Juventus Turin – SSC Napoli 3:0

Das Topspiel der Serie A bot kaum Außergewöhnliches. Es war ein Spiel, auf das in vielen Punkten das Schild „normaler Durchschnitt“ sehr gut passte. Am Ende wurden einige „alte“ Erkenntnisse unterstrichen.

Gegen die zuletzt oftmals siegreichen Titelverteidiger aus Mailand hat Juventus mit seinen vielen Unentschieden ein wenig an Boden im Meisterkampf verloren und musste nun den Patzer des Konkurrenten vom Samstag unbedingt nutzen. Gleiches wollte auch Napoli tun, die nur knapp hinter den ohne Miro Klose krisengeschüttelten Laziali lagen und an diesen auf den dritten Rang vorbeiziehen wollten.

Grundformationen

Mittlerweile ist Napolis wohl als 3-4-2-1 zu beschreibendes System mit Dreierkette fast überall bekannt – und wie schon im Hinspiel waren somit die Aufstellungen beider Trainer vorhersehbar, denn während Napolis Coach Walter Mazzari nichts Grundlegendes an seinem Team veränderte, tat Juves Trainer Antonio Conte das, was er eigentlich immer tut, wenn der Gegner eine Dreierkette spielt, nämlich selbst auf eine solche umzustellen.

Dieses 3-5-2 sorgt zwar für mehr defensive Stabilität, doch geht dadurch bei den Turinern oftmals die Offensivstärke ab – so war es kein Wunder, dass diese Begegnung sehr schleppend in die Gänge kam und gerade im ersten Durchgang kaum sehenswerten Fußball oder nennenswerte Szenen produzierte. Vielmehr neutralisierten sich beide Teams in einer ereignisarmen und wenig interessanten Begegnung.

Weitgehende Neutralisation durch direkte Zuordnungen

Dies lag besonders an den direkten Zuteilungen, die sich auf dem Feld durch die Formationen ergaben. Auf den Außenbahnen gab es direkte Duelle zwischen den jeweiligen Wing-Backs, von den sich allerdings keiner besonders in Szene zu setzen vermochte – Maggio musste recht früh ausgewechselt werden, während die defensiven Schwächen seines Ersatzmannes Dossena von Lichtsteiner nicht aufgedeckt werden konnten. In der Innenverteidigung spielte Napoli eine Manndeckung auf die beiden Stürmer Juventus´, wobei diese je nach Situation und Verhalten der Stürmer von allen drei zentralen Verteidigern ausgeführt werden konnte – Vucinic ließ sich oft fallen, wurde aber sehr gut und intelligent abgeschirmt. Dass er dies tat, lag daran, dass sich auch im Mittelfeld direkte Duelle ergaben, allerdings weder Vidal noch Marchisio offensiv genug agierten, um angesichts der verringerten Offensivkraft und der ineffektiven Flügel für eine Brücke zu den Stürmern zu sorgen. Auch Pirlo wurde situativ von einem der Stürmer, meistens Hamsik, bearbeitet, was allerdings von Zeit zu Zeit weniger funktionierte, während die beiden Kollegen auf die zentralen Verteidiger der erneut in ihren gewöhnungsbedürftigen Auswärtstrikots spielenden Turiner aufpassten und die Wege ins Mittelfeld zusperrten.

Somit neutralisierte Napoli die Offensivkraft des noch ungeschlagenen Tabellenzweiten weitgehend und konnte durch die direkten Duelle auch schon früher attackieren, so dass Juventus gar keine wirkliche Spielkontrolle erhielt – mit der Zeit konnte sich Pirlo aber besser befreien und dem Spiel seinen Stempel aufdrücken. Umgekehrt gelang es Napoli kaum, ihre gefürchteten Konter anzubringen, obwohl sie mit ihrem Offensiv-Trio Gleichzahlsituationen mit Schnelligkeitsvorteil gegenüber der Juventus-Abwehr hätten kreieren können, doch blieb es hier durch ein eher schwaches Umschalten bei zwei Annäherungen aus der Anfangsphase.

Napoli offensiv harmlos

Ein einziger interessanter Punkt war, wie sich die meistens fehlende defensive Mitarbeit der beiden Juventus-Stürmer auf das Spiel auswirkte. Bei gegnerischem Ballbesitz formierte man sich in einer defensiven 5-3-Stellung, wobei zwischen den beiden eng stehenden Reihen und den beiden Stürmern ein sehr großer Raum für Inler und Gargano geöffnet wurde. Diese konnten allerdings kaum etwas damit anfangen, da sie von den gut pressenden Vidal und Marchisio ausgeschaltet wurden.

