VfB Stuttgart – 1. FC Nürnberg 1:0

Das erste Sonntagsspiel des 27. Spieltages sollte richtungsweisend für beide Teams sein: Der VfB Stuttgart wollte sich auf einen Europa League Rang schieben, der 1. FC Nürnberg den Abstand zu den Abstiegsplätzen vergrößern. Am Ende triumphierten die Stuttgarter.

Beide Trainer hatten vor der Partie mit Personalproblemen zu kämpfen: Nürnbergs Coach Hecking setzte auf ein 4-2-3-1 und baute auf die Stuttgarter Leihgabe Didavi auf der Zehnerposition. Bruno Labbadias größte Sorgen betreffen im Moment die Außenverteidigerpositionen:  Boka, der wenig Spielpraxis vorzuweisen hatte, durfte auf links ran, während rechts der eigentlich etatmäßige Linksverteidiger Sakai eine ungewohnte Rolle übernehmen musste.

Nürnberg offensiv stärker…

Gäste-Coach Hecking hatte diese Konstellation offensichtlich als Schwachpunkt erkannt. 80% ihrer Angriffe liefen über die Flügel, über die sie gerade in der Anfangsphase mit schnellen Kontern die Stuttgarter bezwingen wollten. Diese Taktik ging voll und ganz auf: Boka fand zunächst überhaupt nicht ins Spiel und hatte große Probleme mit Chandler. Der US-Amerikaner zeigte eine starke Leistung und war flexibel auf beiden Flügeln anzutreffen. Mit seinen flachen Flanken leitete er die zwei größten Chancen der ersten Halbzeit ein, die von Hlousek (an den Pfosten, 7.) und von Feulner (auf der Linie gerettet, 8.) freistehend vergeben wurden.

Überhaupt hatten die Clubberer in der Anfangsphase ein spielerisches Übergewicht. Stuttgarts Pressing setzte den Gegner zu selten unter Druck. Gerade das Gegenpressing war schwach, so dass die Nürnberger nicht konsequent genug vom Kontern abgehalten wurden. Im Mittelfeld gewannen alle Franken die Mehrzahl der direkten Duelle gegen ihre Gegenspieler. Im starken Kombinationsspiel fiel einzig negativ auf, dass eine Präsenz im Sturmzentrum fehlte. Esswein fand in der vordersten Position zu selten statt, seine hohe Endgeschwindigkeit und seine Dribblings konnten zu selten in Szene gesetzt werden, selbst wenn er sich auf den linken Flügel fallen ließ. Dennoch waren die Nürnberger offensiv wesentlich auffälliger als ihre Gegner.

… und auch defensiv wachsam

Auch defensiv präsentierte sich der Club gut vorbereitet: Flexibel wechselten sie zwischen 4-4-1-1 und 4-2-3-1 und übten im Mittelfeld großen Druck aus. Zudem hielten sie die Abstände zwischen Mittelfeld und Verteidigung extrem klein, so dass VfB-Spielmacher Hajnal kaum Platz zum Bespielen fand. Er musste sich weit zurückfallen lassen, blieb aus der tiefen Position aber blass.

Auch gegen Stuttgarts Angewohnheit, mit bis zu fünf Spielern den Bereich die Abseitsgrenze zu überladen, hatten sie ein Gegenmittel: Simmons ging in solchen Situationen nach hinten, es entstand eine undurchlässige Fünferkette. Dadurch dass sich Simmons zudem oft an Harnik orientierte, fand dieser nicht ins Spiel. Der Nürnberger Sechser verweigerte Labbadias wichtigem Schlüsselspieler den Zugang zu den Kombinationen der Stuttgarter. Grundsätzlich machten die Gäste vieles richtig, einzig die Chancenausbeute war schwach – die erste Halbzeit blieb trotz eines Torschussverhältnis von 10:3 torlos.

Zweite Halbzeit ausgeglichener

Nach der Pause variierten beide Teams ihre Taktik leicht: Bei Nürnberg schob nun Balitsch etwas aggressiver vor, so dass öfters ein 4-1-4-1 zu erkennen war. Offensichtlich wollte Hecking mehr Druck auf die gegnerischen Sechser ausüben. Auf der anderen Seite tauschten Cacau und Schieber die Position. Der bis dahin unauffällige Schieber ging nun in die Spitze und wurde Anspielpunkt für hohe Bälle.

In der Folge funktionierte Labbadias Wechsel ein wenig besser als der seines Kollegen. Cacau zeigte sich an diesem Nachmittag in guter Spiellaune und fand auf der Flanke besser ins Spiel als der blasse Schieber. Aus dieser Position konnte er besser mit seinen kreativen Pässen zum Spielfluss seines Teams beitragen. Zudem hatten die Stuttgarter nun mit hohen Bällen ins Zentrum eine weitere Option, da Schieber diese mit seiner physischen Präsenz halten bzw. weiterleiten konnte. So legte er mit einer Kopfballverlängerung die bis zu diesem Zeitpunkt beste Chance durch Harnik auf (50.). Auch das Pressing verbesserte sich durch diesen Wechsel, Schieber und Cacau arbeiteten auf ihren neuen Positionen besser gegen den Ball.

Die Nürnberger hingegen konnten das hohe Tempo der ersten Halbzeit nicht aufrechthalten. Da die Stuttgarter Außenverteidiger nun defensiv strikt ihre Position hielten und darüber an Sicherheit gewannen, kamen sie seltener gefährlich über die Flügel als noch in Halbzeit eins. Auch das Pressing gegen die Sechser war nur leidlich erfolgreich, da nun die Innenverteidiger sowie der teilweise ziemlich tief agierende Cacau mehr Verantwortung im Spielaufbau übernahmen. Am Ende war es jener Cacau, der den Angriff zum Siegtreffer von der linken Seite aus sowohl einleitete als auch nach einem schönen Doppelpass mit Hajnal abschloss (78.). Trotz einer Umstellung auf ein 4-4-2 konnte Nürnberg nicht mehr den Ausgleich erzielen, in der Schlussphase wirkten sie nach der aufwendigen ersten Halbzeit müde.

Fazit

Der VfB Stuttgart hat nach der schwachen ersten Halbzeit in die Partie zurückgefunden. Ein aggressiveres Zweikampfverhalten sowie der Positionstausch von Schieber und Cacau brachten die Schwaben auf die Siegerstraße. Trotz der guten Form ist nicht alles eitel Sonnenschein bei Labbadias Elf. Im Moment jedoch haben sie neben der hohen Effizienz das Glück, das ihre Gegner gegen sie stets mit kleinen oder großen Schwächen zu kämpfen haben.

Beim 1. FC Nürnberg hieß diese Schwäche die Chancenausbeute. Vor Ulreichs Kasten fehlte ihnen die Kaltschnäuzigkeit und auch das Quäntchen Glück. Trotz 13:4 Ecken und 17:9 Torschüsse fuhren sie ohne Punkt nach Hause. Dennoch war ihre Leistung besonders vor der Pause sehr ansehnlich. Bei ihrer eigentlich starken Kollektivleistung fiel einzig Esswein ein wenig ab, dessen Stärken als alleinige Spitze verschenkt schienen.  Es könnte sich im Abstiegskampf jedoch noch als problematisch erweisen, dass sie nun schon zum wiederholten Male einen möglichen Sieg mangels Knipserqualitäten verschenkten.

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