Olympiakos Piräus – FC Schalke 04 1:2

Safety first in Piräus: Schalke gewinnt ein schwaches Champions League Spiel verdient gegen kämpferische, aber limitierte Griechen. Kreativität und Tempo waren hier leider Mangelware.

Grundformationen

In Schalkes 4-2-3-1 bildeten Papadopoulos und Matip die Innenverteidigung. Benedikt Höwedes bescherte dies den ungeliebten Job als Rechtsverteidiger, links verteidigte wie gewohnt Fuchs.

Auf der Doppelsechs bot Stevens mit Neustädter einen horizontalen und mit Jones einen vertikalen Spielertyp auf, davor agierte Holtby als beweglicher Zehner. Der U21-Kapitän sollte die Sechser mit seiner Laufstärke unterstützen und in der Offensive die Seiten überladen.

Hinter Huntelaar begann Farfan rechts, sein Gegenüber auf der linken Seite war etwas überraschend Barnetta, der defensiv stärker als Afellay und Draxler ist.

Grundformationen

Olympiakos Piräus lief ebenfalls im 4-2-3-1 auf. Trainer Jardim nahm zwei überraschende Wechsel vor, den einen im Tor, den anderen auf der Spielmacherposition. Für Caroll rückte der routinierte Megyeri zwischen die Pfosten, für den etatmäßigen Zehner Ibagaza spielte der Spanier Fuster.

Ansonsten sah man die erwartete Aufstellung mit der Innenverteidigung Contreras/Manolos und dem offensiven Außenverteidigerpärchen Holebas/Torosidis.

Im defensiven Mittelfeld spielte Modesto etwas tiefer als Maniatis. Ähnlich wie bei den Schalkern gab es hier eine Aufteilung in horizontal und vertikal: Modesto verschob auf die Seiten, Maniatis suchte ab und zu den Weg nach vorne.

Der bewegliche, körperlich starke Stürmer Djebbour sollte mit seinen Läufen in die Zonen hinter den Schalker Außenverteidigern Raum für die Außenspieler Abdoun und Machado schaffen.

Piräus´ Standardangriff

Piräus zeigte in der Offensive  immer wieder das gleiche Muster: Djebbour bewegte sich aus dem Zentrum heraus auf die Flügel und sollte dort mit langen Bällen gesucht werden.

In der Anfangsphase funktionierte dies einige Male gut: Djebbour behauptete die Bälle auf den Außenbahnen und konnte auf die diagonal einrückenden Außen ablegen – die Riesenchance nach fünf Minuten entstand aus einer ähnlichen Szene.

Piräus´nachrückende Außenverteidiger sollten in diesen Situationen für die nötige Breite sorgen, während sich die Sechser nahezu komplett zurückhielten und gegen Konter absicherten.

Später stellten sich die Schalker besser auf dieses Mittel ein. Die Außenverteidiger schoben nicht so weit ein, da das Zentrum ja eh nicht besetzt war. So konnten Fuchs und Höwedes einige Male den langen Ball auf den ausweichenden Djebbour antizipieren und klären.

Schalkes Lufthoheit

Eine der größten Schalker Stärken ist bekanntlich das Kopfballspiel, insbesondere nach Standards. In einem unangenehmen Auswärtsspiel in der Champions League versuchten sie also verständlicherweise immer wieder zu Flanken zu kommen:

Das Zentrum war zumeist überflutet, sodass Neustädter und Jones nur äußerst selten vertikale Pässe auf Holtby oder Huntelaar anbringen konnten. Es lag also nahe, konsequent den Weg über die Außenbahnen zu suchen.

Geflankt wurde sowohl aus dem Halbfeld als auch aus Grundliniennähe. Die Flanken fanden zwar nur äußerst selten einen Blauen, hatten aber zwei große Vorteile: Erstens war Schalke gut gegen Konter abgesichert, da weder Jones und Neustädter mit in den Strafraum gingen und der ballferne Außenverteidiger zusätzlich auf ihrer Höhe absicherte.

Zweitens führten die Flankenversuche zu den für das Schalker Spiel so wichtigen Ecken. Mit Papadopolous, Matip, Höwedes und Huntelaar haben die Schalker hier einiges an Gefahr zu bieten.

Sicherheit geht vor

Das Spiel war über weite Strecken gelinde gesagt langweilig anzusehen. Grund dafür war die mangelnde Risikobereitschaft beider Teams. Flache Kombinationen durchs Zentrum gab es selten zu sehen, und schon gar nicht direkt. Häufig wurde im Spielaufbau ein schwieriger langer Ball auf den Flügel geschlagen, obwohl die Innenverteidiger gar nicht in Bedrängnis waren.

Ein starkes Pressing konnte man nämlich bei keiner der Mannschaften sehen, die Innenverteidiger und Sechser hatten häufig sehr lange Ballbesitzzeiten. TR hatte in seiner Vorschau auf die Schalke-Gruppe den Vorschlag gemacht, Matip solle mit dem Ball ab und zu vorrücken, um das Zurückfallen des gegnerischen Zehners auszunutzen.

