Borussia Dortmund – Olympiacos Piräus 1:0

Mit dem 1:0-Erfolg über Olympiacos Piräus wahrt der BVB seine Chance auf den Achtelfinaleinzug. Klopp zog die richtigen Schlüsse aus dem verlorenen Hinspiel.

Borussia Dortmund und europäische Wettbewerbe, das ist eine ganz eigene Geschichte. Nachdem man in der letzten Saison bereits unglücklich in der Gruppenphase der Europa League ausschied, droht diese Saison nach nur einem Punkt aus drei Spielen das vorzeitige Champions-League Aus. Um dieses abzuwenden, hatte Jürgen Klopp in den letzten Tagen angedeutet, seine Mannschaft wolle die verbleibenden Champions League Spiele abgeklärter angehen. Daher stellte er sein System leicht um: Der BVB trat in einem 4-1-4-1 an, mit Götze und Leitner in der Zentrale vor Ausputzer Kehl.

Das neue System brachte allerhand Änderungen mit sich. Diese betrafen vor allem den Spielaufbau. Während in den letzten Spielen oftmals die Innenverteidiger Hummels und Subotic die zentralen Aufbauspieler waren, übernahmen diesmal Leitner und Götze viel Verantwortung. Abwechselnd fielen sie neben Kehl und versuchten, die Bälle zu verteilen.  Zu Beginn fuhren die Dortmunder gut mit dieser Strategie, der BVB gewann schnell die Oberhand im Mittelfeld. In den ersten 10 Minuten fand das Spiel fast ausschließlich in der Hälfte der Gäste statt. Nach nur sieben Minuten nutzte Großkreutz die Dominanz zur Führung. Eingeleitet wurde sein schöner Fernschuss durch Götze.

Wenig Pressing, kompakter Verbund

In der Folge ließ sich ein weiterer Unterschied zu den bisherigen Auftritten in Liga und Champions League erkennen. Um die von Klopp geforderte Ruhe ins Spiel zu bringen, zog sich der BVB für seine Verhältnisse weit zurück. Der BVB stellte sich in seiner 4-1-4-1 Ordnung sehr eng auf und war besonders bemüht, die Räume in der Zentrale zu schließen. Dazu rückte die vordere Viererreihe weit in die Mitte ein. Das kollektive Pressing, sonst ein Markenzeichen des BVBs, gab es nur in Ausnahmefällen zu bestaunen.

Mit dieser Taktik hatte Klopp seine Mannschaft sehr gut auf den Gegner eingestellt. Olympiacos Piräus überlud das Mittelfeld stets mit möglichst vielen Spielern. Der zentrale Akteur im Spielaufbau war Orbaiz, der sich entweder zwischen die Innenverteidiger oder auf die Linksverteidigerposition fallen ließ. Hierdurch konnten die Außenverteidiger nach vorne aufrücken, so dass hinten aus der Vierer- eine Dreierkette entstand. Während diese nun für die Breite im Spiel der Griechen sorgten, konnten Außenstürmer Holebas und Mirallas nach innen rücken. Die starke Fokussierung auf die Spielfeldmitte wurde unterstützt durch den offensiven Mittelfeldspieler Ibagaza, der sich ebenfalls zurückfallen ließ und in jeder Situation den Ball forderte.

Der BVB tat gut daran, die Spielfeldmitte zu schließen. Noch im Hinspiel hatte man mit dem eigenen offensiven Pressing Probleme, die Kontrolle über die Zentrale zu erlangen. Gerade in Kontersituationen führte dies zu Chancen für die Griechen. Auch wenn die abwartende Art der Verteidigung unspektakulärer war als ihr sonstiges lauf- und kampfintensives Spiel, waren die Westfalen defensiv höchst effektiv. In der ersten Halbzeit gab es praktisch kein Durchkommen für die Gäste in der Spielfeldmitte. Auch die Außen schlossen sie sehr gut. Einzig Schmelzer hatte in ein, zwei Situationen Probleme mit dem flinken Belgier Mirallas.

In der ersten halben Stunde fing der BVB Angriffe der Gegner schnell ab und hatte ein klares Übergewicht an Ballbesitz. Im eigenen Spielaufbau war die von Klopp geforderte Ruhe deutlich zu sehen. So wurde in vielen Situationen eher der Rück- oder Querpass als der riskante Vertikalpass gespielt. Piräus war nicht bereit, früh hohes Risiko zu gehen, so dass der BVB sein Spiel ruhig aufziehen konnte. Nach vorne durch kamen sie allerdings selten. Ebenso wie die Borussen war auch Piräus sehr gut gegen Angriffe durchs Zentrum gewappnet.

Zähes Mittelfeldgeplänkel

Durch das enge Verteidigen beider Mannschaften im Mittelfeld entwickelte sich ein zähes Spiel. Es wurden viele Zweikämpfe in dieser Zone ausgefochten, ein Spiel über mehrere Stationen war fast unmöglich. Nach einiger Zeit fokussierten sich beide Teams mangels freier Räume auf lange Bälle (BVB: 15% lange Bälle, Piräus gar über 20%). Da die jeweils verteidigende Mannschaft fast alle Kopfballduelle gewann, gab es für keins der Teams ein Durchkommen. Besonders Lewandowski hing weite Teile des Spieles in der Luft. Selbst wenn er sich die Bälle im Mittelfeld abholen wollte, rückte Innenverteidiger Mellbeck mit raus und war ihm stets auf den Füßen. Da die langen Bälle der Borussen vermehrt beim Gegner landeten, kam Piräus zu mehr Ballbesitz. Sie bissen sich an der gegnerischen Verteidigung fest, so dass bis zur Pause wenig passierte.

