Real Madrid – Valencia CF 0:0

Mit zu vielen Spielern im Angriffszentrum besiegte sich Real Madrid selbst.

Deutlich überraschender ist jedoch, dass kein Treffer in dieser Partie fiel. Real Madrid empfing nämlich die Mannschaft von Unai Emery, einem Trainer, der sich selten solche Möglichkeiten entgehen lässt. Valencia hatte zwar keine Chance mehr auf einen Angriff nach ganz vorne, da man schlichtweg extrem weit abgeschlagen ist, dennoch musste man hier gewinnen. Ein Sieg war wichtig, um den dritten Platz in La Liga zu zementieren. Eine relativ defensive Ausrichtung hinten mit schnellem Umschaltspiel über die Flügel war Emerys Mittel, um Real zu knacken. Einige tolle Distanzschüsse komplettierten das durchaus gelungene Offensivspiel Valencias, die sich einige Möglichkeiten erspielen konnten. Die Madrilenen konnten trotz einer deutlichen Überlegenheit in puncto Ballbesitz und Torchancen ebenfalls keinen Treffer erzielen und müssen nun aufpassen ihren Vorsprung auf Barcelona nicht zu verlieren. Nach dem Punktverlust trennen sie nämlich nur noch vier Zähler, wobei Barcelona mit dem Heimrecht und dem Momentum gewisse Vorteile im anstehenden Klassiker auf ihrer Seite hat.

Wechselwirkung der jeweiligen Formationen

Die Gäste begannen mit einer engen Viererkette, in welcher Adil Rami der Taktgeber war. Zumeist übernahm er Cristiano Ronaldo, wenn dieser ins Zentrum marschierte und agierte deshalb  als rechter Innenverteidiger. Mathieu fand sich auf der Bank wieder, Pablo Piatti spielte als Außenstürmer vor dem offensiven Linksaußenverteidiger. Die Idee dahinter war es, Marcelo und generell die Madrider Hintermannschaft heraus zu locken und dann die Angriffe über die nominell  schwächere rechte Abwehrseite des Tabellenführers zu führen. Deswegen war Jordi Alba so eminent wichtig, der Linksverteidiger ging mit dem Ball nach vorne und überlief Piatti, der wiederum versuchte sich in eine gute Position zu bringen sowie Arbeloa von der Außenbahn wegzuziehen. Zentral wartete Aduriz auf Flanken oder Pässe am Anfang des letzten Spielfelddrittels.

Grundformationen zu Spielbeginn

Dies bedeutete für Valencia auch über die rechte Seite sehr dicht zu stehen, was ungemein passend war. Hier kam nämlich Cristiano Ronaldo zum Einsatz und mit einer generell dichteren Abwehrseite rechts konnte man nicht nur das eigene Angriffsspiel richtigseitig forcieren, sondern die größte gegnerische Gefahr unterbinden. Zwei Fliegen mit einer Klappe und Marcelos inverse Diagonalläufe sollten hierzu weiter zuträglich sein. Der brasilianische Außenverteidiger besitzt extreme Stärken in der Offensive, seine Technik und Dynamik stehen nur den wenigsten Flügelstürmern nach und ist deshalb in den meisten Spielen eine große Waffe für Real.

Da die Madrilenen jedoch mit drei extrem zentral orientierten Stürmern in der vordersten Reihe ihres 4-3-3 agierten, war er eine gewisse Blockade. Er zog zumeist Richtung Sechzehnereck, weil er dort im Normalfall mit Kurzpässen noch einen Mann überwindet und dann mit scharfen Hereingaben oder Pässen in den Rücken der Abwehr von der Grundlinie aus gefährlich wird. Problematisch wurde es aber gegen Emerys Team, weil die nötige Breite fehlte. Ronaldo suchte den Torabschluss fast schon extrem, Benzema auf rechts hätte zwar mit seiner Richtigfüßigkeit und Rochaden mit Higuain für Breite und Unausrechenbarkeit sorgen sollen, dies gelang allerdings kaum.

