Die „K-Frage“: Khedira oder Kroos?

Sami Khedira fachte mit einem Interview in der Sport Bild die Frage an, ob noch Platz für ihn in der DFB-Nationalmannschaft sei. Wie sieht sein Konkurrenzkampf mit Kroos aus taktischer Sicht aus? 

In der Fußballberichterstattung reichen kleinste Sätze, um zum Gesprächsthema zu werden. Sami Khedira lieferte diese Woche eine Steilvorlage für die Medien, indem er sich in einem Sport Bild-Interview über mangelnden Respekt beklagte. Viele Zeitungen nahmen diese Steilvorlage dankbar auf und brachten die Geschichte über Khediras „Rundumschlag“ (Welt). Am weitesten ging der kicker: Er schrieb von der „K-Frage“ und rief einen Konkurrenzkampf zwischen Toni Kroos und Sami Khedira aus.

Bei näherer Betrachtung haben Kroos und Khedira bis auf die Bezeichung „Mittelfeldspieler“ nicht viel gemeinsam, weshalb das Wort „Duell“ in diesem Kontext unangebracht ist. Kroos´ Stärken liegen in der Ballverteilung. Jogi Löw bezeichnete ihn jüngst als „Verbindungsspieler zwischen Defensive und Offensive“, was seine Rolle im Nationalteam gut beschreibt. Seine große Stärke ist seine Technik, sowohl bei Standards als auch bei Pässen. Seine hohe Spielintelligenz hat er Khedira voraus, der hingegen sehr viel robuster und zweikampfstärker als der Bayern-Spieler ist. Unter Jose Mourinho agierte Khedira meist als defensiver Mittelfeldspieler, der für den tiefliegenden Spielmacher Xabi Alonso die Lücken schließt und ihn mit kurzen Pässen versorgt. Dazu kann er als Box-to-Box-Spieler mit seiner physischen Präsenz im und vor dem gegnerischen Strafraum für Gefahr sorgen.

Da beide unterschiedliche Spielertypen repräsentieren, ist die „K-Frage auch eine taktische. Um zu verstehen, wie Jogi Löw plant, muss man zunächst sein System kennen: Während der EM-Qualifikation wandelte sich das System der Nationalmannschaft vom 4-2-3-1 zum 4-1-4-1. Nationaltrainer Löw schätzt an diesem System die Flexibilität, die sich im Mittelfeld bietet. Man kann entweder defensiv das Zentrum sehr dicht machen, indem die zentralen Mittelfeldspieler tief und eng beieinander stehen. Oder man kann die gegnerischen Sechser durch das Aufrücken der zwei vorderen Akteure unter Druck setzen und den Spielaufbau des Gegners effektiv stören. So kann Jogi Löw bei Auftritten als Favorit wie auch gegen andere Top-Nationen das gleiche Spielsystem nutzen, ohne makrotaktische Anpassungen vornehmen zu müssen.

Drei Positionen, mehrere Möglichkeiten

Im zentralen Mittelfeld streiten sich mehrere Spieler um diese drei Positionen. Mesut Özil gilt als Löws Lieblingsschüler und ist aufgrund seiner individuellen Klasse aktuell gesetzt. Kein anderer Spieler genießt taktische Freiheiten wie er. Nach der WM veränderte sich seine Rolle als offensiver Zehner hin zu einem tiefer liegenden Spielmacher, der auf dem Feld frei agieren darf. Er holte sich teilweise den Ball an der Mittellinie ab und beteiligt sich an fast jedem Spielzug. Er wandert von Flanke zu Flanke und von Offensive zu Defensive. Seine Reife, die er bei Real Madrid dazu gewonnen hat, macht ihn unverzichtbar für das Team, zumal er sich auch defensiv zuletzt stark verbessert zeigte.

Eine zweite Position im Mittelfeld ist reserviert für Bastian Schweinsteiger. Von ihm hängt entschieden ab, wer die dritte Rolle im Mittelfeld erhält. Nachdem er in den ersten Spielen der Qualifikation noch neben Mesut Özil agierte, wurde seine Rolle in den letzten Spielen defensiver. Er agierte in den Spielen gegen Brasilien und Österreich als tiefliegender Spielmacher hinter Kroos und Özil.

