Bericht zur Studie „Working Memory Capacity as Controlled Attention in Tactical Decision Making“

Vor kurzem stieß ich auf eine interessante Studie. Die sportpsychologische Untersuchung „Working Memory Capacity as Controlled Attention in Tactical Decision Making“ (übersetzt: Das Arbeitsgedächtnis als kontrollierte Aufmerksamkeit in taktischer Entscheidungsfindung) untersucht dabei, wie Sportler dank des Arbeitsgedächtnis den Einfluss intrinsischer und extrinsischer Ablenkungen ausschalten können. Die Autoren Furley und Memmert nehmen dabei Bezug auf die Leistung des Arbeitsgedächtnisses bei der Beibehaltung wichtiger, aktionsrelevanter Informationen bei gleichzeitiger kognitiver Belastung.

Die Autoren untersuchen deswegen das Arbeitsgedächtnis als ursächlich für richtige oder falsche spieltaktische Entscheidungen im Sport mit zwei Experimenten. Die Fragestellungen lauteten dabei für Experiment 1, ob

(i)                 Athleten mit einem leistungsstärkeren Arbeitsgedächtnis besser beim Ignorieren von Ablenkungen bei gleichzeitigem Fokus auf ihre sportliche Aufgabenstellung sind.

(ii)               Athleten mit einem leistungsstärkeren Arbeitsgedächtnis effizienter beim Lösen von reaktiven Aufgaben durch taktische Entscheidungsfindung statt einer immanenten situationsunpassenden Entscheidung sind.

(iii)             Athleten, die sich im Alltag selbst als leicht ablenkbar beschreiben, weniger gute spieltaktische Entscheidungen treffen und ein schwächeres Arbeitsgedächtnis aufweisen.
Beim zweiten Experiment wurden zwei Hypothesen formuliert, die behaupteten, dass

(i)                 Athleten mit starkem Arbeitsgedächtnis weniger wahrscheinlich „blind“ den taktischen Vorgaben eines virtuellen Trainers folgen würden, wenn sie suboptimal wären, sondern sich situativ anpassen würden.

(ii)               keine Unterschiede festgestellt würden, wenn keine Anpassung nötig wäre.

 

Methode

Im ersten Experiment wurden Basketballspieler mit durch einen Test gemessenem leistungsstarkem oder leistungsschwachem Arbeitsgedächtnis per Kopfhörer unter Beschallung von irrelevanten Wörtern mit festgelegter Erwähnung ihres Namens bei einer sporttaktischen Entscheidungsfindung in einem abgegrenzten Zeitintervall getestet. Jene, mit starkem Arbeitsgedächtnis, sollten ihren Namen bei der Erwähnung seltener bemerken und die Aufgabe dabei besser erfüllen. Als letzter Punkt sollte noch eine Verbindung zwischen der selbsterklärten Ablenkung im alltäglichen Leben der Athleten und einem niedrigen Wert beim Arbeitsgedächtnis gefunden werden.

36 männliche und 33 weibliche Athleten wurden getestet, aus statistischen Gründen wurden die oberen und unteren 20% als jene mit einer hohen respektive niedrigen Spanne bei der Leistung ihres Arbeitsgedächtnisses gewählt. 28 davon (16 männliche und 12 weibliche) wurden zum zweiten Teil des Experiments eingeladen. Die Athleten stammten aus unterschiedlichen Ligen, von Amateur bis Halbprofi in Deutschland. Weder Alter, Geschlecht noch Qualifikation sollten signifikante Unterschiede in der statistischen Auswertung aufzeigen.

Im ersten Teil des ersten Experiments wurden auf dem Computer unterschiedliche Formen mit unterschiedlichen Farben gezeigt. Sie sollten nur eine Figur bei passender Farbe zählen und später in richtiger Reihenfolge die gesamte Reihe wiedergeben. Dadurch wurde die Leistung des Arbeitsgedächtnisses gemessen. Daraufhin wurde mit einem „Cognitive Failure Questionnaire“ die Ablenkungshäufigkeit und –intensität im Privatleben gemessen.

Zuletzt wurde die komplexe taktische Entscheidungsfindung gemessen. Mit einem Fernsehstandbild wurden Bilder aus Basketballspielen gezeigt, bei welchem die Athleten die in ihren Augen bestmögliche Entscheidung wählen sollten. Diese Standbilder wurden zuvor von zwei Besitzern der zweithöchsten Trainerlizenz im Basketball eigenständig bewertet und nur jene Bilder wurden gewählt, wo beide die gleiche Meinung teilten.

