1899 Hoffenheim – Borussia Dortmund 1:0

Nach dem erfolgreichen Auftaktspiel reiste der amtierende deutsche Meister nach Sinsheim, wo mit der TSG Hoffenheim eine Mannschaft wartete, die für einen ähnlichen Fußballstil steht: schnell, direkt, offensiv.

Letzte Saison hatte man hier noch ein paar kleinere Probleme, dieses Jahr wollte man sich jedoch besser präsentieren.

Wechselwirkung der Formationen

Grundformationen

Der BVB begann wie erwartet mit Santana als rechtem Innenverteidiger neben Abwehrchef Mats Hummels und Löwe auf der linken Außenbahn für den noch nicht einsatzbereiten Marcel Schmelzer. Die Offensivreihe wurde von Bender und Gündogan unterstützt und der deutsche Meister bot sein typisches 4-2-3-1-System auf.

Der Gastgeber agierte mit Torhüter Starke und einer Viererkette, welche mit offensiven Außenverteidigern und -mit Abwehrchef Compper- einem spielmachenden Innenverteidiger neben einem destruktiven Counterpart. Allerdings darf nicht vergessen werden, dass Vorsah keineswegs nur ein Zerstörer ist, sondern ein polyvalenter und technisch solider Akteur. Auf der Doppelsechs agierten mit Rudy und Salihovic zwei kreative Spieler, welche den jungen Firmino im Offensivspiel unterstützen sollten. Mit Obasi auf links und Johnson auf rechts entstand in der offensiven Dreierreihe hinter Mittelstürmer Ryan Babel eine asymmetrische Formation, die das Rochieren des Linksaußen und des Mittelstürmers erleichtern sollte.

Von Beginn an zeigten die Gastgeber, dass sie sich im eigenen Stadion nicht verstecken würden und agierten mutig nach vorne. Der ballführende Spieler der Dortmunder wurde ab dem zweiten Drittel des Spielfelds sofort unter Druck gesetzt und nach der Balleroberung gab es umgehend den Konter.  Insbesondere Firminos Lattenknaller in der fünften Minute zeigte, dass man zu Beginn ebenbürtig war und ebenso wie der Meister dynamisch und mit Pressing agieren würde.

In der neunten Minute dann der Treffer nach einem tollen Freistoß von Sejad Salihovic, welcher das aggressive Pressing der Dortmunder in ihrer eigenen Hälfte bestrafte. Ein weiter Freistoß ins Torwarteck zeigte einmal mehr die herausragende Freistoßtechnik des Bosniers, welcher eine sehr gute Anfangsphase ablieferte und mit seiner Einsatzbereitschaft zu gefallen wusste.

Besonders interessant zu sehen war, wie Hoffenheim sein Pressing aufbaute.

Die gesamte Mannschaft stand relativ zentral, um das Zentrum zu beherrschen und die Kreativzentrale der Dortmunder zu blockieren. Der Mittelstürmer Babel presste von hinten auf das defensive Mittelfeld und die Innenverteidigung, während ihm der nähere der beiden Sturmpartner half. Der ballferne Sturmpartner presste nicht mit, sondern ließ sich ins Mittelfeld fallen, um dort eine Viererkette zu bilden und Firmino rückte oftmals auf, wenn der Mittelstürmer seine Position allzu sehr verließ. Dann würde der Außenstürmer zurückweichen und Babel dessen Position übernehmen, während Firmino im Zentrum kurzzeitig die Position des Mittelstürmers besetzte, um einen neuen Spielaufbau der Dortmunder von der Innenverteidigung heraus zu verhindern.

Diese Taktik funktionierte sehr gut, insbesondere Neuzugang Gündogan fiel durch einige Ballverluste aufgrund der Hoffenheim’schen Bedrängnis auf – ebenso zeigte Innenverteidiger Santana einige Unsicherheiten, was taktisch durch die Nähe Babels zu ihm erklärt werden kann. Die Borussen reagierten, indem sie ihren Spielaufbau am eigenen Sechzehner begannen und die spielgestalterischen Aufgaben noch mehr in Richtung der Innenverteidiger verschoben.

Aufgrund der zugestellten Zentrale dauerte es jedoch sehr lange, bis man aufrückte und in die Hälfte der Hoffenheimer kam. Zu Chancen kam man ohnehin nur über Einzelaktionen oder schnelle Kombinationen über die Außen, wobei auch das in Relation zu einem typischen Dortmundspiel Mangelware war.

