FC Bayern München – 1. FC Kaiserslautern 2:0

Nach dem Sieg gegen Stuttgart unter der Woche wollten sich die Bayern nun auch in der Liga aus der vermeintlichen Krise schießen. In der heimischen Allianz-Arena empfing man mit Kaiserslautern einen Gegner, welcher nichts zu verlieren hatte beziehungsweise sogar mit einem Unentschieden zufrieden gewesen wäre, und bekanntlich liegen den Münchnern solche Gegner in den letzten Wochen kaum. Es war schließlich keine berauschende Vorstellung der Bayern, aber gut genug, um ohne große Probleme zu gewinnen. In einem träge ablaufenden Spiel behielt der Rekordmeister über neunzig Minuten die Oberhand und setzte sich souverän mit 2:0 durch.

Wechselwirkung der jeweiligen Formationen

Grundformationen zu Beginn

Die Bayern traten mit ihrem klassischen 4-2-3-1-System an, wenngleich sich bei der Aufstellung und der Formation bei genauer Betrachtung einiges verändert hatte. Ohne die eigentlichen Stammspieler Robben und Schweinsteiger rückte Alaba auf die Doppelsechs neben Luiz Gustavo, während Müller im Zentrum für Kroos Platz machte und sich auf dem rechten Flügel wiederfand. Die Viererkette war ohne van Buyten mit Boateng und Badstuber im Zentrum so aufgestellt, wie zu Saisonbeginn und sie sicherten die offensiven Außenverteidiger Rafinha und Lahm ab. Auffällig war bei diesen beiden, wie sie sehr unterschiedlich und beinahe paradox agierten. Rafinha zog sehr oft ins Zentrum, obwohl er der richtigfüßige Flügelverteidiger der beiden war. Lahm hingegen konnte sich natürlich nicht seinem Instinkt erwehren und bewegte sich ebenso einige Male Richtung Spielfeldmitte, doch hauptsächlich konnte man ihn überraschend breit auf dem Spielfeld postiert wiederfinden. Alaba und Gustavo sicherten diese Offensivausflüge ab, besonders Gustavo hielt sich sehr weit hinten auf und bildete einige Male mit Boateng und Badstuber eine verkappte Dreierkette, wenn Bayern im Ballbesitz kollektiv bis ins zweite Drittel aufgerückt war. Vorne spielten Ribéry auf links als inverser Winger und Müller auf rechts, der breiter agierte. Ursache war, dass er dadurch Ribéry mehr Raum gewähren und Rafinha Platz zum Aufrücken geben sollte, um mehrere Optionen in der Offensive effektiv zu machen. Hier appellierte Jupp Heynckes an Thomas Müllers Spielintelligenz, der je nach Bedarf die Seite hielt, ins Zentrum rückte oder sich ins Sturmzentrum bzw. gar ins Mittelfeld fallen ließ. Zentral spielte Toni Kroos hinter Mario Gomez, ersterer diente natürlich als Durchgangsstation und Ballverteiler im letzten Drittel, letzterer sollte der Abnehmer für die Flanken und Pässe seiner Mitspieler sein. Doch nicht nur das und seine Rolle als Prellbock waren von wichtiger Funktion für die Bayern, auffällig war ebenfalls, wie oft er auf die linke Außenbahn auswich und sich Richtung Ribéry bewegte. Einerseits um im Zentrum eine Lücke zu lassen und dadurch Überzahl auf den Seiten zu erzeugen, was den kleinen Franzosen das Spielen erleichterte, andererseits um sich selbst aus dem Klammergriff der beiden Innenverteidiger zu befreien. Weitere Punkte, welche Vorteile diese Rochaden besitzen, findet man in folgendem Artikel.

Die roten Teufel aus der Pfalz traten mit einem 4-5-1 an, welches allerdings jederzeit zu einem 4-4-2 oder 4-2-3-1 werden konnte. Hinten sicherte eine Viererkette vor Trapp die Abwehr und hielt sich in ihren Offensivausflügen relativ bedeckt, obwohl sich die Außenverteidiger sporadisch mit nach vorne einschalteten. Yahia und Abel verteidigten hauptsächlich gegen Gomez und wurden von einem dichten defensiven Mittelfeld unterstützt, welche sich aber je nach Formation des Gegners fluid anpasste. Petsos auf der Sechs veränderte beispielsweise seine Position so, dass er manchmal als Cover für die beiden anderen Spieler fungierte, andererseits bildete er einige Male mit einem der beiden, vorzugsweise Fortounis, eine Doppelsechs. Dann rückte Tiffert auf oder Sukuta-Pasu Richtung Sturmzentrum und man versuchte den Gegner stärker unter Druck zu setzen oder ein Loch in der gegnerischen Abwehr bei eigenem Ballbesitz zu reißen. Als einziger klar erkennbarer Stürmer war Wagner der Wandspieler ganz vorne, der ehemalige Bayer konnte sich jedoch nur selten durchsetzen.