Die Teilnehmer konnten aus 116 Szenen eine von drei Entscheidungen (dribbeln, passen, schießen) wählen und jeder Stimulus wurde für 1000ms gezeigt mit einem 750ms Fadenkreuz davor. Für 56 Versuche (98 Sekunden) wurden sie von zwei monotonen Frauenstimmen abgelenkt, die Vornamen wurden jeweils von der gleichen Frauenstimme vorgetragen.

Beim zweiten Experiment wählte man Eishockeyspieler, welche sich wegen eingeübter taktischer offensiver Spielzüge besser für die Testung eignen. 55 männliche Eishockeyspieler, von erster bis dritter Liga, wurden getestet und durchliefen den gleichen Vortest zur Leistung des Arbeitsgedächtnisses wie die Basketballspieler im ersten Experiment. Das Ergebnis entsprach statistisch dem wie in Experiment 1 und die „high“- bzw. „lower-span“ Athleten wurden in einem oberen und unteren Viertel klassifiziert.

Auch hier wurden Standbilder gewählt und nach gleichen Kriterien wie in Experiment 1 ausgewählt, wenn auch mit 26 Standbildern weniger. Es gab allerdings zwei unterschiedliche Varianten dieses Testes: entweder eine normale Spielsituation mit taktischer Entscheidung oder eine neue Situation nach einem time-out. Jeder Athlet hatte 60 solcher Szenarien, präsentiert für 1000ms und 3000ms zur Entscheidungswahl.

Bei der time-out-Situation kam hinzu, dass durch einen virtuellen Coach Informationen gegeben wurden, welche die taktische Komplexität der Situation erhöhten, da sie entscheiden mussten, ob der Ratschlag bzw. die gegebene Information situativ passend waren. 30 solcher Szenarien wurden präsentiert.

Ergebnisse

Bei Experiment 1 wurde eine signifikante Korrelation zwischen dem Entdecken ihres Namens und niedrigen Erfolgswerten bei Probanden mit leistungsschwächerem Arbeitsgedächtnis gefunden. Diese haben 15mal so oft ihren Namen gehört, als die Gruppe mit dem besseren Arbeitsgedächtnis. Gleichzeitig schnitten letztere deutlich besser bei ihren taktischen Entscheidungen ab. Dank der Fragebögen konnte auch die dritte Hypothese zum ersten Experiment korrekt bestätigt werden: jene, die im Alltag leichter abzulenken waren, schnitten schlechter ab und hatten eine schwächeres Arbeitsgedächtnis. Auch beim zweiten Experiment trafen sämtliche Hypothesen zu. Die Athleten mit besserem Arbeitsgedächtnis befolgten halb so oft „blind“ einen Ratschlag und passten sich öfter adäquat an die Situation an (70:50%).

Diskussion

Jene Athleten mit besserem Arbeitsgedächtnis schnitten besser ab und konnten ihre Aufmerksamkeit in komplexen Situationen kontrollieren, wodurch sie in taktischen Spielsituationen öfter die richtige Wahl treffen konnten. Dennoch kann nicht pauschalisiert werden, dass Akteure mit niedrigerer Arbeitsgedächtnisleistung in anderen Sportarten oder durchgehend schwächere Ergebnisse bringen, weil die Messung unter Laborbedingen statt in einer Feldstudie geschah. Darum wird eine künftige Forschung in diesem Bereich empfohlen, um eine mögliche Nutzbarmachung für Manager, Trainer oder ähnliches zu generieren.

Diese könnten erst bei einer signifikanten Bestätigung dieser Theorien unter Wettkampf- und Feldbedingungen Tests zur Leistung des Arbeitsgedächtnisses zur Spielerwahl nutzen. Allerdings muss auch erforscht werden, ob eine Verbesserung des Arbeitsgedächtnisses direkte Auswirkungen auf die Leistung in der jeweiligen Sportart erzeugt. Dabei wird erwähnt, dass solche Versuche zuvor als erfolglos bewiesen wurden.

Spielverlagerung führt aus

Es resultieren außerdem zwei weitere große Fragen: wie kann man die aktuellen Erkenntnisse nutzen und wieso äußert sich eine Verbesserung des Arbeitsgedächtnisses bislang nicht signifikant in der Leistung in der jeweiligen Sportart?