Um den dritten Platz rufen die Medien nun einen Zweikampf zwischen Khedira und Kroos aus. Die Entscheidung zwischen den Beiden hat aber in erster Linie weniger mit ihrer Leistung, sondern mehr mit der taktischen Ausrichtung des Teams zu tun: Je nachdem, welchen Spielertyp Löw wählt, ergeben sich andere Stärken und Schwächen für das gesamte Team. Kroos´ Passstärke kann in Kombination mit Schweinsteigers Aufbauspiel und Özils Esprit genutzt werden, um Lücken in eine tiefstehende Abwehrreihe zu kombinieren. Im Rückspiel gegen Österreich und in der zweiten Halbzeit gegen Brasilien waren diese Vorteile klar zu erkennen. Mit dieser Dreierkombination hätte man ein sehr kreatives, zentrales Mittelfeld.

Defensiv hingegen könnte man ohne einen Mittelfeldspieler mit physischer Präsenz Probleme bekommen. Alle drei genannten Akteure haben ihre Stärken in der Offensive, nicht aber in der Defensive. Hier liegt Khediras große Chance: Mit seiner Präsenz im zentralen Mittelfeld dürfte die deutsche Nationalmannschaft an Defensivstärke gewinnen. Dies kann einen Vorteil gegen Gegner bedeuten, die im Mittelfeld eine große Passstärke besitzen. Gegen Dauerrivale Spanien beispielsweise wäre der lauf- und zweikampfstarke Khedira die bessere Wahl, wenn man Druck auf Xavi und Iniesta ausüben möchte.

Dritte Option mit Sven Bender

Das Duell im Mittelfeld wird jedoch nicht nur zwischen dem Madrider und dem Münchener entschieden: Eine weitere Option wäre das Vorziehen Schweinsteigers auf die Position neben Özil. Dies ist gar nicht mal so unwahrscheinlich: Die letzten Spiele haben gezeigt, dass die deutsche Nationalmannschaft bei Kontern Schwächen hat. In solchen Situationen muss ein Innenverteidiger herausrücken, um dem eher langsamen Schweinsteiger bei der Defensivarbeit zu helfen. Gerade die Brasilianer nutzten den dadurch entstehenden Raum im Zentrum für ihre Konter aus. Dies könnte erklärt werden durch die ungewohnte Situation für die Innenverteidiger, die hier noch nicht gänzlich eingespielt sind.

Eventuell ließe sich diese Konterschwäche mit etwas Training aus der Welt schaffen. Sollte sich das Defensivspiel jedoch bis zur EM nicht verbessern und Deutschland weiterhin hiermit Probleme haben, könnte eine dritte Option greifen: Sven Bender wäre die ideale Lösung, um das defensive Mittelfeld zu stabilisieren. Seine Antizipationsfähigkeit sorgt dafür, dass er Situationen durch gutes Stellungsspiel entschärft, ehe sie entstehen. Er ist kein Spieler, der durch kreative Einfälle auffällt. In dieser Konstellation müsste er es aber auch gar nicht. Es reicht, wenn er defensiv absichert und den Ball schnell zu den Akteuren vor ihm weiterleitet – eine Rolle, die er auch beim BVB einnimmt.

Sven Bender könnte hinter Özil und Schweinsteiger die nötige Absicherung sein, die Konter des Gegners im Keim erstickt und die Innenverteidiger zusätzlich absichert. Eine Aufstellung mit ihm und Kroos bzw. Khedira scheint aber recht unwahrscheinlich. Wie bereits erwähnt bleiben Schweinsteiger und Özil mit hoher Wahrscheinlichkeit bis zur nächsten EM gesetzt, komme, was wolle. Löw bewies bereits, dass er an seinen Leistungsträger auch in Krisensituationen festhält. Bender ist daher der dritte Konkurrent um den freien Platz im Mittelfeld.

Fazit

Die Fehde im deutschen Mittelfeld ist keine, die durch die Form der individuellen Spieler entschieden wird. Selbst wenn Kroos, Khedira und Bender in ihren Vereinen großartige Leistungen brächten, wären sie dadurch noch lange nicht gesetzt. Löw bewies mehr als einmal, dass er auch unpopuläre Entscheidungen, die taktisch Sinn machen, gegen die öffentliche Meinung durchsetzt.

Da der Nationaltrainer auch innerhalb eines Turniers nur ungerne seine erste Elf austauscht, ist die Mittelfeldkonstellation auch von der Auslosung der Gruppenphase abhängig: Sollte Deutschland bereits in der Vorrunde auf Spanien oder die Niederlande treffen (nach aktuellem Stand durchaus möglich), wären Khediras Chancen auf einen Stammplatz recht hoch. Alternative wäre Sven Bender, der einen guten Abräumer vor der Abwehr gäbe. Sollte die Auslosung jedoch eine leichte Gruppe ergeben, steigt die Wahrscheinlichkeit eines offensiveren Mittelfeldes mit Kroos. So ist das Schicksal der beiden größtenteils abhängig von der taktischen Planung Löws und nicht ausschließlich von der Stärke der Konkurrenten.

