Frauen-WM: Frankreich – USA 1:3

Die amerikanische Frauenfußballnationalmannschaft steht nach ihrem Sieg über Frankreich im Finale der Fußballweltmeisterschaft. Nachdem Frankreich zeitweise die Oberhand hatte, drehten die USA das Spiel durch taktisch kluge Wechsel.

Mit etwas Elfmeterglück schafften es Frankreich und die USA ins Halbfinale. Beide Mannschaften sammelten in ihren Halbfinals ordentlich Sympathien: Die französische Mannschaft aufgrund ihrer spielerischen Stärke, die Amerikanerinnen aufgrund ihrer Fairness im Vergleich zu ihrem Gegner, den Brasilianerinnen. Doch spielerisch überzeugten sie nicht ganz, weswegen die Französinnen leicht favorisiert ins Spiel gingen.

USA kontert Frankreichs Passspiel

Deren Stärken und Schwächen wurden im bisherigen Turnierverlauf offensichtlich: Ihre Stärken liegen in den technisch versierten Angreiferinnen und den oft aufrückenden Außenverteidigerinnen. Schwächen hat ihr 4-2-3-1 System im Spielaufbau aus der Mitte. Sowohl die Innenverteidigerinnen als auch die zentralen Mittelfeldspielerinnen fehlt die Passgenauigkeit, die das französische Team ansonsten so auszeichnet.

Für ihr Spiel ergab sich sowohl gegen Deutschland als auch gegen England dasselbe Bild: Je besser der Gegner presste und die Außen absicherte, desto weniger brachten die Französinnen zustande. So griffen die Amerikanerinnen zu Beginn des Spiels früh an und sorgten dafür, dass die Kreativkräfte Necib, Abily und Thiney keine Anspiele aus der Abwehr bekamen.

Dazu war auffällig, dass die Amerikanerinnen den Raum sehr eng machten. Die Mittelfeldspielerinnen rückten sehr weit ein und hielten nur wenig Abstand zueinander. Die Räume auf den Außen wurden so extrem eng gemacht. Teilweise hatte eine Außenstürmerin mit drei Gegenspielerinnen zu kämpfen.

Die Laufstärke im Pressing der Amerikanerinnen sorgte dafür, dass sich das französische Spiel zunächst nicht entfalten konnte. Die Amerikanerinnen wussten, dass sie mit ihrem 4-4-2 System im Mittelfeld mit einer Überzahl an gegnerischen Akteurinnen zu kämpfen hatten, und versuchten daher, diese Zone mit wenigen Kontakten zu überbrücken. Dass sie dieses direkte Spiel gut beherrschen, hatten sie in diesem Turnier bereits unter Beweis gestellt.

Rodriguez und Wambach fielen zurück, ließen den Ball abtropfen und von dort wurden die schnellen Außenspielerinnen angespielt. Mit einem Angriff nach diesem Muster gingen sie früh in Führung: O’Reillys flache Flanke nach einem schnellen Dribbling verwertete Cheney (9.). Dies war aber auch die einzig nennenswerte Kombination der Amerikanerinnen in dieser Phase. Sie beschränkten sich maßgeblich auf das Verteidigen, was ihnen in der Anfangsphase gut gelang.

Weniger Pressing, spielstärkere Französinnen

Nach rund 30 Minuten kamen die Französinnen besser ins Spiel. Es war dasselbe Muster wie bereits im Spiel gegen England: Sobald die Verteidigerinnen nicht mehr stark unter Druck gesetzt werden, erreichen mehr Bälle Necib. Diese ordnete das Spiel der Französinnen und kreierte viele gefährliche Situationen.

Die Französinnen hatten nun die Spielkontrolle, auch weil sie durch ihr System die numerische Überzahl in der Zentrale hatten. Sie passten sich hier geschickt die Bälle zu, bis eine der Außenverteidigerinnen eine Lücke auf der Flanke reißen und angespielt werden konnte. Von hier schlugen sie Flanken in den Strafraum oder lösten die Situation mit flachen Pässen.