Nach den ersten dreißig Minuten zogen sich die Hoffenheimer etwas zurück und wurden beim Pressing weniger akkurat, aggressiv und effektiv. Der BVB hatte sie sich müde laufen lassen, indem er sie langsam herauslockte und eher auf Risikovermeidung spielte.

Die Folge davon war, dass das Pressing der beiden Teams nun auf einem ähnlich hohen Niveau ablief und beide Teams gleichwertig zu Chancen kamen.

Nach dem Seitenwechsel bestimmte wieder Hoffenheim kurzzeitig das Geschehen stärker, doch bereits nach wenigen Minuten glich es sich wie in Halbzeit eins wieder aus. Beide Teams versuchten ihr laufintensives Spiel durchzuziehen, doch wirkten etwas müde und so kam weder Hoffenheim zu zahlreichen Konterchancen nach Ballgewinnen noch die Dortmunder mit ihren Kombinationen zu Hundertprozentigen. Exemplarisch für diese Müdigkeit war die Auswechslung Mario Götzes nach 54 Minuten, der Jungnationalspieler konnte sich nie frei entfalten und hatte kaum Bindung zum Spiel. Zwar konnte er mit einigen wenigen Einzelaktionen seine Klasse zeigen, doch die Auswechslung für den dynamischen und ausgeruhten Kuba war absolut berechtigt.

Zusehends verflachte das Spiel und obgleich beide Teams hin und wieder ihr spielerisches Talent zeigen konnten, glich es nicht mehr dem hochdynamischen Fußballspiel, welches man zu Beginn bestaunen durfte.

Sinnbildlich für das Spiel sollte die Ballbesitzstatistik werden, der BVB konnte mit einer, selbst für seine  Verhältnisse, extrem hohen Zahl von 68% das Gros des Ballbesitzes für sich beanspruchen, doch bei der Chancenausarbeitung war man circa gleichauf (Hoffenheim 18, Dortmund 15). Dies äußerte sich auch in der Einbindung der offensiven Spieler in das Spielgeschehen.

Interessant war in dieser Hinsicht auch der Unterschied zwischen den jeweiligen Offensivausrichtungen. Die TSG agierte deutlich geradliniger nach vorne und versuchte die Außen seltener ins Spiel einzubinden, Mittelstürmer Ryan Babel bspw. hatte einen Ballkontakt mehr als sein Dortmunder Pendant Lewandowski, während Götze, Kagawa und Co. ihren Gegenübern wiederum deutlich überlegen waren. Dies zeigt den Unterschied zwischen dem Konterfußball der Hoffenheimer und dem vertikalen Ballbesitzspiel des aktuellen deutschen Meisters aus Dortmund.

Letztlich konnte sich aber der Underdog verdient durchsetzen und zeigte selbst bis in den Schlussminuten eigenen offensiven Antrieb.

Fazit

Ähnlich wie letzte Saison hatten die Dortmunder Probleme gegen den Außenseiter aus Sinsheim und mussten sich trotz mehr Spielanteilen mit einer Niederlage abfinden.

Das Fehlen Nuri Sahins zeigte sich in diesem Spiel deutlich und ebenfalls konnte man erkennen, was genau fehlt. Gündogan verlor zwar einige Bälle durch ein ungenaues Zuspiel, doch sein Passspiel war gut, nur vier Fehlpässe aus 31 Versuchen bedeuten eine Passerfolgsquote von  87%, was keine schlechte ist. Sein Problem liegt viel mehr in einer mangelhaften Bindung zum Spiel und der inferioren Ballbehauptung gegenüber Sahin, welcher nicht nur präsenter, sondern ebenso robuster in seinem Spiel wirkte.

Jürgen Klopp wird mit seiner Mannschaft daran arbeiten müssen, Sahins Lücke zu füllen, aber es ist davon auszugehen, dass der Meistertrainer bei einer ausgeruhten Mannschaft und höherer Konzentration Gündogan besser ins Spiel einbauen und dessen kleine Mängel kaschieren kann.

44² 17. August 2011 um 18:53

Bei mir aufm Blog jetzt auch noch eine Analyse. Ich hab noch etwas detailierter herausgearbeitet, weshalb Götze nicht so zur Entfaltung kam wie zuletzt. Das Zurückfahren des Hoffenheimer Pressing hab ich auch so beobachtet und sehe das mit einer kleinen Systemjustierung einhergehend.

War insgesamt ein sehr interessantes und ungewöhnliches Spiel, denk ich.