Bei all den Planspielen darf nicht vergessen werden, dass es noch andere Kandidaten für diese Positionen gibt. So könnte Götze auf eine der beiden offensiven Mittelfeldpositionen rücken. Auch die Namen Rolfes, Träsch und Lars Bender dürfen nicht aus dem Blickfeld gelassen werden. Egal, wie sich die Lage in den nächsten Monaten entwickelt, eines scheint klar: Die Entscheidung, wie Löw das Mittelfeld besetzt, ist eine wegreichende für die gesamte Spielweise des Teams.

44² 12. Oktober 2011 um 22:02

Ja, Ballverarbeitung hab ich ja da oben auch so benutzt. Aber ich glaub die meisten verstehen das allgemeiner, auch als Passspiel und Dribblung noch.

Die deutsche Sprache ist unglaublich kompliziert und lückenhaft, wenn man Fußball beschreiben will…

Zu Müller: Auf die Geschwindigkeit kannst du seine Dribblings aber nicht runterbrechen. Er ist ja garnicht mal so arg schnell und kann das trotzdem besser als zB ein Walcott. Sein „Raumverständnis“, Antizipationsvermögen und Timing schafft er auch in diesen Situationen extrem gewinnbringend zu nutzen, das seh ich als wichtigeren Faktor. Schnell sind ja viele…

Aber ja, Ball halten auf engem Raum ist natürlich nicht seine Stärke. Ich seh ihn dennoch auch in einem Ballbesitz-orientiertem System als sehr wichtigen Spieler (besser als Schürrle), da er eben in anderen wichtigen Kategorien so herausragend ist. Sein unglaublich gutes Spiel ohne Ball (offensiv), seine Antizipation von Situationen, das Erkennen von Räumen, das gute Verständnis mit den Mitspielern, das ist alles enorm nützlich in so einem System. Und letztlich braucht man immer Spieler, die auch als Anspielstation in der Spitze agieren, dieser Stärke würde er nicht beraubt und die hat er einem Götze zum Beispiel voraus. (Wobei ich nicht sagen kann, wen von beiden ich bevorzugen würde.)

zu Khedira: Von besonders gutem Aufbauspieler hab ich nicht gesprochen. Ob er das ist hängt schlicht davon ab, ab wann man von besonders spricht. 😉 Verglichen mit dem restlichen deutschen Mittelfeld ist er sicher nicht besonders gut im Aufbau, nee. Ich sprach aber von „sehr sicher“.
Nun gut, ob Khediras Technik nun besser oder schwächer als die der Benders ist, da werden wir uns schwerlich einigen können, wenn wir nicht gemeinsam ne ausführliche Videoanalyse machen. Arg viel trennt die drei da aber sicher nicht, von daher auch keine sonderlich sinnvolle Diskussion. (Ich glaub dennoch nicht, dass die Benders eine derartig zentrale Rolle im Offensivspiel einer Mannschaft ausfüllen könnten wie das Khedira zu Stuttgarter Zeiten tat.)

Antworten

Kroos39 12. Oktober 2011 um 19:51

@datschge
Ich glaube du musst das Wort „verzichtbar“ nochmal im Wörterbuch nachschlagen. Und ich habe gesagt, dass Khedira die Scorerpunkte nach Kontern gemacht hat. Nicht die Tore. Besser lesen, sonst können wir das Diskutieren auch lassen. Damit meinte ich vor allem die Vorlagen.

Übrigens sind Tore nach Standardsituationen kein Beispiel für tolles Offensivspiel. Das ist schlichtweg Kopfballstärke. Aber Pässe, die eine massive Abwehr in Bedrängnis bringen könnten, sieht man auch in der NM sehr, sehr selten von ihm.

Sein gestriges Spiel war eben nicht typisch für ihn. Und begeistert von ihm bin ich nicht, da muss er öfters so spielen. Dann bin ich begeistert. Aber nicht nach einem guten Spiel in der Offensive.