Bayern bündelt sich links

Bevor Arjen Robben kam, war der häufigste Kritikpunkt die starke Asymmetrie im bairischen System. Mit Schweinsteiger oder Altintop, teilweise Sosa und später Spielern wie Pranjic und Müller gab es nur einen einzigen wirklich passenden Spieler – Thomas Müller – der für einigermaßen Gefahr sorgen konnte und die Dominanz der linksseitigen Angriffe brechen konnte. Dies gelang ihm allerdings ebenso nur an guten Tagen oder an Ribérys schlechten und deshalb war es trotz der großen medialen Kritik an Robben in den letzten Wochen eine Überraschung, als sich Robben auf dem Spielbericht als Ersatzspieler fand. Hinzu kommt natürlich Philipp Lahms inverse Rolle und Kroos verstärktes Ausweichen auf die linke Außenbahn, in diesem Spiel kam sogar bewusst die Rolle Gomez‘ dazu. Es wirkt, als ob Heynckes eine interessante Lösung auf das Problem der vereinfachten Doppelung Ribérys sucht und vielleicht sogar gefunden hat. Mit Müller auf der rechten Außenbahn und einem fluiden Sturmzentrum mit einem Spielmacher á la Kroos dahinter wird Ribéry in sämtlichen Belangen unterstützt – Müller macht das Spiel breit und öffnet Räume, Gomez schafft mit seinen Läufen Anspielstationen und Räume, während Kroos absichert und sichere Pässe sowie gefährliche Gassenpässe spielen kann. Ribéry kann sich sowohl ins Mittelfeld fallen lassen, zu seinen Läufen ansetzen und dank Lahms veränderter Rolle als nun mehr klassischer Außenverteidiger wurde ihm sogar die Aufgabe abgenommen, konstant für Breite zu sorgen. Es war eben diese Kombination, welche für das Führungstor von Mario Gomez sorgte. Diese Symbiose und wiedergefundene Rolle Lahms könnte an frühere gemeinsame Zeiten anknüpfen, allerdings ist abzuwarten, wie sich die Personalien um diese beiden herum entwickeln. Müllers breite Position wurde durch Rafinhas inversere Rolle sehr gut unterstützt, doch mit Arjen Robben, der früher oder später seine Chance erhalten wird, kann dies nicht mehr so praktiziert werden. Ein weiterer Punkt ist die Defensive. Kaiserslautern machte die Schwachstelle der Bayern auf der linken Seite aus, wo man Ribéry und Lahm als löchrig erkannt haben, aber damit eine sehr falsche Entscheidung getroffen zu haben, wie es schein. Zwar versuchte man über die gesamte Spielzeit die meisten Angriffe über diese Seite, doch sie schlugen großteils fehl – Ribéry kämpfte und half Lahm hinten mit, was zu einer guten bis sehr guten Leistung in beiden Bereichen für den Franzosen sorgte. Alaba als Linksfuß und Gustavo als Linksfuß sorgten desweiteren für ein Novum im bayrischen defensiven Mittelfeld, was allerdings taktischen Hintergrund gehabt haben könnte. Mit einem breiten Lahm und einem offensiven Ribéry sowie Kroos oftmals als Unterstützung auf der halblinken Seite musste jemand den Raum zusätzlich vor der zurückgebliebenen Dreierkette absichern, was Alaba übernahm. Mit Gustavo und Alaba hatte man zwei dynamische Spieler und konnte deswegen defensiv so gut stehen, auch wenn die Unterstützung Ribérys aller Ehren wert war.

Kaiserslauterns zentraler Bunker neutralisierte nur

Kaiserslautern schaffte es trotz der eindeutigen Niederlage, den wenigen Torversuchen und dem geringen Ballbesitz zu einigen erfolgreichen taktischen Kniffen, welche das Spiel allerdings langsam werden ließen. Mit den drei Spielern im Zentrum, welche sich praktisch an die gegnerische Formation anpassen durften, wurde der Passweg zu Kroos und ins Sturmzentrum abgesperrt. Dadurch fokussierte sich Bayern auf die linke Seite und Müller schaffte zwar Räume auf rechts bzw. in der gesamten Offensivreihe, doch selbst fand er nur hin und wieder die nötige Bindung zum Spiel. Die kompakte Fünferreihe im zweiten Drittel hatte eine sehr starke Wirkung auf Bayerns Aufbauspiel, welche sich an das Ende des ersten Drittel konzentrierte. Die Viererkette verschob den Ball sehr viel zwischen sich hin und her, Gustavo half von hinten mit und Alaba versuchte eine Verbindung nach vorne zu finden, allerdings gingen die meisten seiner Pässe ebenfalls auf die linke Seite. Die Gäste hatten so zwar eine gute Strategie – über die geöffneten Außen kontern, das Zentrum dicht stellen –, welche sie sogar sehr gut spielten, aber die individuellen Unterschiede waren zu groß.

Fazit

Kein tolles Spiel, aber drei Punkte und ein weiterer Punkt für ein erhöhtes Selbstbewusstsein der Bayern. Es mag sein, dass Alaba nur spielte, weil er taktisch als Linksfuß hervorragend passte, und Müller, um die nötigen Räume zu geben, gleichermaßen ist es auch gut möglich, dass beide aus rein mannschaftlichen Gründen ins Spiel kamen, trotzdem kann man Heynckes hier die ein oder andere hoch interessante taktische Maßnahme attestieren. Es war ein souveräner Sieg, ohne viel Spektakel und Glanz, aber mit Kälte und Souveränität. Ganz so, wie es die Bayern früher auszeichnete.

