2013/04/04/en/football/barcelona/1365111928.html

Antworten

RM 19. April 2013 um 19:43

Soweit ich weiß, war es der Vorstand im Sommer 2008, der übrigens zeitgleich über Pep als Trainer entschied, der Messi einen eigenen Fitnesstrainer und Ernährungsexperten zuwies (nämlich Juanjo Brau).

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AP 19. April 2013 um 20:13

@Datschge. Danke

Antworten

Strafraumautist 21. April 2013 um 00:22

@ Heroenfußball
und
Die taktische Vorbildrolle habe sie in meinen Augen aber komplett verloren. Generell ist für mich diese Saison von taktischen Stagnation, wenn nicht großen Rückschritten gezeichnet, in vielen Vereinen hat die primäre Betonung der individuellen Stärken wieder bedenklich zugenommen. Ich finde es extrem schade zu sehen, was für eine Ausnahme Guardiolas Ansätze gerade auf höchstem Niveau weiterhin darstellte.

Ich denke, dass es schwierig ist, mit Spielern, die ihr ganzes leben versuchten, Heroen zu werden, auf Spielsysteme zu setzen, die auf Kollektivität bauen. Schließlich haben diese Spieler ihr ganzes Leben an ihren individuellen Stärken gearbeitet, ihnen beizubringen, ihre Stärken der Stärke des Teams unterzuordnen, braucht Mut und Zeit. Wenn dann der Ansatz auch noch Ballbesitz lautet, braucht man Technisch begnadete Spieler, die Willens sind ihre Stärken subtil Einzusätzen, anstatt für die Zeitlupe zu spielen. Es gibt wohl wenige Trainer, die sowohl das Taktische als auch das Didaktische Know-How haben, ihre Spieler Fähig zu machen, so zu spielen.

Antworten

datschge 21. April 2013 um 01:07

Fußball ist ja immer noch ein Mannschaftssport, und brasilianische Verhältnisse haben wir zum Glück größteils nur in Brasilien. 😉

Davon abgesehen bin ich davon überzeugt, dass auch der größte Egoist uneigennützige Handlungen tätigt, wenn er merkt/aufgezeigt bekommt, dass er auch selber großer Nutznieser davon sein wird. Solche Entwicklungen sieht man immer wieder.

Antworten

GH 18. April 2013 um 19:48

Gründet das Pressingproblem nicht auch in der häufigen Aufstellung von Iniesta und Fabregas?

man hatte dadurch nämlich auch keine Breite im 4-3-3 Pressing, da ja Iniesta oft eingerückt ist.

hat Fabregas überhaupt Platz in bei Barcelona ?
ich denke nicht, denn man hat bisher immernoch
einen Platz für ihn gefunden .

Antworten

VS 19. April 2013 um 09:57

Nein das Pressing ist unabhängig von der Aufstellung Iniestas und Fabregas‘ schwächer geworden.
Fabregas hat in seinen ersten Spielen letztes Jahr seine besten Spiele gezeigt. Dort hat er in einem 3-4-3 mit Raute die falsche Zehn gespielt. Genauer steht es in der In-Depth-Analyse, welche im oberen Teil verlinkt wurde. Auf dieser Position hatte er nämlich die Möglichkeit in die Spitze zu stoßen, Lochpässe zu spielen und im Kombinationsspiel mit zu wirken.

Antworten

air force 1 18. April 2013 um 19:45

Erst einmal einen ganz herzlichen Dank an den Verfasser RM. Man merkt dass Du Dich sehr intensiv mit Barca beschäftigst.
E-Book ist natürlich gerne gesehen- bitte keine Ken Follett Umfänge.

RM schreibt:
„Die Abhängigkeit von Lionel Messi hat sich in den vergangenen Jahren immer stärker gesteigert. Diese Saison ist sie so groß, dass sie fast zum Problem wird. Gegen Paris St. Germain wirkte Barcelona ohne Messi denkbar harm- und ideenlos, einzig Iniesta schien offensiv noch Kreativität zu versprühen. Messis Rolle als tiefe spielmachende Neun ist aber im Normalfall eine positive für den FC Barcelona: Sie können Messis Genialität und spielerische Komplettheit maximal nutzen. Er kann sich seine Position situativ und frei aussuchen, wodurch er nicht nur auf einen Faktor begrenzt wird“.

Das Wort dafür ist „Messidependence“ und Iniesta persönlich hat es bestätigt.