Da auch die drei Offensivkräfte keinen guten Tag erwischten und abgemeldet waren sowie die Wing-Backs – Maggios Fehlen wirkte zudem schmerzhaft – durch direkte Deckung ihrer Stärken beraubt wurden, fehlte es Napoli an weiteren Optionen im Spiel nach vorne, denn ausgerechnet die vorne bleibende Doppelspitze sorgte dafür, dass sich die Innenverteidiger Napolis und besonders Campagnaro sehr vorsichtig zeigten und daher oftmals nicht als die große Hilfe im Aufbau erwiesen, die sie normalerweise geben können. Dadurch reichten die Umstellung auf Dreierkette und das konsequente direkte Pressen der zentralen Mittelfeldspieler samt dahinter als „freiem Mann“ absicherndem und Passwege versperrendem Pirlo aus, um Napolis Angriffsproduktion auf sporadische Versuche eines Überladens auf rechts (Zuniga, Hamsik, Lavezzi, Cavani) zu begrenzen.

Zweite Halbzeit und Tore

Nach dem Pausenstand von 0:0 sollten in der zweiten Hälfte noch Treffer fallen. Für das erste Tor brauchte es allerdings eine Standardsituation, die auch noch auf sehr kuriose Art und Weise zur Führung für die Hausherren durch Bonucci führte (53.). Dieser Spielstand veränderte die Partie nachhaltig.

Nun riskierte Mazzari angesichts des Rückstandes mehr und brachte mit Pandev einen zusätzlichen Stürmer für Inler, so dass Hamsik den Part neben Gargano übernahm. Durch diese sehr offensive Spielweise öffnete man allerdings das Mittelfeld erheblich, was auch vom für Hamsik eingewechselten Dzemaili nicht behoben werden konnte. So kamen Vidal und Marchisio nun immer wieder frei und sorgten mit einem blitzsauberen Konter im Duett für die Entscheidung (75.).

Fazit

Es war kein besonders gutes Spitzenspiel, welches Juventus allerdings letztlich verdient für sich entscheiden konnte. In der ersten Halbzeit opferte man Offensivstärke für defensive Stabilität, was auch gut funktionierte. Durch das immer stärker und dominanter auftretende Mittelfeld verdiente man sich dann allerdings die Führung gegen defensiv gute, aber nach vorne sehr enttäuschende Neapolitaner. Mit den Umstellungen nach dem Rückstand lag Mazzari dann daneben, so dass Juventus den Sieg nach Hause bringen konnte. Allerdings muss man auch Antonio Conte ein wenig kritisieren, denn nicht nur das 3-5-2 ist eine durchaus diskussionswürdige Wahl, sondern auch bei seinen Personalentscheidungen ist manches nicht nachzuvollziehen, beispielsweise die erneue Aufstellung von Boriello, obwohl dieser schon bei mehreren Auftritten mehr als schwache Leistungen zeigte. So lange allerdings die Ergebnisse in diesem Maße stimmen, hat Conte die Argumente auf seiner Seite.

Galia 2. April 2012 um 17:38

für das 352 sprechen mehrere Gründe:
1. die def. Stabilität im Zentrum gegen die „3 Tenöre“
2. Pirlo auf der Position des 6ers
3. das Fehlen von geeigneten offensiven Flügelspielern (die Ausbootung von Krasic und Elia muß man akzeptieren)
4. das Vorhandensein von 3 starken Innenverteidigern

Außerdem hat sich Conte bis auf die Position des MS auf eine erste Elf festgelegt. Im 433 spielt Pepe statt De Ceglie/Bonucci. Deshalb kann ich die Aussage von „manchen fragw. Personalentscheidungen“ nicht ganz nachvollziehen.

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juventino 2. April 2012 um 16:29

Eine gute Analyse wie immer, entspricht sehr meiner Meinung. Ich habe aber eine kleine Frage zum Fall Borriello: Was glaubt ihr, wieso Conte so an ihm festhält? Glaubt ihr er hofft auf eine Entfaltung Borriellos, ähnlich wie der von Matri im letzten Jahr? Oder glaubt ihr es hat taktische Gründe?

Sonst möchte ich sagen, macht auf jeden Fall so weiter!

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Bari 2. April 2012 um 15:25

Ich finde den Artikel durch aus interessant! Ich schlage aber vor, den ersten Satz irgendwie zu ändern, denn auf der Homepage wird eben nur dieser angezeigt, und das verleitet nicht gerade dazu, den Artikel zu lesen… 😛

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TR 2. April 2012 um 16:04

Geändert 😉

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