Adventskalender-Türchen 1: Raphael Holzhauser

So wirklich verpflichtet hat der VfB Stuttgart niemanden – und dennoch haben sie mit einem „neuen“ Spieler eventuell die Weichen für eine erfolgreiche(re) Zukunft gelegt. Tunay Torun wurde zwar gekauft, Tim Hoogland sogar nur ausgeliehen, aber beide sind nicht gemeint. Wirklich positiv aufgefallen sind sie bislang nicht. Die Schwaben setzten stattdessen löblicher- wie riskanterweise auf ihre Jugendförderung und Scouting, wo gleich vier Spieler hochgezogen wurden. Der Auffälligste davon war Raphael Holzhauser, jener „Neue“, den wir als erstes Fenster in unserem Adventskalender kurz unter die Lupe nehmen.

Vom Dorf in die Bundesligen dieser Welt

Der 19jährige Linksfuß stammt ursprünglich aus der Jugend des ATSV Teesdorf, wo er von seinem sechsten bis zehnten Lebensjahr spielte. Er wurde vom österreichischen Rekordmeister Rapid Wien entdeckt, wechselte aber mit 16 Jahren nach Stuttgart.

Nach einer Saison in der Jugend und zwei in der zweiten Mannschaft wurde Holzhauser endgültig in den Profikader befördert. Bereits 2011 hatte er einen Vertrag bis 2015 unterschrieben, nun wurde es nach seinem Debüt im Jänner 2012 Zeit für einen Angriff auf einen Stammplatz.

Dieser klappte noch nicht so ganz – muss er aber auch nicht. Holzhauser ist ein Mann für die Zukunft, ein moderner, vertikaler Achter; jene Rolle, die er bisweilen schon hervorragend ausgeübt hatte.

Raphael Holzhauser, eine moderne Acht

Im 4-3-3 der Stuttgarter hatten diese ihre besten Spiele, als Holzhauser mit Gentner die Doppelacht bildete. Sie unterstützten die Stürmer, zeigten viele Vertikalsprints und waren mitverantwortlich für den Aufschwung nach einem katastrophalen Saisonbeginn. Ähnlich wie bei den Bremern gab es hier eine sehr offensive Achterpaarung vor einem absichernden, aber keineswegs rustikalen Sechser.

Diese Spielweise sorgte letztlich für eine Veränderung in den Resultaten. Einen Sieg, zwei Unentschieden und drei Niederlagen setzte es ohne Holzhauser in der Startformation bislang, mit ihm kamen sie auf drei Siege, zwei Unentschieden und eine Niederlage. Natürlich ist dies eher an der generellen taktischen Ausrichtung, an den Gegnern und der Form festzumachen – doch zumindest an zwei von diesen drei Aspekten war Holzhauser mit seinem Spielcharakter und seiner Leistung mitbeteiligt.

Dennoch gibt es bei dem jungen Österreicher noch einige Aspekte zum Verbessern. Durch seine Größe von 1,93m wirkt er etwas behäbig, faul und lethargisch. Doch nicht alles ist dabei auf seine Größe zurückzuführen, denn Holzhauser hat trotz seiner Technik und Übersicht noch einige klare Defizite in unterschiedlichsten Bereichen seines Spiels.

Holzhauser: noch nicht reif?

Den größten Kritikpunkt könnte er recht schnell ablegen: Ihm fehlt es an der nötigen Anpassung an die höchste Spielklasse. Soll heißen: Oftmals wirkt er unkonzentriert, macht Fehler und kann nicht durchgehend das Tempo seiner Kollegen gehen. Wegen seiner schwächeren Ausdauer musste er sich öfters früher auswechseln lassen.

Diese wirkt sich auch auf seine Defensivarbeit aus, welche schwächer ist als bei seinem Partner Gentner. Sie beeinflusst sogar seine Dynamik, denn er fiel bereits einige Male durch Fouls wegen verspätetem Tackling oder Körpereinsatz auf. Er kann aktuell noch nicht durchgehend das nötige Tempo gehen, um seine taktischen Aufgaben zu erfüllen. Deswegen könnte man ihm vorwerfen, er wäre für seine Position etwas zu offensiv.

Dazu sei allerdings gesagt, dass er diese Position wohl als seine ideale betrachten darf und die nötige Spielpraxis benötigt: er ist groß, bringt das technische und körperliche Rüstzeug mit, um sein Maximum an Potenzial hier zu entfalten. Langfristig könnte er hier seine spielerischen bzw. offensiven Stärken mit ins Spiel bringen, aber auch durchgehend seine defensiven Aufgaben erfüllen.