Auch nach dem Wiederanpfiff änderte sich wenig an der Grundausrichtung des Spiels. Viele Zweikämpfe im Mittelfeld standen zahlreichen abgefangenen Pässen entgegen. Chancen gab es auf nur dann, wenn individuelle Fehler das Defensivkonzept über den Haufen warfen. So konnte Lewandowski nach einem völlig verunglückten Rückpass in der 60. Minute Gäste-Keeper Megyeri umkurven. Sein Schuss aus spitzem Winkel landete jedoch nur am Pfosten. Zuvor hatte der BVB Glück, dass es nach einem Handspiel Hummels keinen Elfmeter gab.

Trotz dieses Fehlers muss man dem Dortmunder Abwehrchef und dem restlichen Defensivverbund eine sehr starke Leistung bescheinigen. Nur zwei Schüsse kamen auf das Tor von Roman Weidenfeller. Schwieriger fällt die Bewertung der Offensive. Da Ruhe das Motto des BVBs in diesem Spiel war, fehlte in vielen Situationen der Zug zum Tor. Schnelle Konter wurden gerade zum Ende hin nicht konsequent gespielt, da kaum Spieler nachrückten. Jürgen Klopp wollte anscheinend nach den schlechten Erfahrungen aus den vorherigen Champions League Spielen unter keinen Umständen die eigene Linie verlieren. Auch als Olympiakos nach rund 75 Minuten trotz mehrerer Wechsel konditionell am Boden war, drängte der BVB nicht auf den zweiten Treffer. Am Ende wurden die Hausherren für ihre Passivität allerdings nicht bestraft – es blieb beim 1:0.

Fazit

Der BVB darf weiter hoffen auf ein Überwintern in der Champions League. Klopps Marschroute, nach den verkorksten Hinspielen abgeklärter zu agieren, war nach dem frühen Gegentor allgegenwärtig. Auch wenn der BVB sich durch die engmaschige Verteidigung drei Punkte sicherte, bleibt ein fader Beigeschmack: Durch die 1:3-Auswärtsniederlage ist man im direkten Vergleich dem Gegner unterlegen. Dieser könnte durchaus noch interessant werden, beispielsweise wenn es um den dritten Rang (und damit um die Qualifikation zur Europa-League) geht. In der letzten Viertelstunde hätten sie mit konsequenteren Gegenstößen gegen müde Griechen für Torgefahr sorgen können. Trotz dieses kleinen Wehrmutstropfens  bleibt unter dem Strich ein versöhnlicher Champions League Abend.

 

Boba 4. November 2011 um 19:27

Wie immer war es ein großes Vergnügen, eine Eurer Analysen zu lesen. Hallelujah, endlich eine website, die sich für Fußball und nicht für Klatsch interessiert.

Nur eine kleine Ergänzung: Dortmund hat sehr gut verteidigt und – wie richtig dargestellt – nur zwei Torschüsse zugelassen. Trotzdem blieb Piräus das ganze Spiel über gefährlich, indem sie eine moderne Variante des kick-and-rush spielten. Sofort nach dem langen Ball auf Djebbour stießen je nach Position zwei Mittelfeldspieler nach vorn und überliefen so das Dortmunder Mittelfeld. Behauptete Djebbour den Ball, hatte er sofort zwei Anspielstationen. Aber selbst in dem – normalen – Fall, dass Djebbour sein Kopfballduell gegen Hummels oder Subotic verlor, blieb die Situation gefährlich, da die beiden nachrückenden griechischen Mittelfeldspieler sofort den ballführenden Dortmunder doppelten.
Ein idealtypischer Angriff sah also so aus: Langer Ball durch die Mitte, einer der Dortmunder klärt per Kopf zu Kehl. Dieser musste dem Ball entgegenlaufen, während er in seinem Rücken von zwei Spielern attackiert wurde. Behielt Kehl den Ball, drohte ein Ballverlust durch die Doppelung. Spielte er zurück, drohte Gefahr durch den lauernden Djebbour.

Auch wenn dieses moderne kick-and-rush diesmal keinen Erfolg hatte, so war es doch brandgefährlich. Schon ein kleiner Flüchtigkeitsfehler der Dortmunder Abwehr hätte zu einem Gegentor führen können.

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HummelsFan 3. November 2011 um 14:27

Klopp meinte, sie hätten nur ne halbe Stunde Zeit gehabt dieses System zu trainieren. Dafür haben die es echt toll gemacht. Einfach mal vom bewährten System abzurücken und so zu gewinnen ….super Kloppo, Kompliment!!!

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UIL 3. November 2011 um 13:43

4-5-1 kann man auch als 4-1-4-1 verstehen, oder muss 4-5-1 immer ein 4-2-3-1 sein?

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Emil 2. November 2011 um 20:40

kleine Ergänzung: Klopp selbst sagt, es war offensiv 4 : 3 : 3, defensiv 4 : 5 : 1

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