Arbeloa rückte desweiteren zu selten mit auf und auch Özil konnte nur bedingt Breite ins Spiel bringen. Er war gegen die dichte Abwehrreihe der Gäste ohnehin mit vielen eigenen Problemen konfrontiert. Einerseits fehlte der Raum zwischen Viererkette und Abwehr, um mit Gassenpässen die eigenen Stürmer einzusetzen, andererseits hatte er zu viele Gegner um sich herum, um mit Kombinationen in den Strafraum durchzuringen. Benzema hätte mit einer breiteren Position nicht nur mehr Gefahr für sich entfachen können, sondern hätte das gesamte Madrider Offensivspiel entlastet. Dies war auch der Grund, wieso später im Spiel di Maria kam. Der Argentinier agierte sehr breit und forcierte das Spiel über die Seiten, allerdings konzentrierte er sich viel zu sehr auf hohe Flanken. Scharfe Hereingaben am Boden oder Pässe in den Rücken der Abwehr hätten mehr Gefahr entfacht. Jetzt allerdings wieder zurück zum Grundproblem der Königlichen in dieser Partie.

Überladenes Zentrum und der linke Flügel

Mit der defensivorientierten rechten Seite in Person von Feghouli im Mittelfeld sowie Costa als Außenverteidiger wurde Marcelo von seinem kongenialen Partner Ronaldo abgeschnitten. Letztlich war er aber mitverantwortlich, dass Real zu sehr auf Distanzschüsse und Schüsse unter Bedrängnis setzen musste. Er adaptierte sein Spiel nicht schnell genug, um durch ein breiteres Spiel die Schnittstellen der Gegner zu öffnen. Diese standen in der Abwehr nämlich sehr eng.

so sah das überladene Zentrum aus

Rami und Ruiz schlossen zumeist Higuain ein, während der Außenverteidiger Ronaldo bei seinen Läufen ins Zentrum folgte. Ab der Mitte half ihm Rami, dann würde Topal die Passwege zur Seite sperren und Ruiz Higuain enger decken. Topals Positionierung war generell sehr wichtig für das Spiel, defensiv wie offensiv. Der türkische Nationalspieler agierte deutlich tiefer als Parejo und verteilte von hinten einfache Bälle, während Parejo das Spiel nach vorne vertikal ankurbelte. Desweiteren saß Topal kompakt vor der Viererkette, sammelte lose Bälle ein und half mit, wenn sich jemand von Real vor dem Tor in Szene setzen wollte. Damit ist gemeint, dass er Ronaldo unter Bedrängnis setzte sowie schnelle Kombinationen mit Higuain und Benzema absperrte. Oftmals blieb keine Option als ein Rückpass.

Özil wurde in weiterer Folge von Parejo übernommen, dieser konnte den Spielmacher je nach Situation in der Abwehr stellen oder ihn generell tiefer halten. Dies konnte er deswegen, weil Özil teilweise (und das sehr richtig) vor dem überfüllten Zentrum flüchtete. Benzema rechts wartete zwar auf Lochpässe, diese kamen jedoch dank der Positionierung der Valencia-Abwehr nur allzu selten. Jordi Alba und Ruiz nahmen ihn in die Mangel, teilweise rückte Alba stärker ein und konnte nicht auf einen Ballgewinn spekulieren, zumeist kam dann aber Piatti etwas tiefer.

Feghouli kümmerte sich um das Aufrücken Marcelos, der somit in gewisser Weise eine Art Manndeckung hatte. Mit Costa, der sich zwischen Marcelo und Özil befand, wollte man einerseits weitere Passwege Ronaldos absperren, andererseits einen Spieler haben, der situationsbedingt pressen konnte. Feghouli würde dann Marcelo in Ballbesitz stellen und ihn abdrängen versuchen, während einer der beiden Costas zur Hilfe kommen und der andere die Position in der Abwehr übernehmen würde. Alberto Costa diente desweiteren als schnelle Umschaltstation im Spiel nach vorne bei erfolgreichem Ballgewinn. Aduriz drückte das Spiel in die Tiefe, manchmal kam er jedoch mit nach hinten, teilweise übernahm er sogar Khedira, der sich aber viel zu ineffektiv und manchmal gar zu zurückhaltend zeigte.

Fazit

Ein sehr interessantes Spiel von beiden Seiten und Valencia zeigte sich beim Kontern gefährlich. Trotz numerischer Unterzahl in der Offensive konnte man sich Chancen erspielen  und beide Teams hatten überaus Glück, dass man kein Tor erhielt. Mehrere Pfosten- und Lattenschüsse sorgten für eines der spektakulärsten 0:0 dieser Saison. Casillas konnte einige Male glänzend parieren, zeigte sich aber teilweise sogar ungewohnt unsicher – sein Pendant bei Valencia, Guaita war allerdings der beste Mann des Spiels.

