Adventskalender, Türchen 1: Daniel Williams

Einen wie ihn erwartet man nicht unbedingt zuerst, wenn es um die unbesungenen Helden geht, die Spieler im Hintergrund, die weniger auffällig sind als andere. Denn Daniel Williams hat bereits für einige Schlagzeilen gesorgt.

Daniel Williams´ Profilbild auf bundesliga.de

Der Sohn einer deutschen Mutter und eines amerikanischen Vaters wechselte 2004 vom Karlsruher SC in die angesehene Freiburger Fußballschule, wo er ausgebildet wurde und 2008 gehörigen Anteil zum Gewinn der Deutschen A-Jugend-Meisterschaft beitrug, womit er sich erstmals ein wenig in den öffentlichen Fokus spielte.

Ein großes mediales Thema wurde Williams, der 2010/11 in der Bundesliga debütierte, im vergangenen Sommer im Zuge seines Wechsels von Freiburg nach Hoffenheim. Galt er in der Saisonvorbereitung noch als Senkrechtstarter, spielte er schon bald keine Rolle mehr, da er seinen auslaufenden Vertrag trotz eines anscheinend sehr guten Angebots nicht vorzeitig verlängern wollte. Auf der anderen Seite wollte der Verein eigens ausgebildete Spieler nicht ohne Partizipation verlieren, wie es Präsident Fritz Keller ausdrückte:

„Wir sind ein Bundesligaklub, der einen überaus hohen Anteil seines Etats in die Ausbildung steckt. Wenn ein von uns ausgebildeter Spieler wie Williams irgendwann den Verein verlässt, dann muss der Sportclub partizipieren können. Nicht zuletzt auch, um die Fußballschule und das Konzept am Leben halten zu können“

Sportlich wurden bereits das Talent und die Positionsflexibilität des Deutsch-Amerikaners öffentlich thematisiert, doch ansonsten wird relativ wenig über seine Leistungen geredet – vielmehr gilt er als etwas rebellischer Tattoo-Fetischist, im Zuge der Streitigkeiten mit den Breisgauern wurden sogar Stimmen laut, die ähnlich wie bei Mesut Özils Wechsel nach Bremen vom Söldnertum sprachen. Doch was zeichnet Williams aus, was begründet seinen Wert? Und wieso ist er sportlich eher unauffällig?

Dass er beidfüßig ist, im zentralen Mittelfeldbereich sowie in der Abwehr sämtliche Rollen bekleiden kann, macht einen großen Teil seiner Klasse aus und bringt ihm gegenüber vielen anderen Spielern einen gewissen Vorsprung, doch erst jüngst zeigte Williams seine defensive Klasse mit einer überragenden Leistung gegen Freiburgsensationelle 25 seiner 34 Zweikämpfe konnte er für sich entscheiden.

Es ist diese dynamische Aggressivität, die sich nicht nur in seiner Spielweise, sondern auch in seinem Erscheinungsbild wiederspiegelt, die ähnlich wie bei Milans Prince Boateng zu dieser rebellischen, aber auch einer führenden und mitreißenden Art, und auf dem Spielfeld zu einer Verschmelzung von Offensive und Defensive führt – dieser Typ von Spieler ermöglicht es, wie im Fall Boateng den so wichtigen Posten des offensiven Mittelfeldspielers eines 4-3-1-2 mit einem physischen Akteur zu besetzen bzw. wie im Fall Williams einen offensiv orientierten und aktiv verteidigenden Defensivmann, der ständig „unter Strom steht“, als alleinige Sechs auflaufen zu lassen – wie gegen Mönchengladbach, wobei Williams mit seiner kampfstarken und dynamischen Art auch prädestiniert für das Duell mit den Fohlen ist.

Williams liegt das hohe, aggressive und riskante Spiel, da er hier seinem Naturell nachgehen und seine Laufstärke einbringen kann – ständige Richtungswechsel scheint er gut meistern zu können. Je nach Rolle, die er gerade im Spiel einnimmt, kann er entweder einen bestimmten Gegenspieler weit vorne pressen, als Achter ständig die typischen Verschiebebewegungen ablaufen oder den Raum sichern und Durchbrüche noch abräumen.

Seine Erfahrungen als Außen- und Innenverteidiger helfen ihm im Zentrum ungemein, denn er ist an die Defensivarbeit auf den Flügeln bestens gewöhnt, weiß um eine gute und präzise durchgeführte Ballverteilung auf die Außenseiten (85 % Passgenauigkeit) und um die Gedanken der Spieler hinter ihm, woraus er in manchen Situation das bestmögliche Handeln ableiten kann.

Die Gefahr der Übertreibung lässt sich von ihm aber noch nicht besiegen: In viele Zweikämpfe geht er häufig noch  zu ungestüm, frontal und riskant. Diese Spielweise impliziert, dass defensive Aktionen auch schief gehen können und man eine erhöhte Zahl an „Patzern“ macht. Sein Stellungsspiel ist ebenfalls nicht immer fehlerfrei, ein großes Manko die Tatsache, dass er beizeiten sich zu viel in Zweikämpfen aufreibt. Zusammen mit einer generellen Inkonstanz seiner Leistungen führt dies dazu, dass man ihn eher mit noch nicht geschafftem Durchbruch assoziiert – genau dem Wesen der Unauffälligkeit.

Auf dem Weg, diese Konstanz an den Tag zu legen und sich damit mehr in den Vordergrund zu spielen, befindet sich Williams gerade. So gehörte er in den vergangenen Wochen stets zu den Besten seiner Mannschaft. Gegenüber seiner Konkurrenz ist die Polyvalenz wieder einmal entscheidend: Technisch mag er nicht so stark sein wie U21-Nationalspieler Sebastian Rudy, als giftiger Wadenbeißer nicht ganz so passend wie Tobias Weis, doch dafür ist er robuster als Ersterer und spielerisch besser als Letzter – er vereint viele Qualitäten. Trotz dieser enormen Konkurrenz scheint Williams sich mittlerweile einen recht sicheren Platz im Team erkämpft zu haben. Der Lohn: Eine Einladung von Jürgen Klinsmann in die US-Nationalelf.

Franz K 11. September 2012 um 17:36

Also erst einmal: Sehr schön geschriebener Text.

Und ich schäme mich, dass ich diese Texte erst jetzt entdeckt habe 😀

Aber einen Kritikpunkt hätte ich da. Du schreibst im vorletzten Absatz:

„Zusammen mit einer generellen Inkonstanz seiner Leistungen führt dies dazu, dass man ihn eher mit noch nicht geschafftem Durchbruch assoziiert – genau dem Wesen der Unauffälligkeit“

Ich kann dem aber nicht unbedingt zustimmen. Ich denke nicht, dass es das „Wesen der Unauffälligkeit“ ist, noch nicht den Durchbruch geschafft zu haben.
Denn denke ich da an deine Wahl zum 24. (Sergio Busquets), dann kann man doch sehr stark behaupten, dass Busquets den Durchbruch geschafft hat.

Wenn man z.B. die Bedeutungsübersich aus dem Duden heranzieht, dann findet sich dort: „nicht auffällig; so geschickt, dass es niemand bemerkt.“

Wenn man das jetzt auf den Fußball übertragen würde, würde ich das „Wesen der Unauffälligkeit“ eher beschreiben als eine Leistung, die zwar sehr gut ist, aber sich dennoch im Hintergrund hält, so dass niemand die außerordentlichen Fähigkeiten des Spielers einerseits und den Nutzen eben dieser für die Mannschaft bemerkt.

Aber ansonsten echt schöne Artikel. Danke dafür.

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