Und der Vergleich Khedira und Puyol führt zu nichts…

Und solche Kopfballtore sind kein Resultat physischer Robustheit (weswegen du Khedira ja für besonders wichtig hälst; als wenn wir Deutschen physisch so schwach wären…), sondern eines guten Kopfballspiels. Puyol hatte bei besagtem Tor kein Körperkontakt zu einem Gegenspieler. Das Tor hat er also nicht wegen seiner Physis gemacht, sondern mit guten Timing und Köpfchen.

@44
Khedira ist an normalen Tagen kein besonders guter Aufbauspieler. Riskantere vertikale Pässe nach vorne gehen bei ihm öfter schief. Deswegen spielt er auch sehr oft nach hinten oder zur Seite. Das kann man dann als sicher bezeichnen, aber nicht als gut.

Bei Müller ist es ja eher so, dass er wegen seiner Geschwindigkeit an den Leuten vorbei kommt. Das macht er gut. Dafür braucht er aber Raum hinter dem Gegenspieler. Wenn er den nicht hat, kann er eben nicht gut mit seiner Technik hantieren.
Deswegen kritisiere ich seine Technik. Er bleibt für mich aber trotzdem ein wunderbarer Spieler. Aber eben kein Perfekter.

Wie wäre es mit Ballverarbeitung?

Antworten

Kroos39 11. Oktober 2011 um 16:44

@datschge
Ich halte Thomas Müller nicht für verzichtbar. Und wenn du gute Argumente bringst, dann lass ich mich auch gerne überzeugen.

@44
Sie machen einfachere Sachen, das stimmt. Aber wenn sie sich an den schwierigeren Aktionen versuchen sieht das deutlich besser aus als bei Khedira. Ich beobachte den schon lange und habe sehr selten gute Aktionen nach vorne von ihm gesehen. Das Aufbauspiel von ihm ist auch eher schwach. Das können die Benders besser. Sven ein bisschen, Lars etwas mehr.

Und die Benders haben eindeutig die solidere Technik als Khedira. Von deinem Blog weiß ich: Du hast viel Ahnung von Taktik, aber vielleicht achtest du etwas zu wenig auf die Spielerfähigkeiten? Das ist nicht persönlich gemeint, nur mal als Anregung gedacht.

Antworten

datschge 12. Oktober 2011 um 03:13

@Kroos39: „Aber vielleicht achtest du etwas zu wenig auf die Spielerfähigkeiten“ möchte ich jetzt mal direkt auf Dich anwenden. Obwohl Müller in der Nationalmannschaft regelmäßig Tor, Assists, Elfmeter und Freiräume rausholt, war Deine Argumentation unterm „Götze und Özil“ Artikel wie folgt:

„Aber mir ist nicht schlüssig, warum Thomas Müller gesetzt sein soll. Vor allem weil Deutschland sich mehr und mehr an Ballbesitzfußball orientiert. Und da ist seine etwas schlampige Technik nicht immer von Vorteil. So kombinationssicher ist er nämlich nicht.“

Ich schätze, diese schlampige Halbfeldflanke auf den Fuß von Gomez nach schnellem Umschalten und Halbfeldabwurf von Neuer hätte auch jeder andere genannte Spieler gekonnt. =)

Bei der Startaufstellung- und Kaderzusammenstellung kommt es nicht nur darauf an, dass das primäre System flüssig gespielt werden kann, sondern auch, dass viele Spielertypen und spezielle Fähigkeiten für den Fall der Fälle abrufbar sind. Eine von Khediras Stärke z.B. ist seine physische Robustheit, was ihm unter anderem durch Kopfbälle zu den meisten seiner Tore gebracht hat. In der Hinsicht ist das nicht mal so unähnlich zu Puyol, der nach diesem Schema das entscheidende Tor gegen Deutschland bei der WM geschossen hatte.

Antworten

Kroos39 12. Oktober 2011 um 13:43

Mal eine gute Halbfeldflanke zu schlagen ist kein Sinnbild großartiger Technik. Müller hat auch schon viele schwache Flanken geschlagen.
Ich halte auch viel von Müller, ich finde aber, dass Spieler Schürrle, Götze oder Özil etwas mehr ins Spielsystem passen, weil ihre Technik etwas zuverlässiger ist. Deshalb sind sie einen Tick passender. Bei mir wäre Müller immer der 12. Mann. Wir haben einen so starken Kader, dass eben auch Topspieler auf der Bank landen müssen.

Der Vergleich Khedira und Puyol hinkt aber etwas hinterher.

Gestern hat mir zum Beispiel der Khedira sehr gut gefallen. ( Und das sage ich nicht wegen dem Scorerpunkt)
Aber da waren einige großartige Ansätze nach vorne. Wenn er öfter so spielen würde fände ich einen 100% Stammplatz gerechtfertigt. Leider war das gestern vermutlich eine Ausnahme.