Damit und zusätzlich zu der Vielzahl weiterer, in den Startlöchern stehender Talente, hätte Stuttgart eine Waffe im Mittelfeld, die zwar nicht spektakulär oder auffällig agiert, aber durch seine Bewegung direkt wie indirekt effektiv ist. Aktuell scheint Holzhauser, seines Zeichens 93er-Baujahr, sogar an die Tür der österreichischen Nationalmannschaft zu klopfen.

Bruno Labbadia tut auch deswegen gut daran, ihn dosiert einzusetzen, aber dennoch die nötigen Minuten und Erfahrungen zu geben. Langfristig wächst hier ein starker Spieler heran, wenn er nur richtig protegiert wird. Und für einen Trainer sollte dies (fast) so wichtig sein wie Erfolge, denn Punkte gibt es in jeder Saison Unzählige, doch spielerische Entwicklungen sind bei jedem Talent nicht nur einmal möglich, sondern auch im wahrsten Sinne des Wortes einmalig.

GoalImpact 14. Dezember 2012 um 23:47

Seine Schwächen in der Defensive scheinen die Stärken bislang zu dominieren. Sein GoalImpact ist jedenfalls schwach. Sehr schwach. Wäre schade, wenn er sein Talent nicht effektiver einzusetzen lernt.

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Alliser 3. Dezember 2012 um 01:14

Ah, wie schön. 🙂 Der letztjährige Kalender hat einen schönen Zweite-Reihe-Rundumblick ergeben, freue mich auf diese Ausgabe.

Wie oben schon genannt, würde ich aber wieder ein offizielles Foto in den Bericht integrieren. Das macht das alles etwas greifbarer.

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laterookie58 1. Dezember 2012 um 18:42

@ RM : sehr gerne schließe ich mich meinen „Vorrednern“ an– die Idee, den Advents- Kalender in 2011 zu kreieren; mehrheitlich!!! die Auswahl der „unbesungenen Helden“, welche mir oft erst durch den jeweiligen Artikel/ die Betrachtung erst wieder ins Bewußtsein gerufen wurden bzw. mich in dargelegter „Wichtigkeit“ für ihr Team überrascht haben; die überraschend ( für mich jedenfalls ) klare und prägnante „Strichführung“ bei der Skizzierung der jeweiligen Spieler, ihre Prägung, aber auch Schwächen für ihr Team in so knapper und doch aussagefähiger, mir klarstens verständlicher Form in minimalistischer „Wortgewalt“: sollte es bis hierher nicht klar sein, daß ich es geliebt habe, so bitte ich um Handzeichen…
Ich bin felsenfest überzeugt davon, daß Ihr uns alle auch dieses Jahr wieder mit Spielern irgendwie überraschen könnt und werdet, die wir in ihrer Auswirkung auf das mannschaftliche Gefüge/ das „Wohl und Wehe“ für das eigene Team so nicht bemerkt/ wert- geschätzt haben ( meine deutlichste Erinnerung an letztes Jahr ist der Spieler RINCON für den HSV… ).

Zwar komme ich mir in der möglichen Auswirkung meiner Kommentare gelegentlich wie ein Speichellecker/ Schleimer vor…
Aber: ich habe Jahrzehnte auf genau das gewartet, was der „Olymp der Taktik- Götter“ mir seit über 12 Monaten täglich schenkt!
Und: ich stehe hinter jedem meiner Worte!

Ich freue mich riesig auf den neuen Kalender…; herzlichen Dank für Deine/ Euer aller Zeit hierfür!!! laterookie58

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DK 1. Dezember 2012 um 14:08

Vielen Dank für den gut geschriebenen Text. Finde die Idee mit dem Adventskalender genau wie letztes Jahr sehr gut.

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Gentnerfan 1. Dezember 2012 um 12:09

Schöner Artikel, gerade seine Defensivschwächen wurden sehr treffend beschrieben. Umso höher bewerte ich es, dass Labbadia es geschafft hat, ihn sehr passend in ein System zu integrieren, wo er sich ein paar Freiheiten erlauben darf, ohne dass hinten gleich Land unter ist. Für mich ein Musterbeispiel dafür, wie sinnvolles Einbauen von Jugendspielern aussehen muss.

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Markus 1. Dezember 2012 um 10:59

Danke für die tolle Aktion,
stelle fest: Schon wieder ein Jahr vergangen, muss mal wieder ne Spende her.

Kurze Anmerkung: Photos wären gut, um ein gleich ein Gesicht vor Augen zu haben.

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PS 1. Dezember 2012 um 10:32

Danke für diesen Adventskalender!
Das Format war schon letztes Jahr super, daher freue ich mich auf die Fortsetzung!

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