Real u.a. hat eine Antwort gefunden. In den letzten drei Clasicos ( 2x Copa + 1x Liga ) gab es „Messi in the cage“. Hierbei wurde Messi nicht einfach in enge Manndeckung genommen ( dies reicht in aller Regel nicht aus ) sondern ein System installiert wobei Messi bei Ballbesitz sogleich von möglichst 3 Spielern regelrecht eingekesselt wird. Auf diese Weise werden die direkten Laufwege von Messi geschlossen und zudem wird er noch von hinten attackiert.

Dieses System wurde auch von Allegri bei AC Milans 2:0 gegen Barca angewendet.

Bei Real liegt ein weiterer Focus darauf den zentralen Asssistgeber Namens Iniesta bei jeder Ballannahme maximal zu stören. Auf diese Weise wird die Hauptverbindungsstelle zu Messi zumindest deutlich in ihrer Funktion eingeschränkt.

Letztendlich ist es reine Mathematik: Messi erhält weniger Raum und weniger verwertbare Pässe.

Die von RM dargestellte Graphik ( „Dadurch entsteht im Spielaufbau diese asymmetrische Raute im Mittelfeld“.) mit der Raute von Busquets+Xavi+Iniesta+Messi kommt also gar nicht so recht in Bewegung. Sie wird möglichst weit nach hinten gedrückt- ist somit viel zu weit von der eigentlichen Gefahrenzone entfernt.

Real bedient sich gegen Barca meist zweier Viererketten die etwa einen Abstand von 20-25 m voneinander halten. Vorne verbleiben in aller Regel nur Ronaldo und Benz ( Higuain ). Di Maria und Özil fügen sich in die erste Viererkette mit ein.
Und dann kommt bei Ballbesitz die schnelle Umschalttaktik von Real zum tragen. Hierbei ist die Kette Alonso- Özil / Di Maria sowie das Zurückfallen sofort bei Ballbesitz von Benz / Higuain entscheidend. Über die schnellen Außen CR7 und Di Maria entstehen so die Gefahrensituationen+ Tore.

Zu der RM Graphik „Interceptions + Tackles“. Denke genau diese Darstellung unterstreicht dass Barca das aggressive Pressing sehr vernachlässigt hat. Und ergo verringert sich auch die Ballbesitzquote. Und ergo verringert sich der Druck auf den Gegner.
Dies auf „psychologische Ursachen“ zurückzuführen ist ein wenig wohlwollend. Barca ist schlicht und einfach nicht mehr durchgehend in der Lage diesen enormen Druck auf ihre Gegner auszuüben. Vor allem eine Frage der Kondition und weniger der Psyche. Um dieses intensive Pressing / Gegenpressing zu leisten müssen die daran beteiligten Spieler in ÜBERRAGENDER konditioneller Verfassung sein.

Es gibt jedoch einen vorrangigen Schwachpunkt in der Raute ( Busquets + Xavi + Iniesta + Messi ) und der heißt Xavi. Mit seinen 33 Jahren ist er eben nicht mehr in der Lage dieses Superpower Pressing durchgehend zu spielen- er braucht seine Pausen. Genau dann kann der Gegner zuschlagen. Hoffe die Bayern nutzen dies entsprechend aus. Möglicherweise wird Xavi in einem aber sicher nicht in beiden Spielen gegen die Bayern stark auftreten.
Thiago Alcantara ist physisch stärker hat aber nicht annähernd die Spielübersicht und Spielmacherqualitäten sowie das „blindes Verständnis“ von Xavi.

Barca befindet sich also mitten in einem WANDLUNGSPROZESS was auch speziell die IV zeigt. Pique hat eben noch keinen neuen Puyol ( z. Bsp. Mats Hummels ) neben sich.
Marc Bartra hat viel zu wenig Matchpraxis um auf allerhöchstem CL Niveau zu funktionieren. Ein großes Risiko wenn er spielen muss am 23.April in München.
Barca hat Schwächen in der IV und beim Verteidigen von Standards. Allein 3 Tore der letzten drei Clasicos gegen Real erhielt Barca per Kopf nach Standards.

Also wie gesagt, da sind einige Baustellen bei Barca und trotzdem stehen sie in der Liga souverän an der Spitze. Dies liegt aber vor allem an Real die viele Punkte gegen schwächere Teams haben liegen lassen.
Im direkten Vergleich Barca- Real hat das Team mit „Messidependence“ schon lange nicht mehr gewonnen- und dass hat seine Gründe. Den Titel in einer der stärksten Ligen der Welt werden sie trotzdem holen.