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Pseu 13. August 2011 um 21:00

hab das Spiel nicht gesehen und kann deshalb nichts zum Inhalt des Berichts schreiben, aber zwei formale Anmerkungen erlaube ich mir mal:
– unnötige Fremdwörter machen einen Bericht nicht besser zu lesen. Fachwissen habt ihr doch genug – also müsst ihr nicht so tun als ob, und eure Texte mit Worten wie „polivalent“ aufhübschen.
– Beschreibungen wie „des Bosniers“ find ich grausam. Warum nicht einfach „Freistoßtechnik Salihovics“. Ich will nicht immer überlegen müssen, wer jetzt „die Breisgauer“, der „Brasilianer“, „der 19jährige“ oder was weiß ich noch alles ist.

PS: Ihr müsst den Beitrag auch nicht freischalten. Ich wollte dies nur eben anmerken…

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RM 13. August 2011 um 21:14

Kritik ist immer gerne gesehen und zur Kenntnis genommen.

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Stitch Jones 13. August 2011 um 21:51

Wenn direkt im Satz vorher der Name „des Bosniers“ erwähnt wird und sich der nachfolgende direkt darauf bezieht ist es m. E. nicht nur völlig legitim, den Namen nicht ein zweites Mal zu verwenden, es ist eigentlich sogar eine Sache guten Stils.

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tobi 14. August 2011 um 09:55

Ich sehe das so wie Stitch Jones. Renominalisierungen schaffen Textkohärenz und sind somit ein unverzichtbares Mittel beim Schreiben eines Artikels. Hier wurde das Bezugselemt um Satz davor eingeführt und die Wahl des bestimmten Artikels „der“ impliziert,dass sleben dieses Bezugselemt anaphorisch exisitiert. Hätte er „ein Bosnier“ geschrieben, würde ich dir zustimmen!
Und zu dem Fachtermini „polyvalent“ muss ich sagen, wer wich tatsächlich einen Artikel.durchliest, der fachlich so speziell ist wie es eine Taktikanalyse nun einmal ist, der muss mit Fachausdrücken rechnen. Auch wenn dieser vermeidbar gewesen wäre, sehe ich ihn nicht als Fehler, vielmehr als Stilmittel um einen vielleicht zur „Trockenheit“ neigenden Artikel -du sagst es ja schon selber- aufzuhübschen. Völlig legitim!

Ps: fachtermini sind absichtlich so gewählt worden, um den Unterschied zu einem schlecht verständlichen Text zu verdeutlichen 😉

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Suq Madiq 14. August 2011 um 11:24

äääh ja…. dito.

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Pseu 15. August 2011 um 12:47

Der Unterschied liegt doch darin, ob ich Fachbegriffe benutzte (wie z.B. „Doppelsechs“, oder „falsche Neun“) oder Fremwörter. Ersteres ist notwendig und sinnvoll, letzteres nicht.

Und zur anderen Frage: Es ist schlicht eine Stilfrage. Ein „unverzichtbares Mittel“ ist es keinen Fall. Zumindest laut Wolf Schneider ist es noch nicht mal ein gutes Stilmittel.

Aber gut, ich versteh auch, wenn der in Weißrussland geborene auf den Bosnier passt, der aber vom Serben gefoult wird. Es hilft mir nur nicht. Und spätestens beim Polen muss ich dann noch mal nachlesen, vom wem denn jetzt genau die Rede war – in diesem Fall schadet es also. Und ob die Jungs jetzt im Kraichgau oder im Breisgau spielen ist mir auch egal 😉

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Sammer Riether 15. August 2011 um 18:29

Ich dachte der Sinn dieser Seite wäre es, Tatik zu analysieren , erläutern und erklären. Letztere beiden gehen aber, bei zu viel Fremdwörtern unter … daher schließe ich mich der grundsätzlichen Kritik (nicht der Detailkritik) von Pseu an.

Polyvalent wird gerne von Ralf Rangnick und manchmal von Jürgen Klopp verwendet um Spieler zu beschreiben. Ist also ein eigentliches Fremdwort was zum Fachwort wird/wurde . Vielleicht könntet ihr es ja bald in euer Taktiklexikon aufnehmen. ^^

@Tobi: Dein Beitrag kommt mir sehr ambivalent vor. Soll er auf „ironisch komische“ Art und Weise Stitch Jones widerlegen ? Wenn ja dann Chapeau ! ;D

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datschge 15. August 2011 um 21:39

Polyvalent ist schon im Taktiklexikon.

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Pseu 16. August 2011 um 17:35

In dem Fall nehm ich die Kritik an diesem Wort zurück 😉

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