Die erste Frage lässt sich relativ einfach beantworten: Messungen an Neuzugängen oder bei Jugendspielern können Aufschluss darüber geben, ob er sich bei spieltaktischen Vorgaben intelligent verhalten wird, wie er die Vorgaben umsetzt und ob er sich strikt (oder gar dämlich) daran hält. Somit könnte durch die Messungen rein theoretisch eine Mannschaft zusammengestellt werden, wo man weiß, welche Spieler wie komplexe Aufgaben erfüllen können oder nicht. Allerdings sollte es auch in dieser Richtung zusätzliche Forschungen geben, um zu eruieren, ob dies auch der Fall ist. Vereinzelt könnten Spieler außerdem ihr Arbeitsgedächtnis verbessern, ohne die Leistungen auf dem Platz, wie es ja am Ende des Artikels angemerkt wird.

Hier sollten die künftigen Forschungen in folgende Richtung gehen: was ist jene Störvariable, welche diese Wechselwirkung zwischen der Verbesserung des Arbeitsgedächtnisses und seiner Kapazität sowie der Erhöhung der Leistung im spieltaktischen Bereich stört? Eventuell liegt es in der Nutzung der Physis, den komplexeren Anforderungen

Wird diese Frage beantwortet, könnte die Nutzung eines spezifischen Trainings des Arbeitsgedächtnis zur Verbesserung der spieltaktischen Entscheidungsfindung genutzt werden; beispielsweise in Form von Videospielen mit vom Trainer vorgegebenen Szenarien, in welcher die Lösung der Situation den mannschaftsphilosophischen Umständen entspricht.

Die Studie findet man hier:

Furley, P.A., & Memmert, D. (2012). Working memory capacity as controlled attention
in tactical decision making. Journal of Sport & Exercise Psychology, 34, 322-344.

IV 2. Februar 2013 um 14:18

Kann jemand von euch bitte den Clasico zwischen den besten 2 Mannschaften der Welt analysieren? :/

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RM 2. Februar 2013 um 14:26

Wird noch kommen! 🙂

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blub 2. Februar 2013 um 15:16

Gedulde dich. DFB-Pokalrunde ist erst nächste woche^^

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gn 2. Februar 2013 um 13:41

Theorien zum Arbeitsgedächtnis sind keinesfalls neu. Operationalisiert wurde er in dieser Studie eben über die von dir angesprochenen, messbaren Konstrukte. Siehe beispielsweise hier:

http://de.wikipedia.org/wiki/Arbeitsgedächtnis

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Martin 2. Februar 2013 um 02:37

Mir erschließt sich als Laie nicht wirklich der Sinn der Forschung und welche neuen Erkentnisse man herausgearbeitet hat. Ohne die Studie im Orginal gelesen zu haben, klingt es für mich so als ob hier einfach zwei grundlegende Fähigkeiten getestet werden und mit einem neuen Begriff „Arbeitsgedächtnis“ belegt werden.

Der erste Test (Ablenkung, Erwähnung des Namens) ist doch eigentlich nur die Messung der Konzentrationsfähigkeit unter Berücksichtigung von Zeitbeschränkungen oder? Die Ergebnisse scheinen dann sehr intuitiv, ein Sportler der sich im Alltag ablenken lässt (sich also nicht konzentriert) hat auch eine geringere Konzentrationsfähigkeit unter Belastung.

Der Zweite Test (Entscheidungsfindung, Anwendung der Anweisung wenn vernünftig) hat zwei Stufen, zum einen die Intelligenz zu sehen welche Entscheidung die richtige ist zum anderen die Mentalität die richtige Entscheidung auch durchzuführen. Trotzdem kann man das aus meiner Sicht recht klar unter Spielintelligenz zusammenfassen. Ein Spielintelligenter Spieler wird also auch öfters die richtige Entscheidung treffen.

Kann also nicht wirklich erkennen was genau die Aussage sein soll, die eine Studie rechtfertigt da die Schlussfolgerungen extrem intuitiv erscheinen. Jeder Trainer sollte doch in der Lage sein zu beurteilen ob sich ein Spieler konzentrieren kann und wie er seine Entscheidungen trifft oder bin ich da zu naiv? Wäre nett wenn das noch jemand erläutern könnte.

