Nigeria – Burkina Faso 1:0

Das Finale des Afrika-Cups war inhaltlich leider nicht der wirkliche Höhepunkt des Turniers. In einem unspektakulären Spiel gewann letztlich die beste Mannschaft des Turniers knapp, aber doch knapp verdient.

Es kam zu einem Finale, das es bereits in der Gruppenphase gegeben hatte – damals mit einem 1:1-Remis, das Burkina Faso erst mit einem Treffer in der Nachspielzeit erzielen konnte und das ihre Energieleistungen über das gesamte Turnier vorweg nehmen sollte. Man kann also durchaus sagen, dass hier die beiden besten Teams des Wettbewerbs aufeinander trafen. Während die Burkiner sich über den Freispruch gegen den im Halbfinale zu Unrecht vom Platz gestellten Pitroipa freuen konnten, musste der Favorit aus Nigeria eine bittere Pille schlucken – ihr Toptorjäger Emenike fiel verletzt aus und wurde durch Uche vertreten. Dies war die einzige Änderung überhaupt.

nga-bfaNigeria offensiv eingeschränkter

Im Vergleich mit ihrer berauschenden Halbfinal-Vorstellung gegen Mali kamen die Nigerianer diesmal aber bei weitem nicht so gut in die Partie. Gerade im Mittelfeld schien das bewegliche und in Zwischenpositionen angeordnete Spiel zwecks mehr Sicherheit deutlich entschärft worden zu sein. Während Onazi und Mikel als „normalere“ Doppelsechs mit einer offensiveren und etwas freien Rolle für Letzeren aufliefen, glitt Mba auf der Zehnerposition deutlich weniger verbindend über den Platz.

Gegen die gegnerische 4-4-2-Formation – diesmal schob Kaboré meistens zu Bancé nach vorne anstelle sich mit seinen Mittelfeldkollegen in einem 4-1-4-1/4-5-1 anzuordnen – kamen sie zwar einige Male in die zentralen Räume zwischen der vordersten und mittleren Reihe, doch gingen ihnen dann die Optionen aus, was auch durch die gute Arbeit der Burkiner begründet war. Diese boten gelegentlich kleine Gassen für Zuspiele an, um durch ein diagonales Zurückfallen Onazi und Mikel voneinander abknipsen zu können. Weil Mba situativ von einem der Sechser manngedeckt werden konnte, blieb dem ballbesitzenden Nigerianer meistens nur der etwas gehetzte Weg nach vorne oder die Ausweichoption seitlich nach hinten.

Verminderte Kohärenz und Fluidität

Der zweite Punkt für die schwächere Offensive des Favoriten lag im Verhalten ihrer drei Angreifer, die – möglicherweise auch aufgrund des Fehlens von Emenike – ihre Konnektivität und Fluidität aus den vorigen Spielen vermissen ließen. Oftmals stand zumindest einer aus dem Trio zu weit von seinen Partnern entfernt, was das Kombinationsspiel erschwerte. Durch die geschilderten Probleme für die eigenen Sechser wurden zudem viele lange Bälle oder längere Flachpässe in die Vertikale gespielt – doch die diesmal recht unsauber getimten oder verarbeiteten Zuspiele konnten durch die mittelmäßigen Verbindungen der Offensivakteure dann nicht gut gegenpresst werden.

Die Ausnahme stellte in diesem Sinne das Führungstor kurz vor der Pause dar, welches sich nicht wirklich angekündigt hatte. Hier standen die Offensivkräfte der „Super Eagles“ einmal kohärenter zusammen und konnten folglich auch einen zweiten Ball nach einem langen Zuspiel gewinnen. Durch das Zurückrücken der gegnerischen Sechser Richtung Ball wurde Mba im Hinterhalt frei und bekam nach dem abgeblockten Schuss Moses´ die Möglichkeit, die er mit einer technisch sehr feinen Aktion nutzte.

Burkina Fasos Offensiv-Vorsicht und dessen defensive Auswirkungen

Bis dahin hatte auch der Spielansatz Burkina Fasos zum wenig ereignisreichen Finale beigetragen, da diese bei eigenem Ballbesitz nur wenig Risiko eingingen. Fast durchweg ließ sich neben die beiden Sechser auch Kaboré weit nach hinten fallen und verteilte die Bälle dann aus hinterster Linie, gelegentlich schob selbst Pitroipa in den tiefen Halbraum zurück.

Daher bestand ihr Angriffsspiel fast ausschließlich aus langen Bällen auf Zielspieler Bancé, der die gesamte Horizontale beackerte. Weil sowohl Nakoulma als auch Pitroipa immer wieder konsequenter einrückten als ihre Pendants im nigerianischen Angriff, gab es auf diese Weise einige Halbchancen nach abgelegten Bällen, doch für die letzte Durchschlagskraft fehlte es an konstantem Aufrücken. Diese Vorsicht sorgte dann eben auch dafür, dass Nigeria auf der anderen Seite nicht jene Kontermöglichkeiten gegen aufrückende Außenverteidiger erhielt, wie es in den beiden vorigen K.O.-Spielen noch der Fall gewesen war.