Tobias 10. April 2012 um 21:47

Wieder mal ein schöner Bericht. Ich würde jedoch eher von einer überladenen linken Angreifsseite sprechen. Selbst Di Maria ist kurz nach seiner Einwechslung von seiner angestammten rechten Seite auf links gewechselt. Lag das nur an der Asymmetie der Außenverteidger (Marcelo vs. Arbeloa), wollte Di Maria mit seinem starken Fuß flanken anstatt invers zu spielen oder hatte das Gründe, die im System von Valencia liegen? Nach dem Bericht war die rechte Abwehrseite von Valencia ja defensiv eher stärker besetzt. Eventuell hat Mourinho im Nachinein bereut, Altintop dieses Mal nicht im Kader gehabt zu haben. Er hätte ja gegen Ende einen offensiven rechten AV mit gefährlichen Flanken spielen können.

Antworten

Niklas 10. April 2012 um 12:48

Finde deine Analyse ehrlich gesagt ein wenig oberflächlich. Hast zwar gut dargestellt, wie Valencia, vor allem in der 1. Halbzeit, das Madrid Offensivspiel ein wenig lahm gestellt hat, aber hast auch einige Punkte nicht genannt. Zum Einen, dass Costa bei Ballbesitz Madrid recht hoch stand. Dies hatte einen Grund, denn er deckte einerseits den Aufbauspieler Alonso, andererseits, wenn Alonso den Ball hatte, die Passoptionen zustellte. Da Sergio Ramos wegen einer Gelbsperre und Mourinho Albiol und Pepe, die bei der Spieleröffnung paar Probleme haben, in der IV aufstellte, funktionierte die Spieleröffnung bereits nicht so gut wie sonst. Hier hätte ich mir gewünscht, dass anstatt Albiol Varane aufgestellt wird. Zum Anderen hast du nicht dargelegt wie gut das Offensivspiel von Valencia funktioniert hat. Denn dadurch, dass Topal recht tief gespielt hat, konnten die Außenverteidiger recht hoch agieren, sodass die Außenspieler Feghouli und Piatti recht zentral waren. Was zudem Valencia zugute kam, war der Fakt, dass Madrid bei gegn. Ballbesitz in manchen Situationen in einem 4-2-4 spielte. So waren Khedira und Alonso meist überfordert den Raum im Mittelfeld abzudecken aufgrund der Unterzahl im Mittelfeld. Darüber hinaus agierte Madrids Abwehr sehr tief und so war der Abstand zwischen Abwehr und den Offensivspielern sehr groß und in diesem Bereich entstanden bei Ballbesitz Valencia zu große Räume. Vor allem die Außenverteidiger Arbeloa und Marcelo waren augfrund der mangelhaften defensiven Unterstützung ihrer Vorderleute Ronaldo bzw. Benzema oft in Untezahl.

Antworten

max 9. April 2012 um 22:37

bzgl des ersten kommentars habe ich schon unter dem kommentar von rudelbildung etwas geschrieben.

ja, mir fällt jetzt auch kein spieler ein, der in der hinsciht besser als iniesta ist.
was aber auffällt: unter guardiola hat die laufwege ohne ball „systematisiert“, vor allem die diagonalläufe in die spitze werden von fast jedem offensivspieler getätigt (und alves, der eigentlich auch ein offensiver ist). etwas, was bayern oft fehlt meiner meinung nach und sie unbedingt gegen real brauchen.

Antworten

asti80 9. April 2012 um 21:45

Was mich bei Valencia beeindruckt ist die Tatsache, das Mehmet Topal einen so unaufgeregten und sehr soliden Job macht.
Ich als emsiger Beobachter des türkischen Fussballs freue mich immer wieder, wenn ein Landsmann in einer europäischen Topliga sich durchbeißt. Und bei Topal ist dies sehr wohl der Fall.
Als reiner DM muss er ja auch nicht das Spiel machen, aber wenn es ums defensive Denken geht, macht er einen sehr zuverlässigen Job und stopft Löcher und ist sich oft nicht zu schade sich bis zur IV zurückfallen zu lassen um dort für ein Übergewicht zu sorgen.

Antworten

Erkan 10. April 2012 um 19:11

Genauso denke ich auch und sein Spiel kann man im folgenden Video auch bewundern:
http://www.youtube.com/watch%3Fv%3DQxH_A8ufs2g

Aber er hat auch ein paar schöne und wichtige Pässe gespielt, die zwar sehr einfach gehalten sind, doch was anderes hat man von ihm wohl nicht verlangt.
Gerade dass er teilweise als dritter IV, quasi als der Vorstopper, agiert hat bzw. agieren sollte, war der Coup bei der ganzen Sache und Topal hat seine Aufgabe sehr gut gemeistert.