Ein Grund warum man nicht unbedingt eine Korrelation von Verbesserung dieser Faktoren zu wirklichen Leistungen zu sehen ist, könnte sein, dass es zuviele stärkere Einflüsse wie z.b. notwendige athletische Eigenschaften oder grundlegende Mannschaftstaktik, gibt. Wenn die Spieler nicht durchgängig „richtig“ pressen können weil sie nicht die Ausdauer haben, bringt alle Spielintelligenz kaum was.

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seils 2. Februar 2013 um 13:47

Zunächst einmal ist der Begriff Arbeitsgedächtnis kein neuer. Es ist bei Mensch wie Maschine (hier: Arbeitsspeicher) für das Erinnern während eines Prozesses zuständig. Siehe hier:
http://de.wikipedia.org/wiki/Arbeitsged%C3%A4chtnis

Beim ersten Experiment lautet die Hypothese: Es gibt einen Zusammenhang zwischen der Stärke des Arbeitsgedächtnisses und der mentalen Leistungs-, respektive Konzentrationsfähigkeit. Man darf unter Konzentrationsfähigkeit hierbei die willentliche Fokussierung der Aufmerksamkeit auf eine bestimmte Tätigkeit verstehen. Siehe hier:
http://de.wikipedia.org/wiki/Konzentration_%28Psychologie%29

Getestet wurde nun:
1.) generelle Leistungsfähigkeit des Arbeitsgedächtnisses
2.) Ablenkungsaffinität des Probanden im Privatleben (sprich: im unkonzentrierten Zustand)
3.) Abenkungsaffinität des Probanden in mentaler Stresssituation (sprich: im konzentrierten Zustand), respektive die Qualität der so getroffenen Entscheidung

Es ging also darum nachzuweisen, ob und inwieweit diegenerelle Stärke des Arbeitsgedächtnisses mit der Konzentrationsfähigkeit zusammenhängt. Das hängt per se nicht zusammen und wurde auf diese Weise nachgewiesen.

Dasselbe gilt für das zweite Experiment: Was Du unter Spielintelligenz zusammenfasst – wobei der Begriff ein wenig fehl am Platz ist, da sich die Eishokeyspielern ob ihrer intensiven taktischen Schulung ja besonders eignen, es also um Wissen, respektive Bildung und nicht um Intelligenz geht – wird durch den Versuch in Zusammenhang mit der Stärke des Arbeitsgedächtnisses gebracht. Das ist das Neue daran: Es gibt einen Zusammenhang zwischen Arbeitsgedächtnis und Konzentrationsfähigkeit (im Alltag ebenso wie in Stresssituationen).

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El Entrenador 1. Februar 2013 um 16:07

Ja, der werte Herr Memmert wieder in der Sportwissenschaft unterwegs.Es handelt sich doch um Daniel Memmert, oder? Der hat da für die Trainingslehre auch für Otto-Normalverbraucher schon einige Publikationen auf den Markt geworfen.

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RM 1. Februar 2013 um 16:22

Jap, Daniel Memmert, soweit ich mich erinnern kann. Habe auch schon ein paar andere Studien von ihm gelesen.

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datschge 31. Januar 2013 um 22:49

Lustig, gerade gestern habe ich ein aktuelles (wobei das Original auf Japanisch schon älter ist) Interview mit dem japanischen Hirnforscher Kawashima gelesen. Der behauptet, ein Training zur Erweiterung des Kurzzeitgedächtnisses steigert auch die Kreativität und hat bei Test mit Sportlern in verschiedenen Sportarten zu unerwartet starken realen Verbesserungen geführt. Mir erschließt sich auch nicht auf Anhieb der Grund der im Artikel angesprochenen Forschung, deren Ergebnisse scheinen mir logisch naheliegend, aber nicht wirklich hilfreich, Verbesserungen bei den Problemstellungen zu erzielen.