Zweite Halbzeit

Nach dem Seitenwechsel kam Burkina Faso dann zwar häufiger ins letzte Drittel, allerdings immer noch nicht konsequent genug zu Torchancen. Ihre Flügelangriffe waren wenig überraschend und auch bei den langen Bällen fehlte der letzte entscheidende Druck. Daher stellte Trainer Paul Put Mitte des zweiten Abschnittes auf jenes 4-4-1-1 um, welches bereits im Viertelfinale gegen Togo, mit Sanou auf dem rechten Flügel, zu sehen gewesen war. Allerdings wurde dies erneut deutlich positionstreuer interpretiert als das etwas tiefere 4-3-3, so dass die Interaktion noch abnahm.

Stattdessen gehörte das Zentrum nun den Nigerianern, die darüber einige gute Konterangriffe initiieren konnten – in den Ausgangsräumen hatten sie nur wenig gegnerischen Druck durch deren 4-4-1-1 und konnten daher die Räume ansteuern, die ein offensiver werdender Gegner nun auf den Seiten öffnen musste. Weil sie aber viele Szenen schlampig ausspielten, andere auf teilweise unprofessionelle Art vergaben, blieb das Spiel offen – und Burkina Faso setzte noch einmal alles nach vorne. Über die Einwechslung eines zweiten Zielstürmers, des eigentlichen Kapitäns Dagano, sollte der Ausgleich mit Gewalt gesucht werden, doch Nigeria blieb auf der Hut und rannte nicht in einen Gegenkonter wie noch beim 1:1 in der Vorrunde. Am Ende waren sie ein knapper, aber verdienter Sieger in einem unspektakulären Finale.

Schlussbetrachtung

Was bleibt von diesem Afrika-Cup? Generelle Neuigkeiten im Gesamtüberblick können im Vergleich zum vergangenen Jahr nicht gemacht werden. Daher wollen wir auch an dieser Stelle noch einmal Teile der damaligen Analyse zitieren: „Ein Schnitt von 2,38 Toren pro Spiel, gerade die Ergebnisse der letzten drei entscheidenden K.O.-Spiele sowie die Tatsache, dass die Elfenbeinküste, Mali und Ghana mit Yaya Touré, Seydou Keita und auch Kwadwo Asamoah eher defensivausgerichtete Akteure aus dem zentralen Mittelfeld auf der zentral-offensiven Mittelfeld-Position auflaufen ließen, zeugen von einer gewissen Orientierung auf Defensive und Vorsicht. Der afrikanische Fußball mag sehr athletisch sein, doch vielleicht fehlt es ihm etwas an Kreativität.“

Ebenfalls muss unserem fleißigen Kommentator Datschge zugestimmt werden, dass diese vorsichtige Defensivorientierung auch ihre interessanten Seiten hat, da sie zu größeren Chancen für Außenseiter führt – die Kapverden waren als Viertelfinalist dieses Jahr wohl das beste Beispiel. Dennoch scheint der Ton des Gesamtfazits nicht so enttäuschend auszufallen wie noch 2012, als es mit den sambischen Siegern fast nur einen wirklichen Lichtblick gab. In dieser Ausgabe können mit den beiden Finalisten, aber auch anderen früher ausgeschiedenen Teams wie Gastgeber Südafrika oder den in der Gruppe gescheiterten Kongolesen mehrere Mannschaften genannt werden – wenngleich sie selten konstant waren, was sich an Nigeria und Burkina Faso dann auch im Finale zeigte, die ihre besseren und attraktiveren Spiele in vorigen Runden zeigte. Dass es von diesen Momenten wohl mehr gab als noch vor einem Jahr, ist ein zunächst mal ein positives Zeichen. Diesmal überzeugten ein paar mehr Teams in Sachen Kreativität und spielerischer Interaktion.

laterookie58 12. Februar 2013 um 22:01

TW : Herzlichen Dank für Deine Mühe, aber auch dafür, daß ich nicht mehr so unsicher rumeiere, ob ich das Spiel vernünftig eingeschätzt habe.
Vielen Dank dafür! laterookie58

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laterookie58 11. Februar 2013 um 20:45

TR : Zunächst DANKE für Deine Analyse; die Zeit und den Aufwand dafür.

Nicht sicher, ob ich froh sein sollte oder etwas versäumt zu haben: das Endspiel des Afrika- Cups waren die einzigen zusammen hängenden Blöcke ( 10. bis 42. Min. und etwa 55. bis Ende 60er Min. ) von Betrachtung, die mir überhaupt vom Afrika- Cup gelungen sind.