Taktik, System, Grunstärken etc. sind alles wichtige, vllt. die wichtigsten Punkte im Fußball, aber die individuelle Form der Spieler kann auch immer mal spielentscheidend sein und den Gegner zwingen ihren Matchplan über den Haufen zu werfen. Deshalb würde ich vllt. etwas mehr darauf eingehen, was teils im Fazit getan wurde, aber dies evtl. etwas verstärkter tun.

Antworten

max 9. April 2012 um 19:30

eine anmerkung:
özils schwäche ist, dass er nicht raum für andere schaffen kann, sah man ziemlich deutlich in diesem spiel. im vergleich zu iniesta z.b., der ein deutlich kompletterer spieler ist, und immer wieder mit energischen läufen ohne ball die gegenspieler auf sich zieht. emerys ziel war es offensichtlich, den raum für real madrids offensive so klein wie möglich zu halten, sprich jeden freien, für valencia gefährlichen meter zu „decken“ (auf englisch hätte ich das besser ausdrücken können).

Antworten

RM 9. April 2012 um 20:58

Bezüglich deinem ersten Kommentar gebe ich dir sogar teilweise recht – Real hatte mehr Chancen, unter anderem sehr große wie von Benzema oder Ronaldo, dennoch fiel einem Valencia ins Auge. Habe beim Analysieren auf whoscored.com gecheckt und mir fiel auf, dass ich es viel ausgeglichener im Blick hatte. Eventuell liegt es daran, dass die konternde Mannschaft bei ihren Angriffen einfach viel mehr Raum zum Angreifen und dadurch auch mehr „Gefahr“ zu entfachen scheint. Oder: die Statistiken lügen einfach.

Zu Iniesta/Özil darf ich dir zustimmen. Özil kann allerdings durchaus Räume öffnen ohne Ball, ist aber damit nicht so stark wie mit Ball. Iniesta ist meiner Meinung nach beim ersteren sogar mit der weltbeste, bei zweiterem aber eben auch.

Antworten

max 9. April 2012 um 19:18

ich habe jetzt nur den ersten absatz gelesen. diese deutliche chancenüberlegenheit für real gab es nicht, 12 zu 9 für real, allerdings hatte valencia die meiner meinung nach besseren chancen.

Antworten

Rudelbildung 9. April 2012 um 20:40

Max: In dem Artikel steht „Die Madrilenen konnten trotz einer deutlichen Überlegenheit in puncto Ballbesitz und Torchancen ebenfalls keinen Treffer erzielen und müssen nun aufpassen ihren Vorsprung auf Barcelona nicht zu verlieren.“

Das sind für mich einfach nur Fakten. Eine Torchance kann vieles sein, und Real hatte laut whoscored 32 Torschüsse, davon 10 aufs Tor, 14 vorbei, und 8 geblockt. Valencia hingegen hatte nur 17 Torschüsse, von 4 aufs Tor gingen und 2 Aluminium trafen, während 9 vorbei gingen und 4 geblockt wurden. Dies ist für mich eine deutliche Chancenüberlegenheit, auch wenn man die Qualität dieser diskutieren kann und dadurch auch wer die besseren hatte.

Da Real gleichzeitig 60% Ballbesitz und 11:5 Ecken hatte sehe ich nichts, was man an dieser Bemerkung kritisieren kann, die Zahlen geben RM ja recht. Wie gut diese Chancen dann im Endefekt waren ist eine andere Sache, die man diskutieren kann, dass Real mehr hatte steht für mich allerdings außer Frage.

Antworten

max 9. April 2012 um 22:26

ja, deutliche überlegenheit in punkto torchancen, was aus der statistik, die ich dazu gesehen habe (und dem spiel, was ich gesehen habe), nicht ganz hervorgeht.
ocasiones de gol (torchancen): 12 zu 9.
das waren die zahlen, die von dem sender nach dem spiel gezeigt wurden.
bei whoscored habe ich nicht geschaut. diese zahlenspielerei ist jetzt auch nicht soo wichtig, war nur ne anmerkung von meiner seite aus.

Antworten

Schreibe einen Kommentar zu max Antworten abbrechen

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

*