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AP 1. Februar 2013 um 12:09

Um es nach Iwata oder auch Charlie Sheen zu sagen…

„Ich verstehe“…

Danke für den Link

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niko 31. Januar 2013 um 22:42

„wieso äußert sich eine Verbesserung des Arbeitsgedächtnisses bislang nicht signifikant in der Leistung in der jeweiligen Sportart? […] was ist jene Störvariable, welche diese Wechselwirkung zwischen der Verbesserung des Arbeitsgedächtnisses und seiner Kapazität sowie der Erhöhung der Leistung im spieltaktischen Bereich stört?“

Zwei mögliche Erklärungen drängen sich mir auf:
1) Das Arbeitsgedächtnis wirkt eben nicht kausal auf die Qualität der taktischen Entscheidungen; diese beiden Größen korrelieren miteinander aufgrund eines anderen Faktors. Was für ein Faktor könnte das allerdings sein? Er wäre vermutlich auch am ehesten im hirnphysiologischen Bereich zu suchen, aber, obwohl ich hier beileibe kein Experte bin, was wäre einleuchtender als eben das Arbeitsgedächtnis?
2) Die Kausalität verläuft genau anders herum. Es könnte doch sein, dass der Erwerb dieser taktischen Fähigkeiten die Verbesserung des Arbeitsgedächtnisses bewirkt hat. In der Folge wäre also zu untersuchen, welche „Lernmethoden“ diejenigen Spieler mit dem besten Arbeitsgedächtnis benutzt hatten. Da die spieltaktische Intelligenz aber durch jahrelange komplexe Erfahrungen erworben wurde, dürfte die Abgrenzung und das Herausarbeiten dieser „Methoden“ extrem schwierig, wenn nicht gar unmöglich sein.

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PAD 1. Februar 2013 um 00:56

Beim Arbeitsgedächtnis handelt es sich einfach nur um einen Speicher von Sinneseindrücken, auf den der Spieler im Prozess einer taktischen Handlungsfindung zugreifen kann. Wenn ich nun diesen Speicher vergrößere heißt das ja noch lange nicht, dass direkt die Qualität der Arbeit verbessert wird, sondern lediglich, dass bei dieser Arbeit mehr Ressourcen(mehr Arbeitsgedächtnis) zur Verfügung stehen.

Es ist doch wie beim Ausdauertraining. Wenn ich einen Spielsportler(Spiel!) dazu bringe in einem Spiel 15 Kilometer zu laufen, er aber nur 90 Minuten im Kreis rennt bringt mir das nichts. Wenn ich ihn aber dazu bringen kann immer dahin zu laufen, wo der Ball ist, habe ich schonmal Präsenz in Ballnähe. Wenn ich es schaffe ihn dann auch getimt Spieler im Pressing anzulaufen habe ich einen gegnerischen Spielaufbau permanent gestört und immer so weiter…

Worum es mir nur geht ist, dass das Arbeitsgedächtnis und generell die Vorgänge im Gehirn ein großes Potenzial offenbaren, welches bisher sehr wenige Mannschaften richtig ausschöpfen(Swansea, Barcelona), da nach wie vor im Jugendbereich Physis gefragt ist und herausselektiert wird(übrigens nicht nur im Fußball!). Ich denke aber, dass gerade in Vereinen, die sich diese Physis nicht(mehr) leisten können verstärkt Xavis und Iniestas herangezüchtet werden, da sie sonst ganz schnell von der Bildfläche verschwinden.

Um aber so einen Weg einzuschlagen braucht es zum einen Kontinuität in der Vereinsführung und Querdenker vom allerfeinsten, was in der Kombination selten vorkommt.

Letztens hatten wir in der Uni Rolf Brack zu einem Vortrag zu Gast, der auch klar offengelegt hat, was mit Mut zur Lücke möglich ist(Sieg gegen THW Kiel mit sieben Feldspielern und so Scherze). Was er dabei auch meinte, dass sich kaum ein Trainer mit so Spirenzien befasst, da ja auch seine Existenz daran hängt.

Gestern hatten wir auch Bernhard Peters zu einem Gastvortrag im Hörsaal, der das Taktikkonzept, was ihm vorschwebt näher erläutert hat. Dieses beruht übrigens auch auf einer hohen Handlungskompetenz, wobei ich das Gefühl hatte, dass er mit diesem Ansatz nicht immer auf offene Ohren trifft, zumindest kam mir das so vor:P

Im Grunde ist das auf jeden Fall ein interessantes Thema, in dem man weiter forschen sollte um auf Grundlage dieser Forschungen Trainingskonzepte zu erstellen, die die mentalen Fähigkeiten fordern und intelligente Spieler fördern. Für mehr Xavis, für mehr Swanseas, für eine bessere Welt 😀

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psy.Che 10. Februar 2013 um 08:51

Das mit dem Arbeitsgedächtnis (AG) stimmt so nicht. Auch wenn die genaue Definition des AG in der Psychologie nach wie vor strittig ist, geht man davon aus, dass es mehr als nur eine reine Speicherfunktion (das wäre eher das KZG) erfüllt. Eine wichtige Funktion des AG ist wie im Titel des Papers angesprochen die kontrollierte Aufmerksamkeit, also die Konzentration der geistigen Verarbeitungskapazität auf das Wesentliche. Ein hohes Maß an AG-Fähigkeiten spricht also durchaus für schnellere und bessere Arbeit.