Antworten

datschge 12. Oktober 2011 um 17:15

@Kroos39: Also hältst Du Müller doch für verzichtbar?

Bezüglich Khedira, hast Du seine Spiele bei Stuttgart überhaupt gesehen? Das gestrige Spiel was typisch für ihn. Plötzlich bist von ihm begeistert? Und nein, das Schema, nach dem Puyols Kopfballtor gefallen ist (nach Eckball fast alle Feldspieler im und am 16er, unvermitteltes und dadurch ungedecktes Aufrücken der Defensivreihe des Gegners und dadurch schwer verteidigbare lokale Überzahlsituationen) ist exakt wie Khedira bei Stuttgart seine meisten Kopfballtore gemacht hat (nicht wie Du vormals behauptet hast zumeist nach Kontern).

Antworten

44² 12. Oktober 2011 um 15:01

Naja, falls meine Einschätzung da falsch sein sollte liegt’s garantiert nicht an mangelnder Aufmerksamkeit. Nicht mitzubekommen, was die Spieler am Ball machen, seh ich auch als ziemlich schwierig an…
Bei BVB-Spielern bin ich da außerdem besonders aufmerksam.
(Aber danke für das taktische Lob. 😉 )

Möglicherweise betrachtest du das einfach etwas puristischer, wenn du Khedira und Müller technische Defizite bescheinigst. Beide haben an sich keine besonders runde, saubere Ballverarbeitung, das stimmt schon. Aber darum geht’s ja nicht, sondern es geht drum, wie man damit hantiert. Ein Gebhart ist zum Beispiel rein technisch wohl sehr viel begabter als Müller, aber nutzt die Fähigkeiten dann halt um sich festzudribbeln, nichts gekonnt.

Müller spielt halt die Gegner trotzdem aus und Khedira ist trotzdem ein sehr sicherer Aufbauspieler. Einen Ball verspringen zu lassen ist nur dann ein richtiges Defizit, wenn man ihn dadurch auch verliert. Wenn ich ihn in den Raum vor mir abtropfe und dannach kontrolliere, so ist das effektiv kein Fehler.

Müller selbst hat das mal so schön auf den Punkt gebracht mit dem Satz „Es gibt ja glaub ich keinen, der so komisch dribbelt wie ich.“ (aus dem Kopf zititert)

Btw, gibt’s eigentlich einen griffigen deutschen Begriff für den „First Touch“ eines Spielers? „Ballan- und -mitnahme“ find ich immer so unkompakt.

Antworten

Merkur 11. Oktober 2011 um 10:25

Die K-Frage stellt sich mir nur unter einem Aspekt, nämlich der Charakterstärke, und da hat Khedira aufgrund seiner Erfahrung in der Championsleague, WM-Teilnahme und der Premiera Division als gesetzter Stammspieler bei Real Madrid klare Vorteile.
Die einzige Schwäche, die Deutschland in den letzten Jahren gezeigt hatte war immer eine gewisse Unerfahrenheit, oder eher fehlende mentale Stärke, Gegner, von dem das Nationalteam weiß, das sie immer gegen diese verlieren könnte, zu domminieren. Einzig Ballack konnte dies in den letzten Turnieren kompensieren, nur passt er klar jetzt nicht mehr ins mannschaftliche Gefüge.
Kroos muss sich hier noch beweisen, zu oft hat er sich in großen Spielen, in Spielen, in denen es sehr schwer wurde oder in denen er zu oft gefoult wurde, „versteckt“, daher ist es meiner Meinung nach noch zu gefährlich ein Spielsystem auf ihn aufzubauen.
Wenn Kroos‘ Defensiv- und Mentalstärke zunimmt, zum Beispiel durch ein gutes Abschneiden der Bayern in der Championsleague, sehe ich ein Konkurrenzkampf der Spielsysteme. Ansonsten hat Khedira, auch durch Jose Mourinhos Taktik-Schule, einfach mentale Vorteile.
Schließlich können wir gegen fast alle Nationalannschaften mit 8 von den 11 „gesetzen“ Stammspielern gewinnen. Es ist die Spielstärkste DFB-Elf die ich je gesehen habe, dafür lässt die ein wenig von der alten Stärke der vorangegangenen Mannschaften missen, die durch pure Präsenz und einem unnachahmlichen unbedingten Siegeswillen jeder Mannschaft den Schneid abkaufen konnte.