Antworten

1328 18. April 2013 um 22:45

Die spanische Presse nennts „Messidependencia“. Analog wird auch bei Real von „Cristianodependencia“ gesprochen.

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Tank 19. April 2013 um 00:58

@air force 1:

Willst du mit dem Artikel zeigen, dass es Messidependencia wirklich gibt? Falls ja, geht das aber nach hinten los. Die Überschrift ist ja schließlich das ungefähre Gegenteil von dem was Iniesta sagt.

Zitat:

„The Spain international dismissed claims that Barcelona were too reliant on Messi, explaining: „You could say there is ‚Messidependence‘ because he is a fundamental player for us, but we all help each other in this team.

„We help him to score goals, and he helps us to play well. I believe I always play the same way, independently of who else is on the pitch, whether Leo is there or not. “

Unabhängig davon würde ich übrigens zustimmen, dass es Messidependencia gibt. Der Artikel ist aber kein Beweis dafür.

Antworten

seils 19. April 2013 um 01:27

Wenn es wirklich noch eines Beweises bedurfte, dann ist er wohl im Viertelfinale gegen Paris erbracht worden.

Antworten

air force 1 19. April 2013 um 01:40

@Tank

Iniesta spricht spanisch im Interview, es wird aber simultan ins Englische übersetzt.

Was Iniesta sinngemäß sagt ist Folgendes: Ja, es gibt Messidependence aber andererseits ist Messi von der Teamleistung abhängig.
Kurz vor der Vertragsverlängerung hat Iniesta es dann so gesagt: „I’m better with Messi and Messi is better with us“.

All dies ändert jedoch letztendlich Nichts an dem Fakt dass es „Messidependence“ bei Barca gibt- und dies macht ihn verletzungsanfälliger, da er höhere Risiken eingehen muss.

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Tank 19. April 2013 um 02:10

Okay, dann reden wir über die Sache, nicht übers Interview. Wir reden hier über zwei Phänomene, die zwar miteinander verbunden, aber nicht identisch sind:

1. Messidependencia.

2. Messi’s cage

Beides zusammen ist offenkundig ein Problem. Wenn Messi durch den Käfig einigermaßen abgemeldet ist und Barca von ihm abhängt, gibt’s Ärger.

Interessant wird es aber erst, wenn man sich fragt, ob die beiden Phänomene einzelnd ebenfalls ein Problem für Barca sein müssen.

Im Falle der Messidependencia würde ich das unterschreiben. Barca ist nicht Messis Mannschaft, Barca ist zuallererst Guardiolas (bzw. Vilanovas) Team. So toll die Einzelspieler auch sind, die große Stärke des FCB aus Katalonien liegt im Kollektiv. Messilona mit einem Messi in Topform ohne cage ist ein ungemein starkes Team, aber nicht annähernd so stark, wie wenn das Kollektiv funktioniert. So sind Barcas größte Spiele auch Kollektivspiele, keine Messispiele. Siehe die Manita oder das zweite CL-Finale.

Noch spannender ist aber die Frage, ob die als cage beschriebene Konzentration des Gegners auf Messi wirklich ein Problem für Barca sein muss. Kann man das nicht nutzen? Wie wäre es zum Beispiel Messi im Falle eines cages auf seine alte Flügelposition zu stellen. Nun kann der Gegner entweder seine Formation dem anpassen und damit die Mitte entvölkern, was Xavi und Iniesta lieben werden, oder Messi aus dem Käfig befreien. Man spielt dann zwar mit einem Messi, der nur auf seiner zweitbesten Position spielt, aber hey, da hat er auch zwei Ballon d’Ors gewonnen.

Allgemein muss Barca lernen, dass einer der großen Vorteile, wenn man Messi dabei hat, darin besteht, dass der Gegner sich auf ihn konzentrieren muss. Messi bindet Kräfte. Auch wenn er nicht manngedeckt wird.

Wenn Barca das voll ausnutzt, dann hat plötzlich der Gegner eine Art Messidependencia: Entweder man konzentriert sich auf ihn, und wird vom Rest des Teams verdroschen, oder man lässt ihn machen, und kann mal aus der Nähe erleben, warum er der beste Fußballer der Geschichte ist.