Das Konzept controlled attention ist auch eng mit der fluiden Intelligenz (gf) verwandt. Ich werde den zweiten Teil meines Posts auf die Eigenschaft gf stützen, weil diese vll. besser verständlich ist. Es ist m.E. davon auszugehen, dass von zwei Spielern mit identischen Resteigenschaften der intelligentere auch der bessere ist. Dieser Zusammenhang ist aber bislang in der Praxis schwer nachzuweisen, weil 1. eine wirklich unüberschaubare Menge an mehr oder weniger zufälligen anderen Faktoren mit einfließt und 2. das Forschungsgebiet anscheinend eher dürftig erschlossen ist. Insbesondere bei älteren Spielern dürfte auch der enorme Erfahrungsschatz einen deutlich größeren Einfluss auf die Leistung haben als eventuelle kurzfristige AG-Verbesserungen. Möglicherweise sind auch die Eigenschaften gf und Physis bei Leistungssportlern nicht statistisch unabhängig.

Die im Artikel erwähnten Versuche sind übrigens keine Experimente im engeren Sinne, da keine experimentelle Manipulation einer Eigenschaft stattfindet, sondern einfach nur zwei durch die unabhängige Variable AG-Kapazität eingeteilte Gruppen verschiedenen Tests unterzogen werden (deswegen auch keine Kausalität sondern nur Korrelation). Methodisch problematisch ist u.a. die viel zu kleine Stichprobe und der fragwürdige Ausschluss der Probanden mit mittlerer AG-Kapazität (dadurch auch keine aussagekräftigeren statistischen Verfahren als t-Tests). Alternativ mögliche, mit dem AG verwandte Konstrukte als Prädiktor der sportlichen Leistung wären z.B. Inhibition (weniger komplex) oder gf (eher komplexer).

Was in Folge dieser Studie aber als Handlungsempfehlung gegeben werden kann ist, dass man die jungen Spieler nicht nur sportlich, sondern auch intensiv geistig und psychisch fordern und fördern sollte.

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AP 30. Januar 2013 um 14:40

Und vielleicht ist hier noch ein Leser dabei der mir, wenn wir schon in solche interessante Gebiete abgleiten, folgendes beantworten kann.

Wenn mein starkes dominantes Auge das linke Auge ist, spiele ich dann besser auf dem rechten Flügel oder auf dem linken? Weil…

„Das dominante Auge scheint bei der visuellen Wahrnehmung eine vorherrschende Rolle einzunehmen; so ist es beispielsweise nicht nur schneller bei Suchaufgaben, sondern scheint sogar vom untergeordneten Auge gelieferte Eindrücke zu unterdrücken“.

„Liegen dominantes Auge und dominante Hand auf verschiedenen Körperseiten, so spricht man von Kreuzdominanz. Studien legen nahe, dass Kreuzdominanz positive Auswirkungen auf das Zielen hat“, laut Wiki.

Würde mich mal interessieren, inwieweit ich das auf den Fussball übertragen kann.

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messanger 30. Januar 2013 um 14:55

Mit dieser Maschine ( http://youtu.be/ky9-UVOivzw ) könnte man testen, ob überhaupt ein Einfluss besteht und wie dieser Aussieht. Anschliessend könnte man die schwache Seite spezifisch trainieren.

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AP 30. Januar 2013 um 15:11

Dankeschön. Die Maschine kenne ich. Wollte ich mir demnächst mal anschaffen. 🙂

Ich meine auch, warum spielt manch ein Linksfuß lieber rechts und umgekehrt… und nicht nur, wie z.B. Robben, dass er nach innen ziehen kann, sondern weil evtl. aufgrund den oben genannten punkten seine „Stärken/Dominanzen“ so besser zum tragen kommen…. maybe gibt es hier ja einen Zusammenhang.

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