Antworten

Kroos39 9. Oktober 2011 um 14:44

@datschge

Frag‘ dich mal warum er dort eine rein defensive Rolle er auszufüllen hat. Weil er kaum für das Offensivspiel zu gebrauchen ist. Wenn ein Coentrao neben Xabi Alonso spielt, dann ist er trotzdem im Offensivspiel eingebunden. Also soll Khedira ausschließlich defensiv agieren, weil es seiner Stärke entspricht.

Antworten

datschge 9. Oktober 2011 um 21:11

Das frage ich mich nicht, das weiß ich. Khedira spielt bei Madrid, da er einer der wenigen defensivstärkeren Mittelfeldspieler (mit starker Physik und schnellem Umschalten) dort ist. Ginge es um eine offensivere Besetzung seiner Rolle, würde er im Anbetracht der vielen Offensivspieler dort eindeutig nicht spielen. Allerdings wenn Coentraro an seiner Stelle spielt, ist die ganze Madrider linke Seite defensiver eingestellt und Xabi Alonso muss auch tiefer agieren, seine Defensivrollen wird dann also nicht von einem Spieler übernommen sondern die Mannschaft als ganzes muss defensiv disziplinierter mitarbeiten. Bei Madrider Startformationen mit C. Ronaldo, Di Maria, einem MS und mit Abstrichen (wegen seiner mangelnden Ausdauer) Özil ist das beständige defensive Mitarbeiten der gesamten Mannschaft aber ein Wunschdenken, und Mourinho weiß das.

Khediras Physik, Defensivstärke und akzeptable Offensivstärke kann (spätestens seit Ballacks Abgang) kein deutscher Spieler ohne weiteres 1 zu 1 ersetzen sondern benötigen (wie auch z.B. bei Dortmund nach Sahins Abgang) eine Systemänderung, die mit der Notwendigkeit neuer Einspielzeit einhergeht. Diese Zeit hat Löw nicht im notwendigen Umfang, und das weiß er auch.

Antworten

44² 10. Oktober 2011 um 07:06

Bei Stuttgart hat Khedira in 132 Spielen 16 Tore und 19 Vorlagen gemacht.

Bei Real in 46 Spielen noch 3 Vorlagen, kein Tor. Dafür hat er aber bereits die 12 gelben Karten eingeholt, die er bei Stuttgart verursacht hatte, in einem Drittel der Zeit.

Mehr muss man zur veränderten Rolle wohl nicht sagen. Ich glaube nicht, dass er das Offensivspiel verlernt hat.

Antworten

44² 10. Oktober 2011 um 07:10

Sven Bender hat für Dortmund und 1860 übrigens in 136 Spielen 2 Tore und 8 Vorlagen gemacht. Stellt den Unterschied zu Khedira recht griffig dar, denk ich.

Antworten

Kroos39 10. Oktober 2011 um 15:31

Spieler nach Scorerpunten zu beurteilen ist extrem oberflächlich.

Khedira hat den Großteil der Scorerpunkte nach Kontern gegen wenig massive Abwehrreihen erzielt. Das ist bei Deutschland nicht drinnen.

Bender hat zudem eine solidere Technik, deshalb ist er gegen massive Abwehrreihen besser als Khedira. Wobei ich Lars vor Sven sehe.

Antworten

datschge 10. Oktober 2011 um 16:04

@Kroos39: Es ist sicherlich schwer, Dich von irgendetwas zu überzeugen, wenn Du z.B. selbst Thomas Müller für verzichtbar hältst.

Antworten

44² 10. Oktober 2011 um 19:23

„Bender hat zudem eine solidere Technik“

Seh ich völlig anders.

Und natürlich ist die Betrachtung oberflächlich aber 35 zu 10 ist schon ’n recht gewaltiger Unterschied. Es war auch eher Dokumentation und weniger Argument. Aber es is ja auch nich so, dass die Benders nie Gelegenheit hätten, gegen schwache Abwehrreihen zu kontern.

Vlt kommt der Eindruck bei Khedira deshalb auf, weil er normalerweise viel mehr schwierige Dinge unternimmt als die Benders. Die Benders dribbeln ja quasi _nie_ und spielen auch fast keine komplizierten Pässe. Sie werden unter Druck auch fast nicht angespielt, sondern nur im Raum als Zwischenstation. Khedira hat da in der NM (und früher bei Stuttgart) deutlich höhere Verantwortlichkeiten.