Ob Barca dahin kommt, halte ich für sehr fraglich.

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Rasengrün 19. April 2013 um 02:21

Und darauf läuft es dann am Ende auch hinaus: der Berg kreiste und gebar ein neues buzzword. Überragende Spieler prägen Teams, haben sie immer, werden sie immer und weil sie das unweigerlich tun entsteht zwangsläufig und unausweichlich ein Problem, wenn sie nicht zur Verfügung stehen. Im Falle Barcas und Reals wird das nur noch mehr forciert, weil Messi und Ronaldo ganz erstaunlich verletzungsunanfällig sind und dadurch der Fall der Fälle umso seltener in einer Situation eintritt, in der nicht schon von vornherein die auch ohne sie überreichlich vorhandene Qualität das anstehende Spiel zu einer ziemlich einseitigen Veranstaltung macht. Das Gegenteil dieser inhärenten Tendenz, wenn man denn so will, zum Heroenfußball ist unter den gegebenen Bedingungen, die in erster Linie solche des Marktes und der Vermarktung sind, völlig quer zum Gesamtsystem. Es hat sicherlich einen Teil der Anziehungskraft Barcas ausgemacht, dass die tendenziell egalitäre Überordnung der kollektiven Abläufe unter Guardiola so bestimmend war. Im Moment der Nagelprobe gegen PSG ist der schöne Schein implodiert und die Normalität des Geschäfts wieder eingezogen.

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King_Cesc 19. April 2013 um 09:30

https://spielverlagerung.de/wp-content/uploads/2013/02/Milan-vs-Barcelona-Messi.png

Das wäre wohl die Antwort für einen Messi auf dem Flügel, oder?

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air force 1 19. April 2013 um 11:39

@King_Cesc

Exakt. Das Verschieben des Käfigs macht Messi auch auf dem Flügel praktisch wirkungslos. Man muss eben nur drauf eingestellt sein.

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Tank 19. April 2013 um 13:23

Aber das spricht doch alles nicht gegen meine Theorie, dass man die Konzentration des Gegners auf Messi nutzen kann, oder?

Wenn der cage auf den Flügel verschoben ist, dann werden die Lücken in der Mitte und auf dem anderen Flügel größer. Kann sein, das Messi dann anonym bleibt, aber wenn Barca sich nicht darauf versteift ihn zu suchen, dann können die restlichen Spieler diese Räume nutzen.

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seils 19. April 2013 um 15:14

Aber nach allem was man so liest, was es doch Messi selbst, der vom Flügel ins Zentrum gedrängt hat; das war doch wohl auch das Problem mit Ibrahimovic. Insofern kann ich es mir – momentan – nicht vorstellen, dass er gewillt ist, wieder außen aufzulaufen.

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air force 1 19. April 2013 um 19:29

@Tank

Du hast vollkommen Recht mit Deiner Theorie.

Barca und speziell Tito sind jetzt gefragt eine Lösung für „Messi in the Cage“ zu finden- eventuell ist King Cesc daran beteiligt.

Vor zwei Wochen in der Liga haben sich Cesc und Alexis die Tore und Vorlagen untereinander aufgeteilt- Messi spielte nicht. Denke dies war schon mal die Probe auf das Exemple.

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Bernhard 18. April 2013 um 19:27

Vielen Dank. Als Bayern-Fan muss ich diese Frage stellen:
Kommt ein (für die Bayern spezifisches) „How to beat Barcelona?“
😉

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RM 18. April 2013 um 19:29

Es kommt ein „fünf Fragen“, dass sich generell mit dem Spiel und den taktischen Fragestellungen befasst.

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Bernhard 18. April 2013 um 19:59

merci beaucoup

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DB 18. April 2013 um 18:37

Ohne in die bereits gewohnten Lobeshymnen einstimmen zu wollen (hier werden sich sicherlich noch einige Weitere für dieses erneut tolle Porträt bedanken!) kann ich euch auf jedenfall versichern, mir dieses E-Book zu kaufen. Das zur EM fand ich bereits großartig und ich freue mich schon auf das Kommende! Unabhängig davon, wie groß der informative Mehrwert gegenüber euren Artikel auf diesem Blog ist, habt ihr das schon allein der Unterstützung wegen verdient.

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@rammc 18. April 2013 um 18:36

Coole Analyse – Danke!

Kleiner Fehler im vorletzten Absatz: „Mannscahft „

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