Hiervon war allerdings nichts zu sehen, nicht, weil Matip dies nicht erkannte, sondern eher, weil er diese Vorstöße schlichtweg nicht machen sollte. So sah man immer wieder Situationen, in denen Papadopoulos, Matip, Neustädter und Jones hübsch um Djebbour herumspielten, sich danach aber einem kompakten Neunerblock der Gastgeber gegenüber sahen.

Da die Innenverteidiger nicht mit vorrückten, Neustädter dies in der Regel sowieso nicht tut und Jones sich anfangs ebenfalls zurückhielt, war es schwierig für die Schalker, Anspielstationen in der gegnerischen Hälfte zu finden.

Die am wenigsten riskante Variante war dann eben der Ball auf den Flügel: Entweder kontrolliert in den Fuß des Außenverteidigers, der dann öfter mal aus dem Halbfeld flankte, oder hoch auf die Flügelstürmer, die den Ball in der Nähe der Grundlinie erlaufen sollten.

Ein Quäntchen mehr Risiko und Spielfreude: Die zweite Halbzeit

In der zweiten Halbzeit wurde Piräus etwas offensiver, was gerade Holtby gefiel. Dieser fand nun gelegentlich Raum zwischen den Linien und wurde dort vermehrt gesucht. So konnte er einige interessante Szenen einleiten, die mal mehr (Tor Huntelaar) und mal weniger gut zu Ende gespielt wurden.

Piräus kam unterstützt durch die lautstarken Fans mit ihrem körperbetonten Spiel zu einigen Halbchancen über die Außenbahnen, konnten Schalke aber bis auf wenige Ausnahmen nicht in Gefahr bringen.

Die Einwechslung des etatmäßigen Zehners Ibagaza brachte nicht viel, ebenso wenig die spätere Umstellung auf 4-4-2. Papadopoulos und Matip köpften alles aus dem Strafraum heraus, spielerisch kam von Piräus weiterhin äußerst wenig.

Die Konterräume, die sich durch Piräus´offensivere Spielweise boten, wurden von den Schalkern nicht wirklich ausgenutzt, auch hier kommt wieder die fehlende Risikobereitschaft zum Tragen. Man wollte einfach nicht in einen gefährlichen Gegenkonter laufen und schickte folglich nur einen oder maximal zwei Spieler bei Gegenstößen nach vorne, um Huntelaar zu unterstützen.

Mit etwas größerer Übersicht oder eben mehr aufrückenden Spielern hätte Schalke das Spiel früher entscheiden können und musste so am Ende noch einmal kurz zittern.

Zusammenfassung

  • Kaum Pressing auf beiden Seiten
  • Resultat: viel Zeit im Spielaufbau
  • Fokus auf Sicherheit: Positionstreue und unambitioniertes Passspiel sorgen für ein eher unansehliches Spiel
  • Schalke unheimlich stark in der Luft: „Nur“ 61% gewonnene Luftduelle, in den wichtigen Zonen jedoch mindestens 75%

Fazit

Auch an einem spektakulären ersten Spieltag der Champions League muss es Ausnahmen geben – dieses Spiel war so eine. Piräus hatte neben Flanken und Standards nur eine durchgeplante Angriffsvariante in petto, Schalke ging wenig bis gar kein Risiko und verließ sich auf starke Innenverteidiger, Stärke bei Standards und Huntelaars Abschlussqualitäten.

Dies gelang ihnen im Hexenkessel von Piräus ohne zu glänzen – was völlig legitim ist. Ein Sieg, recht wenig Kraftaufwand und die Rolle als Underdog gegen die Bayern am Wochenende sind alles Dinge, die Stevens nur begrüßen wird.

Schalker 19. September 2012 um 11:08

Sehr guter Artikel! Mich würde persönlich noch sehr interessieren was hier von der Leistung von Barnetta gehalten wird.

Antworten

Mareo 19. September 2012 um 14:34

Da ich das Spiel nicht gesehen habe, würd emich die Meinung zur Leistung von Tranquilo ebenfalls interessieren. Er hat den Vorzug vor Affelay bekommen. War dies gerechtfertigt? Er hat einen Elfer herausgeholt, ok, aber auch eine riesen Chance versämmelt (Zusammenfassung gelesen). Aber wie war er sonst?

Antworten

PP 19. September 2012 um 14:52

Mein Eindruck:
Er hat ganz gut nach hinten gearbeitet, war sehr einfach und sicher im Passspiel (88% Genauigkeit), insgesamt unauffällig.Er hatte auch deutlich weniger Ballkontakte als zB Farfan auf der anderen Seite (38-71).

Grund dafür war, dass er vom Flügel ins Zentrum ging, um Raum für Fuchs zu schaffen, der mit dem starken Fuß flanken konnte/sollte. Auf der anderen Seite gab es mit Höwedes/Farfan eine andere Konstellation, weswegen der Peruaner auch deutlich mehr Bälle als Barnetta bekam.

Antworten

Laola 19. September 2012 um 09:02

Schalke war also gut abgesichert, weil „weder Jones und Neustädter nicht mit in den Strafraum gingen“ ? Da ist wohl eine Verneinung zuviel.
Ansonsten guter Artikel, konnte das Spiel leider nicht sehen, aber deine Analyse ersetzt das ja fast noch:)

Antworten

Schreibe einen Kommentar zu Mareo Antworten abbrechen

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

*