Antworten

Doerk 7. Oktober 2011 um 17:00

Ich denke, dieses „Kroos gegen schwache Gegner“, „Khedira gegen starke Gegner“ ist ein bisschen einfach. Gegen Brasilien wurde auch mit Kroos gespielt und das sehr gut. Allerdings waren die vielen Gegentore im 4-1-4-1 schon auffällig.

Ich denke, Löw wird diese Variante bei Verletzungsfreiheit der wesentlichen Akteure weiter ausprobieren. Entscheidend ist, dass man durch ein effektiveres Pressing der gesamten Mannschaft die relative Zweikampfschwäche von Kroos kompensieren kann.

Antworten

Karl Doink 7. Oktober 2011 um 14:33

Guter Artikel, stelle mir aber auch noch mehr Fragen zu möglichen Azfstellungen.
Was meint ihr zu den taktischen Möglichkeiten mit Götze und/oder Reus?
Müssten dann in meinen Augen Schweinsteiger und/oder Müller runter, weil L.Bender würde ich auch gerne sehen.

Antworten

Kroos39 7. Oktober 2011 um 12:38

Die Nationalmannschaft ist mittlerweile so stark, dass sie keine rein destruktiv agierende Spieler mehr braucht. Die meisten Nationen (eigentlich alle außer Spanien) werden sich gegen uns hinten „einmauern“. Deshalb fällt Khedira für mich schon mal raus. Falls sich also nur die „K-Frage“ stellt: Ganz klar Toni Kroos.

Allerdings gibt es auch die Bender Zwillinge. Auch wenn Sven öfters nominiert wurde, bevorzuge ich Lars Bender, weil er nach vorne einen Tick stärker ist. Nicht umsonst galt er immer als der etwas Talentiertere. Gegen Spanien könnte er die bessere Wahl sein als Kroos, wegen seinen Defensivqualitäten.

Wobei man gegen Spanien höllisch aufpassen muss, nicht komplett hinten reingedrückt zu werden. Das hatten wir schon zweimal. Damals waren die Ergebnisse zwar knapp, die Chancen zum Sieg aber nur minimal vorhanden.

Ich glaube die Mannschaft ist jetzt bereit sich einen offenen Schlagabtausch gegen Spanien zu leisten.

Antworten

datschge 7. Oktober 2011 um 15:54

Ich halte Sven Bender für destruktiver und offensivschwächer als Khedira, kann dementsprechend nicht nachvollziehen, wie letzterer bei Dir „schon mal raus“ fällt und ersterer nicht.

Antworten

Kroos39 8. Oktober 2011 um 19:38

Dann schau dir Spiele von den Benders und die von Khedira an. Dann kannst du es nachvollziehen.

Antworten

datschge 9. Oktober 2011 um 00:26

Nur wenn Du tatsächlich meinst, Khediras Spielweise in Madrid, wo er neben Xabi Alonso eine pur defensive Rolle auszufüllen hat, hätte eine Aussagekraft über sein Offensivspiel.

Antworten

Incubo 8. Oktober 2011 um 08:58

Ich finde den Bericht sehr gut und sehr gut nachvollziehbar.
Aber ich bin der gleichen Meinung wie Kroos39: Die Khedira Frage stellt sich nur gegen Spanien. Und zweimal waren wir zu vorsichtig und destruktiv gegen die Spanier, beide Male hatten wir keine Chance.

Ich denke, dass es wäre auch auch Signal der eigenen Stärke (sowohl zum Gegner, als auch für die eigene Mannschaft) die offensiv konstruktive Aufstellung mit Kroos zu wählen.
Natürlich gibt es dann das Risiko, dass man auch gegen Spanien mal 1:3 oder 1:4 verlieren kann, dafür aber eine höhere Chance, die Iberer mal 3:1 abzusäbeln. Das kann dann an Kleinigkeiten bzw. an der Chancenauswertung liegen!