Bei aller Aufgeregtheit der Teams um die Bedeutung des Endspiels: ich habe mehr erwartet! Gesehen habe ich zwei Teams, die sich ein Fehlpass- Festival leisteten. Und zwar en bloc bestimmt den Hauptteil der ersten Halbzeit.
Ball- Annahme, Ordnung, konstruktives Spiel derartig bescheiden von Beiden, daß ich den Post SV DO meiner Kindheit dagegen gut gesehen hätte.

Nigeria war die bessere von zwei Hurra- Fußball- Mannschaften.
Wenn es Burkina Faso gelungen wäre unaufgeregter, somit planvoller zu agieren, hätten sie an diesem Tag mit einfachen Mitteln gewinnen können.

So habe ich das Spiel in den vorweg beschriebenen Zeitblöcken gesehen. Es ist natürlich möglich, daß die nicht- gesehenen Spiel- Minuten tollen Fußball gezeigt haben…
Das mag ich aber eher nicht glauben. laterookie58

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King_Cesc 12. Februar 2013 um 10:50

Mich würde mal interessieren wie viel % der Pässe verglichen mit der BL nach vorne gespielt werden. Mir kam es so vor, als ob ein Rückpass keine Option sei.

Ein paar Fehlpässe kann man ja vielleicht auf den Rasen schieben 😉

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laterookie58 12. Februar 2013 um 19:53

King_Cesc : Danke für den Antwort- Kommentar.
Bei der voran gegangenen Afrika- interessierten Menge an anderen Lesern/ Kommentatoren habe ich mich doch recht einsam gefühlt– nicht ganz so merkwürdig wie der Autor ohne Kommentare…

Wie bereits beschrieben, habe ich nur Zeitausschnitte des Spiels gesehen.
Das, an was ich mich zu erinnern glaube:
– nach manchmal nur zwei oder drei Pässen– oft unbedrängt, kurze bis mittlere Distanz– war „Kombinations- Spiel“- Beginn wieder beendet

– sicher schwächer gespielt/ aufgeregter(?) seitens der BF- Spieler; bis ca. zur 30. Min. aber nahezu ebenso unfassbar grottenschlechte Pass- Spiele von NGR

– King_Cesc : wenn meine Erinnerungen mich nicht sehr trügen, dann habe ich von beiden Teams kaum wirkliches Savety- Spiel zurück– aus dem Mittelfeld zum Verteidiger oder von Verteidigern zum Keeper– gesehen; zwar einige, wie mir schien unkonventionelle bzw. risikobehaftete Befreiungs- Spielzüge, welche man sicherer hätte lösen können– „Tribünen- Dach“…– aber ansonsten für mich erstaunlich „tapfer“– BF– nach vorne gespielt!

– ich bin kein Taktiker oder Analytiker wie hier die meisten;
mein Eindruck war, daß NGR so etwas wie einen Masterplan vom Trainer hatte, diesen nur nicht umsetzen konnte, weil „Hacke- Spitze- eins, zwei, drei“ und anderer überheblicher Unfug ( wie stelle ich meinen Gegenspieler bloß? ) in einem Endspiel– der Sieger spielt gegen die anderen Kontinental- Meister dieses Jahr in Brasilien!!!– immer noch gezeigt werden musste

– es ist wohl kaum der Rasen schuld, wenn Spieler reihenweise mit falscher Schusskraft Pässe spielen; reihenweise in leere Räume spielen, die ein Mitspieler mit Flügeln kaum erreicht hätte; reihenweise wirklich kurze Pässe– fast noch aus dem Stand zu einem stehenden Spieler– nicht ihr Ziel fanden!

Falls das ein wenig durchkommt: ja, ich bin von der Leistung der Afrikaner zur Zeit tief enttäuscht!
Ansonsten halte ich seit Jahren sehr viel vom afrikanischen Fußball und seinen immer noch nicht genutzten Potentialen.

Um anderen Gedanken- Spielen gleich Einhalt zu gebieten:
ich hatte und ich habe kein Problem mit Menschen anderer Herkunft! Mein zuverlässigster Freund seit fast 15 Jahren ist Türke…
Danke, King_Cesc. Bis demnächst, laterookie58

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TW 12. Februar 2013 um 20:05

Laterookie, Du stehst mit Deiner Meinung auch gegenüber Taktikexperten nicht allein. Hier mal ein paar Zitate von Michael Cox (http://www.zonalmarking.net/2013/02/10/nigeria-1-0-burkina-faso-nigeria-triumph/):
– „This was a disappointing game, both in tactical and entertainment terms.“
– „There was minimal pressing up the pitch from either side in open play“
– „In a battle of two sturdy, physical midfield triangles, there was a lack of creativity from both sides.“
– „The problem was more the lack of fluidity and neat passing from Burkina Faso, and none of the formation changes solved this problem.“

Das ist wohl auch der Grund, warum die meisten hier lieber über Bayern, Dortmund und Barca diskutieren.

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King_Cesc 11. Februar 2013 um 13:51

Danke für die Analyse.
Wer wurde jetzt eigentlich Spieler des Turnieres?

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