Auch wenn sie schon vor der Halbzeit drei große Möglichkeiten hatten, gelang ihnen der Ausgleich erst in der 55. Minute. Bompastors Tor durch eine Bananenflanke war hochverdient. Die Französinnen spielten mehr gelungene Pässe, hatten mehr Ballbesitz und kreierten viel mehr Torchancen als die lethargisch wirkenden Amerikanerinnen. Der einzige Vorwurf, den man den Französinnen in ihrer Druckphase zwischen der 30. und 60. Minute machen muss, war ihre hohe Zahl an Distanzschüssen. Manchmal wäre die spielerische Lösung die bessere gewesen.

Gute Wechsel, schlechte Wechsel

Dass die Amerikanerinnen der Partie eine weitere Wendung geben konnten, lag an den Wechseln: Trainerin Sundhage zog aus dem Spielverlauf die richtige Schlüsse und brachte mit ihren taktischen Änderungen das Team zurück auf Kurs. Sie brachte mit Morgan (57. für Rodriguez) und Rapinoe (65. für Lloyd) zwei spritzige Offensivkräfte. Morgan ging ins Sturmzentrum und Rapinoe auf Linksaußen, dafür fielen Wambach und Cheney etwas zurück.

Diese Maßnahme hatte zweierlei Folgen: Mit Morgan hatte man nun eine schnelle Stürmerin, die man lang hinter die Abwehr schicken konnte. Das brachte Variantenreichtum ins Spiel. Rapinoe belebte das Flügelspiel und band nebenbei die zuvor oft vorne gesehene Außenverteidigerin Lapailleur. Außerdem belebten die Beiden das Pressing aus der Anfangsphase wieder, das den Französinnen so sehr zusetzte.

Ab der 60. Minute war somit deren Spielfluß gestört. Als Folge dessen wählte ihr Trainer Bini eine taktisch radikale Variante: Er löste die ballgewinnende Doppelsechs auf und schickte mit Thomis (78. für Soubeyard) eine weitere Kraft für die Offensive auf das Feld. Anders als gegen England zahlte sich diese Vorgehensweise nicht aus: Die schnellen Konter der Amerikanerinnen konnten nun aus dem freien Mittelfeldzentrum eingeleitet werden.

Nach diesem zu jenem Zeitpunkt unnötigen Wechsel machten die Amerikanerinnen kurzen Prozess. Eine Ecke von Cheney köpfte Wambach ins Tor – an der Entstehung der Ecke war Rapinoe maßgeblich mit einem beherzten Dribbling beteiligt. Auch das entscheidende Tor bereitete sie vor, die ebenfalls eingewechselte Morgan vollendete ihren Pass zum 3:1-Endstand (78.). Besser können die Joker nicht einschlagen.

Fazit

Die Amerikanerinnen stehen im Finale der Frauenfußballweltmeisterschaft 2011. Obwohl die Französinnen die Mannschaft mit mehr Kreativität und einer höheren Spielintelligenz war, schafften sie es nicht, ihre Überlegenheit mit Toren zu belohnen. Am Ende standen für sie doppelt so viele Torschüsse wie für die Amerikanerinnen zu Buche (26:13), nach Toren stand es jedoch 1:3.

Pia Sundhage bewies abermals, dass sie eine der besten Game-Coaches des Turniers ist. Ihre Wechsel taten wie bereits gegen Brasilien dem Spiel ihrer Mannschaft gut. Durch kluge Taktik hat sie es geschafft, mit einer technisch etwas limitierten Mannschaft das Finale zu erreichen. Man hat die beiden kreativsten Mannschaften des Turniers, Brasilien und jetzt Frankreich, aus dem Turnier geworfen. Sowohl gegen Japan als auch gegen Schweden dürften sie daher gute Chancen haben, einen weiteren Titel ihrer Sammlung hinzuzufügen.

BenHasna 15. Juli 2011 um 20:12

Prima Analyse!

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