Antworten

Alildo 7. Oktober 2011 um 03:07

Danke für den Artikel, meine „Vorahnung“ wurde darin bestätigt. Auch ich finde, dass Kroos gegen vermeindlich schwächere/tief stehendere Teams den Vorzug erhalten sollte, durch seine technische Raffinesse und Kreativität kann er dem Spiel viel Leben einhauchen. Khedira macht dann Sinn, wenn der Gegner selbst sehr ballorientiert und druckvoll spielt und die Defensive einer Absicherung bedarf. Bender hatte ich bis dato kaum auf dem Schirm, ich würd mir aber wünschen, ihn öfter in der Nationalelf zu sehen, auch weil Rolfes mich in letzter Zeit kaum noch überzeugt.
Euer Header ist übrigens fantastisch geworden 😉

Antworten

Jose Mourinho 7. Oktober 2011 um 00:59

Damit die Nationalmannschaft endlich mal ein Titel holt ist sicherlich Khedira die bessere Option. Ein Normaler Fußballschauer wird sicherlich Kroos bevorzugen, da er besser mit dem Ball umgehen kann und sicherlich eleganter ist als Khedira, allerdings sollte man sich mal Khedira genau anschauen: Er steht immer in den richtigen Räumen, defensiv „stopft“ er das Spiel, man hat mit Khedira das Gefühl man spiele mit 3 Mann mehr. Gegen Spanien wäre ein „Schweinsteiger-Kroos“ Mittelfeld mehr als suboptimal, würde eher als Katastrophe enden. Ich gehe von Khedira aus, alles andere würde mich überraschen.
@TE : Ich will mal gerne deine Meinung hören – Khedira oder Kroos?

Antworten

TE 7. Oktober 2011 um 10:49

Ich habe im Artikel meine Meinung bereits „verschlüsselt“ wiedergegeben. Es kommt ganz auf Gegner und taktische Ausrichtung an. In der EM-Qualifikation, gerade in den letzten Spielen, war Kroos die bessere Wahl, auch wenn Khedira fit gewesen wäre. Bei der EM käme es auf die Gegner an. Ich würde aber keinesfalls mit Kroos, Özil und Schweini gegen die Spanier auflaufen. Aber da muss man eh noch abwarten, wie sich die Form der Beiden entwickelt und ob nicht noch ein Dritter (oben im Artikel wird ja Bender genannt, von dem ich persönlich sehr viel halte) eingreifen kann.

Antworten

HummelsFan 6. Oktober 2011 um 18:23

Finde den Beitrag auch gelungen. Bin gespannt wie sich das dann während der EM ergibt. Wenn alle bis dahin gesund bleiben, hat Löw wirklich die Qual der Wahl. Toll, dass wir in Deutschland mal wieder so eine Auswahl an Spieler ( im Mittelfeld) haben. Mal sehen ob und wo Götze seinen Platz in diesem Team finden wird.

Antworten

Andy 6. Oktober 2011 um 16:45

Schließe mich dem Artikel grundsätzlich an. Dieser Wandel vom 4-2-3-1 zum 4-1-4-1 ergibt sich meines Erachtens aus der veränderten Spielweise von Khedira und Kroos. Letzterer rückt grundsätzlich weiter auf. Das ist gegen tief stehende Gegner sinnvoll, um druckvoller agieren zu können. zumal Kroos auch die besseren Pässe spielt. Gegen große Gegner bin ich ein Verfechter des stabileren 4-2-3-1. Nur gegen Spanien würde ich ganz anders spielen. Da muss Podolski raus, weil er defensiv zu wenig tut, Özil weiter nach links rücken und die Zentrale noch verstärke werden. Ob mit Bender oder Kroos sei mal dahingestellt.

PS: Wegweisend oder weitreichend. Wegreichend gibt es nicht. (Siehe letzter Satz des Artikels)

PPS: Klose bleibt, so lange er fit ist, gesetzt. Er ist spielintelligent, was man von Gómez nicht behaupten kann.

Antworten

Luiz Gustavo 6. Oktober 2011 um 14:48

Schöner Artikel für „Zwischendurch“ ^^. Gut fand ich auch die Einleitung mit Bezug auf die „anderen“ Medien.

Bitte noch Badstuber auf die Linke Innenverteidiger Position setzen dann stimmts…

LG Gustavo

Antworten

TE 6. Oktober 2011 um 16:34

Danke für den Hinweis, habe ich gar nicht drauf geachtet. Ich habe es geändert. Für die anderen Positionen gilt: Ich habe einfach die Aufstellung vom Österreichspiel übernommen. Da steckt keinerlei Wertung mit drin.

Antworten

Doerk 6. Oktober 2011 um 11:33

Aus meiner Sicht eine treffende Analyse. Sven Bender sehe ich allerdings als defensivere Variante gegenüber Khedira: Bender ist mit seiner Zweikampfstärker ein klassischer Balleroberer. Das ist Khedira eigentlich nicht, obwohl er bei Real Madrid in diese Rolle reingedrängt wird.

Antworten

Schreibe einen Kommentar zu TE Antworten abbrechen

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

*