OneTwo 13. Februar 2012 um 01:21

Wieder mal eine Gute Analyse, wenn auch meiner Meinung etwas zu optimistisch.
Defensiv keine Frage war es eine sehr solide Leistung aber offensiv war ich ehrlich gesagt enttäuscht.

Die erwähnten Veränderungen im Spiel der Bayern sind schon positiv : Lahm der breiter spielt ; die beiden AV die den Wingers viel mehr Unterstützung bieten, Besonders Ribery der Zentraler oder Rechts auftauch und Gomez der mehr nach außen pendelt – Wobei er sich immer noch nicht wirklich am kombinieren beteiligt. Er versucht es aber ich weiß nicht ob er dass auch irgend wann mal richtig hinkriegt…
ABER nach den ersten 15 Minuten und dem Gomez Tor war dass wieder purer Verwaltungs-Fußball und laterales Ballgeschiebe. Vielleicht wollten sich die Bayern ja schonen ; Vielleicht lag es auch an der schwachen Tagesform von Kroos, der mir extrem Lauf faul vorkam.
Dass Hauptproblem war für mich die Doppel 6. Ich kann mich eurer Meinung nicht anschließen, die Leistungen von Gustavo und besonders von Alaba waren nur mittelmäßig : Defensiv gut, Offensiv schlecht.
Ich frage mich nur ob sie zu ängstlich gespielt haben oder ob es an ihrer Positionierung lag und es die Verantwortung von Heynckes war? Ich persönlich tendiere zur zweiten Antwort. Was meint ihr?

Alaba & Gustavo waren viel zu weit voreinander und auf der gleichen Höhe positioniert. Dass ist zwar hilfreich um dass spiel schnell von einer Seite zur anderen zu verlagern aber gegen einen Gegner der mit einer Fünferkette im Mittelfeld sehr leicht vershieben kann verstehe ich diese Maßnahme nicht… So waren gefühlte 99% der Pässe der doppel 6 nur Sicherheitspässe. Keiner der beiden hat es gewagt auch nur einen Ball nach vorne bringen obwohl es zu ihren Aufgaben gehört. Die einzigen die von hinten Impulse geben Konten waren Rafinha und Badstuber.
Ich hätte es gerne gesehen dass die beiden Sechser entweder enger beieinander spielen um zum Beispiel durch Doppelpässe raumgewinn zu erzeugen (die Situationen gab es aber es wurde jedes mal kein Risiko gegangen anstatt dass spiel schnell zu machen), oder dass sie sich abwechselnd vertikaler positionieren um den raum zwischen den beiden gegnerischen Abwehrketten zu überfluten. Positionswechsel zwischen Kroos und Alaba gab es auch kaum…

Ich rede hier vorwiegend von der ersten Halbzeit. In der Zweiten haben die Lauterer auf ein 4-4-2 umgeschaltet was mehr Raum bot. Aber keiner hatte mehr bock außer Robben.
Im großen und ganzen hatte ich den Eindruck dass die Bayern wieder einmal recht einfallslos gegen einen sehr defensiven Gegner gespielt, sie hatten dieses mal nur dass ‚Glück‘ ein frühes Tor zu erzielen und dann nach einer Standartsituation ein zweites nachzulegen. Also für mich kein wirklicher Fortschritt im Spielaufbau.
Ich hatte eigentlich erwartet dass die Bayern dieses Spiel nutzen um Varianten in ihr aufbauspiel zu bekommen aber da war außer den diagonalen Spielverlagerungen nichts. Kein flacher pass nach vorne. Vielleicht nächste Woche in Freiburg…

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C 13. Februar 2012 um 06:37

warum sollte man auch gegen einen sehr unangenehmen Gegner wie Lautern Risiko eingehen wollen.

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Torsten 13. Februar 2012 um 13:32

Auch ich war bei den Temperaturen im Stadion. Meine kurze Rückmeldung:
* Niemand hatte versucht das Spiel schnell zu machen, auch Rafinha nicht. Dazu gab es, außer der Kälte und Torverhältnis, keinen Grund. Der einzige AV, der die gegnerische Grundlinie sieht, bleibt wohl Lahm.
* Alaba muß sich mehr als Anspielstation anbieten. Auch dieses Mal irrte er für mich über das Spielfeld. Vielleicht ist er ruhiger am Ball geworden, doch wenn unter Druck gerät, verliert er die Übersicht (am Samstag nicht passiert) für den einfachen Paß.

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Christoph 12. Februar 2012 um 18:22

Danke für den schönen Artikel. Ich musste schmunzeln bei dem Gedanke, ob sich Jupp Heynkes wohl etwas vom vorangegangenen Bayern-Artikel abgeschaut habe… Gomez pendeln zu lassen ist bestimmt keine dumme Idee 🙂

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